MIPIM-SPECIAL

INVESTMENTMÄRKTE - DIE REISE GEHT WEITER

Sven Stricker Quelle: BNP Paribas Real Estate

Der deutsche Immobilienmarkt lief im Jahr 2017 einmal mehr auf Hochtouren, und zwar über alle Assetklassen hinweg. Auf über 58 Milliarden Euro belief sich alleine das Transaktionsvolumen für deutsche Gewerbeimmobilien. Dabei ist der Markt nochmals spürbar internationaler geworden, in- und ausländische Käufer hielten sich fast die Waage. Detailliert analysiert der Autor die wichtigsten Ergebnisse und Trends des vergangenen Jahres. Dabei begibt er sich auch auf die Suche nach den Ursachen für die große Beliebtheit des hiesigen Marktes. Alle Pessimisten, denen der Boom mittlerweile unheimlich erscheinen mag, werden im folgenden Beitrag eine Fülle an schlagkräftigen und somit beruhigenden Argumenten finden: Die Entwicklung ist nach Ansicht des Autors fundamental gut erklärbar und gerechtfertigt. Daran dürfte sich im Übrigen auch im noch jungen Jahr 2018 nichts ändern. Red.

Die deutschen Investmentmärkte befinden sich seit Jahren im stetigen Aufwind und haben ihre Reise in Richtung neue Umsatzrekorde auch 2017 fortgesetzt. Das Transaktionsvolumen hat noch einmal zugelegt und den Rekord von 2007 nur um rund zwei Prozent verfehlt. Mit über 58 Milliarden Euro ist es das zweitbeste jemals registrierte Ergebnis. Das große Interesse an deutschen Immobilien hält also unverändert an. Zwar liegen deutsche Käufer mit einem Anteil von 52 Prozent weiter knapp an der Spitze, ausländische Investoren konnten ihren Beitrag aber deutlich auf jetzt 48 Prozent steigern.

Großes Vertrauen in deutsche Immobilien

Die knapp 38,86 Milliarden Euro, die in Einzelobjekte geflossen sind, stellen einen neuen Rekord dar und liegen gut sieben Prozent über dem bisherigen Höchstwert von 2015. Vor allem großvolumige Büroobjekte haben zu diesem Ergebnis überproportional beigetragen. Allein im dreistelligen Millionenbereich wurden 36 Verkäufe registriert. Auch Paketverkäufe haben um elf Prozent auf gut 19,36 Milliarden Euro zugelegt.

Hier wurde insbesondere in Logistik- und Einzelhandelsportfolios investiert, die jeweils über sechs Milliarden Euro generieren konnten. Erfreulich ist vor allem, dass sich das rege Marktgeschehen auf alle Assetklassen erstreckt. Doch woher kommt dieses große Vertrauen in deutsche Immobilien? Was sind die wesentlichen Gründe und Einflussfaktoren und warum sind alle Nutzungsarten gefragt, obwohl sie doch teilweise ganz anderen Mechanismen unterliegen?

An erster Stelle zu nennen sind sicherlich die sehr erfreuliche Konjunkturentwicklung sowie die guten Fundamentaldaten, die sozusagen den vertrauensbildenden Überbau für das Interesse und Engagement der Anleger bilden und von denen alle Teilmärkte profitieren. Sei es das stabile Wirtschaftswachstum, das 2017 erneut um 2,2 Prozent angezogen hat, oder die weiter steigende Beschäftigung, die mit fast 44,3 Millionen Erwerbstätigen einen neuen Höchststand erreichte. Als Konsequenz hieraus ist die Arbeitslosenquote 2017 um 40 Basispunkte auf 5,7 Prozent gesunken und lag auf dem niedrigsten Wert seit der deutschen Wiedervereinigung.

Büros bleiben Investors' Darling

Hinzu kommen seit einigen Jahren spürbare Reallohnzuwächse, die den Konsum ankurbeln, genauso wie stetig steigende Touristen- und Übernachtungszahlen. Damit hat Deutschland seine Hausaufgaben gemacht, um als sicheres und attraktives Anlageziel auf dem Einkaufszettel der Investoren ganz oben zu stehen. Beflügelt wird diese ohnehin komfortable Situation dann zusätzlich von den historisch günstigen Finanzierungsbedingungen und lange Zeit fehlenden alternativen Anlagemöglichkeiten, die ein auch nur annähernd vergleichbares Rendite-/Risikoprofil aufweisen. Innerhalb der einzelnen Assetklassen kamen dann weitere spezifische Entwicklungen zum Tragen, die zum außergewöhnlichen Investmentumsatz auf breiter Front beigetragen haben. Büros bleiben Investors' Darling: Mit einem Transaktionsvolumen von 23,94 Milliarden Euro waren sie auch 2017 die mit Abstand stärkste Assetklasse und trugen 41 Prozent zum gewerblichen Investmentvolumen bei. Damit wurden der Vorjahreswert um vier Prozent und der zehnjährige Durchschnitt um rund drei Viertel übertroffen. Nur bezogen auf Einzelverkäufe wurde 2017 mit 20,19 Milliarden Euro sogar ein neuer Rekord aufgestellt. Für Investoren sind sowohl die aktuelle Entwicklung der Nutzermärkte als auch die zukünftigen Aussichten interessant. Das positive gesamtwirtschaftliche Umfeld und die optimistische Stimmung der Unternehmen beflügeln die Nachfrage nach Büroflächen und haben 2017 für ein neues Allzeithoch beim bundesweiten Flächenumsatz gesorgt.

Anleger halten dem Einzelhandel die Treue

Als Folge hieraus sind die Leerstände an fast allen Standorten weiter spürbar gesunken. Die durchschnittliche Leerstandsquote liegt nur noch bei 5,2 Prozent, teilweise, wie in Berlin oder im Münchener Stadtgebiet, sogar unter drei Prozent. In einigen Städten sind mittlerweile reale Flächenengpässe zu verzeichnen. Gleichzeitig haben die Mieten auf breiter Front angezogen. Vor dem Hintergrund einer weiter starken Konjunktur und einer im langfristigen Vergleich nur moderaten Neubautätigkeit sollte sich dieser Mietpreisanstieg im laufenden Jahr beschleunigen. Da sich für Anleger also Wertsteigerungspotenziale abzeichnen, ist es kein Wunder, dass Büroinvestments besonders beliebt sind.

Komplexer stellt sich die Situation beim Einzelhandel dar. Viele Marktteilnehmer machen sich Gedanken darüber, wie sich die Märkte zukünftig entwickeln werden und ob der stationäre Handel langfristig gegen den immer mehr an Bedeutung gewinnenden E-Commerce bestehen kann. Bleibt die Frage, wie Investoren die Situation einschätzen und ob sie sich mit Retailinvestments noch wohl und auf der sicheren Seite fühlen. Die Zahlen aus 2017 sprechen in diesem Zusammenhang eine eindeutige Sprache: Mit einem Transaktionsvolumen von 13,81 Milliarden Euro verzeichneten Retailinvestments 2017 ein sehr erfolgreiches Jahr. Damit wurde nicht nur das Vorjahresergebnis um knapp sieben Prozent getoppt, sondern auch das drittbeste Resultat aller Zeiten registriert.

Trotz struktureller Veränderungen der Einzelhandelslandschaft halten Investoren dieser Assetklasse also die Treue, was vor dem Hintergrund eines starken Konsums sowie steigender Beschäftigungszahlen und einer erfreulichen Reallohnentwicklung durchaus nachvollziehbar ist. Eine generelle Skepsis gegenüber Einzelhandelsimmobilien, die aus der dynamischen E-Commerce-Entwicklung resultieren könnte, ist nicht festzustellen. Es werden durchaus auch Chancen gesehen, die sich aus Anpassungsprozessen und neuen, innovativen Konzepten ergeben können. Deshalb bietet der vielschichtige Retailmarkt auch zukünftig genügend attraktive Anlagemöglichkeiten, auch wenn Käufer die einzelnen Marktsegmente etwas differenzierter betrachten werden als bisher.

Paradigmenwechsel bei Logistikimmobilien

Der Shootingstar der vergangenen Jahre sind Logistikimmobilien, was sie auch 2017 wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben. Mit einem bundesweiten Transaktionsvolumen von 9,18 Milliarden Euro wurde nicht nur ein neuer Rekord aufgestellt, sondern der bisherige Bestwert von 2015 nahezu verdoppelt. In dieser Assetklasse hat sich in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel vollzogen. Während Logistikinvestments früher häufig nur als hochverzinste Portfoliobeimischung gesehen wurden, haben sie sich mittlerweile zu einer attraktiven und stark nachgefragten Nutzungsart entwickelt. Gerade ausländische Investoren bringen Logistikobjekten viel Sympathie entgegen, die vor allem auf ihren positiven Erfahrungen in anderen internationalen Märkten beruht.

Hinzu kommen strukturelle Anpassungen, die den Nutzermärkten neuen Schub verleihen und die Nachfrage auf neue Höchststände hieven. Hierzu gehören vor allem die dynamische Entwicklung des E-Commerce, aber auch der zusätzliche Flächenbedarf einer gut laufenden Industrie sowie anhaltende Outsourcing-Tendenzen. Da viele Umstrukturierungsprozesse, die zusätzliche Nutzernachfrage auslösen, wie zum Beispiel die berühmte letzte Meile für den Onlinehandel, noch nicht abgeschlossen sind, wird dieser Trend auch die nächsten Jahre anhalten. Damit bleiben Logistikobjekte für viele Anleger, darunter nicht zuletzt ausländische Käufer, eine sehr interessante Investitionsmöglichkeit. Ähnlich wie Logistikimmobilien haben auch Hotelinvestments seit einigen Jahren ein neues Niveau erreicht. Mit einem Investmentvolumen von fast 4,2 Milliarden Euro durchbrechen sie bereits das dritte Jahr in Folge die 4-Milliarden-Euro-Schwelle und erzielen ein außerordentlich starkes Ergebnis, das 84 Prozent über dem 10-Jahresschnitt liegt. Für die gewachsene Beliebtheit von Hotels gibt es mehrere Gründe. Besonderes wichtig ist die kontinuierlich steigende Zahl der Übernachtungen in nahezu allen deutschen Großstädten.

Städtetourismus und Kongresse beflügeln Hotelinvestments

Trends wie der immer beliebtere Städtetourismus oder mehr Kongresse und Tagungen - Deutschland ist hier hinter den USA Veranstaltungsland Nummer 2 - sind wichtige Bestandteile dieser Entwicklung. Hinzu kommen veränderte Anforderungen der Gäste, die immer häufiger trendige und Lifestyle-orientierte Hotelkonzepte nachfragen, wodurch auch das Angebot für Investoren größer und differenzierter wird. Vor diesem Hintergrund sind mittlerweile deutlich mehr Anleger auf dem Hotelmarkt aktiv als in früheren Zeiten.

Aber auch andere Assetklassen rücken zunehmend in den Fokus der Investoren. Ausschlaggebend hierfür ist einerseits der Wunsch, Anlagemöglichkeiten zu finden, bei denen höhere Renditen erzielt werden können als beispielsweise bei Büros oder Einzelhandelsobjekten. Andererseits spiegelt dies aber auch sich ändernde Lebens- und Arbeitswelten oder nicht aufzuhaltende demografische Entwicklungen wider, die aus Käufersicht langfristig sichere Investments in Nischenmärkten ermöglichen. Als Beispiele für letztgenannte stehen Wohnangebote für Studenten, Azubis und Young Professionals, Mikroapartments, Pflege-/Seniorenimmobilien oder auch Boardinghäuser und Serviced Apartments. Das Transaktionsvolumen in diesen Teilmärkten hat in den letzten Jahren ebenfalls erheblich zugenommen und wird für immer mehr An leger interessant.

Die Vorzeichen bleiben überaus günstig

Fasst man die bisherigen Ausführungen zusammen, so zeigt sich, dass es für die sehr dynamische Entwicklung der deutschen Investmentmärkte eine Vielzahl von guten Gründen gibt. Sicherlich wird das Geschehen durch das unverändert positive Finanzierungsumfeld zusätzlich stimuliert; die fundamentalen Rahmenbedingungen sind aber die unabdingbare Voraussetzung für die hohen Transaktionsvolumina. Dies belegen auch die nach wie vor sehr intensiven und professionellen Ankaufsprüfungen der Investoren, bei denen harte Fakten und absehbare Perspektiven der Investments im Vordergrund stehen.

Da aktuell für nahezu alle Assetklassen sehr gute Bedingungen anzutreffen sind, bestehen umfangreiche Möglichkeiten und Angebote für eine Vielzahl von Anlegern, unabhängig von Risikoprofil und Investitionsstrategie. Auch dies trägt wesentlich zu den guten Investmentumsätzen auf breiter Front bei. Aus heutiger Sicht spricht nichts dafür, dass sich diese Konstellation im laufenden Jahr wesentlich ändern wird. Die BIP-Prognosen gehen sogar noch einmal von einer leichten Zunahme des Wachstums aus, wobei besonders positiv zu werten ist, dass die erfreulichen Aussichten sich nicht nur auf Deutschland beschränken, sondern sich für die gesamte EU sowie global abzeichnen. Hierdurch werden die deutschen Nutzermärkte zusätzlich gestärkt. Für Investoren bleibt Deutschland damit voraussichtlich auch 2018 das wichtigste Investitionsziel in Europa.

DER AUTOR SVEN STRICKER, Head of Investment, BNP Paribas Real Estate Holding GmbH, Berlin
Sven Stricker , Geschäftsführer und Co-Head Investment , BNP Paribas Real Estate GmbH, Berlin
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