Logistikimmobilien

Der Herausforderung E-Commerce ins Auge sehen

Abbildung 1: In den e-Impact fließen zahlreiche Faktoren ein Quelle: BBE Handelsberatung GmbH/elaboratum)

Die Verschiebungen im Einzelhandel hin zu E-Commerce-Geschäften erfassen Regionen auf unterschiedliche Art und Weise. Während sich der stationäre Handel an manchen Standorten als sehr robust erweist, trifft man andernorts auf sinkenden Bedarf an Handelsflächen. Um frühzeitig die passenden Maßnahmen ergreifen zu können, bedarf es präziser und verlässlicher Vorhersagen darüber, wie tiefgreifend der Wandel an einem bestimmten Standort ausfallen wird. Für diesen Zweck entwickelte Analysetools wie der hier vorgestellte "e-Impact" müssen also zahlreiche Fragen beantworten, um den zukünftigen Flächenbedarf im stationären Einzelhandel prognostizieren zu können. Wie ist die demografische Situation vor Ort? Welche ansässigen Branchen sind besonders von der digitalen Konkurrenz bedroht? Und wie steht es um die Beschaffenheit der vorhandenen Handelsimmobilien? Dies ist nur ein kleiner Auszug der zu berücksichtigenden Faktoren. Natürlich besteht angesichts der schnelllebigen Entwicklungen im Online-Handel immer die Gefahr, dass sich am Ende selbst umfangreichste Analysen nur als unzureichend erweisen. Red.

Dass der E-Commerce die Einzelhandelslandschaft seit einigen Jahren tiefgreifend verändert, ist nichts neues mehr. Dennoch bedeutet es eine Umstellung für alle Beteiligten. Viele Einzelhändler überlegen, wie sie den Status quo möglichst lange erhalten oder über neue Vertriebskanäle am Erfolg des Internethandels teilhaben können. Stadtplaner suchen nach neuen Konzepten zur Belebung der Innenstädte. Und auch Logistikunternehmen stehen vor neuen Herausforderungen, weil mehr Flächen in der Stadt und ihrer unmittelbaren Umgebung gebraucht werden. Allen Akteuren gemeinsam ist jedoch der Wunsch nach zuverlässigen Prognosen. Wo wird der Flächenbedarf zurückgehen, wo braucht man neue Konzepte?

Wer weiß, was die Zukunft bringt, kann schneller reagieren und von neuen Entwicklungen profitieren, anstatt von ihnen überrollt oder abgehängt zu werden. Das Analysetool e-Impact der BBE Handelsberatung und elaboratum wurde eigens entwickelt, um die Auswirkungen des E-Commerce auf Handelsimmobilien in Städten ab einer gewissen Größe zuverlässig zu prognostizieren. Damit füllt es eine Lücke, denn bisher wurden Daten über die konkreten Auswirkungen kaum erhoben.

Branchenabhängiger Einfluss des E-Commerce

Der Anteil des E-Commerce am Einzelhandel steigt seit Jahren kontinuierlich an. Dabei ist das Wachstum sehr unterschiedlich über die einzelnen Branchen verteilt. Unter anderem werden Bücher beispielsweise bereits seit Ende der neunziger Jahre über das Internet vertrieben, sodass der E-Commerce in diesem Bereich bereits eine längere Wachstumsphase hinter sich und einen größeren Anteil am Gesamtgeschäft erreicht hat.

Dagegen wurden Lebensmittel bis vor Kurzem so gut wie gar nicht über das Internet vertrieben. Hier liegt der E-Commerce-Anteil in Deutschland noch immer unter einem Prozent des Gesamtumsatzes.

In allen Branchen gilt jedoch, dass der Internethandel zunächst zulasten des klassischen Versandhandels wuchs, inzwischen jedoch - je nach Warengruppe seit kürzerer oder längerer Zeit - den Umsatz des stationären Einzelhandels beeinträchtigt. Das hat die bekannten strukturellen Konsequenzen für stationäre Läden: Bereits seit dem Jahr 2010 kann man die entsprechenden Flächenanpassungen beobachten.

Allerdings war es lange Zeit schwierig, akkurate Prognosen über die Entwicklungen der Einzelhandelsflächen zu bekommen. Grund dafür sind auch die großen Unterschiede zwischen den Branchen, die eine Einschätzung schwierig machten. Das e-Impact-Tool hat das geändert: Mit seiner Hilfe kann man die Auswirkungen des Online-Handels auf den Flächenbedarf des stationären Einzelhandels zeigen, und zwar sowohl für ganze Stadtteilzentren oder Fußgängerzonen als auch für einzelne Handelsimmobilien oder Einkaufszentren. Für Städte ab 10 000 Einwohnern bietet es zuverlässige Analysen und belastbare Vorhersagen.

Für seine Prognosen zieht e-Impact eine ganze Reihe an Faktoren heran. Ausgangspunkt ist einerseits die Annahme, dass der Gesamtumsatz des Einzelhandels wie in den vergangenen Jahren stagnieren wird, und andererseits eine umfassende Branchenanalyse, um die genannten Unterschiede angemessen zu berücksichtigen.

Breites Spektrum an Faktoren

Dafür werden die aktuellen Anteile des E-Commerce an den Umsätzen der betroffenen Branchen den erwarteten zukünftigen Anteilen gegenübergestellt. Diese ergeben sich aus den Prognosen von BBE und elaboratum auf der Basis aktueller Studien. Die Variablen, die in den e-Impact-Faktor einfließen, beinhalten unter anderem den spezifischen Standort - sowohl Mikro- als auch Makrolage - und die Objektqualität.

Auch die Bevölkerungsentwicklung im Einzugsgebiet spielt eine Rolle. Ist ein Ort besonders stark vom demografischen Wandel betroffen, muss er selbstverständlich anders bewertet werden als beispielsweise zentrale Lagen in wachsenden Metropolen. Was die Nachfrage ebenfalls stark beeinflussen kann, ist die Ausprägung des Tourismus. Das ist insbesondere für die Prognose des E-Commerce-Einflusses wichtig, denn touristische Umsätze sind davon kaum betroffen. In Stadtzentren können sie, je nach Touristenaufkommen und Einzugsgebiet, bis zu einem Drittel aller Einzelhandelsumsätze ausmachen, sind also ein wichtiger Faktor.

Die standort-, objekt- und kundenabhängigen Informationen fließen alle in die Bewertung der Anfälligkeit für die Verdrängung durch den E-Commerce ein. Daraus wiederum errechnet sich der zu erwartende Umsatzrückgang im Prognosezeitraum.

Flächenrückgang als Chance begreifen

Zusammen mit der maximalen Mietbelastung, die ebenfalls von der jeweiligen Branche, dem Betriebstyp und dem Betreiberkonzept einer Handelsimmobilie abhängt, und unter Berücksichtigung von Verschiebungen durch Skaleneffekte bei höherer Mietauslastung kann so ein e-Impact-Faktor errechnet werden, der eine sehr viel präzisere Prognose als der klassische Ansatz ermöglicht.

Durch die Quantifizierung des Flächenrückgangs mithilfe der e-Impact-Analyse soll deutlich werden, was einzelnen Standorten oder Handelsimmobilien bevorsteht, wenn dem Umsatzrückgang nicht gegengesteuert wird. Das soll den betroffenen Immobilieneigentümern, Betreibern, Einzelhändlern und Stadtplanern ermöglichen, Veränderungen zu sehen, bevor sie zur Realität werden, sodass sie rechtzeitig handeln können, statt getrieben zu werden.

Der Prognosezeitraum von zehn Jahren, den das Analysetool bietet, gibt einen ausreichenden Planungshorizont. So können die Betroffenen ihre spezifischen Risiken effektiv bewerten, Schwächen frühzeitig identifizieren und lösungsorientierte Ansätze erarbeiten.

Ideen gibt es genug: Veränderte Marketingstrategien erschließen zusätzliche Kundengruppen oder helfen bei der Bindung von Bestandskunden, Showroom-Konzepte verbinden die Bequemlichkeit des E-Commerce mit der Haptik des stationären Einkaufs, neue, integrative Ansätze erschließen Mehrwerte, die das Online-Shopping nicht bieten kann. Alle diese Vorgehensweisen haben jedoch gemeinsam, dass sie gut geplant, gezielt angepasst und mit einigem Vorlauf umgesetzt werden müssen.

Der Autor

Markus Wotruba Leiter Standortforschung, BBE Handelsberatung GmbH, München

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