Frage an Jörg-Michael Zimmermann

Lässt sich mit Shopping Geld verdienen?

Jörg-Michael Zimmermann

Der Online-Handel gilt gemeinhin als Sündenbock für die Einzelhandelsmisere. Doch der Autor ist optimistisch: Auch in Zukunft wird es das stationäre Geschäftsfeld geben. Vielmehr sieht er eine Verschmelzung beider Segmente, einen Omnichannel, innerhalb dessen vor allem Shoppingcenter eine große Rolle spielen. Sie sollen sich von anderen Absatzkanälen unterscheiden, die Online-Welt integrieren und damit den Einkauf zu einem echten Erlebnis gestalten. Das Erkennen von Chancen und die Realisierung von Innovationen - Atmosphäre, Emotionen, Mietermix - sind der Schlüssel zum Erfolg, der sowohl Einzelhändlern als auch Investoren von Einzelhandelsimmobilien die Umsetzung nachhaltiger Konzepte erlaubt. Red.

Wenn man den Wirtschaftsmeldungen Glauben schenkt, ist es um den Einzelhandel schlecht bestellt. Traditionsreiche Warenhäuser schließen reihenweise, lange etablierte Konzepte stehen massiv unter Druck und eine Besserung ist nicht in Sicht. Nach Darstellung vieler Medien scheinen wir Zeugen einer unaufhaltsamen Abwärtsspirale zu sein. Der Verursacher der Misere ist schnell ausgemacht: der günstige Online-Handel. Doch diese Darstellung greift zu kurz.

Ganzheitlicher Ansatz: Omnichannel

Dass der Online-Handel teils disruptive Auswirkungen hat, stimmt zwar. "Online" ist aber in vielen Fällen nur ein Katalysator, der bestehende strategische Fehler oder das Beharren auf früher erfolgreichen Geschäftsmodellen hart bestraft. Der Niedergang von überkommenen Einzelhandelskonzepten wird beschleunigt. Es ist schwer einzusehen, warum die Panikmache vor online häufig so aufgebauscht wird. Auch in Zukunft wird es Märkte, Geschäfte und Shoppingcenter geben. Vielmehr sieht es so aus, als ob "online only" langfristig nur für wenige Geschäftsmodelle funktioniert. Nachdem es eine erste Welle von Online-Anbietern leicht hatte, verkrustete Strukturen aufzubrechen, zeigen sich nun auch Grenzen.

Wer den Blick nach vorne wendet, sieht, dass stationärer und Online-Handel Hand in Hand gehen werden. Anbieter müssen daher all ihre Kundenkontaktpunkte als ganzheitlichen Omnichannel denken. Auswahl, Kompetenz, Marke, Beratung und Service kommen durch den Omnichannel voll zur Geltung. Das Gesamtprofil - nicht allein der Preis - entscheidet.

Die obige Frage beantworte ich deshalb aus der Praxis mit einem deutlichen Ja: Mit Shopping lässt sich Geld verdienen! Sowohl Einzelhändler als auch Investoren von Einzelhandelsimmobilien werden weiterhin in der Lage sein, wirtschaftlich tragfähige und nachhaltige Konzepte zu verwirklichen. Dem Erkennen von Chancen und der Realisierung von Innovationen in einem sich verändernden Umfeld kommt die zentrale Bedeutung zu.

Online-Welt als integrativer Teil von Shoppingcentern

Unsere Shoppingcenter sehen wir als wichtigen Teil des Omnichannels. Es ist unser Ziel, uns von anderen Absatzkanälen deutlich zu unterscheiden, aber trotzdem die Online-Welt zu integrieren. Letztlich machen erst unsere Shoppingcenter den Einkauf wirklich zum Erlebnis, das man mit anderen teilen kann. Groß und Klein, Freunde und Paare können in verschiedene Shops ausschwärmen, um sich später zum Essen in den gastronomischen Bereichen zu treffen.

Shoppingcenter wecken Emotionen

Häufig laden sie den Verbraucher schon durch ihre spektakuläre Architektur und anregende Atmosphäre zum Entdecken ein. Immer häufiger leisten Kinos, Wellnesseinrichtungen oder Unterhaltungsangebote für Kinder ihren Beitrag: Sie bieten der ganzen Familie Möglichkeiten, den Tag im Shoppingcenter zu genießen.

Ein innovatives Konzept ist "Kid-Zania" in unserem Shoppingcenter Westfield London. Aufgebaut mit Stationen wie in einem Themenpark können Kinder hier spielerisch in die Rolle von Erwachsenen schlüpfen: etwa als Feuerwehrfrau oder Pilot.

Der richtige Mietermix entscheidet

Damit ein Shoppingcenter zum Treffpunkt für verschiedene Zielgruppen werden kann, muss es den richtigen Mietermix anbieten. Bei der Auswahl der Mieter ist regionales Wissen über zugkräftige Marken und Wettbewerber im Einzugsgebiet gefragt. Große Gastronomiebereiche wiederum erhöhen die Verweildauer der Kunden.

Unsere Mieter sind Trendsetter in ihrem Marktsegment und daran gewöhnt, ihr Angebot einer Zielgruppe auf den Leib zu schneidern. Shoppingcenter vereinen Kompetenz. Dank des Omnichannels können unsere Mieter über verschiedene Verkaufskanäle hinweg Nachfrage auf sich ziehen und eine stringente Preispolitik fahren.

Warum sollte der Mietermix in Zukunft zum Beispiel nicht auch Behörden mit Publikumsverkehr beinhalten? Wenn es in das Gesamtkonzept eines Shoppingcenters passt, könnte man lästige Wartezeiten leichter überbrücken.

Shoppingcenter als Anlageklasse

Bei der Commerz Real sind wir von der Zukunft des stationären Einzelhandels überzeugt. Deshalb behandeln wir Shoppingcenter mittlerweile als eigene Anlageklasse, die aufgrund ihrer Komplexität besonderer Managementexpertise bedarf. Unser offener Immobilienfonds Hausinvest hat darin eine Kompetenz aufgebaut, die sich zuverlässig und konstant in Rendite niederschlägt.

Mit derzeit 15 Objekten ist das Segment eine der tragenden Säulen von Hausinvest. Perspektivisch wollen wir den Portfolioanteil von gegenwärtig rund 30 Prozent weiter steigern. Außerdem bieten Shoppingcenter mieterseitig ein hohes Maß an Diversifikation - ein entscheidender Vorteil gegenüber Büroobjekten.

Besonders dem Bestand und seiner Weiterentwicklung messen wir hohe Bedeutung bei. Derzeit investieren wir 120 Millionen Euro, um bestehende Shoppingcenter zu vergrößern und noch attraktiver zu gestalten. Aktuell fokussieren wir unsere Investitionen auf das Objekt Westfield London, das Orio-Center in Bergamo und das Forum Bornova in Izmir.

Mit den Erweiterungsprojekten wollen wir für unsere Shoppingcenter zusätzliche Einnahmequellen erschließen und ihre Position in den jeweiligen Märkten verteidigen. So stellen wir sicher, dass sie auch künftig einen wichtigen Beitrag zum Fondserfolg von Hausinvest leisten.

Der Autor

Jörg-Michael Zimmermann Executive Director Real Estate Markets Shopping, Commerz Real AG, Wiesbaden

Noch keine Bewertungen vorhanden


X