MIPIM-SPECIAL

LIFECYCLE-DATENRÄUME UND DIGITAL TWINS REVOLUTIONIEREN DAS ASSET MANAGEMENT

Alexandre Grellier, Foto: Drooms

Der Einsatz virtueller Datenräume hat sich im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung bei Immobilientransaktionen weitgehend etabliert. Doch trotz der damit einhergehenden Verbesserungen sind viele Prozesse in der täglichen Praxis unverändert langwierig und fehleranfällig - ein Nachteil in dem sich stetig ändernden, volatilen Marktumfeld, das von institutionellen Immobilieninvestoren immer schnellere Reaktionszeiten erfordert. Der Autor empfiehlt deshalb, weitere Schritte zu ergreifen. Im folgenden Beitrag erörtert er, wie sich mithilfe virtueller Datenräume und einem konsequenten Lifecycle-Management Prozesse noch weiter verschlanken lassen und nachhaltig Ressourcen gespart werden können. Red.

Die Immobilienbranche hat in den vergangenen Jahren ihr Asset Management zunehmend standardisiert. Auch die Digitalisierung schreitet voran. Das Lifecycle-Management von Immobilien ist für viele Asset Manager und Eigentümer von zentraler Bedeutung. Asset-Daten geraten rund um den Betrieb und vor allem den Werterhalt von Immobilien über deren ganzen Lebenszyklus hinweg in den Fokus. Tatsächlich sind immer mehr Portfolio- und Fondsmanager darum bemüht, langfristige Werte durch standardisierte und nachhaltige Datenvorbereitung zu schaffen. Das ist alles andere als verwunderlich: Laut einer von der Real Estate Advisory Group (REAG) ausgeführten Umfrage führt unklare und/oder unvollständige Transaktionsdokumentation zu Wertverlusten von bis zu 15 Prozent - oder hat zur Folge, dass ganze Transaktionen scheitern (siehe Abbildung 1).

Dokumentation kommt Schlüsselrolle zu

Der Wert von Assets ist somit in hohem Maße von der Qualität der zugrunde liegenden Dokumentation abhängig - je vollständiger und genauer die Dokumentation, umso höher ist die Wertwahrnehmung eines Assets. Es ist also von zentraler Bedeutung, dass alle Informationen und Dokumente zu einem Asset stets verfügbar und auf dem neuesten Stand sind. Darüber hinaus ist die mit der Transaktion verbundene Vorbereitungszeit bei gut vorbereiteter und vollständiger Dokumentation kürzer und einfacher.

Aus diesem Grund sind virtuelle Datenräume als zentrale, sichere Plattformen für den Austausch von Informationen für den Verkauf eines Assets heute Standard. Doch trotz all dieser Verbesserungen sind Eigentümer und Verwalter von Vermögenswerten nach wie vor mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Im Hinblick auf Asset-Management-Prozesse zum Beispiel fordern Eigentümer mehr Transparenz von Vermögensverwaltern und Geschäftspartnern. Noch immer ist es ein langer Weg vom eingescannten Vertrag bis zum analysierten Dokument mit richtig kategorisierten und strukturierten Informationen, der auch die Kontrollprozesse langwierig macht.

Immobilieneigentümer wollen außerdem schnell auf Veränderungen am Markt reagieren können, um keine günstigen Verkaufschancen zu verpassen - bislang ein ressourcenverzehrendes Unterfangen mit hoher Fehleranfälligkeit. Denn für jede Transaktion werden oftmals mühselig zunächst alle Informationen und Dokumente gesammelt und anschließend in einen virtuellen Datenraum überführt. Nicht selten zeigt sich dann erst im Laufe der Due Diligence, dass ein Dokument oder eine entscheidende Information zur Immobilie fehlen. Allzu oft sind die digital abgespeicherten Informationen und das reale Gebäude alles andere als deckungsgleich.

Immobilien benötigen einen digitalen Zwilling

Auf genau diese Herausforderung ist der "Digital Twin" eine mögliche Antwort. Digital Twins, also digitale Gebäudezwillinge, sind nämlich virtuelle Abbilder der Immobilien mit allen verbundenen Aktionen, Transaktionen und Dokumenten. Der digitale Gebäudezwilling ist dabei mehr als nur eine Exceltabelle oder eine Bauwerksdatenmodellierung. Ein Digital Twin ist eine Datenbank, die alle Informationen wie Messwerte, Zustandsbeschreibungen oder Änderungen am Gebäude, aber auch alle Verträge, beinhaltet. Alle Daten, die das Gebäude betreffen, werden erfasst und das führt zu einer exakten virtuellen Darstellung des physischen Vermögenswertes. Der Digital Twin entsteht durch die Verbindung großer Datenmengen - einschließlich aller Echtzeitinformationen.

Bei Neubauten sollte der Zwilling von Anfang an planungsbegleitend erstellt und über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie weitergeführt werden. Das Ziel ist immer ein genaues Abbild des tatsächlichen Gebäudes. Um einen digitalen Gebäudezwilling für Bestandsimmobilien zu erschaffen, müssen alle Daten in das Modell gesammelt und dann zusammengefasst werden. Der gesamte Datenbestand wird anschließend kontinuierlich aktualisiert.

Der Nutzen liegt auf der Hand: Da der digitale Zwilling eine genaue Nachbildung des physischen Objekts ist, profitieren Bau- und Immobilienbranche besonders von ihrer Einführung. Betreiber und Immobilieneigentümer erhalten eine Entscheidungsgrundlage und können ihren Vermögenswert besser verstehen, Vorhersagen treffen und so auch neue Einkommensmöglichkeiten finden. Das Gebäude wird dadurch sozusagen zu einem intelligenten Gebäude mit hohem Mehrwert.

Ein verbessertes Kundenerlebnis

Hausverwalter und Eigentümer können digitale Zwillinge beispielsweise nutzen, um Betrieb und Verkauf zu optimieren, denn Benutzer können jederzeit während des gesamten Lebenszyklus des Assets einfach und schnell alles über ihre Projekte oder Immobilien erfahren. Die digitale Twin-Technologie hilft Immobilienunternehmen, die Bedürfnisse der Kunden besser zu verstehen, sodass relevante Anpassungen an Produkten, Dienstleistungen und Wertmodellen vorgenommen werden können. Und das verbessert das Kundenerlebnis deutlich.

Bei der Planung, dem Bau und der Bewirtschaftung von Gebäuden, jetzt und in der Zukunft, wird die Schaffung eines digitalen Zwillings immer wichtiger, um alle relevanten Daten jederzeit in Echtzeit verfügbar zu haben. In Zukunft werden Asset Manager weniger Ressourcen für die Datenerfassung und -strukturierung verwenden müssen und können mehr Zeit auf das eigentliche Immobilienmanagement verwenden.

Das Forschungs- und Beratungsunternehmen Gartner prognostiziert folgerichtig, dass bis 2021 die Hälfte der großen Industrieunternehmen digitale Zwillinge für bessere Forschungs- und Entwicklungsergebnisse nutzen werden, und damit ihre Effektivität um zehn Prozent zu verbessern. Experten gehen davon aus, dass die Immobilienbranche in den nächsten fünf bis zehn Jahren digitale Zwillinge einsetzen wird, um die Verwaltung, Flexibilität, Zuverlässigkeit und Effektivität der Vermögenswerte zu erhöhen.

Virtuelle Datenräume für den gesamten Zyklus

Die entscheidende Frage stellt sich nun, wo und wie in Zukunft digitale Zwillinge, verfügbare Tools und alle notwendigen Daten eine möglichst sichere digitale Heimat finden. Die effizienteste Antwort darauf sind virtuelle Datenräume. Warum sollten diese bewährten und sicheren Plattformen erst bei Abwicklung einer Transaktion genutzt werden? Da in vielen Fällen gleich ab Kauftag eines Assets die Absicht zum Weiterverkauf besteht, bietet es sich an, alle Daten zu einem Objekt oder den Digital Twin nicht erst für eine Transaktion, sondern von Anfang an in einem sogenannten Lifecycle-Datenraum zu erfassen und dort zu pflegen.

Wie der Name bereits verrät, kann dieser als sichere Plattform während des gesamten Lebenszyklus einer Immobilie genutzt werden. Virtuelle Datenräume bieten sich nicht nur für Buy und Sell an, sondern idealerweise auch für die Hold-Phase, in der stets alle neuen Informationen gesammelt und Angaben aktualisiert werden (siehe Abbildung 2). Mit einem Lifecycle-Datenraum sind alle Daten auf einer Cloud-Plattform sicher online gespeichert und können entsprechend der jeweiligen Nutzerrechte jederzeit von internen und externen Parteien abgerufen werden. Wer einen Lifecycle-Datenraum nutzt, hat alle transaktionsrelevanten Dokumente etwa mithilfe eines Digital Twins jederzeit griffbereit und ist stets "transaction-ready".

Mehr noch: Für eine Transaktion können per Knopfdruck alle Dokumente und Informationen in einen entsprechenden neuen Datenraum überführt werden. Wer einen Lifecycle-Datenraum nutzt, verfügt im Hintergrund also auch über eine jederzeit aktivierbare, sichere und effiziente Transaktionsplattform. Die Vorteile liegen auf der Hand.

Und durch die immer stärkere Einbindung der Künstlichen Intelligenz (KI) lassen sich weitere Potenziale heben und einfache Prozesse an KI-Algorithmen auslagern, Stichwort "Auto-Allokation". Mit der automatischen Zuordnung von Dokumenten steht die nächste technische Revolution in den Datenräumen bereit. Konkret heißt das: Dank fortwährenden Lernens der hinter dem Datenraum stehenden KI kann diese das aufwendige Sortieren und Auslesen von Dokumenten übernehmen und so personalintensive Routinearbeiten überflüssig machen. Sobald ein Nutzer Dokumente im Datenraum verschiebt, berücksichtigt dies der Algorithmus für alle weiteren Daten und platziert neue Dokumente entsprechend.

Mehrwert in jeder Lebensphase eines Assets

Mithilfe eines Lifecycle-Datenraums können Assets und Portfolios also besser organisiert und Transkationen schneller abgeschlossen werden. Letztlich sind auch höhere Verkaufserträge bei gleichzeitiger Kostensenkung möglich. Anstatt zum Beispiel mehrerer kostenintensiver, transaktionsbezogener Einzelausgaben werden Kosten linear über den gesamten Lebenszyklus eines Vermögenswerts verteilt, sodass höhere Einsparungen erzielt werden können.

Doch außer Kosteneinsparungen bietet die Einrichtung und Führung eines Lifecycle-Datenraums noch viele weitere klare Vorteile: Flexibilität, Effizienzsteigerung, bessere Kontrolle und Zugänglichkeit während der gesamten Haltephase eines Assets. Darüber hinaus punktet ein Datenraum mit mehr Transparenz, Compliance, Standardisierung und ermöglicht nicht zuletzt eine gestraffte Kommunikation mit Dienstleistern. Erst mit einem virtuellen Datenraum ist das Lifecycle-Management komplett.

DER AUTOR ALEXANDRE GRELLIER Geschäftsführer, Drooms GmbH, Frankfurt am Main
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