IMMOBILIE ALS ASSET

IMMOBILIEN SO GUT WIE AKTIEN

Prof. Dr. Diethard B. Simmert Quelle: privat

Es ist eine wahrlich ambitionierte Untersuchung, die Wissenschaftler um Óscar Jordá (Federal Reserve Bank of San Francisco), Katharina Knoll (Deutsche Bundesbank) und Moritz Schularick (Universität Bonn) unternommen haben: Für 16 Industrieländer haben sie verschiedene Anlageklassen (Aktien, Wohnimmobilien, Anleihen und Bankeinlagen) auf ihre reale Renditeentwicklung im Zeitraum von 1870 und 2015 untersucht. Stolze 123 Seiten lang ist die Studie, der Autor des folgenden Beitrags stellt die wichtigsten Inhalte pointiert vor. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: Einen Großteil des Vermögens in Immobilien zu halten, ist empfehlenswert. Denn wer diesen strategischen Ansatz verfolgt, ist auf der sicheren Seite - sowohl unter Rendite- als auch Risikogesichts punkten. Red.

Bisher gab es keine belastbaren langen Reihen über die Rendite von Immobilien. Es war nicht möglich, die naheliegende Frage zu beantworten, ob sie höher, niedriger oder etwa gleich hoch war wie die Rendite von Aktien oder Anleihen. Eine neue ambitionierte Studie* hat diese Wissenslücke nun gefüllt: Danach lag der reale, also inflationsbereinigte jährliche Ertrag von Wohnimmobilien in den vergangenen 145 beziehungsweise 65 Jahren zwischen 6,3 und 7,9 Prozent und damit erstens viel höher als erwartet und zweitens etwa in der Größenordnung von Aktien. Da die Rendite von Immobilien viel weniger schwankt als die von Aktien, sind Häuser und Wohnungen für konservative Anleger die bessere Wahl (siehe Abbildung 1).

Die fünf Autoren, darunter zwei Deutsche, hatten für die 16 wichtigsten Industrieländer zudem die Daten für Geldmarktanlagen, Anleihen und das reale Bruttoinlandsprodukt für den Zeitraum 1870 bis 2015 zusammengetragen und beim amerikanischen National Bureau of Economic Research veröffentlicht. Die in Abbildung 2 dargestellte Tabelle enthält die Ergebnisse für den kürzeren Zeitraum 1950 bis 2015, also die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg - das sind die größeren und fett gedruckten Zahlen - sowie, direkt darunter und kleiner, für die ganz lange Periode seit 1870; Kriegs- und Nachkriegsjahre wurden bei diesen nicht berücksichtigt. Wer daran interessiert ist, wie die Kriege die Ergebnisse beeinflusst haben, kann auch diese Informationen in der Studie finden: Es macht aber keinen großen Unterschied! Es lohnt, die Tabelle genauer zu studieren. Hier sind einige der Highlights:

Geldmarkt-Anleger lassen sich Erträge entgehen

1. Wie zu erwarten, fahren Anleger am Geldmarkt auf Dauer am schlechtesten. Natürlich gilt das nicht in Zeiten kollabierender Aktien oder Renten - da sind Sichteinlagen oder kurzfristige Termingelder erste Wahl -, aber wer immer nur in diese eine Assetklasse investiert, lässt sich viel an möglichem Ertrag entgehen. Dabei zeigen die Autoren an anderer Stelle, dass die Erträge am Geldmarkt viel stärker schwanken als die Renditen von Anleihen und Immobilien und daher keineswegs so sicher sind, wie das in der Finanztheorie immer unterstellt wird. In Deutschland lag die reale Durchschnittsrendite in der Nachkriegszeit immerhin bei 1,86 Prozent und damit deutlich höher als in den anderen Ländern der Tabelle. Vielleicht ist das eine Art Belohnung für die stets auf Stabilität bedachte Bundesbank.

2. Für Schuldner, die sich fragen, für wie lange sie Zinsen festschreiben sollen, lohnt es sich daher, auf kurze Laufzeiten zu setzen, vor allem als Gegenposten zu den kurzfristigen Aktiva in ihren Bilanzen, etwa die Lagerbestände oder Handelskredite. Da kurzfristiges Fremdkapital im Durchschnitt billiger ist als Eigenkapital (wie der Tabelle ebenfalls zu entnehmen ist), kann es dafür eingesetzt werden, die Gewinne pro Aktie und damit die Marktkapitalisierung des Unternehmens zu steigern. Was den Fiskus angeht, sollte er nicht immer nur bestrebt sein, die Laufzeit seiner Schulden zu verlängern; in Hochzinsphasen am Rentenmarkt kann ihn das teuer zu stehen kommen.

Renditen der jüngeren Vergangenheit nicht niedriger als früher

3. Eine in Ökonomenkreisen populäre These, dass die Zinsen in den Industrieländern nie mehr auf ein Niveau steigen werden, wie es früher üblich war - weil die Produktivität kaum mehr steigt -, lässt sich mit den Daten der Studie nicht belegen. "Riskantes" Sachkapital, bestehend aus Aktien und Immobilien, verzinst sich ohnehin keineswegs mit Null, wie sich aus den beiden unteren Reihen, den Werten für die ungewichteten und gewichteten Durchschnitte, ablesen lässt.

Außerdem sind die Unterschiede zwischen dem 145- und dem 60-jährigen Zeitraum nicht nennenswert. Mit anderen Worten, die Renditen sind in der jüngeren Vergangenheit nicht niedriger als früher. Von einem Nachlassen der Produktivkräfte, einer "säkularen Stagnation", kann in den kapitalreichen OECD-Ländern der Studie keine Rede sein. Auch unsere Kinder und Enkel können damit rechnen, dass das Wachstum weitergeht und der Wohlstand steigt - wenn kein Krieg dazwischenkommt.

4. Bondportfolios weisen wegen der im Normalfall positiv geneigten Renditekurve - der Zins nimmt mit der Laufzeit zu - erwartungsgemäß eine bessere Performance auf als Geldmarktportfolios, und zwar im Jahresdurchschnitt um 1 ¼ bis 1 ½ Prozentpunkte. Das ist etwa so viel wie die "normale" Differenz zwischen den Leitzinsen der Notenbanken und der Rendite langlaufender Staatsanleihen oder Pfandbriefe. Insgesamt bewegen sich Geldmarktsätze und Bondrenditen zumeist im Gleichschritt. Wer in Bonds investiert ist, sollte daher ein gutes Gespür für die Politik der Notenbank haben.

Hohe Realrenditen zu Zeiten der "Great Moderation"

5. In einer detaillierten Tabelle, die hier nicht wiedergegeben wird, zeigen die Autoren der Studie, dass es von 1980 bis 2015 am Bondmarkt außergewöhnlich hohe Realrenditen gab, also in der Zeit der "Great Moderation", dem starken Rückgang der nominalen Renditen, der auf die Inflationszeit der siebziger Jahre folgte. Die Notenbanken hatten damals die Leitzinsen energisch auf über 10 Prozent in die Höhe getrieben. Das ging einher mit einem nicht weniger starken Anstieg der nominalen und realen Bondrenditen, der sich dann als Startschuss für eine mehr als dreißigjährige globale Rallye am Bondmarkt erwies.

Ein typisches Bondportfolio brachte real nicht weniger als 5 ¾ Prozent pro Jahr. Die Manager von Hedgefonds und Vermögensverwalter, die in diesem Zeitraum Bonds zulasten von Aktien übergewichtet hatten, wurden reich und berühmt. Jetzt allerdings, da die langen Zinsen auf Jahre hinaus vermutlich steigen werden, müssen sie sich etwas Neues einfallen lassen, wie zum Beispiel die Laufzeiten zu verkürzen, den Anteil der Liquidität zu erhöhen oder größere Risiken einzugehen.

Aktien: große Unterschiede von Land zu Land

6. Im Vergleich zu den angeblich risikolosen (Staats-) Anleihen war die Performance von Aktien in der Vergangenheit real um 5 ½ Prozentpunkte besser (die Differenz sowohl von 8,24 und 2,76 als auch von 8,13 und 2,65). Das ist gewissermaßen die normale Risikoprämie von Aktien: liegt sie zu einem bestimmten Zeitpunkt deutlich darüber, sind Aktien billig, ist sie deutlich geringer, sind Aktien teuer. Von Land zu Land bestehen allerdings große Unterschiede - für die USA war in der Nachkriegszeit eine Prämie von 6,1 normal (=> 8,75 - 2,64), für Japan von 3,5 (=> 6,32 - 2,83), für Deutschland von 3,8 (=> 7,52 - 3,69) und für Frankreich von etwa 3,4 Punkten.

Wie sieht es im Augenblick aus? Auf der Basis der Aktienindices von Ende Januar, der bereits veröffentlichten Gewinne pro Aktie, der nominalen Bondrenditen zehnjähriger Staatsanleihen und der aktuellen Kerninflationsraten ergibt sich für die USA eine Risikoprämie von 3,1, für Japan von 5,1, für Deutschland von 5,9 und für Frankreich eine von 5,2. Mit anderen Worten, nach dem Kriterium "Risikoprämie" ist der amerikanische Aktienmarkt stark überteuert während der deutsche nicht nur aktuell, sondern auch im historischen Vergleich der billigste ist. Also: nicht nervös machen lassen. Oder?

7. Risikoprämien fluktuieren sehr stark. In der Studie wird gezeigt, dass das Risiko von Finanzkrisen zunimmt, wenn sie besonders niedrig sind. Das war Anfang der dreißiger Jahre, Ende der achtziger Jahre und zuletzt 2007 der Fall. Wieder einmal sieht es danach aus, als ob die USA der Auslöser für die nächste sein könnten.

USA als Auslöser der nächsten Finanzkrise?

8. Die Performance der einzelnen Aktienmärkte hat sich in der Vergangenheit deutlich unterschieden. In der Nachkriegszeit war Schweden mit durchschnittlich real 11,3 Prozent der Ausreißer nach oben, gefolgt von den Niederlanden, Großbritannien, den USA und der Schweiz, die alle um den Wert "9" streuten. Am anderen Ende der Skala befanden sich Italien, Japan und Frankreich mit jeweils etwa 6 ¼ Prozent. Deutschland lag mit 7 ½ Prozent im Mittelfeld. Man kann nur spekulieren, warum es diese Unterschiede gab. In Schweden jedenfalls scheinen Anleger nicht viel falsch machen zu können.

9. Warum Anlagen in Immobilien so attraktiv sind, dass sie es mit Aktien aufnehmen können, erklären die Autoren nicht. Sie zeigen lediglich, dass die Relation zwischen Ertrag und Risiko viel höher ist als bei Aktien. Was eigentlich Allgemeinwissen ist, bestätigt die Studie: Ein großer Teil des Vermögens sollte in Form von Immobilien gehalten werden. Das lohnt sich finanziell und ist gut für die Risikostreuung. International bewegen sich die Aktienmärkte meist im Gleichschritt, nicht so dagegen die Märkte für Wohnraum. "Der normale Anleger tut daher gut daran, sich ein international diversifiziertes Immobilienportfolio zuzulegen" - wenn er es denn kann.

Eindrucksvolle Bestätigung von Pikettys These

10. Was könnte der Grund sein, dass Immobilien so gute Anlageobjekte sind? Wohnraum ist in den reichen Ländern offenbar ein Luxusgut - die Nachfrage steigt stärker als das Einkommen und das Sozialprodukt. Außerdem nimmt das Angebot aus verschiedenen Gründen nur langsam zu: Der Boden ist knapp, Produktivitätsfortschritte am Bau sind (waren?) gering und der Staat greift immer wieder zugunsten der Mieter in den Markt ein. Schweden ist hier übrigens wieder ganz oben mit dabei (real 8,94 Prozent pro Jahr), das ist Platz 2 nach Spitzenreiter Frankreich (10,38 Prozent). Deutschland war in der Nachkriegszeit das Schlusslicht (5,29 Prozent) und hat offenbar noch eine Menge Aufholpotenzial.

11. Schließlich die vieldiskutierte These des französischen Ökonomen Thomas Piketty, dass die Vermögensverteilung unablässig ungleicher wird, wenn man den Markt gewähren lässt. Die Studie bestätigt sie sehr eindrucksvoll. In den beiden rechten Spalten der Tabelle lässt sich ablesen, dass die reale Verzinsung des Vermögens, bestehend aus Geldmarktanlagen, Anleihen, Aktien und Immobilien in allen untersuchten Länder seit 1870 und auch seit 1950 deutlich höher ist als die Zuwachsrate des realen Bruttoinlandsprodukts.

Da das Einkommen insgesamt in etwa so rasch zunimmt wie das Sozialprodukt, das Einkommen aus Vermögen aber viel rascher, ist die logische Schlussfolgerung, dass die Vermögensbesitzer einen immer größeren Anteil am Gesamteinkommen für sich beanspruchen - und am Vermögen der Volkswirtschaft. Der Staat ist daher ständig gefordert, dies aus Gründen der Fairness und gesellschaftlichen Stabilität zu korrigieren. Von alleine passiert da wenig, vor allem wenn die Arbeitnehmer keine Verhandlungsmacht haben.

Das Fazit: Für deutsche Anleger besteht der Wert der Studie vor allem darin, dass sie ein Gefühl dafür bekommen, was sie normalerweise an Rendite erwarten können. Dabei liegt die Betonung auf "normalerweise". Sie müssen sich stets selbst ein Bild davon machen, wie weit die aktuellen Marktpreise und Marktkurse vom Normalen abweichen. Das ist nie eine leichte Aufgabe.

* Jordà, Ò. et. al. (2017), The Rate of Return on Everything, 1870-2015. NBER WP No. 24112

DER AUTOR PROF. DR. DIETHARD B. SIMMERT Studiengangsleiter "Finance & Management", International School of Management (ISM), Dortmund
Prof. Dr. Diethard B. Simmert , Studiengangsleiter Finance & Management , International School of Management (ISM), Dortmund, Frankfurt am Main

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