INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

NEUE HÖCHSTSTÄNDE, NEUE WETTBEWERBER UND NEUE HERAUSFORDERUNGEN

Till Entzian, Foto: privat

Die Branche der Immobilien-Spezialfonds blickt auf ein sehr erfolgreiches Jahr 2019 zurück. So konnte insbesondere beim verwalteten Fondsvolumen dank ungebrochen sprudelnder Mittelzuflüsse abermals ein neuer Rekord vermeldet werden, wovon wiederum nahezu alle der inzwischen 43 Anbieter von Immobilien-Spezialfonds profitieren konnten. Doch lässt sich dieser Boom so einfach fortschreiben? Die ersten Zahlen für das laufende Jahr deuten jedenfalls darauf hin, dass die Nachfrage nach Immobilien-Spezialfonds mindestens stabil zu bleiben scheint. Möglich macht es nicht zuletzt die nochmals verschärfte Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Red.

Auch 2019 konnten die Immobilien-Spezialfondsgesellschaften einen neuen Höchststand beim verwalteten Nettofondsvolumen verzeichnen. Dieses stieg durch stabile Mittelzuflüsse von 12,4 Milliarden Euro und einen marktbedingten Wertzuwachs in Höhe von fünf Milliarden Euro um 17 Prozent auf runde 120 Milliarden Euro (siehe Abbildung 1). Damit setzt sich das Wachstum der letzten Jahre mit unveränderter Dynamik fort. Grundlage dieser Entwicklung ist ein Immobilienmarkt, der auf der Angebotsseite begrenzt und auf der Nachfrageseite durch niedrige Zinsen und fehlende Anlagealternativen getrieben wird. Dem Immobilien-Spezialfonds gelingt es, diese günstige Ausgangslage auszunutzen, indem er dem institutionellen Anleger eine sichere und flexible Struktur mit deutlichen Vorteilen, insbesondere bei der Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen und beim Reporting bietet.

Von Konsolidierung keine Spur

Den Anlegern, die typischerweise selbst hoch reguliert sind, wird eine Vielzahl von Tätigkeiten und Verantwortungsbereichen abgenommen. Außerdem differenzieren sich die Gesellschaften immer stärker hinsichtlich der Breite und der Tiefe der angebotenen Dienstleistungen, die von dem klassischen "Alles aus einer Hand"-Spezialfonds bis zur Service-KAG reichen, bei der einzelne Elemente der Wertschöpfungskette ausgewählt werden können. Eine schon häufiger vorhergesagte Konsolidierungswelle ist bei den Spezialfondsgesellschaften noch nicht eingetreten - ganz im Gegenteil präsentieren sich immer wieder neue Wettbewerber, und auch dieses Jahr ist von drei neuen Namen zu berichten.

Mehr noch als die Spezialfonds können sich die offenen Immobilien-Publikumsfonds über einen signifikanten Anstieg der Mittelzuflüsse freuen. Dieser erreichte 2019 mit 10,6 Milliarden Euro fast das Niveau der Spezialfonds und erlaubte es den Publikumsfonds, im Mai 2019 die Marke von 100 Milliarden Euro zu überschreiten. Ende des Jahres verwalteten sie dann ein Nettofondsvermögen von 106 Milliarden Euro, bei unverändert aufwärts zeigender Tendenz.

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Kehrseite der sprudelnden Mittelzuflüsse sind die zunehmenden Herausforderungen bei der Suche nach geeigneten Anlagemöglichkeiten. Hier konkurriert eine immer größer werdende Anzahl von Publikums- und Spezialfonds mit geschlossenen Fonds, institutionellen Direktanlegern und global tätigen Immobiliengesellschaften. Interessante Objekte zu vernünftigen Preisen zu finden, ist in einem solchen Marktumfeld nicht einfach - wodurch wiederum die Nachfrage nach den professionell gemanagten Immobilien-Spezialfonds verstärkt wird.

Hansainvest und Wertgrund übernehmen PPI

Von den inzwischen 43 Immobilien-Spezialfondsgesellschaften mussten nur zwei einen Rückgang des verwalteten Fondsvolumens hinnehmen, und das auch nur in relativ geringem Umfang. Eine dieser Gesellschaften ist die Wohnselect Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, die seit 2019 ihren Sitz in Hamburg hat und bis dahin in München als Pramerica Property Investment GmbH (PPI) firmierte. Neue Gesellschafter sind die Hansainvest, die selbst bereits 54 Immobilien-Spezialfonds mit einem Volumen von 7,6 Milliarden Euro verwaltet, und die Wertgrund Immobilien GmbH, die 1992 als Vertriebsgesellschaft für Wohnimmobilien gegründet wurde und heute unter anderem als Verwalter von Wohnimmobilien, als Portfoliomanager für Immobilien-Spezial- und -Publikumsfonds sowie als Investor tätig ist. Die PPI hatte auch Immobilien-Spezialfonds angeboten, von denen sich die letzten beiden seit einiger Zeit in Abwicklung befinden und jetzt nur noch ein Volumen von 50 Millionen Euro haben.

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Bei den drei neuen Wettbewerbern handelt es sich um zwei bereits lange bekannte Gesellschaften, die ihr Geschäftsmodell um Immobilien-Spezialfonds erweitert haben, und um eine Neugründung. Erstmals erscheint die Avana Invest in der Liste der Anbieter von Immobilien-Spezialfonds. Die Gesellschaft wurde 2009 von Götz Kirchhoff und Thomas Uhlmann gegründet, um Vermögensverwaltung und Dachfonds unter besonderer Berücksichtigung von ETFs anzubieten. Seit 2015 werden auch geschlossene Immobilienfonds aufgelegt sowie die Dienste einer Service-KAG angeboten. Die Auflage von bisher zwei Immobilien-Spezialfonds mit einem Volumen von 46 Millionen Euro erfolgte im Anschluss an den Einstieg der Undevicesimus-Stiftung bei der Avana Invest und Veräußerung der Fondsgruppe Fairvesta an den Private-Equity-Manager ActivumSG Capital Management Ltd.

Die 2013 mit Sitz in Düsseldorf gegründete Commerz Real Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH hat 2019 erstmals drei Immobilien-Spezialfonds aufgelegt, die zum Jahresende ein Volumen von 245 Millionen Euro erreichten. Daneben verwaltet die Gesellschaft unter anderem geschlossene Immobilien-Spezialfonds im Volumen von 313 Millionen Euro. Im Rahmen eines Tauschgeschäfts hatte sich die Commerzbank beim Erwerb der Dresdnerbank von der Allianz von großen Teilen ihres Fondsgeschäfts getrennt. Die Five Quarters Real Estate AG hat Ende 2019 ihre KVG-Zulassung erhalten. Gegründet von den drei Vorständen Erik Beets, Georg zu Stolberg und Peret Bergmann bietet die Gesellschaft institutionellen Anlegern und Family Offices europaweit den Zugang zu Immobilieninvestments und hat auch die Erlaubnis, zu diesem Zweck Immobilien-Spezialfonds aufzulegen.

Marktanteile: Patrizia bleibt vor Intreal

Die Patrizia-Gruppe hat die Firmierung ihrer Kapitalverwaltungsgesellschaften neu geregelt. Die 2005 selbst gegründete und zuletzt als Patrizia Wohninvest firmierende Gesellschaft wurde, entsprechend dem Sitz der Gesellschaft, in Patrizia Augsburg Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH umbenannt. Die Patrizia Gewerbeinvest (bis 2011: LB Immo Invest) heißt jetzt Patrizia Immobilien Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH und hat ihren Sitz unverändert in Hamburg. Unverändert bleibt dagegen der Name der Patrizia Frankfurt Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH.

Den größten Marktanteil der einzelnen Gesellschaften verbucht die Intreal mit 12 Prozent des gesamten Nettofondsvermögens. Sie ist im Berichtszeitraum um 16 Prozent gewachsen und verwaltete Ende 2019 mit 81 Spezialfonds (15 mehr als Ende 2018) knapp 13 Milliarden Euro. Zusammengerechnet erreichen die Gesellschaften der Patrizia-Gruppe allerdings mit 14,5 Prozent einen noch etwas höheren Marktanteil. Davon entfallen 5,4 Prozent auf die Patrizia Frankfurt. Diese Gesellschaft war einst als Oppenheim Immobilien KAG der Pionier auf dem Gebiet der Immobilien-Spezialfonds gewesen und verwaltete zeitweise mehr als Zweidrittel des Gesamtvolumens.

Den größten Zugewinn an Marktanteilen erzielte 2019 die Luxemburger Gesellschaft der Universal-Gruppe, die sich um 1,1 auf 3,7 Prozent steigern konnte. Gleichzeitig musste die Frankfurter Universal 0,7 Prozent abgeben und fiel damit aber auf immer noch sehr beachtliche 7,5 Prozent Marktanteil zurück. Die beiden anderen in der Tabelle aufgeführten Luxemburger Gesellschaften, die BNP Paribas und die Patrizia, konnten ihren Marktanteil von zusammen 0,7 Prozent nur knapp behaupten. Der Luxemburger Immobilien-Spezialfonds stellt also durchaus eine reale Alternative zum inländischen Pendant dar, hat aber noch lange nicht die gleiche Sogwirkung ent wickelt, wie sie bei den Publikums-Wertpapierfonds seit den neunziger Jahren stattgefunden hat.

Weiter voll im Trend: Deutschland und ...

Die Zusammensetzung der Immobilien-Spezialfonds hat sich im Berichtszeitraum praktisch nicht verändert. Wie in Abbildung 3 erkennbar ist, hat sich der Anteil der unbebauten Grundstücke auf sehr niedrigem Niveau leicht erhöht und beträgt jetzt 2,5 Prozent (Ende 2018 waren es 1,7 Prozent). Davon abgesehen fand die größte Veränderung im Februar 2020 statt, als der Anteil der Objekte in europäischen Nicht-EWU-Ländern um genau 1,0 auf 1,8 Prozent zurückging und gleichzeitig der Anteil in nichteuropäischen Ländern um ebenfalls genau 1,0 auf 1,3 Prozent anstieg. Hier ist also der Wert der im Vereinigten Königreich gelegenen und vom Brexit betroffenen Immobilien ablesbar. Unverändert sind dagegen die Fremdmittel mit gut 30 Prozent und die Beteiligungen an Immobiliengesellschaften von 23 Prozent zuzüglich Darlehen an solche Gesellschaften von 7 Prozent. Der Anteil an direkt gehaltenen Immobilen in Deutschland liegt weiterhin bei 62 Prozent und in anderen Ländern der Eurozone bei 7,3 Prozent. Leicht zurückgegangen ist die Bedeutung von Zielfonds auf jetzt noch 3,5 Prozent.

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Deutlichere Verschiebungen sind bei der vom BVI ermittelten geografischen Verteilung der Anlageobjekte zu erkennen. Demnach setzt sich der Trend zur heimischen Immobilie fort, der Anteil der inländischen Objekte stieg 2019 von 72,5 auf 74,2 Prozent. Dies kann besonders in Städten außerhalb der üblichen Ballungsräume zugute, deren Anteil von 29,5 auf 31,2 Prozent anstieg, während die Großstädte und Ballungsräume im Wesentlichen unverändert blieben. Hinsichtlich der im Ausland gelegenen Objekte sank der Anteil Frankreichs nur unmerklich auf 3,3 Prozent, während die Niederlande zulasten anderer EWU-Länder um 0,6 Prozentpunkte auf 4,1 Prozent zulegen konnten.

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Noch stärkere Verschiebungen zeigen die ebenfalls vom BVI ermittelten Nutzungsarten nach Netto-Soll-Mietverträgen. Danach ist der Anteil der Wohnimmobilien geradezu sprunghaft angestiegen und beträgt Ende 2019 knapp über 35 Prozent am Gesamtportfolio, 2018 waren es noch knapp 15 Prozent gewesen. Ähnlich heftig gingen der Anteil der Büroimmobilien um 8 auf 25 Prozent und der Anteil von Handel/Gastronomie um 12 auf 20 Prozent zurück. Natürlich ist eine solche ruckartige Umschichtung der Portfolios der Immobilien-Spezialfonds ausgeschlossen, wären hierfür doch Transaktionen im Wert von 40 bis 50 Milliarden Euro notwendig - tatsächlich liegt das Volumen aller Käufe und Verkäufe pro Jahr eher in einer Größenordnung von 10 Milliarden Euro. Die Erklärung ist daher zu einem großen Teil darin zu suchen, dass einige der stärker in Büros beziehungsweise Handel/Gastronomie investierten Gesellschaften dieses Jahr ihre Daten nicht beziehungsweise nicht rechtzeitig dem BVI gemeldet haben (insgesamt berücksichtigt die Darstellung nur zirka 60 Prozent der Gesamtheit).

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... Wohnimmobilien

Dennoch bestätigen die ermittelten Zahlen die wichtigsten Trends, wie sie sich bereits in den Vorjahren dargestellt haben. Insbesondere zeigt sich die Attraktivität von Wohnimmobilien, die auch in Krisenzeiten stabile Renditen erzielen. Die Vermutung liegt nahe, dass sich diese Ansicht durch die Corona-Erfahrung noch weiter verfestigen wird. Viele Firmen waren gezwungen, Homeoffice-Modelle auf breiter Front anzubieten und werden auf Basis ihrer Erfahrungen überlegen, in welchem Umfang künftig Mietkosten für Büroräume eingespart werden können. Ferner dürften Reservebüroräume im Sinne von Business Continuity und Desaster-Recovery-Sites als verzichtbar eingestuft werden, wenn der Geschäftsbetrieb aus den Wohnzimmern der Mitarbeiter erfolgreich fortgeführt werden kann.

Die Nachfrage nach Büroflächen könnte also auch unabhängig von den Unternehmen zurückgehen, die die Krise nicht überstehen und als Mieter wegfallen. Demgegenüber wird die Attraktivität der Wohnung an Bedeutung gewinnen, wenn man selbige nicht beliebig verlassen kann oder darf. Schließlich könnte der Nachfragedruck in den Ballungsräumen ein wenig nachlassen, wenn die Präsenz im Büro nur noch selten notwendig ist und das Homeoffice in der Provinz mit besserer Luft und einer schöneren Kulisse zu günstigeren Preisen lockt.

Der dargestellte Rückgang bei Handel/Gastronomie widerspricht dagegen dem langjährigen Trend, denn der Ende 2018 ermittelte Anteil von knapp 33 Prozent hat sich über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren kontinuierlich aufgebaut - 2006 lag dieser Anteil noch bei 16 Prozent. Im kommenden Jahr wird sich herausstellen, ob hier nicht doch ein Statistikfehler vorliegt.

Versicherungen: Anteile weiter auf überschaubarem Niveau

Unter den Anlegern der Immobilien-Spezialfonds stellen die Versicherungen mit 33,2 Milliarden Euro weiterhin eine der wichtigsten Gruppen dar. Umgekehrt machen die Immobilien-Spezialfonds in den Portfolios der Versicherungsunternehmen mit 1,6 Prozent nur einen sehr kleinen, wenn auch langsam ansteigenden Anteil aus. Vor vier Jahren waren lediglich 1,0 Prozent des Versicherungsvermögens in Anteilen an Immobilien-Spezialfonds investiert. Deutlich mehr, nämlich 29 Prozent, haben die Versicherungen in Anteilen anderer Investmentfonds investiert. Dieser Anteil stieg marktbedingt Ende 2019 sogar auf 30 Prozent, ist Anfang 2020 aber wieder auf 29 Prozent zurückgefallen. Die Entwicklung der Kapitalmärkte hat auf die Investmentanlagen der Versicherungen also einen ähnlich starken Einfluss wie auf die Direktanlagen in Aktien - ein Hinweis darauf, dass die Versicherungsunternehmen volatilere Anlageklassen gern in Form von Investmentanteilen erwerben.

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Derzeit wird über die Zukunftsfähigkeit von Versicherungsunternehmen diskutiert, insbesondere die von sogenannten Run-Off-Gesellschaften, die kein Neugeschäft akquirieren, sondern lediglich Bestände bis zum Vertragsablauf verwalten. Hier könnten Versicherte tatsächlich Verluste erleiden, wenn eine Run-Off-Gesellschaft nicht mit genügend Kapitalrücklagen ausgestattet ist, um auch dem letzten Kunden wenigstens die garantierten Leistungen auszuzahlen. Für das Gesamtvolumen der Aktiva der Versicherungsunternehmen und speziell für die Spezialfonds wären von einem solchen Fall sicherlich keine konkreten negativen Folgen zu erwarten. Würde jedoch das Vertrauen in die Lebensversicherung als verlässliche Kapitalanlage beschädigt, könnte dies langfristig Folgen für eine wichtige Anlegergruppe haben.

Der Wert der von Versicherungsunternehmen gehaltenen Immobilien-Spezialfonds ist 2019 von 27,7 auf 33,2 Milliarden Euro angestiegen, bis Mai 2020 sogar auf 35,5 Milliarden Euro; für 2020 verzeichnen die Sach- und Rückversicherungen mit 24 Prozent den höchsten Zuwachs unter den Anlegergruppen. Die übrigen Zuwachsraten errechnen sich von 4 Prozent bei den öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Zusatzversorgungswerken (2,6 Milliarden Euro Anlagevermögen) über jeweils 14 Prozent bei den Altersvorsorgeeinrichtungen (37,1 Milliarden Euro) und den Lebensversicherungen (13,8 Milliarden Euro) bis zu 22 Prozent bei den Kreditinstituten (19,0 Milliarden Euro).

Konzentrationsprozess bei Depotbanken

Abbildung 7 zeigt die von den Immobilien-Spezialfonds genutzten Depotbanken, die im Konzept des offenen Investmentfonds den dritten Punkt des Investmentdreiecks darstellen und neben der Verwahrung des Fondsvermögens wichtige Administrations- und Kontrollaufgaben wahrnehmen. Da sie in den wettbewerblich entscheidenden Bereichen Vertrieb und Portfoliomanagement keine Verantwortung übernehmen, können Depotbanken gleichzeitig für mehrere Wettbewerber tätig werden.

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Dementsprechend haben die meisten Investmentgesellschaften schon lange die früher übliche Politik aufgegeben, die Depotbankfunktion ausschließlich innerhalb der eigenen Unternehmensgruppe zu vergeben. Dies ist auch an der eingetretenen Konzentration auf nur zehn Unternehmen erkennbar. Zu dieser Konzentration haben ganz wesentlich die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an eine Depotbank und der hohe Aufwand zur Erfüllung derselben beigetragen.

Den höchsten Marktanteil im Bereich der Immobilien-Spezialfonds erzielt die Caceis Bank mit fast 30 Prozent. Hier handelt es sich um die deutsche Niederlassung einer französischen Gesellschaft, die mehrheitlich der Crédit-Agricole-Gruppe gehört und 2007 die Aktivitäten im Bereich Wertpapierabwicklung und -verwahrung von der Hypovereinsbank erworben hat. An zweiter und dritter Stelle liegen mit jeweils knapp 15 Prozent die Privatbank MM Warburg und das 2016 mehrheitlich nach China verkaufte Bankhaus Hauck & Aufhäuser.

Anstehende Themen - Nachhaltigkeit dominiert

Nach voraussichtlichem Zusatzaufwand sortiert dürfte die Nachhaltigkeit die Liste der anstehenden Themen mit großem Abstand anführen. Ursprünglich wurde der Begriff von Waldbauern entwickelt und besagt, dass dem Wald nicht mehr Holz entnommen wird als in der gleichen Zeit nachwächst. Hätten die Griechen diesen Grundsatz berücksichtigt als sie in der Antike ihre Flotten bauten, dann wären ihre Küsten noch heute von dichten Wäldern gesäumt und nicht kahl wie ihre Kassen vor Überweisung deutscher Steuergelder aus dem EU-Haushalt. Zur dringend gebotenen Umsetzung müsste man eigentlich überlegen, durch welche konkreten Maßnahmen dem Menschen an sich in seiner Eigenschaft als dem gefährlichsten Ressourcenverschwender schlechthin, Einhalt geboten werden kann. Die europäische Bürokratie hat jedoch einen anderen Weg vorgesehen, der allen Beteiligten erlaubt, sich als Umweltretter darzustellen, ohne irgendjemandem schmerzhafte Einschränkungen zuzumuten, und der vor allem unangenehme Themen wie die Bevölkerungsentwicklung und die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen wie die chinesische Ein-Kind-Politik ausklammert.

Sämtliche Unternehmen sollen künftig ihre Aktivitäten nach einer von der EU entwickelten "ESG-Taxonomie" im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit analysieren und die Ergebnisse veröffentlichen. Investmentfonds sollen veröffentlichen, wie stark sie ihre Anlageentscheidungen an den Taxonomie-Ergebnissen ausrichten. Die Hoffnung ist dann, dass die Unternehmen wegen des zu erwartenden Drucks der Öffentlichkeit und der Kapitalmärkte nachhaltiger als bisher wirtschaften. Nun hat bereits der erste Bericht der EU-Expertenkommission zur geplanten Taxonomie über 600 Seiten und beschäftigt sich nur mit zwei der sechs definierten ökologischen Themen, Soziales und Governance sind hier noch gänzlich ausgeklammert.

Bereits hier wird ersichtlich, welche Papierflut auf die Unternehmen zurollen wird und welcher Aufwand auch bei den regulierten Kapitalanlegern entstehen wird. Außerdem ist zu erwarten, dass vielfältige Interessensgruppen ihre Themen dort leicht werden unterbringen können. Die Mittelmeerküste ist an der Stelle, an der das Holz für das Trojanische Pferd geschlagen wurde, immer noch kahl. Das Holz für die europäische Papierflut stammt heute überwiegend aus nachhaltiger Forstwirtschaft.

Die spannende Frage ist jedoch, ob die Unternehmen die Umsetzung der mit der ESG-Taxonomie geschmuggelten, vielfältigen Themen überleben oder ob sie wie Troja untergehen werden. Für die Investmentbranche stellt das Thema dagegen nur eine weitere regulatorische Herausforderung dar, die unter Einsatz der erforderlichen Mittel selbstverständlich zu bewältigen ist und erneut die Möglichkeit bietet, dem institutionellen Anleger eine weitere Dienstleistung anzubieten. Ein weiteres Thema ist die Geldwäscheprävention, die vor allem im Immobiliensektor verschärft werden soll.

Nachfrage wird hoch bleiben

Die Finanzkrise, die schon immer eine politikgemachte Staatsfinanzkrise war, hat lange als die Begründung für künstlich niedrig gehaltene Zinsen gedient. Die Corona-Krise bietet Regierungen jetzt eine als ideale Ausrede anmutende Situation, um völlig ungehemmt Kredite aufzunehmen und das Geld aus dem Vollen schöpfend ausgeben zu können. Selbst wenn sich die Verantwortlichen doch noch etwas zügeln sollten, ist die Rückkehr zu normalen Zinsen in weite Ferne gerückt. Vor diesem Hintergrund sind auch in der absehbaren Zukunft ein unverändert hoher Anlagedruck und eine entsprechende Nachfrage nach Immobilien-Spezialfonds zu erwarten. Unabhängig davon ist die Anlage in Sachwerten natürlich immer eine gute Idee.

DER AUTOR TILL ENTZIAN Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main
Till Entzian , Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main

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