BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2021

DAS ÖSTERREICHISCHE MIETKAUFMODELL: IN DAS EIGENTUM "HINEINWACHSEN"

Christian Struber, Foto: Salzburg Wohnbau

Neidisch blickt so mancher Deutscher bekanntlich auf den österreichischen Wohnungsmarkt. Vor allem der hohe Anteil an gemeinnützigem Wohnraum wird regelmäßig als Vorbild in wohnungspolitische Diskurse eingebracht. Im Zuge der hierzulande zuletzt an Fahrt aufnehmenden Debatte über das Für und Wider von Mietkaufmodellen könnte ebenfalls der Blick ins Nachbarland lohnen. Wie die Ausführungen des folgenden Beitrags nämlich zeigen, gelingt es damit in Österreich, jährlich bis zu 5 000 Wohnungen an Mieter zu übereignen. Vor allem junge Menschen und Familien biete es die Chance, Eigentum zu erwerben, so der Autor. Red.

Wohnen in den "eigenen vier Wänden" hat in Österreich eine ganz besondere Bedeutung, denn Österreich ist - mit Ausnahme der Bundeshauptstadt Wien - ein "Eigentumsland". Dennoch liegt der Anteil an Eigentumswohnungen und Eigenheimen im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld.

Dabei spielt Wien eine besondere Rolle: die Stadt Wien besitzt rund 230 000 Wohnungen, die ausschließlich als Gemeindewohnungen in Miete zur Verfügung gestellt werden. Diese Wohnungen können auch von den Mietern nicht erworben werden und bleiben damit im Besitz der Stadt Wien.

Gesetzlicher Anspruch auf Wohnungserwerb

Die Schaffung von Eigentum spielt in Österreich im Wohnbau eine wichtige Rolle. Denn: Wer in Eigentum wohnt, ist von der steigenden Mietpreisentwicklung, die seit 2014 in unserem Land deutlich stärker steigt als das Einkommen, nicht betroffen. Zudem ist Wohneigentum ein geeignetes Instrument zur Vorbeugung gegen Altersarmut. Damit fallen im Ruhestand, wenn sich das Einkommen verringert, die Mietkosten gänzlich weg.

Um den Zugang zu Wohneigentum zu erleichtern, wurde in Österreich bereits 1994 mit dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz eine wichtige Weiche gestellt. Mittels Zahlung eines Finanzierungsbeitrags können sich seit damals die Mieter einer geförderten Neubauwohnung den gesetzlichen Anspruch auf Wohnungserwerb sichern.

Eine Million gemeinnützige Wohnungen

Konnte eine Mietkaufwohnung damals nur zwischen dem 11. und 15. Jahr erworben werden, so wurde die Möglichkeit der Eigentumsbildung 2019 mit der Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) nochmals erleichtert. Die Mieter können nun bereits ab dem ersten Tag des 6. Jahres bis spätestens zum 20. Jahr die Wohnung, die sie bewohnen, kaufen.

Wo liegt da der Unterschied zu Deutschland? Anders als in der BRD gibt es in Österreich nach wie vor den "gemeinnützigen Wohnbau" als tragende und bestimmende Säule im Wohnungsbau. Die knapp 200 Unternehmen in Österreich, die zum Verband der Gemeinnützigen gehören, bauen und verwalten rund eine Million Wohnungen - bei knapp 3,9 Millionen Privathaushalten in Österreich (Quelle: Statistik Austria, 2020)!

Finanzierungs- versus Kaufoption

Im Gegensatz zum deutschen Mietkaufmodell handelt es sich nicht um eine Möglichkeit zur Finanzierung einer Wohnung, sondern um die Option auf einen späteren Kauf. So wird das während der Miete eingehobene Entgelt nicht auf den Kaufpreis angerechnet.

Der Vermieter ist zudem nicht dazu verpflichtet, bei Vertragsabschluss den späteren Kaufpreis anzugeben. Grundsätzlich beziehen sich die gesetzlichen Regelungen auf Wohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen, also auf sogenannte Genossenschaftswohnungen.

Zwar ist die Option des Mietkaufs auch bei jedem privaten Mietobjekt möglich, doch gibt es hier keine gesetzlichen Vorschriften und die vertraglichen Vereinbarungen können individuell gestaltet werden.

Wer hat Anrecht auf den Kauf der Wohnung?

Jeder Mieter, der unter den gesetzlichen Voraussetzungen das Recht auf die Wohneigentumsübertragung erworben hat, kann die Kaufoption nutzen. Diese Option entsteht, wenn der Mieter einen Finanzierungsbeitrag zu den Grund- und Baukosten zahlt. Diese Beiträge minus 1 Prozent pro Jahr Bewohnung werden dann auf den Kaufpreis angerechnet. Jedoch besteht immer die Möglichkeit, die Mietwohnungen unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. In diesem Fall erhält der Mieter die zuvor geleisteten Anzahlungen zurück, wobei pro Mietjahr 1 Prozent abgezogen wird.

Mietkaufwohnungen sind die optimale Gelegenheit, um die Wohnung erst mehrere Jahre zu testen und herauszufinden, ob sie dem Mieter auch auf Dauer gefällt. Er kann die Wohnung jederzeit unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist kündigen.

Zwar genießt er durch das Mietrechtsgesetz einen sehr guten Schutz, trotzdem kann ihm umgekehrt aber auch vom Vermieter gekündigt werden, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen. Da er noch nicht der Eigentümer ist, kann er die Wohnung zum Beispiel auch nicht ohne Einverständnis des Vermieters vollständig untervermieten, auch gröbere Umgestaltungen sind zu klären.

Wann kann der Mietkauf getätigt werden?

Das Kaufrecht erhält der Mieter ab dem 6. Jahr nach Erstbezug der Baulichkeit. Oft treten die Bauvereinigungen nach diesem Zeitraum von sich aus an den Mieter heran, um ihm die Wohnung zum Kauf anzubieten. Die Kaufmöglichkeit kann bis zum Ablauf von 20 Jahren nach dem Erstbezug ausgenützt werden.

Mietwohnungen mit Kaufoption sind geförderte Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen, die von den Mietern nach einer bestimmten Zeit gekauft werden können. Wesentlicher Vorteil derartiger Immobilien ist wie bereits erwähnt, dass man als Mieter die Wohnung vor einem allfälligen Kauf mehrere Jahre lang "probewohnen" kann. Auch hat man völlig freie Hand, was mit der Immobilie gemacht wird. So kann die Wohnung entweder später gekauft, zurückgeben oder einfach die Miete verlängert werden.

Die Funktionsweise im Detail: Bei Erstvermietung einer Wohnung nach dem Mietkaufmodell zahlt der Mieter einen Finanzierungsbeitrag pro Quadratmeter Wohnnutzfläche von derzeit 72,07 Euro. Mit dieser Zahlung erwirbt der Mieter das gesetzliche Recht, diese Wohnung ab dem 6. Jahr der Nutzung kaufen zu können. Diese Kaufoption gilt bis 20 Jahre nach dem Erstbezug.

Maximal drei Kaufanträge

Der Mieter kann in dieser Zeit insgesamt drei Mal einen Antrag auf Kauf stellen. Stellt er diesen Antrag, dann bekommt er vom Bauträger ein Angebot zum Kauf. Dabei wird der geleistete Finanzierungsbeitrag angerechnet, nicht jedoch die bisher geleistete Miete. Die Kalkulation des Kaufpreises für die Wohnung ist in Österreich in jedem Bundesland anders geregelt.

In Salzburg - einem Bundesland mit starker Nachfrage nach Wohnungen sowie mit einem sehr hohen und stark steigenden Preisniveau - muss zum Zeitpunkt des Erwerbs der Mietkaufwohnung ein Verkehrswertgutachten erstellt werden. Von diesem Wert ist ein Abschlag von rund 12 Prozent anzusetzen, der sogenannte "Gemeinnützigen-Abschlag".

Grundbucheintrag zur Vermeidung von Spekulation

Dadurch ist der Kaufpreis für die Wohnung natürlich günstiger als am freien Markt. Daher wird im amtlichen Grundbuch ein Spekulationsverbot eingetragen. Konkret bedeutet dies, dass im Falle des Weiterverkaufs der Wohnung innerhalb von 15 Jahre der Mehrpreis zwischen Kaufpreis und dem Verkaufspreis zu 100 Prozent dem Bauträger zu überweisen ist. Damit soll der "Handel mit günstigen Wohnungen" unterbunden werden.

Zwischen 4 000 und 5 000 Wohnungen werden österreichweit aufgrund von Kaufoptionen jährlich an Mieter übereignet. Das Mietkaufmodell hat sich seit damals sehr erfolgreich entwickelt. Es bietet vor allem jungen Menschen und Familien die Chance, Eigentum zu erwerben und ist damit der optimale Start in eine gesicherte Zukunft. Deshalb ist es unser Ziel, dieses Modell, das ein langsames Hineinwachsen ins Eigentum ermöglich, weiter zu optimieren und im nächsten Schritt das Gesetz klarer zu gestalten.

Verkaufserlöse dienen der Schaffung von neuem Wohnraum

Die österreichischen gemeinnützigen Bauträger sind gesetzlich dazu verpflichtet, erwirtschaftetes Eigenkapital im Sinne eines Generationenausgleichs zur Sicherung einer nachhaltigen Wohnversorgung einzusetzen.

Das bedeutet, dass die Gemeinnützigen das Geld, das durch den Verkauf von Mietkaufwohnungen in die Unternehmen zurückfließt, wieder für Grundstückskäufe und die Errichtung neuer Wohnungen - auch in der Rechtsform Miete - verwenden. Damit ist sichergestellt, dass mit dem Geld der ehemaligen Mieter wieder neuer Wohnraum geschaffen wird. Gemeinnützige Bauvereinigungen unter liegen einem Gewinnverbot, das sogenannte "Kostendeckungsprinzip" ist anzuwenden. Gesellschafter und Eigentümer von Gemeinnützigen in Österreich bekommen auch keine Gewinnausschüttungen im herkömmlichen Sinn, sondern lediglich 3,5 Prozent auf das eingesetzte Stammkapital.

Mit diesen Maßnahmen sollte die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, dass Erträge in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft wieder in den Wohnungskreislauf investiert werden, und das seit Ende des 2. Weltkriegs und dem damaligen "Baracken-Beseitigungsgesetz".

Eigentumsquote bei 48 Prozent

Abschließend noch einige zusätzliche Fakten zum österreichischen Wohnungsmarkt: Dieser wächst jährlich um fast 1 Prozent und umfasst mittlerweile weit über 4,6 Millionen Wohnungen, davon sind 3,9 Millionen Hauptwohnsitze. 48 Prozent der Hauptwohnsitze befinden sich im Eigentum, der Rest wird in Miete bewohnt.

DER AUTOR CHRISTIAN STRUBER, Geschäftsführer, Salzburg Wohnbau GmbH, Salzburg, und Bundesobmann, Arbeitsgemeinschaft Eigenheim, Mödling
Christian Struber , Geschäftsführer , Salzburg Wohnbau GmbH, Salzburg, und Bundesobmann, Arbeitsgemeinschaft Eigenheim, Mödling
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