Schwerpunkt Property und Facility Management

Nachhaltiges Facility Management: Ein Zertifikat und mehr

Tabelle 1: Ein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit im FM Quelle: Gefma 160

Der Branchenverband Gefma rückt mit einer neuen Richtlinie die Service- und Managementprozesse unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit in den Fokus. Das Neue dabei ist: Die Leistungsangebote, Services und Abläufe können nun an einem anerkannten Regelwerk gemessen werden und gleichzeitig dessen Verbreitung, Praktikabilität und Weiterentwicklung unterstützen. Die ersten Eigentümer beziehungsweise Betreiber schmücken sich mit den entsprechenden Zertifikaten. Das Gefma-Zertifizierungssystem wurde bisher nur auf das Facility Management in Bürogebäuden angewendet. Eine Übertragbarkeit auf andere Gebäudearten soll erprobt werden. Derzeit befindet sich das Konzept einer Cluster-Bewertung in der Pilotphase. Es zeigte sich, dass Nutzer beziehungsweise Eigentümer mit einer großen Zahl ähnlicher Immobilien (zum Beispiel Filialisten) ein besonderes Interesse an der Zertifizierung haben. Red.

Mit einem Zertifikat ausgezeichnete Green Buildings erzielen beim Verkauf oder der Vermietung mittlerweile einen höheren Preis. Doch nicht allein die "grüne Qualität" des Gebäudes selbst, auch die zu seiner Bewirtschaftung notwendigen Services und Prozesse fallen ins Gewicht. Mit dem Zertifikat Gefma 160 "Nachhaltigkeit im Facility Management" hat der Verband ein Zeichen gesetzt. Jetzt wird das System vermarktet und gleichzeitig weiterentwickelt. Im nächsten Schritt sollen nicht nur einzelne Objekte, sondern ganze Cluster auf den Prüfstand gestellt werden können.

Das neue Zertifizierungssystem, das auf der Richtlinie Gefma 160 basiert, rückt das Immobilienbetriebskonzept beziehungsweise das Facility Management (FM) in den Fokus. Es bewertet - und genau das ist das Neue - die Service- und Managementprozesse unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Der Branchenverband setzt mit seinem Zertifizierungssystem einen neuen Standard. "Wir wollen Vorreiter sein." Mit diesen Worten fasste der Gefma-Vorsitzende Otto Kajetan Weixler im März dieses Jahres - anlässlich der Vergabe der ersten Zertifikate - die ambitionierten Ziele des Verbands zusammen. "Der nachhaltige Betrieb ist unser Thema als Facility Manager."

Der nachhaltige Betrieb

Mit dem europaweit einzigartigen Zertifikat können sich seit dem Frühjahr 2015 die Eigentümer beziehungsweise Betreiber von sechs Immobilien schmücken:

- Das vor wenigen Jahren grundsanierte Gebäudeensemble der Frankfurter "Zwillingstürme" der Deutschen Bank - in ihrer Gebäudesubstanz zertifiziert nach DGNB Gold und LEED - gehört dazu. Es bietet rund 121 000 Quadratmeter Bürogebäudefläche (BGF), die nahezu ausschließlich von der Deutschen Bank genutzt werden. Als Betreiber ist Bilfinger HSG Facility Management BS tätig.

- Dazu gehört auch das zum Gesamtprojekt Uptown München zählende Campus-Gebäude E (8 500 Quadratmeter BGF), das 2006 fertiggestellt wurde und dem durch Hines Immobilien vertretenen Fonds HECF Germany 1 gehört. Mieter des Bürogebäudes ist ein Pharmaunternehmen. Als FM-Dienstleister fungiert Dr. Sasse Facility Management.

- Zertifiziert wurde auch das aus zwei Bauteilen (zusammen rund 45 000 Quadratmeter BGF inklusive Untergeschoss/ Tiefgarage) bestehende, allein von IBM Deutschland genutzte Büroensemble im Frankfurter Stadtteil Sossenheim - Eigentümer ist die Deutsche Fonds Holding. Full-Service-Dienstleister in der 2003 erbauten Immobilie ist Bilfinger HSG Facility Management IS.

- Zertifiziert ist auch der in Darmstadt 2007 errichtete und einem institutionellen Anleger gehörende Gebäudekomplex, der überwiegend von einem führenden Telekommunikationsanbieter genutzt wird und rund 55 000 Quadratmeter BGF misst. Betrieben wird die Immobilie von Strabag Property and Facility Services.

- Die ebenfalls ausgezeichnete Unternehmenszentrale von Drees & Sommer in Stuttgart misst rund 3 700 Quadratmeter BGF. Das 2002 errichtete Gebäude wurde bereits zwei Mal mit DGNB Gold zertifiziert. Die Facility Services werden von verschiedenen Dienstleistern erbracht.

- Schließlich können sich die Eigentümer, Nutzer und Dienstleister des RWE Tower in Dortmund mit dem neuen Gefma-Zertifikat schmücken. In dem 2005 fertiggestellten, etwa 27 500 Quadratmeter BGF bietenden Büroturm haben zirka 700 Nutzer ihren Arbeitsplatz. Eigentümer ist die DIAG GmbH & Co. KG, als Kernmieter nutzt die RWE Vertrieb AG das Gebäude. Als FM-Betreiber zeichnet die RWE Service verantwortlich.

Die mit dem Zertifizierungsprozess verbundenen eigenen Ambitionen umschreiben der Energiedienstleister RWE und seine hauseigenen FM-Experten so: Man habe die bisherigen eigenen Bemühungen verifizieren, weitere Optimierungspotentiale identifizieren und die Zukunft im FM aktiv mitgestalten wollen. RWE Service verweist auf "nützliche Effekte" wie die Detailierung der übergeordneten Betriebsstrategie, was eine einheitlichere und intensivere Dokumentation möglich gemacht habe. Mit der Zertifizierung weiterer Objekte verbindet man "ein intensiveres und häufigeres Benchmarking".

Letzteres spielt auch im Fall der Deutschen Bank eine Rolle. "Die zukünftige Möglichkeit, die eigene Performance mit Dritten vergleichen zu können, bietet Chancen für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess", erklärte Georgios Lazarou (Unit Sustainability Officer, Head of Germany) nach der Zertifikatsvergabe. Über messbare Kriterien den eigenen Qualitätsanspruch zu vermitteln und die Zielerreichung anschließend messbar darzustellen, sei "für alle Beteiligten ein Gewinn".

Die größten Potenziale finden sich im Bestand

Green-Building-Labels werden überwiegend im Zuge von Projektentwicklungen und bei Neubauten angestrebt. Sie erhöhen die Vermarktungschancen, wie jüngst die Wirtschaftsprüfer und Berater von PwC nachwiesen, nicht allein aus Imagegründen, sondern weil Betriebskosten und Cashflow als Bewertungskriterien eine wichtige Rolle spielen.

Doch was ist mit Bestandsimmobilien, die sich vielfach bereits auf den ersten Blick als "Groschengräber" in Sachen Energieverbrauch erweisen? Wie kann die überwiegende Mehrheit der Liegenschaften in unserem Land unter Nachhaltigkeitsaspekten auf Vordermann gebracht werden?

Dies ist eine Frage, die sehr häufig im Zusammenhang mit dem Zertifikat Gefma 160 gestellt wird: Kann ein Gebäude, das weder neu ist, noch nach den Prinzipien des Nachhaltigen Bauens modernisiert wurde - in Anlehnung an die bisherige Klassifizierung im Gebäudezertifikat der DGNB "Gebäude Bronze" (oder gar "Gebäude Blech") genannt - nachhaltig betrieben und bewirtschaftet werden? Die Antwort ist Ja. Es ist das Facility Management, bestehend aus Konzept und Umsetzung, das die Auszeichnung nach Gefma 160 erhält. Das Gebäude und seine Freiflächen sind der Ort, für den ein Betreiberkonzept erarbeitet wird und an dem die Facility Services erbracht werden, um die Primärprozesse der Gebäudenutzer zu unterstützen. Die Immobilie bildet also die Systemgrenze für die Zertifizierung nach Gefma 160. Alle für die Nutzung der Immobilie erforderlichen Facility Services werden in die Bewertung integriert.

Grundsätzlich wird in dieser Zertifizierung das Prinzip des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) verfolgt. Das bedeutet, dass die meisten Kriterien die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit in den Phasen "Plan-Do-Check-Act bewerten." Entsprechend wird beispielsweise im Kriterium Catering danach gefragt, ob ein Nachhaltigkeitskonzept für Catering vorliegt (Plan), ob es eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Beschaffungsrichtlinie für Nahrungs- und Lebensmittel gibt sowie ob bedarfsgerechte und nutzerspezifische Menüs zubereitet werden (Do). Des Weiteren gehört eine monatliche, unangekündigte Kontrolle der Umsetzung (Check) und die Behebung festgestellter - auch von den Nutzern gemeldeter - Defizite (Act) zu einem als nachhaltig bewertetem Catering.

Analog werden alle im Gebäude vorhandenen beziehungsweise benötigten Facility Services werden anhand der in Tabelle 1 erkennbaren 24 Kriterien daraufhin bewertet, ob sie in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess auf eine möglichst nachhaltige Prozesserbringung ausgerichtet werden. Diese Prozessqualität kann auch in einem Gebäude erzielt werden, das nur den technischen Regeln und rechtlichen Vorgaben in Deutschland entspricht ("Gebäude Bronze").

Nachhaltigkeit im FM muss jedoch auch bestellt werden! Wenn nur die Leistungen des Gebäudebetriebs eingekauft werden, die aus rechtlicher Sicht unverzichtbar sind, dann wird der für das Gefma-Zertifikat definierte Mindest-Erfüllungsgrad von 35 Prozent nicht erreichbar sein.

Green Cleaning, regionale Küche und die Königsdisziplin

Nachhaltigkeit im Facility Management ist selbstverständlich nicht erst in diesem Jahr zur Selbstverpflichtung oder zum Leistungsinhalt bei FM-Dienstleistern geworden. Und natürlich wird auch weiterhin unabhängig vom neuen Standard des Zertifikats nachhaltiges FM praktiziert werden. Das Neue ist: Diese Leistungsangebote, Services und Abläufe können nun an einem anerkannten Regelwerk gemessen werden und gleichzeitig dessen Verbreitung, Praktikabilität und Weiterentwicklung unterstützen.

Im Bereich der infrastrukturellen Services sind Labels wie "Green Cleaning" oder "Clean & Green" schon seit einigen Jahren am Markt vertreten. Ökologisch verträgliche Reinigungsmittel werden eingesetzt, der Maschinenpark wird smarter, die Intervalle der Reinigung orientieren sich mehr am Bedarf als an starren Vorgaben. Dabei wird sowohl auf die Reinigungsleistung und -effekte als auch auf Hygieneanforderungen und die Gesundheit von Nutzern und Ausführenden geachtet.

Nachhaltige und gesunde Verpflegung (bis hin zum Veggie-Day) finden in mehr und mehr Unternehmenskantinen Zuspruch. Beim sogenannten "klimafreundlichen Menü" kommen Kriterien zum Tragen wie Regionalität, saisonale Produkte (Gemüse und Obst zu 80 Prozent aus der Saison), Bio (Geflügel und Eier), Fisch (keine gefährdeten Fischarten), kompletter Verzicht auf rotes Fleisch. Das Nachhaltigkeitsangebot soll sich künftig nicht nur auf den Kochtopf beschränken. Auch die Küchenplanung und -ausstattung, die Nutzung von Kühltheken, Automaten, Geschirr/Besteck sowie Licht, Lüftung und Verpackungsmaterialien geraten in den Blick.

Viele Wege führen zu mehr Energieeffizienz

Tatsache ist: Immobilieninvestoren, Eigentümer und Mieter motiviert vor allem ein Effekt, wenn es um die Entscheidung für Investitionen in die Technik und den nachhaltigen Gebäudebetrieb geht - der eigene monetäre Vorteil. Das passt, denn die Optimierungsziele beziehungsweise -resultate können recht genau beziffert werden. Die Einsparpotenziale und die Optimierungsreserven sind außerordentlich groß. Das Energiemanagement kann durchaus als "Königsdisziplin" der Nachhaltigkeit im FM angesehen werden.

Um so mehr erstaunt, dass die vorhandenen Potenziale immer noch ungenügend beachtet werden. Viele Unternehmen, darunter gerade Mittelständler, zögern. Sie scheuen investive Maßnahmen, selbst wenn diese sich nachweislich binnen weniger Jahre rentieren. Die Möglichkeiten der Optimierung und Effizienzsteigerung werden unterschätzt.

Wer jedoch zur Tat schreitet, wird belohnt. Eine im Sommer dieses Jahres im Auftrag der DZ Bank unter Mittelstandsunternehmen durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass diejenigen, die entsprechende Maßnahmen auf den Weg gebracht haben, nach eigenen Angaben im Durchschnitt Energiekosteneinsparungen zwischen 12 Prozent (bei Gebäuden oder technischen Anlagen) und 17 Prozent (bei der Energieerzeugung) realisieren konnten.

Das Gefma-Zertifizierungssystem wurde bisher nur auf das Facility Management in Bürogebäuden angewendet. Eine Übertragbarkeit auf andere Gebäudearten wird wegen der ausschließlichen Prozessbewertung jedoch erwartet und soll erprobt werden. Derzeit befindet sich das Konzept einer Cluster-Bewertung in der Pilotphase. Es zeigte sich nämlich, dass Nutzer beziehungsweise Eigentümer mit einer großen Zahl ähnlicher Immobilien (zum Beispiel Filialisten) ein besonderes Interesse an der Zertifizierung haben. Offenbar wird "Gutes tun und darüber reden" durch ein Zertifikat für Nachhaltigkeit im FM nach Gefma 160 optimal unterstützt.

Die Autorin

Prof. Dr. Andrea Pelzeter Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), Berlin, Leiterin Arbeitskreis "Nachhaltigkeit" der German Facility Management Association (GEFMA), Bonn

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