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RALLYE AUF DEN INVESTMENTMÄRKTEN: NOCH KEIN ENDE IN SICHT

Sven Stricker Quelle: BNP Paribas Real Estate

Auch im zehnten Jahr des Aufschwungs laufen die gewerblichen Investmentmärkte in Deutschland auf Hochtouren. Dabei können selbst die steigenden globalen Unsicherheiten diesem Trend nichts anhaben, im Gegenteil: Deutsches Betongold scheint in diesem schwierigen Marktumfeld sogar noch weiter an Attraktivität zu gewinnen. Nach Einschätzung des Autors ist dies nicht verwunderlich, gebe es doch eine ganze Reihe guter Gründe, die für das hohe Interesse der Investoren hierzulande sprächen. Insbesondere über die unverändert robuste Konjunktur eine positive Strahlkraft auf wichtige Assetklassen aus, die zusätzliche Wertschöpfungspotenziale nahelegten. Gepaart mit dem nach wie vor günstigen Finanzierungsumfeld dürfte der Boom also auf absehbare Zeit anhalten. Red.

Die Rallye auf den gewerblichen Investmentmärkten hat sich auch im ersten Halbjahr 2018 unverändert fortgesetzt. Von rückläufigem Investoreninteresse ist bislang nichts zu spüren - im Gegenteil: Wäre mehr Produkt am Markt gewesen, hätte der Umsatz auch noch höher ausfallen können. Mit einem Transaktionsvolumen von gut 26,1 Milliarden Euro wurde erneut ein herausragendes Ergebnis auf dem deutschen Markt erzielt, das den Vorjahreswert noch einmal um wenige Millionen Euro übertrifft. Nur 2007 wurde aufgrund der vielen großen Paketverkäufe noch mehr umgesetzt.

Mehr Einzeldeals, rückläufiges Portfoliogeschäft

Vor allem Einzeldeals stehen bei den Anlegern weiterhin sehr hoch im Kurs und haben erstmals die 20-Milliarden-Euro-Marke geknackt und das bisherige Allzeithoch aus dem Vorjahr noch einmal um stolze 17 Prozent übertroffen. Die außergewöhnliche Performance bei Einzeltransaktionen wurde vor allem auch durch eine hohe Anzahl großvolumiger Verkäufe über 100 Millionen Euro beeinflusst. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres konnten bereits 36 Deals in diesem Marktsegment registriert werden und damit über 40 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Rund ein Drittel davon wurde in München umgesetzt. Aber auch Berlin und Frankfurt haben von dieser Entwicklung profitiert.

Anders stellt sich die Situation bei Portfolios dar, wo mit etwa 6,1 Milliarden Euro knapp ein Drittel weniger investiert wurde. Trotz des Rückgangs liegt der Wert aber immer noch deutlich über dem zehnjährigen Durchschnitt. Verantwortlich für den niedrigeren Umsatz ist ein eher geringes Angebot, wohingegen das Interesse der Investoren weiterhin groß ist. Ausländische Anleger haben im ersten Halbjahr gut 41 Prozent zum Umsatz beigetragen. Damit liegt ihr Anteil zwar unter dem Vorjahreswert, gleichzeitig aber über dem zehnjährigen Schnitt.

Berücksichtigt man das rückläufige Portfoliogeschäft (ein Segment, in dem ausländische Käufer traditionell überproportional stark vertreten sind), so zeigt sich insgesamt ein unverändert großes Interesse ausländischer Anleger. Die Investmentmärkte präsentieren sich also weiter sehr dynamisch, trotz einer ganzen Reihe potenzieller globaler Krisenherde. Da stellt sich fast automatisch die Frage: Was sind die wichtigsten Gründe dafür, dass deutsche Immobilien so begehrt sind?

Ökonomische Fakten sprechen für Deutschland

An erster Stelle zu nennen sind harte Faktoren. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands ist weiterhin positiv. Zwar wurden die Prognosen für das mittelfristige BIP-Wachstum etwas nach unten korrigiert, das erste Halbjahr hat sich mit Steigerungsraten von 0,4 Prozent (1. Quartal) und 0,5 Prozent (2. Quartal) aber durchaus dynamisch gezeigt. Dies spiegelt sich auch in der Beschäftigungssituation wider. Mitte 2018 wurden 44,8 Millionen Erwerbstätige in Deutschland gezählt, 1,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Gleichzeitig hat sich die Arbeitslosenzahl um weitere knapp 200 000 Personen verringert, sodass Ende Juni 2018 die Arbeitslosenquote bei nur noch 5 Prozent lag.

Vor allem diese Entwicklungen kommen auf den Nutzermärkten an und halten die Nachfrage nach Flächen nicht nur hoch, sondern lassen sie sogar noch weiter steigen. Dies ist das beste Argument für Investoren, da sich die Wachstumsimpulse eindeutig belegen lassen und damit zukünftige Wertsteigerungspotenziale sehr wahrscheinlich sind. Flankiert werden die genannten Wirtschaftsindikatoren von weiteren Entwicklungen, die sich auf die Perspektiven einzelnen Assetklassen auswirken. Zu nennen sind hier beispielsweise die kontinuierlich steigenden Touristen- und Übernachtungszahlen oder die anhaltende Erfolgsgeschichte des E-Commerce, wodurch ebenfalls eine zusätzliche Flächennachfrage ausgelöst wird. Auch die immer noch auf sehr hohem Niveau liegende Verbraucherstimmung trägt ihren Teil zum erfreulichen Gesamtbild bei.

Investoren handeln weiter rational

Mögliche Ereignisse, die wie ein Damoklesschwert über der globalen Konjunktur und Europa schweben (beispielsweise ein echter Handelskrieg zwischen den USA und China/ Europa oder ein Brexit ohne Deal), werden zwar registriert, bestimmen aber aufgrund der nicht seriös zu kalkulierenden Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungen nicht das aktuelle Handeln. Im Vordergrund stehen eindeutig die harten ökonomischen Daten, zu denen auch das nach wir vor extrem investitionsfördernde Finanzierungsumfeld zählt. Vor der zweiten Jahreshälfte 2019 ist auch hier laut Aussagen der EZB nicht mit einem ersten Zinsschritt zu rechnen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Käufer weiterhin ausgesprochen rational handeln und die aktuellen Rahmenbedingungen in den Vordergrund ihrer Entscheidungen stellen. Sorgen bezüglich der Zukunft kommen eher in Stimmungsindikatoren wie dem Ifo-Index zum Ausdruck, der seit Ende 2017 kontinuierlich gesunken ist. Aber selbst dieser legte im August unerwartet wieder zu.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass nahezu alle Assetklassen vom großen Investoreninteresse profitieren, auch wenn nicht überall neue Rekorde zu verzeichnen sind. In Anbetracht der sehr dynamischen Entwicklung der vergangenen Jahre ist dies aber auch kein wirklich realistisches Szenario. Ein rückläufiges Transaktionsvolumen verzeichneten beispielsweise Einzelhandelsimmobilien (minus 16 Prozent), die mit gut 4,68 Milliarden Euro den zweiten Platz in der Umsatzstatistik belegen. Trotzdem bewegen sie sich damit etwa im Schnitt der letzten zehn Jahre. Es mangelte in erster Linie an einem ausreichenden Angebot an größeren Paketen, in die 45 Prozent weniger investiert wurden als im Vorjahreszeitraum.

Starke Belebung der Hotelinvestments

Ob und in welchem Umfang die intensiven Diskussionen um die Zukunft des stationären Handels die Retail-Investmentmärkte beeinflussen werden, bleibt noch abzuwarten. Auf Rang drei der Nutzungsarten platzieren sich Logistikobjekte, deren Anteil sich auf 11,5 Prozent beläuft. Mit rund drei Milliarden Euro fällt das Ergebnis zwar nur gut halb so hoch aus wie 2017, stellt aber trotzdem den zweitbesten Wert aller Zeiten dar. Dass ein Umsatz wie im Vorjahr, mit vielen großen, auch paneuropäischen Portfoliotransaktionen, kaum zu wiederholen sein würde, ist keine Überraschung. Grundsätzlich hält der Aufwärtstrend der vergangenen Jahre aber unverändert an.

Spürbar zugelegt haben auch Hotelinvestments (plus 19 Prozent), die gut 1,9 Milliarden Euro zum Resultat beitragen. Auch hier zeigt sich ein vergleichbares Bild: Während der Umsatz mit Paketverkäufen leicht rückläufig war, konnten Einzeldeals um stolze 27 Prozent zulegen und markieren damit ebenfalls einen neuen Bestwert. Der seit einigen Jahren zu beobachtende Bedeutungszuwachs dieser Assetklasse, der sich auch in einem breiteren Investorenspektrum widerspiegelt, wurde damit erneut unterstrichen.

Büro als unangefochtener Spitzenreiter

Eindeutig das beliebteste Segment sind aber nach wie vor Büroobjekte. Mit einem Transaktionsvolumen von knapp 11,43 Milliarden Euro wurde das Vorjahresergebnis noch einmal um gut 11 Prozent getoppt. Nur 2007 lag das Resultat aufgrund der zahlreichen verkauften Portfolios noch höher. Nur bezogen auf Einzeldeals, auf die 10,36 Milliarden des Umsatzes entfallen, wurde dieses Jahr ein neuer Rekord aufgestellt, der darüber hinaus fast doppelt so hoch ausfällt wie der zehnjährige Durchschnitt. Mitverantwortlich für das Topergebnis ist auch eine hohe Zahl großvolumiger Einzeldeals über 100 Millionen Euro, von denen im ersten Halbjahr bereits 23 erfasst wurden.

Im bundesweiten Trend liegen auch die A-Standorte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart), die auf einen Investmentumsatz von gut 9,75 Milliarden Euro kommen und das Vorjahresergebnis um 29 Prozent gesteigert haben. Damit wurden 85 Prozent aller Büroinvestments in den Topstädten getätigt. Gerade der hohe Investmentumsatz mit Bürohäusern unterstreicht deutlich, dass die Anleger weiterhin sehr rational agieren. Neben der insgesamt starken Nutzernachfrage aufgrund des guten konjunkturellen Umfelds gibt es weitere Trends, die mittelfristig zu Veränderungen und zusätzlicher Nachfrage führen werden.

Neue Arbeitswelten erfordern Umdenken

Zu nennen sind hier etwa die sich beschleunigende Etablierung neuer und flexiblerer Arbeitswelten sowie wachsende Anforderungen an die Qualität, Konzeption oder den Standort von Arbeitsplätzen. Da gerade jüngere Arbeitnehmer zunehmend Wert auf ein modernes, kreatives und inspirierendes Umfeld legen, müssen viele Unternehmen neue und hochwertige Flächen anmieten, um im sogenannten "war for talents" bestehen und sich gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter sichern zu können. Demzufolge sind die Mieten bereits in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, und die Investoren gehen zu Recht davon aus, dass dieser Trend sich fortsetzen wird.

Neben weiter sinkenden Leerständen und einer im Vergleich zu früheren Marktzyklen insgesamt moderaten Neubautätigkeit, kommen weitere Aspekte ins Spiel, die es so in der Vergangenheit nicht gab. So sind beispielsweise gerade in den zentralen Lagen verfügbare Grundstücke für neue Büroentwicklungen sehr begrenzt und weisen spürbar steigende Preise auf. Hinzu kommt seit einigen Jahren eine Wettbewerbssituation, die es vorher in dieser Form nicht gab. Durch die stark gestiegenen Wohnungsmieten sind City-Standorte auch für Wohnungsentwickler zunehmend attraktiv.

Nicht zu vernachlässigen ist auch der beschleunigte Preisanstieg für Bauleistungen. Aufgrund der guten konjunkturellen Entwicklung der vergangenen Jahre sind die Kapazitäten der Bauwirtschaft angespannt, wodurch sich nicht nur die Bauzeiten verlängern, sondern auch die Preise deutlich angezogen haben.

Finanzierungsumfeld bleibt attraktiv

Fasst man die skizzierten Rahmenbedingungen zusammen, dann zeigt sich, dass es für die unverändert hohe Nachfrage der Investoren und die dynamische Marktentwicklung eine ganze Reihe rationaler Gründe gibt. Und da nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2019 mit einem ersten, vermutlich sehr moderaten Zinsschritt der EZB zu rechnen ist, bleibt auch das Finanzierungsumfeld mehr als attraktiv. Deshalb spricht aus heutiger Sicht sehr viel dafür, dass die Investmentmärkte nicht nur im zweiten Halbjahr 2018, sondern auch 2019 ihre Rallye fortsetzen werden.

Ausgeblendet sind bei diesem Szenario externe Schocks, welche die globale Gesamtwirtschaft erschüttern würden, da sie weder zu prognostizieren noch zu kalkulieren sind.

DER AUTOR SVEN STRICKER, Head of Investment, BNP Paribas Real Estate GmbH, Berlin
Sven Stricker , Geschäftsführer und Co-Head Investment , BNP Paribas Real Estate GmbH, Berlin
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