PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

DER HYPOTHEKENPFANDBRIEF ALS WESENTLICHER BAUSTEIN IM REFINANZIERUNGSMANAGEMENT

Dr. Wolf Christoph Gramatke Quelle: zeb

Der Aufbau des Pfandbriefgeschäfts ist für Kreditinstitute mit erheblichem Aufwand verbunden. Dennoch haben in den vergangenen Jahren viele Banken und Sparkassen diese Mühen im Rahmen ihres Immobilienfinanzierungsgeschäfts auf sich genommen. Die Autoren analysieren im folgenden Beitrag die Ursachen für diese Entwicklung und identifizieren dabei drei wesentliche Faktoren: (1) Der Pfandbrief stellt eine langfristige und günstige Refinanzierungsquelle; (2) er trägt insbesondere bei stark einlagenbasierten Instituten zur Diversifikation der Passivseite bei und (3) bietet er eine wirksame Absicherung gegen die von der Aufsicht angemahnten Zins- und Liquiditätsrisiken. Angesichts dieser starken Argumente muss man sich um die Zukunft des Hypothekenpfandbriefs wahrlich keine Sorgen machen. Red.

Seit Aufhebung des Hypothekenbankgesetzes (HBG) und der gleichzeitigen Einführung des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) im Juni 2005 hat sich die Zahl der Banken, die sich über Pfandbriefe refinanziert, deutlich vergrößert. Emittierten zum Ende des HBG gerade einmal 53 Kreditinstitute Pfandbriefe, so sind es Ende 2017 bereits 80 Banken, Sparkassen und Bausparkassen, die eine Lizenz für das Betreiben des Pfandbriefgeschäfts der deutschen Aufsicht besitzen (siehe Abbildung 1). Bei diesem Zuwachs von 27 Kreditinstituten handelt es sich jedoch nur um eine Nettogröße, da sich auch die Struktur der Pfandbriefbanken stetig ändert.

So sind allein in den vergangenen zehn Jahren 38 Institute in den Kreis der Pfandbriefbanken neu eingetreten, während seit 2005 zehn etablierte Realkreditinstitute - hier sei beispielsweise an die Eurohypo, die DePfa und die Corealcredit erinnert - vom Markt und somit aus dem Emittentenkreis verschwunden sind. Bei den Newcomern der vergangenen zehn Jahre handelt es sich zu zwei Dritteln um Sparkassen und zu einem Fünftel um Kreditbanken. Mit der PSD Bank Nürnberg (2015), der PSD Bank Rhein-Ruhr (2016) und der PSD Bank Köln (2018) sind in den letzten Jahren auch die ersten Institute aus der Genossenschaftlichen Finanzgruppe hinzugekommen.

Hypothekenpfandbriefe mit stagnierendem Umlaufvolumen

Die beliebteste Pfandbriefart stellt dabei der Hypothekenpfandbrief dar, den nahezu alle Pfandbriefbanken emittieren. Eine Lizenz für die Emission von öffentlichen Pfandbriefen besitzen hingegen nur 42 Kreditinstitute, Schiffs- und Flugzeugpfandbriefe werden aktuell von vier beziehunsgweise zwei Emittenten begeben und sind ein Nischenprodukt. Aufgrund der Dominanz der Hypothekenpfandbriefe sollen diese im Folgenden auch im Fokus stehen.

Obwohl die Zahl der Pfandbriefemittenten in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist, hat sich der Umlauf an Hypothekenpfandbriefen nicht wesentlich gesteigert. Während sich die Zahl der Pfandbriefbanken nach 2008 bis 2014 netto um 19 Institute erhöht hat, ist das umlaufende Volumen von Hypothekenpfandbriefen jährlich im Durchschnitt um 2,4 Prozent gefallen und erreichte seinen Tiefpunkt im Jahr 2014 bei 196 Milliarden Euro (siehe Abbildung 2).

Erst danach stieg das Volumen bis Ende 2017 in Richtung des Niveaus von 2008 wieder an. Durch Vergleich des Hypothekenpfandbriefumlaufs mit dem Neuemissionsvolumen können zwei Ursachen für diese Entwicklung identifiziert werden: Zum einen wurden große Pfandbriefbestände insbesondere in den Jahren 2008 bis 2013 fällig, zum anderen halbierte sich auch das Emissionsvolumen von 2008 bis 2014. Während dieser starken Volumenschwankung blieb das Verhältnis von Inhaber- zu Namenspfandbriefen im Hypothekenpfandbriefumlauf nahezu konstant bei 2:1.

Emittenten: Sparkassen und Genossenschaften dominieren

Werden die Pfandbriefbanken nach ihrer Zugehörigkeit zu einer Bankengruppe geordnet, wird deutlich, dass mittlerweile zwei Drittel der Emittenten von Hypothekenpfandbriefen aus dem Sparkassen- und Genossenschaftssektor stammen. Diese Institute refinanzieren sich eigentlich hauptsächlich über Kundeneinlagen und tragen daher lediglich knapp ein Drittel zum Hypothekenpfandbriefumlauf bei (siehe Abbildung 3).

Mit Blick auf die Verteilung nach der Bilanzgröße wird ferner erkennbar, dass auf die Emittenten mit einer Bilanzsumme von über zehn Milliarden Euro - zirka die Hälfte der Pfandbriefbanken - rund 95 Prozent des Hypothekenpfandbriefumlaufs entfallen (siehe Abbildung 4). Dementsprechend partizipieren die Institute mit einer Größe unterhalb von zehn Milliarden Euro Bilanzsumme - zu drei Vierteln Banken aus dem Sparkassen- und Genossenschaftssektor - am Pfandbriefmarkt nur mit rund fünf Prozent.

Vor dem Hintergrund der Marktentwicklung und der Emittentenstruktur am Hypothekenpfandbriefmarkt stellt sich die Frage, welche Gründe immer mehr - insbesondere kleinere, klassisch einlagenfinanzierte - Kreditinstitute dazu bewegen, in das Pfandbriefgeschäft einzusteigen. Da sowohl die Einführung des Pfandbriefgeschäfts in Verbindung mit der Lizenzbeantragung bei der Aufsicht als auch der laufende Betrieb mit nicht unerheblichen auf- und ablauforganisatorischen Veränderungen sowie zusätzlichen Personal- und Sachkosten verbunden sind, muss der Nutzen aus dem Pfandbriefgeschäft für die Newcomer so hoch sein, um diesen zeitlichen und monetären Aufwand zu überwiegen. Im Folgenden soll daher der Nutzen des Pfandbriefgeschäfts vor dem Hintergrund der aktuellen Marktlage, der spezifischen Situation der Banken und der Entwicklung des Aufsichtsrechts näher betrachtet werden.

Pfandbrief als langfristiges und günstiges Refinanzierungsmittel

Die Beweggründe der Banken, eine Pfandbrieflizenz zu beantragen, lassen sich prinzipiell auf drei Motive zurückführen. So stellt der Hypothekenpfandbrief erstens für die Banken eine günstige Refinanzierungsquelle am Kapitalmarkt dar. Schon heute reicht in vielen Banken und Sparkassen, die grundsätzlich einlagenfinanziert sind, das Kundeneinlagenwachstum nicht mehr aus, um das kontinuierlich steigende Kundenkreditgeschäft zu refinanzieren. Besonders deutlich wird dies bei den Kreditgenossenschaften, bei denen sich das Verhältnis von Kundenforderungen zu Kundenverbindlichkeiten, die sogenannte Loan-Deposit-Ratio, in den vergangenen fünf Jahren von 95 auf 101 Prozent verschoben hat.1)

Damit schließen die genossenschaftlichen Institute kontinuierlich zu den Sparkassen auf, die bereits seit Mitte der neunziger Jahre Loan-Deposit-Ratios über 100 Prozent besitzen (zum Jahresende 2017: 105 Prozent). Der Rückgriff auf die ungedeckte Interbankenrefinanzierung ist jedoch für viele aktivlastige Institute nicht die wirtschaftlichste Alternative, da die Spreads für ungesicherte Mittelaufnahmen in Abhängigkeit der eigenen Bonität beziehungsweise des eigenen Ratings deutlich über den Pfandbriefspreads liegen. Zusätzliche Immobilienfinanzierungskredite können dadurch sogar rechnerisch unrentabel für ein Institut werden.

Diversifikation der Passivseite

Zudem erschwert das Bail-in-Regime2) der Bank Recovery and Resolution Directive3) zunehmend die institutionelle Refinanzierung, sodass insbesondere bei langen Laufzeiten oftmals keine ungedeckten Mittelaufnahmen mehr möglich sind. Der Hypothekenpfandbrief ist hingegen vom Bail-in ausgeschlossen und über den Deckungspool an Immobilienkrediten und -sicherheiten sowie über das restliche Bankvermögen im Insolvenzfall doppelt gesichert. Das zweite Motiv zahlt auf die Anforderung der MaRisk ein, eine ausreichende Diversifikation der Refinanzierungsquellen zu gewährleisten, um das Institut auch in Stressfällen mit Liquidität versorgen zu können. Selbst wenn das Kundeneinlagengeschäft aktuell noch vollständig zur Refinanzierung des Kreditgeschäfts ausreicht, kann ein verändertes Kundenverhalten beispielsweise infolge von Marktzinsveränderungen oder durch virulent werdende Reputationsrisiken dazu führen, dass dem Kreditinstitut in kürzester Zeit wesentliche Einlagen abgezogen werden.

Wie aus den Bankbilanzen abgelesen werden kann, haben sich zudem die Bestände an Spareinlagen in den letzten Jahren deutlich zugunsten der Sichteinlagen abgebaut. Somit können Kunden ihre Sicht- beziehungsweise Tagesgeldeinlagen ohne Wahrung einer Kündigungsfrist in voller Höhe abrufen, mittlerweile sogar bis auf wenige Ausnahmen vollständig digital per Mausklick. Auch viele Bauspareinlagen, die bereits durch die Bausparkasse zugeteilt, aber vom Kunden aufgrund des lukrativen Zinssatzes weiter bespart werden, sind kurzfristig verfügbar. Um diesen hohen Abrufrisiken aus dem Kundengeschäft entgegenzuwirken, liefert der Pfandbrief eine vom Kundenverhalten unabhängige Refinanzierungsquelle, die durch die Deckung mit Immobiliensicherheiten auch nachweislich in Krisenzeiten Zugang zu Liquidität mit großem Volumen (zum Beispiel in Form einer Benchmark-Emission) sicherstellt.4)

Das dritte Motiv für die Einführung des Pfandbriefgeschäfts liegt in der Steuerung des Zins- und Liquiditätsrisikos begründet. Wie bereits aufgezeigt stehen Einlagen bei den Banken dem Kunden auf Abruf zur Verfügung und besitzen folglich eine hohe Elastizität gegenüber Marktzinserhöhungen. Kunden wollen im Einlagengeschäft im aktuellen Marktumfeld flexibel bleiben und von einem Zinsanstieg schnell profitieren, sich dagegen im Immobilienkreditgeschäft möglichst langfristige Zins- und Kapitalbindungen sichern. Folglich geht die Schere der "natürlichen" Fristentransformation der stark einlagenfinanzierten Banken immer weiter auseinander.

Der Frage, wie Einlagenprodukte von der Zins- und Kapitalbindung im Risikomanagement der Banken modelliert sind, kommt somit eine zentrale Bedeutung zu. Auch die Bankenaufsicht nimmt diese Fragestellung zunehmend in den Fokus und hat insbesondere höhere Anforderungen an die Laufzeitmodellierung für die sogenannten "nonmaturity deposits" 5) definiert. So dürfen im aufsichtsrechtlichen Zinsschock Einlagen ohne spezifische Zins- oder Kapitalbindung auf maximal durchschnittlich fünf Jahre modelliert werden. Darüber hinaus bestehen im Rahmen der internen Zinsrisikomessung für die Ableitung der Laufzeitmodellierungsannahmen der Einlagen weitreichende Simulations- und Dokumentationspflichten.

Neue regulatorische Vorschriften begünstigen Pfandbrief

Auch die seit diesem Jahr zu 100 Prozent zu erfüllende Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR) sieht in Abhängigkeit verschiedener Risikofaktoren für das Retail-Einlagengeschäft (zum Beispiel Verzinsung, Internetkonto) Abflussquoten von bis zu 20 Prozent vor, bei Nicht-Privatkundeneinlagen können die Abflussquoten sogar bis zu 100 Prozent betragen. Auch für die strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio, NSFR), die die stabilen Refinanzierungsmittel zu den benötigten Refinanzierungsmittel ins Verhältnis setzt, hängt der Beitrag der Einlagen maßgeblich von deren Restlaufzeit und Stabilität ab. Diese Kennzahl soll laut Bundesbank noch in 2018 vollständig und bindend eingeführt werden (inklusive einer Mindestquote von 100 Prozent), sodass hieraus weitere Steuerungsimpulse für die Banken resultieren dürften.6)

Vor diesem Hintergrund reichen Kundeneinlagen nicht mehr vollständig aus, um das langfristige Immobilienfinanzierungsgeschäft aus aufsichtsrechtlicher Perspektive zins- und liquiditätsrisikofrei zu stellen. Hypothekenpfandbriefe können hingegen - unter der Voraussetzung, dass die verfügbare Deckungsmasse selbst eine entsprechende Laufzeit besitzt - regelmäßig über den zehnjährigen Horizont hinaus emittiert werden. Somit stellen sie dem emittierenden Kreditinstitut sehr langfristig stabile Refinanzierungsmittel zur Verfügung und sichern aus dem Kreditgeschäft resultierende Zinsrisiken in den langen Laufzeiten ab, ohne dass ein Einsatz von Derivaten notwendig wird.

Vorteile werden bei EZB-Ausstieg zur Geltung kommen

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Bedeutung des Hypothekenpfandbriefs zur Refinanzierung der Banken in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. Als Ergänzung zur Einlagenrefinanzierung entwickelt er sich unter regulatorischen und ökonomischen Gesichtspunkten zu einem wesentlichen Baustein des Refinanzierungsmanagements. Auch wenn der Hypothekenpfandbrief aufgrund der expansiven Geldpolitik der EZB aktuell noch nicht alle seine Vorteile gegenüber der ungedeckten Refinanzierung voll ausspielen kann, so ist vor dem Hintergrund steigender Zinsen und des Ausstiegs der EZB aus den Märkten zu erwarten, dass die Bedeutung der langfristigen Pfandbriefrefinanzierung weiter steigen wird. Wesentliche Motive für die Pfandbriefinstitute werden dabei weiterhin die günstige Refinanzierung des langfristigen Kreditgeschäfts, eine Diversifikation der Passivseite als Gegenpol zum Kundenverhalten und die Absicherung von Zins- und Liquiditätsrisiken sein.

Fußnoten

1) Vgl. Deutsche Bundesbank, Bankenstatistik.

2) Bail-in beschreibt das Instrument der Gläubigerbeteiligung im Insolvenzfall eines Kreditinstituts.

3) EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten.

4) Vgl. Rasche, Henning (2008): Die Bedeutung des Pfandbriefs und der Pfandbriefbanken für die Stabilität der Finanzmärkte, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Heft 1, S. 34 f.

5) Einlagen mit unbestimmter Fälligkeit.

6) Deutsche Bundesbank, strukturelle Liquiditätsquote.

DER AUTOR DR. WOLF CHRISTOPH GRAMATKE, Senior Manager, zeb.rolfes.schierenbeck.associates gmbh, Münster
DIE AUTORIN WIEBKE SALHOFEN, Senior Consultant, zeb.rolfes.schierenbeck.associates gmbh, Münster
 

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