PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

DER PFANDBRIEF IM LANGFRISTIGEN HISTORISCHEN WANDEL

Dr. Friederike Sattler, Foto: Jörg F. Klam

Mit 250 Jahren ist der Pfandbrief das älteste deutsche Kapitalmarktinstrument. Viele Bewährungsproben musste er im Lauf der Jahrhunderte überstehen, doch er ist letztlich immer gestärkt aus ihnen hervorgegangen. Auch deshalb gilt der Pfandbrief heute als Inbegriff von Sicherheit und Zuverlässigkeit, der zahlreiche Nachahmer rund um den Globus gefunden hat. Im Rahmen eines großen historischen Streifzugs begeben sich die Autoren auf Spurensuche nach dem Erfolgsgeheimnis des deutschen Exportschlagers. Einen wesentlichen Garanten für das lange Leben des Pfandbriefs sehen sie in seiner soliden Rechtskonstruktion, die von bemerkenswerter Kontinuität sei. Insbesondere das seit 1899 gültige Deckungsprinzip und das Vorrecht der Pfandbriefgläubiger im Konkursfall behielten stets volle Gültigkeit. Red.

Auch 250 Jahre nach dem Erlass der Kabinettsorder Friedrichs des Großen vom 29. August 1769 zur Errichtung einer Schlesischen Landschaft, die im Dezember 1770 zur Ausgabe der ersten landschaftlichen Pfandbriefe führte, ist dieses damals sehr innovative, weil frei übertragbare Wertpapier nicht von den Finanzmärkten verschwunden. Gegenwärtig steht es vielmehr mitten im Zentrum der Überlegungen, wie eine europäische Richtlinie für Covered Bonds aussehen sollte.

Solide rechtliche Grundlagen

Fragt man nach den Gründen für das lange Leben des Pfandbriefs, der sich von einem Instrument zur Kreditbeschaffung für den grundbesitzenden Adel in Preußen im ausgehenden 18. Jahrhundert zu einem von Investoren aus aller Welt nachgefragten Anlageprodukt an den globalen Finanzmärkten des 21. Jahrhunderts gewandelt hat, so ist vor allem auf seine soliden rechtlichen Grund lagen zu verweisen. Denn während sich die wirtschaftlichen Funktionen des Pfandbriefs, seine Anlegerschichten und seine Bedeutung für die Emittenten stark verändert haben, zeichnet sich seine Rechtskonstruktion durch eine bemerkenswerte Kontinuität aus.

Trug der Pfandbrief im 18. und 19. Jahrhundert in erster Linie zur Realkapitalbildung bei, zunächst in der Landwirtschaft, dann im Städte- und Wohnungsbau, so gewann im 20. Jahrhundert die Finanzierung von Kommunen und Staaten an Bedeutung. Der anfangs vor allem von privaten Anlegern erworbene Pfandbrief half, Kapitalmärkte zu schaffen, zu beleben und überregional zu integrieren - im nationalen, europäischen und schließlich globalen Maßstab. Mit der Einführung des Euro entwickelte sich der Pfandbrief vollends zu einem Instrument für den Portfolioaufbau professioneller Anleger und zur Liquiditätssteuerung von Finanzinvestoren; für die meisten Emittenten spielt er seit der Aufgabe des Spezialbankprinzips im Jahr 2005 nicht mehr die einzige, sondern eine ergänzende Rolle.

Hohe Anpassungsfähigkeit und Krisenresistenz

An den Risiken des Finanzierungsinstruments Pfandbrief hat sich im Laufe der Jahrhunderte nur wenig geändert: Sie liegen vor allem in der Ermittlung von Beleihungswerten und im Bereich von Kapitalmarkrisiken. Für den Pfandbrief als streng reguliertes und beaufsichtigtes Finanzprodukt spielten und spielen daneben aber auch politische Risiken eine wichtige Rolle, etwa gesetzlich verfügte Moratorien für die Schuldner von Hypothekendarlehen aufgrund übergeordneter wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Entscheidungen. Dennoch hat es der Pfandbrief geschafft, sich an immer neue historische Veränderungen anzupassen und schwere Krisen zu bewältigen.

Schon das vom preußischen Justiz- und Finanzminister Casimir von Carmer ausgearbeitete Reglement für die Schlesische Landschaft legte den Grundstein für eine gesetzliche Regulierung des Pfandbriefs, die dem Gläubigerschutz hohen Stellenwert beimaß. Nicht nur über das Grundpfandrecht an dem beliehenen Gut, auch über das Vermögen der Landschaft und die Generalgarantie ihrer Mitglieder wurde er sichergestellt. Anders wäre es wohl auch nicht gelungen, den oft hoch verschuldeten adeligen Gutsbetrieben zusätzlichen Kredit zu verschaffen. Ihre erste schwere Bewährungsprobe bestanden die Landschaften nach den Napoleonischen Kriegen.

Vom Güterpfandbrief zur Teilschuldverschreibung

Als genossenschaftlich-ständische Einrichtungen entließen sie tatsächlich keines ihrer inkorporierten Mitglieder, die infolge des Krieges in großer Zahl in Zahlungsschwierigkeiten geraten waren, aus der Solidarhaftung: Überfällige Zinszahlungen für Pfandbriefe wurden zwar gestundet und vorübergehend von den Landschaften getragen, aber nicht erlassen; blieben sie uneinbringlich, führte das zur Zwangsvollstreckung. Durch staatlich angeordnete Moratorien wurden die Rechte der Pfandbriefinhaber vorübergehend eingeschränkt, letztlich aber erfüllt. Keine der Landschaften und keine ihrer Pfandbriefserien musste liquidiert werden.

Im Zuge der preußischen Agrarreformen erfuhr die Rechtskonstruktion des Pfandbriefs dann erstmals grundsätzliche Änderungen. Denn die nun entstehenden bäuerlichen Kreditvereine und neuen Landschaften übernahmen keine korporative Generalgarantie mehr für die Pfandbriefe, zudem entfiel die persönliche Haftung des einzelnen Schuldners gegenüber dem Inhaber des Pfandbriefs. Das Grundpfandrecht kam künftig allein der kreditgewährenden Landschaft zu und der Inhaber des Pfandbriefs erwarb lediglich ein Forderungsrecht gegenüber der Landschaft. Der Pfandbrief war also kein "Güterpfandbrief" mehr, sondern eine Teilschuldverschreibung der ausgebenden Landschaft.

Bedenken gegen zentrale staatliche Grundkreditbank

Damit waren wichtige Voraussetzungen für die Adaption des Pfandbriefsystems durch Hypothekenbanken auf Aktienbasis geschaffen worden. Die Idee, nach dem Vorbild des 1854 gegründeten Crédit Foncier de France auch für Preußen eine zentrale staatliche Grundkreditbank zur Förderung des Städte- und Wohnungsbaus zu schaffen, stieß jedoch auf Bedenken. Gewinnorientierte Hypothekenbanken galten als sehr unsicher. Noch bevor ein verbindlicher Rechtsrahmen geschaffen werden konnte, kam es in anderen deutschen Staaten aber zur Gründung solcher Banken, ja zu einem regelrechten Boom, der in den 1870er Jahren auch auf Preußen übergriff. Da die Landesgesetze und Einzelkonzessionen mit Blick auf Bewertungsfragen, Beleihungsgrenzen und den Umfang von Pfandbriefemissionen sehr unterschiedlich ausfielen und die neuen Hypothekenbanken rasch in zusätzliche Geschäftsfelder vordrangen, entstand für die Käufer von Pfandbriefen nun eine recht unübersichtliche Lage.

Doch die Nachfrage blieb hoch und trieb die zunehmend risikoreichen Beleihungen voran. In den 1890er Jahren sahen sich viele Hypothekenbanken dann allerdings mit massenhaften Schuldnerinsolvenzen konfrontiert und mussten ihre Pfandbriefgläubiger zum Verzicht auf Zinszahlungen und Kapitalansprüche auffordern. Im Zuge der vorgenommenen Sanierungen konnten diese Verluste in fast allen Fällen nachträglich wieder ausgeglichen werden, nur im Falle der in Konkurs gehenden Deutschen Grundschuldbank gelang dies nicht.

Mit dem Hypothekenbankgesetz von 1899 konnte das Vertrauen in den Pfandbrief trotz dieser schweren Verwerfungen wiederhergestellt werden. Denn das Gesetz gewährleistete eine strenge, an reichseinheitliche Standards gebundene staatliche Aufsicht: Zur Risikobegrenzung mussten sich die Hypothekenbanken künftig auf das Geschäftsfeld des Hypothekar- und Kommunalkredits sowie die hierauf bezogene Refinanzierung durch Pfandbriefe und ähnliche Schuldverschreibungen konzentrieren. Zugleich wurde der Pfandbrief mit dem Konkursvorrecht an einer Deckungsmasse aus erststelligen Hypotheken auf Grundstücke ausgestattet, deren Wert sorgfältig ermittelt werden musste und nur bis zu einer bestimmten Beleihungsgrenze beliehen werden durfte. Das Hypothekenbankgesetz trug auf diese Weise maßgeblich zum langfristigen Überleben des Pfandbriefs als Refinanzierungs- und Anlageprodukt am deutschen Kapitalmarkt bei.

Die deutschen Hypothekenbanken wurden damit aber zugleich von den Hypothekenbanken in den westeuropäischen Nachbarländern abgegrenzt. Ein internationaler Hypotheken- und Pfandbriefmarkt konnte unter diesen Bedingungen im frühen 20. Jahrhundert nicht entstehen. Die praktische Bewährung des Hypothekenbankgesetzes zeigt sich auch darin, dass seine Bestimmungen bald auf weitere Bereiche übertragen wurden.

Hervorzuheben ist das Gesetz über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten von 1927, das eine einheitliche rechtliche Grundlage für all diejenigen öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute schuf, die nach dem Ersten Weltkrieg vermehrt begonnen hatten, sowohl ihre Hypotheken- als auch ihr Kommunaldarlehen durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen zu refinanzieren. Aus den mit Grundpfandrechten besicherten Darlehensforderungen mussten sie nun eine gesonderte Vermögensmasse bilden, die in erster Linie gegenüber den Gläubigern der Schuldverschreibungen haftete. Außerdem übernahmen sie das Prinzip der Deckungskongruenz zwischen Darlehensbestand und Schuldverschreibungen, die Einrichtung eines Deckungsregisters und das Recht der Schuldverschreibungsinhaber auf die vorzugsweise Befriedigung im Konkursfall.

Verschärfter Wettbewerb um Kommunalkredite

Der Wettbewerb zwischen den privaten Hypothekenbanken und den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten verschärfte sich in den 1920er Jahren sowohl auf dem Gebiet des Hypothekar- als auch des Kommunalkredits, denn die Hypothekenbanken maßen diesem "Nebengeschäft" angesichts des hohen Kreditbedarfs der öffentlichen Hände wachsende Bedeutung bei. Die zur Refinanzierung langfristiger Kredite an öffentliche Stellen ausgegebenen Schuldverschreibungen, die sogenannten Kommunalobligationen, wurden dabei in erster Linie durch die Leistungs- und Steuerkraft der betreffenden öffentlichen Körperschaften besichert, nicht durch Grundpfandrechte.

Dass die Hypothekenbanken die Weltwirtschafts- und Bankenkrise (1929 bis 1931) insgesamt recht gut überstanden, verdankt sich zweifellos dem Hypothekenbankgesetz, denn es sorgte für eine ausgeglichene Fristenstruktur zwischen den Hypotheken- und Kommunaldarlehen einerseits und den Pfandbriefen und Kommunalobligationen andererseits. Außerdem gewährleistete es eine klare Abgrenzung zum Handels- und Industriekreditgeschäft, das sich infolge des allgemeinen Preisverfalls für die Aktienfilialbanken zum Hauptproblem entwickelte. Die Landschaften freilich litten erheblich unter dem Einbruch der Agrarpreise und konnten nur durch staatliche Überbrückungskredite stabilisiert werden. Die relative Krisenfestigkeit des Pfandbriefs in der Weltwirtschaftskrise trug maßgeblich dazu bei, dass er sich im kollektiven Gedächtnis der Deutschen geradezu als Inbegriff für Anlagensicherheit verankern konnte.

Erste Grundsatzdebatte über das Spezialbankprinzip

Gründe, das Hypothekenbankgesetz zu ändern, sah man vor diesem Hintergrund weder in der Zeit des Nationalsozialismus noch in der frühen Bundesrepublik. Zwar gab es während des Zweiten Weltkrieges ernsthafte Überlegungen, den Hypothekenbanken die Beleihung von Grundstücken in den angegliederten und annektierten Gebieten zuzugestehen, doch de facto kam es nicht dazu. Im Wirtschafts- und Bauboom der 1950er Jahre mussten die Umlaufgrenzen für Pfandbriefe dann mehrfach angepasst werden, doch von einer grundlegenden Novelle des Hypothekenbankgesetzes nahm man weiterhin Abstand. Erst in den 1960er Jahren kam eine Grundsatzdebatte darüber auf, ob das Spezialbankprinzip angesichts des Strukturwandels im Geschäftsfeld des Real- und Kommunalkredits noch immer zweckmäßig sei.

Während Vertreter des Verbandes privater Hypothekenbanken die Beschränkung des Geschäftsfeldes im Interesse der Sicherheit des Pfandbriefs weiterhin für gerechtfertigt hielten, erhoben sich innerhalb des Hypothekenbankgewerbes vermehrt Stimmen, die für größere Spielräume bei der Bildung der Deckungsmassen und bei den Umlaufgrenzen eintraten. Doch es kam nicht zu nennenswerten Änderungen. Auch eine Beleihungstätigkeit im Ausland, für die sich die Bodenkreditinstitute angesichts der europäischen Integration immer mehr zu interessieren begannen, wurde ihnen vorerst nur in sehr bescheidenem Umfang erlaubt. Bei den weiteren Erkundungen, unter welchen Voraussetzungen eine Ausweitung der Geschäfte innerhalb Europas möglich sei, mussten nicht nur die Risiken für die Banken und ihre Gläubiger, sondern auch die Auswirkungen der Liberalisierung des Kapitalverkehrs auf die nationale Geld- und Wirtschaftspolitik bedacht werden. Um die Rechtsharmonisierung voranzubringen, wurde 1967 der "Hypothekenverband bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" ins Leben gerufen.

Realkreditform bringt markante Neuerungen mit sich

In der Bundesrepublik kam es mit der Realkreditreform vom März 1974 zu markanten Neuerungen: Die Hypothekenbanken durften ihr Kommunalkreditgeschäft nun offiziell zum "zweiten Hauptgeschäft" erklären, wie die öffentlich-rechtlichen Bodenkreditinstitute Kommunalkredite an die Staaten der Europäischen Gemeinschaft vergeben und sie zur Deckung von Kommunalobligationen nutzen; außerdem erhielten sie das den öffentlich-rechtlichen Instituten schon länger zugestandene Recht, auch nicht deckungspflichtige Schuldverschreibungen zu emittieren. Das war eine wichtige Weichenstellung, weil sich der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit nun zusehends vom Hypothekar- zum Kommunalkredit verschob.

Für die Rechtskonstruktion des Hypothekenpfandbriefs hatte das keine Auswirkungen, er trat in seiner Bedeutung am Markt nur immer mehr hinter die Kommunalobligation zurück. Vor dem Hintergrund der Pläne für einen europäischen Binnenmarkt und der politischen Umbrüche in Osteuropa beschleunigte sich dieser Trend in den 1980er und 1990er Jahren weiter und führte zu Angleichungstendenzen zwischen den privaten und den öffentlich-rechtlichen Pfandbriefbanken, gerade im internationalen Geschäft. Für die Bodenkreditinstitute überall in Europa rückte zugleich die Frage neu in den Blick, ob es wünschenswert und möglich war, einerseits eine grenzüberschreitende europäische Hypothek zu schaffen und andererseits eine Harmonisierung von hypothekarisch gesicherten Bankschuldverschreibungen vorzunehmen.

Der Verband deutscher Hypothekenbanken machte sich früh zu einem Anwalt der Harmonisierung des Pfandbriefrechts ohne Abstriche an der Qualität und engagierte sich maßgeblich für die Gründung und Förderung des Pfandbriefausschusses beim Europäischen Hypothekenverband, aus dem der European Covered Bond Council (ECBC) hervorging. Zu einem Schwerpunkt entwickelte sich die Unterstützung der ostmitteleuropäischen Reformländer bei der Etablierung pfandbriefähnlicher Systeme.

Geografische Ausdehnung und Neupositionierung

Nachdem im Herbst 1990 eine umfassende Novelle des Hypothekenbankgesetzes auf den Weg gebracht worden war, durften die Hypothekenbanken ihre Geschäftstätigkeit prinzipiell ohne Beschränkung auf den europäischen Wirtschaftsraums ausdehnen. Da aber noch erhebliche Unsicherheiten über die Anerkennung des deutschen Konkursvorrechts für Pfandbriefgläubiger in verschiedenen Ländern bestanden, wurden die im Ausland zu erwerbenden Forderungen, deren insolvenzrechtliche Bevorrechtigung noch nicht sichergestellt werden konnte, vorsorglich auf zehn Prozent des Inlandsgeschäfts beschränkt. Damit war eine kräftige Expansion des ausländischen Kreditgeschäfts ermöglicht worden.

Der Verband deutscher Hypothekenbanken setzte sich nun verstärkt für eine Neupositionierung "des" Pfandbriefs an den internationalen Kapitalmärkten ein, indem er die grundlegende Gemeinsamkeit von Hypothekenpfandbriefen und Kommunalobligationen, die seit 1990 als "Öffentliche Pfandbriefe" bezeichnet werden durften, hervorhob: die hohe Sicherheit für die Investoren durch die Deckung des Wertpapiers.

In den 1990er und frühen 2000er Jahren wurden in zahlreichen ostmittel- und westeuropäischen Ländern Gesetze über gedeckte Bankschuldverschreibungen verabschiedet. Die deutschen Pfandbriefemittenten stellten sich mit der Ausgabe von großvolumigen "Jumbo-Pfandbriefen" auf die neue, lebhafte internationale Konkurrenz ein. An den internationalen Finanzmärkten wurden die pfandbriefähnlichen Schuldverschreibungen inzwischen als eine eigenständige Klasse von Wertpapieren wahrgenommen: die "Covered Bonds". Durch das dritte Finanzmarktförderungsgesetz von 1998, demzufolge die Pfandbriefbanken neben Kommunaldarlehen auch Staatsanleihen in die ordentliche Deckung für Öffentliche Pfandbriefe hineinnehmen durften, wurde die internationale Präsenz des Pfandbriefs weiter begünstigt. Nur zwei Jahre später hatten die deutschen Pfandbriefe ein Umlaufvolumen von mehr als eine Billion Euro erreicht, so dass der Markt im globalen Maßstab als sechstgrößter Bondmarkt einzustufen war. Die Hypothekenbanken verständigten sich nun im Interesse der Qualitätssicherung mit der Finanzaufsicht auf zusätzliche regulatorische Bestimmungen, und viele Emittenten fuhren ihr zuvor stark expansives Staatskreditgeschäft zurück.

Die dynamisch bleibende Entwicklung an den Finanzmärkten belebte freilich auch die Diskussion darüber, ob die gesetzliche Beschränkung des Geschäftskreises der Hypothekenbanken auf das Immobilien- und Staatskreditgeschäft noch angemessen sei. Vermehrt gab es Stimmen, die für ein all gemeines Pfandbriefgesetz eintraten. Weil die Chancen, eine für die Wettbewerbsposition der deutschen Pfandbriefemittenten wichtige europäische Harmonisierung des Pfandbriefrechts auf hohem Qualitätsniveau zu erreichen angesichts des boomenden Absatzes von Covered Bonds nicht gerade vielversprechend schienen, hielt der Verband deutscher Hypothekenbanken jedoch am Spezialbankprinzip fest.

Gefahr der Marktaufspaltung führt zum Pfandbriefgesetz

Nachdem die Abschaffung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im öffentlich-rechtlichen Kreditwesen im Jahr 2001 beschlossen worden war, bestand freilich die Gefahr einer Aufspaltung des Pfandbriefmarkts in zwei unterschiedliche Qualitätssegmente. Um die Homogenität zu wahren und dem Drängen der Großbanken ins breit angelegte Immobilienfinanzierungsgeschäft Rechnung zu tragen, erschien es nun konsequent, das Privileg zur Pfandbriefemission an bestimmte Produktanforderungen anstelle der Emittenten zu knüpfen.

Mit dem Pfandbriefgesetz vom 22. Mai 2005 bekamen deshalb prinzipiell alle Kreditinstitute das Recht, Pfandbriefe zu emittieren, sofern sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllten und eine entsprechende Lizenz erhielten. An der Rechtskonstruktion des Pfandbriefs änderte sich dadurch aber nur wenig: Das seit 1899 gültige Deckungsprinzip und das Vorrecht der Pfandbriefgläubiger im Konkurs behielten volle Gültigkeit.

Verlässlich inmitten der Finanzkrise

Nur zwei Jahre nach seiner Verabschiedung stand das neue Pfandbriefgesetz vor einer schweren Bewährungsprobe: In der Finanzmarktkrise von 2007 bis 2010, die ihren Ursprung in US-Subprime-Verbriefungen hatte und in der Insolvenz der US-Bank Lehman Brothers im September 2008 kulminierte, erwies sich der Pfandbrief erneut als ein verlässliches Refinanzierungsinstrument. So konnte in den fünf Monaten zwischen September 2008 und Januar 2009 ein Gesamtbetrag von 54,1 Milliarden Euro an Refinanzierungsmitteln über Privatplatzierungen generiert werden. Dies belegt, dass auch nach dem Übergang zum Pfandbriefgesetz die Investoren hohes Vertrauen in die Güte des Pfandbriefs besaßen.

Zu Recht klammerte deshalb die Bundesregierung bei ihren Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung im Oktober 2008 den Pfandbrief aus, da dieser ob seiner gesetzlichen Regelungen ausreichend sicher sei. Die krisenhafte Zuspitzung an den internationalen Geld- und Kapitalmärkten, die sich noch bis zur Euroschuldenkrise hinzog, entlarvte freilich auch Schwachstellen im Sicherheitsnetz der Pfandbriefe: Verbesserungen waren vor allem im Bereich der Liquiditätsvorsorge, bei Fragen zur Abwicklung von Deckungsstöcken und bei der Transparenz nötig. Im Diskurs mit Aufsichtsbehörden, Marktteilnehmern und Ratingagenturen wurden sie zügig adressiert und durch entsprechende Gesetzesnovellen weitgehend eingegrenzt.

Die Subprime-Krise setzte die historisch gewachsenen, gesetzlich verankerten Standards des Pfandbriefs in ein neues Licht: Im Unterschied zur Verbriefung wurde er nämlich nicht als Teil des Problems, sondern als ein Teil der Lösung zur Einhegung der Gefahr künftiger Finanzkrisen wahrgenommen. So wurde die Idee, gesetzliche Rahmenbedingungen für die Emission gedeckter Bankschuldverschreibungen zu schaffen, Mitte 2009 auch von der US-Regierung aufgegriffen.

Bisher konnten sich diese Überlegungen in den USA nicht durchsetzen. Dennoch besteht - aus der Perspektive der europäischen Covered-Bond-Emittenten - gegenwärtig neue Hoffnung: Die von der US-Regierung am 21. Juni 2018 unter dem vielversprechenden Titel "Delivering Government Solutions in the 21st Century" angekündigten Verwaltungsreformen sehen unter anderem eine Neuordnung des Engagements der staatlichen US-Institutionen im heimischen Immobilienmarkt vor.

Dies könnte auch die Emission von Covered Bonds wieder auf die Tagesordnung bringen. Eine nachhaltige Verankerung in den USA würde ein weiterer wichtiger Schritt bei der globalen Verbreitung der Pfandbriefidee sein. Mit Blick auf Europa entstand bereits bei der Debatte um die Harmonisierung des Rechtsrahmens für gedeckte Bankschuldverschreibungen die Idee, die Pfandbrieftechnik unter dem Begriff der "European Secured Note" (ESN) als Instrument zur Mittelstandsförderung zu verwenden.

Weiterentwicklung mit Augenmaß

Gleichzeitig wächst das Segment der "grünen Pfandbriefe" beziehungsweise "ESG-Pfandbriefe", welche sich dadurch auszeichnen, dass sie neben den gesetzlichen Deckungskriterien zusätzlich ökologische und/oder soziale Nachhaltigkeitsstandards erfüllen. Beide Entwicklungen verknüpfen die Konstruktion des Pfandbriefs mit zusätzlichen (wirtschafts-)politischen Zielen. Die Definition solch zusätzlicher Ansprüche an die Wirkungskraft des Pfandbriefs birgt allerdings die Gefahr einer Überfrachtung. Der Hauptnutzen des Pfandbriefs, nämlich auf Basis eines vertrauenswürdigen Rahmenwerks dem Bankensystem verlässliche langfristige Refinanzierungsquellen zu erschließen, könnte dabei aus dem Blickfeld geraten.

Hier gilt es sowohl seitens des Gesetzgebers als auch seitens der Emittenten und Investoren Augenmaß zu wahren und bei der Bestimmung zusätzlicher Ansprüche die Risiken einer Verwässerung der hohen Qualitätsstandards mit zu bedenken. Die soliden Rechtsgrundlagen des Pfandbriefs und seine lange, von außerordentlichen Bewährungsproben gekennzeichnete Geschichte, geben freilich Grund zu der Annahme, dass der Pfandbrief voraussichtlich auch mit diesen neuen Herausforderungen gut zu Recht kommen wird.

Bei dem hier abgedruckten Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus dem Buch "Der Pfandbrief 1769 - 2019. Von der preußischen Finanzinnovation zur Covered Bond Benchmark" von Friederike Sattler in Zusammenarbeit mit Fritz Engelhard. Die vom Institut für Bank und Finanzgeschichte e.V., Frankfurt am Main, herausgegebene Publikation erscheint am 5. Juni 2019 im Franz Steiner Verlag, Stuttgart (Print: ISBN 978-3-515-12291-7, E-Book: 978-3-515-12300-6).

DIE AUTORIN DR. FRIEDERIKE SATTLER Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Goethe-Universität Frankfurt am Main
DER AUTOR FRITZ ENGELHARD Covered Bond Analyst, Barclays Bank Ireland, Frankfurt am Main
Ausgewählte Meilensteine der Pfandbriefgeschichte 1769 Friedrich der Große, König von Preußen legt mittels Kabinettsorder den Grundstein für die Ausgabe der ersten Pfandbriefe. Sie sollen die Kreditwürdigkeit adeliger Großgrundbesitzer wiederherstellen und die durch den siebenjährigen Krieg und eine schwere Finanzkrise in Mitleidenschaft geratene Landwirtschaft wiederbeleben.1862 Mit der Industrialisierung steigt der Kapitalbedarf, unter anderem für die Errichtung von Wohn- und Gewerbeimmobilien. In Deutschland entstehen nach dem Vorbild des Crédit Fonciere private Hypothekenbanken. Sie vergeben Bardarlehen gegen hypothekarische Sicherheiten und refinanzieren sich über Pfandbriefe. Der Pfandbrief wird zur Bankschuldverschreibung. Die Regelungen zum Pfandbrief sind in den deutschen Landesteilen allerdings sehr unterschiedlich ausgestaltet. Ein Flickenteppich, der die Entwicklung eines Marktes für Pfandbriefe behindert.1900 Am 1.Januar 1900 tritt das Hypothekenbankgesetz (HBG) in Kraft. Es beseitigt die zersplitterten Rechtsgrundlagen, regelt reichseinheitlich die Geschäftstätigkeit der Hypothekenbanken und deren staatliche Aufsicht, aber vor allem den Schutz der Pfandbriefgläubiger durch ein gesetzliches Insolvenzvorrecht. Die strengen normativen Grundregeln, das heißt Spezialisierungs-, Deckungs- und Kongruenzprinzip umreißen nun klar das Geschäftsmodell der Hypothekenbanken. Mit der Gründung des Sonderausschusses Hypothekenbanken entsteht 1902 erstmals auch eine gemeinsame Interessenvertretung.1974 Realkreditreform: Die Reform trägt den Veränderungen der Märkte Rechnung und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Hypothekenbanken. Das Kommunalkreditgeschäft wird zum "zweiten Hauptgeschäft" erklärt; Umlaufgrenzen werden erweitert; die Ausgabe ungedeckter Schuldverschreibungen gestattet. Hypothekenbanken können nun Nachrangfinanzierungen gewähren, Vor- und Zwischenfinanzierungen ausreichen und Kredite an Staaten der Europäischen Gemeinschaft vergeben.1995 Der Wettbewerbsdruck für den deutschen Pfandbrief steigt. Als Folge der Anlagepräferenzen institutioneller Investoren entsteht mit dem Jumbo-Pfandbrief ein neues Marktsegment. Gleichzeitig findet die Pfandbriefidee, aufgrund der Bemühungen des Verbandes deutscher Hypothekenbanken (VDH), Freunde in Europa. Der Sammelbegriff "Covered Bonds" vereint eine Vielzahl neuer Produkte, die rechtlich aber sehr verschieden konstruiert sind. Die besonderen Gütekriterien des Pfandbriefs herauszustellen, wird für den VDH einmal mehr zur Aufgabe.2005 Das Pfandbriefgesetz (PfandBG) löst das Hypothekenbankgesetz (HBG) als Rechtsgrundlage für die Pfandbriefemission ab. Ausgelöst durch den Wegfall des Spezialbankprinzips ist das Privileg der Pfandbriefemission nun an die Erfüllung der hohen Qualitätsstandards des Produktes gebunden und nicht mehr an den Emittenten. Auch der Verband deutscher Hypothekenbanken (VDH) trägt dem Rechnung und etabliert sich als säulenübergreifende Interessenvertretung für das Produkt Pfandbrief, aus VDH wird vdp.2019 Zum 250. Jubiläum des Pfandbriefs, einigt man sich in Europa auf ein Gesetzespaket zur Harmonisierung gedeckter Schuldverschreibungen. Es lässt die Handschrift des Pfandbriefgesetzes erkennen: stark prinzipienbasiert definiert es wesentliche Qualitätsmerkmale und lässt Raum für die Entwicklung bewährter nationaler Produkte. Die Geschichte zeigt: Tradition und Innovation beziehungsweise das Sichern und Weiterentwickeln der Qualitätsstandards sind Fundament und Zukunft der Erfolgsgeschichte des Pfandbriefs.Quelle: Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp)
Dr. Friederike Sattler , Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Fritz Engelhard , Covered Bond Analyst, Barclays Bank Ireland, Frankfurt am Main

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