Die Politik hat über viele Jahre hinweg die sich deutlich abzeichnende Wohnungskrise nicht zur Kenntnis genommen. Sie hat die Entwicklung auf den Wohnungs- und Immobilienmärkten schlicht verschlafen.
Bis heute fehlt ein eindeutiges und klares Konzept, wie der Bau neuer bezahlbarer Wohnungen vorangetrieben, wie inflationäre Kostensteigerungen bei Grund und Boden verhindert und wie Mieter gegen Kündigungen, Zwangsräumungen und hohe Mieten geschützt werden können.
Solange für Grund und Boden allein die Grundsätze von Angebot und Nachfrage die Preisbildung bestimmen, sind inflationäre Preissteigerungen programmiert. Solange Investoren, Bauträger und Immobiliengesellschaften Wohnungen zu Höchstpreisen verkaufen und vermieten können, werden keine bezahlbaren Wohnungen im nennenswerten Umfang gebaut werden.
Weil mit der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ein noch höherer Profit möglich ist als mit der Vermietung oder mit dem Verkauf des Hauses insgesamt, muss in dieses Marktgeschehen eingegriffen werden. Diese Notwendigkeit ergibt sich für die Mietpreisentwicklung und -gestaltung bei Neu- und Wiedervermietungsmieten, aber auch bei bestehenden Mietverhältnissen. Profitorientierte Unternehmen beziehungsweise Vermieter und bezahlbare Warmmieten, die höchstens ein Drittel des Nettohaushaltseinkommens ausmachen sollten, stehen im Widerspruch zueinander.
Deshalb ist ein grundlegender Kurswechsel in der Wohnungspolitik erforderlich. Der Staat und nichtprofitorientierte Vermieter und Unternehmen müssen künftig deutlich gewichtigere Akteure auf den Wohnungsmärkten werden. Mindestens dreißig, besser fünfzig Prozent aller Mietwohnungen sollten in öffentlicher Hand oder im Besitz gemeinwohlorientierter Eigentümer sein.
Die Anstrengungen zur Schaffung mehr bezahlbaren Wohnraums müssen begleitet werden von einem bundesweiten sechsjährigen Mietenstopp für Bestandsmieten. Einen solchen Mietenstopp fordert der Deutsche Mieterbund derzeit gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, dem Paritätischen Gesamtverband und zahlreichen Mieterinitiativen.
Außerdem brauchen wir eine flächendeckende scharfe Mietpreisbremse ohne Ausnahmen und eine Begrenzung der Mieterhöhung nach Modernisierung bei maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter. Nur so funktioniert wirksamer Mieterschutz. Der Deutsche Mieterbund tritt zudem für den dringend erforderlichen Schutz unseres Klimas ein.
Mieterschutz und Klimaschutz dürfen jedoch nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern müssen Hand in Hand gehen. Für die notwendige energetische Sanierung des Gebäudebestandes bedarf es einer deutlichen Aufstockung der staatlichen Fördermittel. Nicht nur Mieter und Vermieter müssen solidarisch die Klimakrise bekämpfen, auch der Staat muss seiner klimapolitischen Verantwortung gerecht werden.
Die Wohnungsmärkte in Deutschland geraten mehr und mehr aus den Fugen. In den vergangenen zehn Jahren sind die Mietpreise insbesondere in den Großstädten und Ballungsgebieten rasant gestiegen. Ein Ende dieser Preisrallye ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Überdurchschnittliche Mietpreissteigerungen erreichen jetzt auch Mittel- und Kleinstädte. Private Wohnungsunternehmen, Immobilienfonds und Kapitalgesellschaften maximieren ihre Gewinne und erzielen Rekordabschlüsse. Auf der anderen Seite liegt die Wohnkostenbelastung für Deutschlands Mieter schon bei durchschnittlich 30 Prozent, für einkommensärmere Haushalte bei fast 50 Prozent. Bezahlbare Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung in Städten und deren Umfeld fehlen.
Die nächste Bundesregierung muss endlich einen radikalen Kurswechsel in der Wohnungspolitik und auch bei den Mietendurchführen. Nicht nur wir als Deutscher Mieterbund, sondern Millionen Mieterinnen und Mieter in der Bundesrepublik Deutschland erwarten dies – er ist längst überfällig.