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Die Misere mit der Hydraulik im Heizsystem

Claus Mink

Gleichmäßige Wärme in allen Räumen - der Idealfall beim Bau einer Immobilie. Kompliziert wird es, wenn bei einer Bestandsimmobilie ganz oder teilweise technisch nachgerüstet werden soll, insbesondere, wenn Planung und Bau erheblich voneinander abweichen oder dringend benötigte heizungstechnische Planunterlagen gleich ganz fehlen. Um in diesen Fällen Unregelmäßigkeiten im Heizsystem zu vermeiden, ist guter Rat teuer. Aber mithilfe eines nachträglichen hydraulischen Abgleichs vom Experten kann für jedes System eine Überbeziehungsweise Unterversorgung der Heizkörper angeglichen werden. Die Investition lohnt sich: Immobilienbetreiber sparen dafür nicht nur die Kosten eines komplett neuen Heizungssystems, auch die Jahresheizkosten verringern sich merklich und die Mieter haben obendrein keine Ansprüche auf eventuelle Mietminderungen. Red.

Unabhängig davon, ob es sich beim Bau um Wohn- oder Gewerbeimmobilien handelt: Die Einregulierung eines neuen Heizungssystems gehört zum festen Leistungsbestandteil im Rahmen der Errichtung. Die Vorgaben hierfür ergeben sich aus der Energieeinsparverordnung sowie aus einschlägigen Standards und Normen. Ziel ist es stets, mithilfe des hydraulischen Abgleichs sicherzustellen, dass alle Räumlichkeiten gleichmäßig beheizt werden können - ungeachtet der Entfernung zur versorgenden Pumpe. Im Falle eines Neubaus mag dies auch schon eine gewisse Herausforderung darstellen.

Richtig kompliziert wird es jedoch erst, wenn nach einigen Betriebsjahren der Immobilie noch technische Nachrüstungen erfolgen sollen und die hierfür zwingend notwendigen heizungstechnischen Planunterlagen fehlen.

Immer wieder haben Immobilienbetreiber bereits nach wenigen Jahren mit fehlenden Rohrnetzberechnungen zu kämpfen. Aus Betreibersicht ist dies zweifelsohne ärgerlich: Immerhin bilden sie die Grundlage für konkrete Berechnungen zum Warmwasserdurchfluss. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Sanierungen und Teilsanierungen: Auch hier erschweren fehlende oder nur teilweise vorhandene Unterlagen etwaige technische Nachrüstungen.

Ideal und Realität

Im Idealfall entspricht das installierte Heizungssystem exakt den planerischen Vorgaben, um alle berechneten Voreinstellungen übernehmen und die zugehörigen Regulierkomponenten wie etwa Strangregulierventile einstellen zu können. Doch in der Realität trifft ein Betreiber nur äußerst selten auf ebendiesen Idealfall, da Planung und Bau doch erheblich voneinander abweichen können. Umso komplizierter wird es, wenn es sich um eine Bestandsimmobilie handelt.

Kann eine Fachfirma im Zuge eines Neubaus einer Heizungsanlage noch mithilfe einer mehr oder weniger iterativen Einregulierung fehlende Daten kompensieren, kommt sie bei bestehenden Anlagen schnell an die Grenzen des praktisch Möglichen. Vor allem wenn es sich um ein Heizungssystem handelt, welches bereits mehrere Umbauten ohne ausreichende Dokumentation hinter sich hat.

Ein Kunde betreibt beispielsweise seit vielen Jahren gewerbsmäßig eine große Büroimmobilie mit zirka 10 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche. Das Bürogebäude umfasst mehrere Mieteinheiten, wobei die oberste Mietfläche lange Zeit leer stand. Aufgrund einer Neuvergabe der obersten Mietfläche stand eine Teilsanierung des Heizungssystems an. In diesem Zusammenhang wurden alle Bestandsheizkörper in der Liegenschaft ausgetauscht und teilweise bestehende Versorgungsstränge erneuert. Ein Teil des Systems blieb jedoch bestehen.

Über- und Unterversorgung der Heizkörper

Im Zuge der Sanierungsplanung stand der Vermieter nun vor der Problematik, dass die technischen Unterlagen wie Rohrnetz- und Schemapläne des Heizungssystems sowie die Wärmebedarfsund Rohrnetzberechnung entweder nur fragmentarisch beziehungsweise überhaupt nicht vorlagen. Die Folge: Nicht alle Daten des aktuellen Bestandsystems waren vorhanden, was eine Einregulierung des Heizungssystems mehr als schwierig gestaltete.

Infolgedessen ließen sich die Heizkörper nicht gleichmäßig versorgen, das heißt, die näher zur Heizungspumpe liegenden Heizkörper wurden übermäßig und die entfernt liegenden Heizkörper, aufgrund der fehlenden Heizleistung, nicht ausreichend warm. Hinzu kam, dass zumeist bei den nahe liegenden Heizkörpern durch zu hohe Volumenströme im Heizkörperventil ein "Pfeifen" entstand. Zusätzlich erhöhte sich aufgrund des "Kurzschlusses" die Rücklauftemperatur und die zu erwartenden Energieeinsparungen beim Einsatz von Brennwerttechnik blieben fast vollständig aus.

Mit Methode raus aus der Problematik

Um derlei Problemen präventiv zu begegnen, wäre eine Bestandaufnahme des Altsystems sinnvoll gewesen. Diese ist jedoch in der Regel kostenintensiv, da vermauerte Versorgungsschächte geöffnet und wieder geschlossen werden müssten. Im laufenden Betrieb sind solche Maßnahmen nicht nur umfangreich und mit unmittelbaren Beeinträchtigungen der Mieter, sondern auch mit Verlusten aufgrund von Mietminderungen verbunden. Folglich suchen Betreiber nach kostengünstigen Alternativen, um diesem Problem zu begegnen.

Wie sich im vorliegenden Praxisbeispiel zeigt, bietet der Markt hier geeignete Auswege. Jener Kunde hat nämlich ein fachkundiges Planungsbüro beauftragt, welches unter anderem den erforderlichen Wärmebedarf für alle Büros beziehungsweise Bereiche ermittelte und die neuen Heizkörper sowie neue Rohrstränge dimensionierte.

Für die Einstellung des deregulierten Bestandsystems erfolgte ein hydraulischer Abgleich, indem die Fachfirma jeden einzelnen Verbraucher (Heizkörper, Heizregister et cetera) einzeln und mit bewährter Methode einregulierte - ohne dass ein Austausch des Heizsystems erfolgen musste.

Sanierungsmaßnahmen, die sich rechnen

Die Fachexperten gingen dabei nach bewährten Methoden vor und nahmen beispielsweise die Vor- und Rücklauftemperatur des Systems auf und verglichen den Transmissionswärmebedarf des jeweiligen Raums mit der jeweiligen Normheizleistung der Heizkörper.

Nach vielen weiteren Teilarbeitsschritten und nachdem der letzte Heizkörper (mit der geringsten Versorgung) ebenfalls auf den entsprechenden Volumenstrom eingestellt war, wurde nach und nach die Leistung der Pumpe verringert, bis der Volumenstrom am Heizkörper mit der ehemals geringsten Versorgung leicht unterschritten wurde. Es erfolgte nun eine sukzessive Feinanhebung der Pumpenleistung, bis wieder der benötigte Volumenstrom an dem besagten Heizkörper bestand.

Man schätzt, dass sich mithilfe eines hydraulischen Abgleichs in Kombination mit einer neuen Brennwertkesselanlage in Bestandsgebäuden, je nach Umfang der Sanierung sowie Alter des Gebäudes, etwa 10 bis 15 Prozent der Jahresheizkosten einsparen lassen.

Solch eine Sanierungsmaßnahme rechnet sich bereits - im Gegensatz zu manch anderen energetischen Sanierungsmaßnahmen (zum Beispiel Fassadendämmung oder Fensteraustausch) - nach wenigen Jahren. Je nach Umfang der Sanierung und Alter des Gebäudes liegen die durchschnittlichen Amortisationszeiten zwischen 6 bis 10 Jahren.

Mietminderungsansprüche werden vermieden

Mithilfe pragmatischer Ansätze gelingt ein hydraulischer Abgleich für jedes System - auch wenn die notwendigen Revisionsunterlagen fehlen. Auf diese Weise gehören Über- beziehungsweise Unterversorgung der Heizkörper mit dem Heizmedium der Vergangenheit an und das System sorgt wieder für eine gleichmäßige Beheizung aller zu versorgenden Räume.

Der große Vorteil dieser Lösung: Die Investitionen in die Fachleute und die notwendigen Montagearbeiten fallen geringer aus als für den Bau eines neuen Heizungssystems. So sparen Immobilienbetreiber nicht nur Kosten, sie stellen auch ihre Mieter zufrieden und vermeiden Mietminderungsansprüche.

Der Autor

Claus Mink Geschäftsführer, ProFM Facility & Project Management GmbH, Groß-Bieberau

Claus Mink , Geschäftsführer, ProFM Facility & Project Management GmbH, Groß-Bieberau
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