BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2022

NACHHALTIGE FINANZIERUNG: AUFTRAG AUS TRADITION

Christian König, Foto: VdPB

Der Staat ist gefordert, künftige Generationen vor dem Klimawandel zu schützen. Gelingen kann dies nur mit einer großen Gemeinschaftsanstrengung von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Wie dieser Beitrag zeigt, sind sich auch die Bausparkassen ihrer Verantwortung bewusst und nehmen sie in drei Dimensionen wahr: der ökologischen Nachhaltigkeit, der sozialen Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Unternehmensführung. Einiges wurde schon erreicht. Die Herausforderungen bleiben aber groß. Sie sollen jetzt verstärkt angegangen werden. Um dies zu unterstützen, hat der Verband der Privaten Bausparkassen eine Absichtserklärung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) unterzeichnet. Red.

Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Gebäudebereich nahezu halbiert werden. Gelingen soll das vor allem durch die energetische Optimierung des Gebäudebestands. Die jährliche Sanierungsrate von heute 1 Prozent muss dazu schnellstmöglich mindestens verdoppelt werden.

"E" wie Environment

Gleichzeitig ist der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes in den Blick zu nehmen. Der schonende Umgang mit Ressourcen betrifft alle Stufen der Wertschöpfungskette: von den verwendeten Baumaterialien bis hin zur Wiederverwertung. Gefordert sind nicht nur Baugewerbe und Bauindustrie, sondern auch die finanzierenden Institute.

Im Neubau stellen die Bausparkassen Mittel für Häuser und Wohnungen bereit, die hohen - und künftig noch höheren - Energieeffizienzstandards entsprechen. Vor allem aber sind sie in dem Bereich tätig, der die höchsten Effizienzpotenziale ausweist: im Gebäudebestand. Bausparkassen sind Spezialisten für Darlehen, die typischerweise auf solche Finanzierungsbedarfe zugeschnitten sind. Sie bieten hier auch Konditionen unter Marktniveau an. Überdies vermitteln sie öffentliche geförderte Darlehen und Zuschüsse.

Für Millionen von Menschen ist der Bausparvertrag längst zum Energiesparvertrag geworden. Die deutschen Bausparkassen zahlen jährlich über 20 Milliarden Euro an Baugeldern aus, die in Modernisierungen fließen - davon der ganz überwiegende Teil in energetische Sanierungen. Sie zählen damit zu den größten Finanzierungsgruppen im privaten Wohnungsbau.

Um die Potenziale greifbar zu machen, muss zuallererst Transparenz über den Ist-Zustand herrschen. Notwendig ist dafür die Einführung eines neuen Energieausweises, der sich am CO2-Ausstoß orientiert und dessen Überführung in ein elektronisches Energieausweiskataster. Wichtigste Prinzipien beim Klimaschutz im Gebäudesektor müssen Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Technologieoffenheit sein.

Politik in der Pflicht

Investiert werden sollte grundsätzlich dort, wo die Sanierung die größten Einsparungen erzielt. Zentrales Steuerungsinstrument wird dabei der Preis sein. Durch die CO2-Bepreisung werden sich Energieeinsparmaßnahmen schneller amortisieren und somit für Investoren attraktiver.

Gleichzeitig dürfen Eigentümer nicht überfordert werden. Zwangssanierungen verbieten sich für Haushalte, die dies finanziell nicht stemmen können. Hierzu bedarf es geeigneter Übergangsfristen, die erst beim Eigentümerwechsel greifen.

Trotz preisbedingter Investitionsanreize ist eine verlässliche und stetige Förderung unverzichtbar, um notwendiges privates Kapital für mehr Klimaschutz zu mobilisieren. Die alternativen Förderansätze (Zuschüsse/zinsverbilligte Darlehen und Steuervorteile) müssen erhalten und ausgebaut werden.

Die Politik ist aufgerufen, möglichst schnell Klarheit über die künftige Förderlandschaft und das dafür zur Verfügung stehende Budget zu schaffen, um Investitionsattentismus zu vermeiden. Rund 85 Prozent der aktuellen Sanierungsmaßnahmen sind Einzelmaßnahmen. Auch in Zukunft müssen deshalb Komplettsanierungen und Einzelsanierungen gefördert werden - Einzelsanierungen sinnvollerweise im Rahmen eines Sanierungsfahrplans.

Was Bausparkassen bereits tun

Die Bausparkassen haben bereits viele Maßnahmen ergriffen, um Klimaschutzansprüchen gerecht zu werden. Am Unternehmensstandort versuchen sie mit guten Beispielen voranzugehen. Dazu gehören: Investitionen in energiesparende Heizungsanlagen mit Einsatz erneuerbarer Energien, Umstellung auf E-Dienstfahrzeuge und Baumpflanzungen am Sitz des Unternehmens beziehungsweise in der Region, Förderung des mobilen Arbeitens zur Reduzierung des Pendelverkehrs, verstärkte Digitalisierung auch zur Einsparung von Ressourcen, interne Ideenwettbewerbe und Aktionstage für mehr Klimaschutz im Unternehmen.

Im Dialog mit den Kunden stellen die Bausparkassen Energiespar-, Modernisierungs- und CO2-Rechner zur Verfügung. Sie bieten Kooperationen mit Energieberatern an und sind mit Handwerkern und Herstellern vernetzt, die sich auf energetische Sanierung spezialisiert haben, zum Beispiel über Kundenportale).

In ihrem Angebot finden sich maßgeschneiderte Modelle für Energieeinsparfinanzierungen. Ihre Kunden informieren sie laufend zu Fördermöglichkeiten, auch über Social-Media-Kanäle. Praxisratgeber zum klimagerechten Bauen und Sanieren sensibilisieren zusätzlich für diese Thematik.

"S" wie Social

Im Fokus der Diskussion über Nachhaltigkeit steht bisher das E wie Environmental. Dass die beiden anderen ESG-Kriterien an Bedeutung gewinnen werden, ist aber vorgezeichnet. Auch die Bausparkassen werden sich intensiver damit auseinandersetzen.

So mit dem "S": Die an den Genossenschaftsgedanken angelehnten Prinzipien des Bausparens ermöglichen Beziehern niedriger und mittlerer Einkommen, vor allem Familien mit Kindern, durch zielgerichtetes Ansparen den Aufbau von Eigenkapital. Dieses ist notwendige Bedingung für die solide Finanzierung des Lebenstraums "eigene vier Wände" - der beliebtesten Form der privaten Altersvorsorge.

Viele lernen das Sparen mit dem Bausparen. Durch regelmäßige Sparleistungen zeigt der Sparer, dass er in der Lage ist, auch einen Kredit zu bedienen. Das erleichtert ihm den Zugang zu einer dauerhaft tragbaren Finanzierung.

Der Zugang zu Finanzierungen wiederum ist ein ganz wesentliches Nachhaltigkeitsziel. Für die Bausparkassen war dieses soziale Motiv ein Gründungsmotiv.

Bausparen verknüpft in einzigartiger Weise Eigenkapitalaufbau und Zinssicherheit. Bausparer sparen im Schnitt mehr als Nicht-Bausparer und erreichen so ihr Ziel einige Jahre früher. Haushalte, die im Eigentum wohnen, haben bei gleichem Arbeitseinkommen zu Rentenbeginn etwa fünf Mal so viel Vermögen wie Mieterhaushalte.

Sie sparen mehr - gerade auch mithilfe des Bausparvertrags. Dieses Vermögen wird vielfach an Kinder und Enkel vererbt. Die Bausparkassen leisten so auch einen wichtigen Beitrag zur Vermögensbildung und Generationenvorsorge.

"G" wie Governance

Als Arbeitgeber zeichnen sich Bausparkassen durch hohe soziale Verantwortung aus. Beleg sind vielfache Auszeichnungen. Gewürdigt werden Chancengleichheit, Vielfalt, Aktivitäten zur Personalentwicklung von Nachwuchs-, Fach- und Führungskräften, Nachfolgeplanung und Karriereperspektiven sowie eine leistungsfördernde, familienfreundliche Unternehmenskultur mit hoher Arbeitszeitflexibilität und Betriebskindergärten.

Im Kern ist der Bauspargedanke auf eine nachhaltige, kapitalmarktunabhängige Finanzierung von privatem Wohneigentum ausgerichtet und verfolgt das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe".

Die spezifische Regulierung der Bausparkassen stellt die Beständigkeit des Bausparkollektivs in den Mittelpunkt. Strikte Anlagevorschriften im Kollektiv sind Beleg für dieses sicherheitsorientierte Geschäftsmodell.

Kreditvergabe und Anlagegeschäft sind von Beständigkeit geprägt und nicht von Spekulation. Durch die relative Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt leisten die Bausparkassen - empirisch untermauert - einen Beitrag zur Stabilität der Immobilien- und Finanzmärkte. Durch diesen Ordnungsrahmen sind die Bausparkassen als Urform des Crowdfundings Vorreiter in Sachen nachhaltiger "Governance".

Anspruch in der Verbandsarbeit

Der Verband der Privaten Bausparkassen unterstützt seine Mitgliedsunternehmen auf ihrem Weg, den Nachhaltigkeitsgedanken umzusetzen. Dies geschieht zum Beispiel durch einen eigenen Arbeitskreis. Hier wird über Anforderungen an Mindeststandards für "grüne" Kredite diskutiert. Der Verband arbeitet im Aktionsbündnis Klimaschutz der Bundesregierung mit und begleitet innerhalb der Europäischen Bausparkassenvereinigung entsprechende EU-Vorhaben.

Durch die Unterzeichnung einer Absichtserklärung (endorsement) des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) bekennt er sich zu deren Nachhaltigkeitszielen. Im Dialog mit seinen Mitgliedern wirkt er darauf hin, dass sich die Institute an den "Principles for Sustainable Banking" orientieren und perspektivisch mit einer Selbstverpflichtung befassen.

Christian König , Geschäftsführender Direktor , Europäische Bausparkassenvereinigung, Brüssel

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