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REAL ESTATE DEBT INVESTMENTS - EIN GEWINNER DER CORONA-KRISE?

Michael Morgenroth, Foto: CAERUS

Real Estate Debt Funds haben mittlerweile auch auf dem deutschen Finanzierungsmarkt für Gewerbeimmobilien etwas stärker Fuß gefasst. Im Vergleich zu den USA beziehungsweise Großbritannien ist ihr Anteil hierzulande gleichwohl noch immer sehr überschaubar und Pfandbriefbanken gelten als die klaren Platzhirsche. Dieser Status quo ist aber freilich nicht in Stein gemeißelt. Nicht zuletzt die ständig steigenden regulatorischen Anforderungen an Banken eröffnen solch alternativen Finanzierungsformen zunehmend Handlungsspielräume. Der Autor des folgenden Beitrags untersucht die sich derzeit im Bereich Real Estate Debt bietenden Chancen und Herausforderungen. Red.

Das niedrige Zinsumfeld hat den Druck für institutionelle Investoren, alternative Anlagemöglichkeiten zu erschließen, deutlich erhöht. Immobilien sind durch ihr attraktives Rendite-Risiko-Verhältnis so verstärkt in den Fokus gerückt. Die Corona-Krise hat durch die umfangreichen Hilfspakete, welche die Regierungen weltweit - wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung - gewährt haben, zu einem deutlichen Anstieg der Staatsverschuldungen geführt. Ein Umstand, der ein nachhaltiges Interesse der Politik an anhaltend niedrigen Zinsen nahelegt. Auch die Notenbanken haben vor dem Hintergrund fragilen Wirtschaftswachstums an einer extrem expansiven Geldpolitik festgehalten. Diese Haltung wird in letzter Zeit aufgrund deutlich steigender Inflationszahlen jedoch zunehmend infrage gestellt.

Die smarte Alternative

Eine Abkehr von dieser expansiven Haltung und eine damit verbundene Erhöhung des Zinsniveaus hätten erhebliche Auswirkungen auf die Vermögenswerte weltweit. Hiervon wären alle Assetklassen betroffen, insbesondere jedoch die Bondbestände in den Büchern institutioneller Investoren. Rentenpapiere machen hier immer noch den Großteil der Kapitalanlage aus. Sachwerte sollten in einem solchen Szenario, das auch von steigenden Inflationszahlen getrieben wird, deutlich besser abschneiden. Auch dies spricht für ein Investment in Immobilien. Jedoch ist das Direktinvestment mit erheblichem Aufwand und hohen Erwerbsnebenkosten verbunden.

Investitionen in Real Estate Debt beziehungsweise Immobilienfinanzierungen haben diese Nachteile nicht und sind für institutionelle Investoren eine smarte und lukrative Alternative, um von den Vorteilen eines Immobilieninvestments zu profitieren. Diese können entweder auf der eigenen Bilanz oder über eine Beteiligung an einem Real Estate Debt Fund erfolgen. Letzteres bietet für Investoren den Vorteil, dass sie bei der Identifizierung von geeigneten Investitionsgelegenheiten vom Marktzugang, der Erfahrung und dem Know-how des verantwortlichen Kreditfondsmanagers profitieren.

Für Versicherungen, Pensionskassen und berufsständische Versorgungswerke sind Engagements in Immobilienkreditfonds aus mehreren Gründen interessant. Zum einen sind sie als Kreditgeber in der Gläubigerposition und verfügen damit, insbesondere bei Whole Loans und selbst bei einem Loan-to-Value (LTV) von 80 Prozent, noch über einen Sicherheitspuffer von 20 Prozent durch das extern gehaltene First-Loss-Piece - das Eigenkapital des Darlehensnehmers. Dies bietet insbesondere am Ende eines Immobilienzyklus oder in Zeiten, in denen erhebliche Unsicherheit besteht, eine entsprechende Absicherung bei möglichen Marktpreisrückgängen. Zum anderem spart der Kreditgeber die hohen Erwerbsnebenkosten, die bei Direktinvestments in Immobilien anfallen. Diese können schnell bis zu 10 Prozent und mehr betragen, was je nach Immobilienstrategie beziehungsweise Nutzungsart zwei bis drei Jahresausschüttungen entsprechen kann. Der Kreditgeber hingegen erhält seinen Zins vom ersten Tag an.

Insbesondere für unter Solvency II regulierte Investoren wie Versicherungen gibt es keine Assetklasse, die ein besseres Verhältnis von Return zu SCR (Solvency Capital Required) bietet als Real Estate Debt. Während Direktinvestments in Immobilien mit 25 Prozent Solvenzkapital zu unterlegen sind, ist dieser Satz bei Immobiliendarlehen in Abhängigkeit von Beleihungsauslauf und Laufzeit eher im einstelligen Bereich verortet. Investitionen in Immobilienkredite sind damit ähnlich privilegiert wie Investitionen in Bonds.

Regulatorischer Druck belastet die klassischen Finanzierer

Auch für berufsständische Versorgungwerke, die sich neben der Anlageverordnung (AnlV) im Hinblick auf die Risikobewertung einzelner Kapitalanlagen am Leitfaden Risikomanagement der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) orientieren, bietet ein Investment in Immobilienfinanzierungen aufsichtsrechtliche Vorteile. Der Leitfaden orientiert sich an der Aufzählung der Kapitalanlagen gemäß § 2 der AnlV und ordnet ihnen dabei eine klassifizierende Risikokennziffer von 1 bis 3 zu. Gerade bei einer Anlage in Kreditfonds, die vornehmlich erstrangig besicherte Senior/Whole Loans vergeben, spricht viel dafür, eine derartige Anlage mit einer Risikokennziffer von 1 zu klassifizieren.

Aufgrund regulatorischer Vorgaben, die eine weiter steigende Eigenkapitalunterlegung für Immobilienkredite von den Banken fordern, verhalten sich die Kreditinstitute europaweit zunehmend zurückhaltend. Daher treffen Kreditfonds derzeit auf eine hohe Nachfrage von Projektentwicklern und Bestandshaltern. Kreditfonds agieren dabei oft schneller als Banken und sind bereit, höhere Beleihungsausläufe anzubieten. Dies eröffnet alternativen Kreditgebern attraktive Marktchancen, sowohl für den Bereich der Mezzanine-Darlehen als auch für Whole Loans, bei denen die gesamte Finanzierung aus einer Hand angeboten wird.

Diese Marktchancen haben sich im Zuge der Corona-Pandemie dabei eher noch verbessert. Die Corona-Pandemie hat global zu wirtschaftlichen Verwerfungen geführt, die naturgemäß auch auf dem Immobilienmarkt nicht folgenlos geblieben sind und sich in unterschiedlicher Ausprägung auf die einzelnen Immobiliensegmente auswirken. Dies erhöht auch den Bedarf an Repositionierungen im Hinblick auf den "best use" einer Immobilie, was zusätzlichen Kapitalbedarf erfordert. Da jedoch nicht nur die Mieter unter den Beschränkungen und Folgen der Corona-Pandemie leiden, sondern auch die Eigentümer von Immobilien, insbesondere diejenigen mit einem Mieter besatz aus den besonders betroffenen Branchen, wie zum Beispiel Hotel, Fashion-Retail, Gastronomie et cetera, sind zusätzliche Eigenmittel oft nur beschränkt verfügbar. Investmentchancen für Kreditgeber ergeben sich dabei in allen Immobiliensegmenten.

Retail: Während Mieter aus dem Bereich der Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs, wie etwa der Lebensmitteleinzelhandel, Drogerie- oder Baumärkte, von der Corona-Krise eher profitiert haben und sich Objekte mit diesem Mieterbesatz einer regen Investorennachfrage erfreuen, waren die klassischen Highstreet-Mieter, insbesondere der Bereich Fashion-Retail erheblich von den Corona-bedingten Einschränkungen betroffen. Da gerade diese Mieter für die höchsten Mieten und die größte Flächenabsorption standen, dürften die Mieten im Bereich Highstreet ihren Höhepunkt auf absehbare Zeit überschritten haben. Dennoch bieten derartige Objekte bei zurückhaltendem Beleihungsauslauf und konservativem Mietansatz weiterhin attraktive Finanzierungsmöglichkeiten.

Opportunitäten in allen Segmenten

Hotels/Hospitality: Neben dem Event- und Gastronomiebereich haben die Hotels aufgrund der Reise- und Kontaktbeschränkungen wohl mit am stärksten unter den Auswirkungen der Pandemie gelitten. Finanzierungen im Hotelbereich sind daher aufgrund der immer noch unsicheren Pandemiesituation derzeit mit höheren Risiken verbunden, was sich entsprechend in den Kreditmargen beziehungsweise der Verfügbarkeit von Finanzierungen widerspiegelt. Auf der anderen Seite bietet der Trend zu Urlaubsdestinationen, die auch landgebunden erreichbar sind, für viele Hotels gute Chancen auf deutlich wachsende Umsätze nach der Krise.

Dies gilt insbesondere für die Leisure-Hotellerie, während Business-Hotels auch aufgrund eines in der Krise durch Videokonferenzen etablierten und damit sicherlich dauerhaft veränderten Reiseverhaltens länger brauchen werden, um aus der Krise herauszukommen. Da auf Kreditgeberseite, insbesondere bei Banken, weitgehende Zurückhaltung herrscht, bieten sich hier für risikobewusste Investoren selektiv durchaus attraktive Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten mit attraktiven Kreditmargen.

Wohnen: Im Wohnsegment ist die Investmentnachfrage weiterhin sehr hoch. Negative Auswirkungen haben sich hier vornehmlich nur durch eingeschränkte Vermarktungsmöglichkeiten infolge von Reisebeschränkungen ergeben. Für die weitere Entwicklung wird - neben etwaiger politischer Einflussnahme (Stichwort Mietendeckel) - vor allem die Miethöhe das entscheidende Kriterium sein, da die verfügbaren Einkommen in der Breite wohl eher leicht abnehmen dürften. Dennoch ist vor allem in den Top-7-Städten wegen des großen Nachfrageüberhangs auch in Zukunft mit stabilen Mietentwicklungen zu rechnen. Daher bleibt diese Assetklasse auch für Kreditgeber weiterhin sehr attraktiv.

Logistik: In Zeiten zunehmender Beliebtheit des Onlinehandels hat auch der Bereich Logistik erheblich an Bedeutung gewonnen, insbesondere das Thema "Last-Mile-Logistik" spielt hier eine Rolle. Dies zeigt sich auch in der deutlich gewachsenen Investorennachfrage, bei der Logistik nach dem Wohnsegment zu "Investor's Darling" avanciert ist. Auch der Logistikbereich ist jedoch differenziert zu betrachten. Dies bezieht sich zum einen auf die aktuellen Nutzer - Mieter aus dem Bereich Fashion-Retail sind hier kritischer zu beurteilen als beispielsweise Mieter aus dem Bereich Lebensmitteleinzelhandel. Zum anderen ist bei der Finanzierung solcher Immobilien auf die Drittverwendungsmöglichkeit der Immobilien sowie auf deren funktionale Ausgestaltung (Deckenhöhe, Anzahl Lkw-Andockpunkte et cetera) zu achten.

Büro: Schwer einschätzbar ist die Entwicklung im Bürosegment. Hier sind die direkten Auswirkungen der Corona-Krise aufgrund der laufenden Mietverträge zunächst nur mittelbar spürbar. Aber durch die Zunahme von Homeoffice- und Remote-Working-Konstellationen sind hier durchaus entsprechende Umwälzungen zu erwarten. Künftige Flächennachfrage und Mietpreisentwicklung sind daher aktuell nur eingeschränkt zu beurteilen, sodass Kreditgeber hier insgesamt zunächst vorsichtiger agieren werden.

Wandel zum Kreditgebermarkt

In jedem Immobiliensegment bestehen derzeit also neben unbestrittenen Risiken auch attraktive Investitionschancen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich der Finanzierungsmarkt seit Beginn der Corona-Krise von einem Kreditnehmermarkt zu einem Kreditgebermarkt gewandelt hat. Insoweit können Kreditgeber - auch durch die regulatorisch bedingt zunehmende Zurückhaltung der Banken - heute deutlich bessere Margen bei niedrigeren Beleihungsausläufen als vor der Corona-Krise durchsetzen, was institutionelle Investoren gerade in Zeiten eingeschränkter Anlagealternativen für ein Investment nutzen sollten. Gerade die Immobilienfinanzierung ermöglicht es, über eine differenzierte Ausgestaltung der Darlehensmodalitäten und -kennziffern (LTV, ICR, DSCR, Debt Yield) den unterschiedlichen Rendite- und Risikoprofilanforderungen institutioneller Investoren sehr gut gerecht zu werden und risikoreduziert in den Immobilienmarkt zu investieren.

Insbesondere Finanzierungen für bestehende Objekte mit einem laufenden Miet-Cashflow bieten Anlegern - je nach Beleihungsauslauf - einen soliden Einkommensstrom. Insoweit kommen Real Estate Debt Investments durch den positiven Rendite-Spread, den sie aufweisen, auch durchaus als sachwertunterlegte Alternative und Substitut für Fixed-Income-Anlagen in Betracht. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass sich der Bereich Real Estate Debt in den vergangenen Jahren zu einer eigenständigen Assetklasse entwickelt hat und sich einer regen Investorennachfrage erfreut.

Michael Morgenroth , CEO , CAERUS Debt Investments AG
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