ASSETKLASSEN

HOTELINVESTMENTS - VIER TRENDS, VIER LÖSUNGEN

Detlef Kaiser, Foto: Dr. Lübke & Kelber GmbH

Der Hotellerie steckt die Corona-Pandemie tief in den Knochen: Der anhaltende Lockdown hat in den vergangenen Monaten für dramatische Rückgänge bei der Auslastung sowie den Erlösen pro Zimmer gesorgt. Und dennoch halten Immobilieninvestoren der Assetklasse die Treue. Schnäppchenpreise oder Desinvestments im großen Stile sind hierzulande nach wie vor Mangelware. Offensichtlich erwarten die Marktteilnehmer, dass sich der Markt schnell erholen wird. Doch welche Trends und Herausforderungen werden die Hotelindustrie nach Corona prägen? Folgt man den Ausführungen des vorliegenden Beitrags, so sind es letztlich dieselben wie vor Corona, nur das die proaktive Auseinandersetzung mit ihnen nun nochmals dringlicher erscheint. Red.

Die Corona-Krise ist für die Hotelindustrie und die gesamte Reisebranche eine große Herausforderung, wurden diese Branchen doch im März 2020 quasi von "100 auf 0" gestoppt. Ohne jede Vorwarnung und unabhängig davon, ob der Betrieb bis dahin gut oder schlecht lief.

Erste Lichtblicke

Nun zeichnen sich angesichts der fortschreitenden Impfwelle und rückläufiger Inzidenzzahlen jedoch erste Lichtblicke ab. Gleichzeitig kommen viele neue Diskussionen auf, welche langfristigen zusätzlichen Herausforderungen die Corona-Krise für die Hotellerie und damit auch für Hotelinvestments mit sich bringen könnte.

Die kurze Antwort: gar keine. Sämtliche Trends und wertbestimmende Faktoren aus der Zeit vor März 2020 bestehen unverändert fort, die zurückliegenden fünfzehn Monate haben diese Trends lediglich beschleunigt.

Hotellerie profitiert besonders von der Digitalisierung

Doch genau diese Tatsache sorgt dafür, dass es auch eine lange, ausführliche Antwort auf das Thema gibt. Der Hotelmarkt richtet sich maßgeblich nach vier Trends, die nach der Corona-Krise umso prägender für Investoren und Betreiber sein werden.

(1) Trend zur Digitalisierung: Derzeit wird überall davon gesprochen, dass kontaktlose Buchungen und kontaktloser Check-in den Wünschen der Gäste nach erhöhten Hygienestandards Rechnung tragen und dass dies der Treiber hierfür sei. Tatsächlich? Digitalisierung war und ist in nahezu jedem Industriesektor und jeder Branche seit Jahren ein absolutes Kernthema, dabei wird völlig zu Recht die Effizienzsteigerung in den Vordergrund gestellt.

Warum sollte das in der Hotellerie anders sein? Ich behaupte sogar, dass gerade die Hotellerie davon profitiert: Die Steigerung der Effizienz bei Vorgängen, die das Wohlgefühl des Gastes nicht direkt betreffen, gibt dem Hotelier mehr Zeit dafür, sich auf die Aufenthaltsqualität seiner Gäste zu konzentrieren.

(2) Trend zur Markenhotellerie bei gleichzeitiger Individualisierung: Insbesondere im Leisure-Tourismus verlangen die Gäste nach "Übernachtungserlebnissen". Erwartet werden immer öfter Hotel- und Bar- beziehungsweise allgemein Gastrokonzepte mit einem Wow-Effekt, von dem der Gast seinen Freunden nach Rückkehr berichten kann.

Die Individualisierung endet am Tresen

Im Business-Segment tritt der kalkulierbare Qualitäts- und Designaspekt noch stärker in den Vordergrund, es sollte jedoch nicht zu viel "Unerwartetes" geschehen. Im Ergebnis entstanden gerade bei den großen Hotelgruppen breit gefächerte Markenfamilien. Nahezu jeder Gast findet mittlerweile beispielsweise bei Accor oder Hilton eine seinen Bedürfnissen entsprechende Marke. Die Individualisierung endet jedoch quasi am Tresen: Abläufe und Prozesse werden weitestgehend standardisiert und optimiert. Natürlich gibt es eine Vielzahl beeindruckender Individual-Hotels. Letztlich werden diese jedoch bereits mittelfristig eine eigene Nische finden müssen, um sich gegen die immer größere Markenvielfalt der Ketten durchsetzen zu können.

(3) Macht der Buchungsmaschinen ist entscheidend für den Erfolg: Bei der Frage, über welche Kanäle der Gast letztlich bucht, wird der eigene Digitalisierungsgrad existenziell. Der Anteil der online und vor allem mit mobilen Endgeräten gebuchten Übernachtungen wird weiter steigen.

Eigene Buchungsmaschinen sind der Schlüssel, um den Gast ins eigene Haus zu bringen und dort zu halten. Ähnlich wie bei zahlreichen weiteren Digitallösungen und -produkten spielen Skaleneffekte eine sehr wichtige Rolle. Zwar können und müssen gerade kleinere und Individual-Hotels mit guten eigenen Lösungen oder Kooperationen gegensteuern und eben ihre Nische gut ausfüllen - dann können sie dort auch gut (über-)leben. Dennoch sind die großen Hotelketten und weitere namhafte Player grundsätzlich klar im Vorteil.

Größe und Kapitalkraft sind entscheidend

(4) Trend zur weiteren Konzentration: Daran schließt sich der nächste Punkt an. Vor allem im Zusammenhang mit den Themen Digitalisierung der Prozesse und Buchungen sind schiere Größe und Kapitalkraft entscheidend. Diese beiden Faktoren sind schlichtweg mit hohen Ausgaben verbunden. Wie in so vielen anderen Branchen sind die wiederkehrenden Kunden der wichtigste Erfolgsschlüssel.

Im Ergebnis der erstgenannten Trends werden so die Großen immer größer, ohne dass dies zwingend zu uniformen Endprodukten führen muss. Gleichzeitig sind große Betreiber häufig eher in der Lage, das für eventuell notwendige Maßnahmen notwendige Kapital aufzubringen - sei es, um auf sich verändernde Gästebedürfnisse zu reagieren oder auch Folgen außergewöhnlicher Situationen wie der Corona-Krise zu bewältigen.

Ein Thema, das hingegen keinesfalls in die Kategorie "Trend" fällt, sind Hygieneregeln. Gute Hygiene und Sauberkeit waren und sind für jeden Hotelier unumgänglich, um mit zufriedenen Gästen einen guten Betriebserfolg zu erzielen. Was jetzt noch im Rahmen von Hygienekonzepten aufgezählt wird, ist heute und jetzt durchaus notwendig und zutreffend - wird jedoch aller Voraussicht nach nicht langfristig praktikabel sein.

Abbildung 1: Geschäftsentwicklung der deutschen Hotelbetreiber 2020 Quelle: Destatis, Dr. Lübke & Kelber

Wie reagieren Investoren und Finanzierer?

Professionelle Hotelinvestoren fokussieren sich auf die oben beschriebenen Trends und haben die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells Hotel erkannt. Dies erklärt auch, weshalb nahezu keiner aus diesem Kreis nennenswerte Desinvestments im Bereich Hotelimmobilien vorgenommen hat oder dies beabsichtigt.

Hinderlich wirkt derzeit sowohl aufseiten der Projektentwickler als auch der Endinvestoren, dass sich die Banken (erneut) prozyklisch verhalten und nahezu flächendeckend keine Finanzierungen für Hotelprojekte oder Hotelinvestments bereitstellen.

Aus den Erfahrungen der Vergangenheit kann jedoch geschlussfolgert werden, dass dieses prozyklische Verhalten ebenso in der Gegenbewegung auftritt und sich nach einer Erholung des Tourismus auch bald wieder eine höhere Finanzierungsbereitschaft einstellt.

In den vergangenen Jahren waren der Kapitalmarkt und das Zinsumfeld wesentliche Treiber für Immobilieninvestments und damit auch für die Assetklasse Hotel. Unverändert bewegen wir uns in einem Niedrigzinsumfeld, und auch die Kapitalströme sorgen weiterhin für Anlagedruck.

Abbildung 2: Hotel-Transaktionsvolumen und Spitzenrenditen in Deutschland Quelle: Engel & Völkers Hotel Consulting

Keine signifikanten Preiskorrekturen

Dies führt dazu, dass bereits kurzfristig die derzeit bestehende Zurückhaltung für Hotelinvestments aufgegeben werden muss: Denn wenn einzelne Assetklassen temporär niedrigere Marktvolumina verzeichnen, führt dies bei weiterhin hohem Anlagedruck dazu, dass sich andere Assetklassen wie Wohnimmobilien noch weiter verteuern.

Hotels werden hingegen unter Renditeaspekten umso attraktiver. Das Zusammenspiel dieser Faktoren lässt also signifikante Preiskorrekturen für Hotelimmobilien unwahrscheinlich werden.

Die Qualität rückt noch stärker in den Vordergrund

Aber natürlich haben die Hotelinvestoren durchaus Schlussfolgerungen aus den zurückliegenden Monaten gezogen. Genau wie bei den Herausforderungen stehen ebenfalls vier Aspekte im Mittelpunkt: Erstens sind Qualität und Kapitalstärke der Betreiber noch wichtiger geworden. Im Ergebnis werden große Ketten und namhafte Betreiber von den Investoren noch stärker bevorzugt, wozu unverändert auch das Thema Marke gehört.

Zweitens gewinnt die Objektqualität im Sinne von Lage und Drittverwendungsfähigkeit an Relevanz. Hotels mit nur einem oder wenigen Nachfragegeneratoren oder Objekte in weniger attraktiven Mikrolagen sind nicht mehr so stark gefragt. Drittens stehen Objekte mit Mischnutzungen stärker im Investorenfokus - genau wie bei der Drittverwendungsfähigkeit handelt es sich dabei um einen Faktor der Risikostreuung.

Der noch in den 2010er-Jahren zu beobachtende Trend "je größer, desto besser" wird immer öfter hinterfragt. Und viertens schließlich sind Investoren bei entsprechender Qualität von Objekt und Betreiber durchaus bereit, ähnliche Preise wie auf Vorkrisenniveau zu akzeptieren. Spitzenpreise, wie sie teilweise an Standorten wie München oder Hamburg aufgerufen wurden, werden jedoch auf absehbare Zeit nicht wieder erreicht.

Zusammenfassend zeichnet sich eine durchaus schnelle Erholung des Hotelinvestmentmarkts ab, dieser sollte spätestens Anfang des ersten Quartals 2022 anspringen. Qualitätsobjekte werden jedoch auch zuvor weiterhin am Markt platzierbar sein.

DER AUTOR DETLEF KAISER Head of Hotel Transaction, Dr. Lübke & Kelber GmbH, Berlin
Detlef Kaiser , Head of Hotel Transaction, Dr. Lübke & Kelber GmbH, Berlin

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