FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

RECHENZENTREN - INVESTIEREN IN DIE DIGITALISIERUNG

Anna Klaft, Foto: CBRD-GWS

Angesichts der enormen Bedeutung von Rechenzentren als "kritische Infrastruktur" genießt ein sicherer und störungsfreier Betrieb per se höchste Priorität. Hinzu kommen die immer strengeren Nachhaltigkeitsziele, deren Einhaltung gerade für Datencenter mit ihren extrem hohen Stromverbräuchen einer Herkulesaufgabe gleicht. Welche Bewirtschaftungsstrategien sich in der Praxis am besten bewähren, ist Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Die Autoren sehen dabei jene FM-Dienstleister im Vorteil, die in der Lage sind, sich sowohl um die Standortidentifikation, als auch um die Bewirtschaftung sowie die klimaschonende Optimierung der Gebäudetechnik kümmern zu können. Red.

Schnell unterschätzt man die architektonisch schlichten Kubaturen aus Wellblech und Streckmetall, die im Rhein-Main-Gebiet zunehmend aus dem Boden schießen. Dabei handelt es sich bei diesen Wunderwerken der IT- und Klimatechnik um nichts weniger als die Garanten künftigen Wirtschaftswachstums. Rechenzentren bilden das Rückgrat für die Digitalisierung der weltweiten Volkswirtschaften. Jährliche Steigerungsraten von circa 30 Prozent über die zurückliegenden 15 Jahre lassen derzeit kein Ende des Marktwachstums absehen.

Die Pandemie als zusätzlicher Wachstumstreiber

Die Notwendigkeit von Homeoffice und Videokonferenzen während der Covid-Pandemie hat diesem Trend einen zusätzlichen Wachstumsschub von circa 40 Prozent gegeben und zudem die Aufmerksamkeit nationaler und internationaler Investoren für diese Assetklasse geweckt. Nicht nur das Datenaufkommen selbst, auch die Nachfrage nach webbasierten Anwendungen, sogenannten Cloud-Services, die auf Rechenleistungen und Speicherkapazitäten in Rechenzentren basieren, steigt jedes Jahr deutlich an.

War die Finanzbranche mit ihren latenzsensitiven Handelssystemen der Börse einst Katalysator für die Digitalisierung der großen europäischen Börsenstandorte Frankfurt am Main, London, Amsterdam und Paris, erfordern heutzutage auch andere Nutzungsmodelle belastbare Rechenzentrums-Infrastrukturen. Als wesentlicher Treiber in jüngster Vergangenheit gilt die wachsende Beliebtheit von Streaming-Diensten, E-Commerce und Online-Gaming.

Vor dem Hintergrund einer zunehmend hybriden Arbeitsweise im Mobile Office und vor allem durch den stärkeren Einsatz onlinefähiger Geräte sieht die Branche das perspektivisch größere Wachstum jedoch im B2B-Bereich. Künftige Schlüsseltechnologien wie etwa das "Internet of Things", die Industrie 4.0 mit Machine-to-Machine-Learning, das autonome Fahren und nicht zuletzt die Themenfelder Künstliche Intelligenz und Big Data werden gemeinhin als Triebfeder für die Bedarfsentwicklung von Rechenzentrumskapazitäten angesehen. Angesichts dessen erfreut sich der internationale Finanzschauplatz Frankfurt am Main mit dem Internetknoten DE-CIX höchster Beliebtheit und zählt zu der am stärksten expandierenden Rechenzentrumsagglomeration der Welt.

Infolge des hohen Anlagedrucks und der überdurchschnittlichen Performance für Investments in Data Center wächst das Investoreninteresse. Einer aktuellen Umfrage von PwC zufolge beabsichtigen 41 Prozent der befragten Investoren und Rechenzentrumsbetreiber, innerhalb der kommenden zwei Jahre in (zusätzliche) Rechenzentrumskapazitäten zu investieren. Nachdem diese Assetklasse über die zurückliegenden 20 Jahre ein regelrechtes Schattendasein fristete, verspricht die Digitalisierung auch angesichts dieser wachsenden Anzahl interessierter Anleger, fortan Fahrt aufzunehmen.

Investoren benötigen Grundverständnis

Allerdings benötigen potenzielle Investoren zunächst ein Grundverständnis für die Chancen und Risiken des Markts - genau wie für die technischen Details. Diese beziehen sich unter anderem auf die möglichen Wertschöpfungstiefen oder die Zusammenhänge zwischen kundenseitiger Spezifikation und der einzusetzenden Gebäudetechnik. Genauso wichtig ist jedoch auch die Auswahl verlässlicher Planer sowie weiterer Experten, die den unterbrechungsfreien Betrieb dieser digitalen Infrastrukturen sicherstellen.

Zudem ist im Vorfeld eine gründliche Abwägung von verfügbarem Kapital, tragbaren Risiken und eigener Expertise angeraten. Ist das Investitionsvolumen für die Herrichtung potenzieller Rechenzentrumsgrundstücke noch mit größeren konventionellen Immobilienentwicklungen vergleichbar, schnellt dieses für die Realisierung des schlüsselfertigen Objekts schnell in empfindliche Höhen.

Zentrale Bedeutung kommt daher der Festlegung der Wertschöpfungstiefe und dem möglichen Investmentszenario zu: Will man "shovel-ready" (Grundstücke mit Baugenehmigung), eine "powered shell" (fertige Außenkonstruktion mit Rohbau im Inneren), ein "base building" (zusätzlicher Innenausbau) oder "turn-key" (schlüsselfertig) entwickeln? Will man unmittelbar nach Fertigstellung veräußern, halten oder vielleicht sogar betreiben? In jedem Fall gilt es, in einem ersten Schritt die Eignung eines Grundstücks sowie nicht zuletzt, potenzielle Nutzer, Betreiber und mögliche Exit-Szenarien festzustellen.

Wie schon für konventionelle Assetklassen, so heißt es auch für die Allokation von Rechenzentren: "Lage, Lage, Lage." Während der Großraum Frankfurt am Main in vielen Fällen die geografisch beste Lage darstellt, definiert sich die Eignung eines Mikrostandorts allgemein durch eine großzügige Grundstücksgröße, ausreichende Stromverfügbarkeit und einen nahegelegen "Point of Presence" des Glasfasernetzes.

Ferner muss sichergestellt sein, dass auf dem Grundstück oder in dessen Umfeld keine Umweltrisiken oder Gefahrenquellen bestehen, die einen Betrieb beeinträchtigen könnten. Schließlich hängt die Effizienz des Betriebes wesentlich von der Verfügbarkeit eines qualifizierten Betriebs- und Wartungspersonals ab.

Nachdem die Latenz der Datenübertragung trotz Lichtgeschwindigkeit in den Glasfaserverbindungen maßgeblich von der Entfernung zu den Internetknoten ("Commercial Internet Exchanges" - CIX) abhängt, welche die unterschiedlichen Netzebenen und Betreiber miteinander verbinden, ist die Nähe hierzu ein wichtiges Kriterium. Dies führt zu einer zusätzlichen Flächenknappheit im Umkreis von circa 20 Kilometern um die Knoten.

Bedeutendste Herausforderung für den Ausbau digitaler Infrastrukturen ist die Stromknappheit in den Hotspots. Die politisch motivierte Energie- und Verkehrswende steht angesichts unzureichender Stromnetze in Konkurrenz zu der voranzutreibenden Digitalisierung. So wird der benötigte Netzausbau im Rhein-Main-Gebiet sowie in Berlin angesichts des gewaltigen Nachfrageüberhangs noch circa weitere fünf bis zehn Jahre auf sich warten lassen.

Unterschiedliche Anforderungen im Betrieb

Der Fokus des Betriebs von Rechenzentren liegt übergreifend auf dem Erhalt ihrer Verfügbarkeit, deren Ausfallsicherheit und auf Betriebskontinuität. Für die Betriebsvoraussetzungen muss hingegen zwischen den Rechenzentrumstypen differenziert werden: Neben den großformatigen Hyperscaler-Facilitys für Cloud-Betreiber, den Colocation-Sites (anmietbare "Daten-Hotels"), den Telekommunikations- und Unternehmens-Rechenzentren nimmt die Diskussion um die Qualitäten künftiger "Edge-Rechenzentren" einen zunehmend wichtigeren Platz ein.

Gelten aus US-amerikanischer Sicht hiesige Rechenzentren für den europäischen Markt bereits als "Edge", soll das künftige Edge-Netzwerk Antworten auf die Anforderungen latenzkritischer Anwendungen im Hinterland bringen. Zwar konnte hierfür noch keine allgemeingültige Standardisierung festgelegt werden, nach allgemeiner Auffassung werden sie im Vergleich zu anderen Rechenzentren aber wesentlich kleiner und zahlenmäßig verbreiteter sein, um den lokalen Bedarf an Rechenleistung - möglicherweise auch in Verbindung mit künftigen 5-G-/6-G-Infrastrukturen - zu decken.

Deutliche Vorzüge der Hyperscale-Rechenzentren sehen Investoren vor allem hinsichtlich der attraktiven Losgröße, der hohen Mieterbonität von Unternehmen wie Amazon, Microsoft oder Google, langer Mietvertragslaufzeiten und nicht zuletzt bei der mieterseitigen Übernahme von Pflichten, die bei anderen Assetklassen dem Vermieter zufallen (ähnlich zum "Triple-Net"-Modell bei Sale-and-Lease-backs). Für Investoren ergibt sich hierdurch die Chance, vergleichsweise große Kapitalvolumina langfristig zu allokieren, ohne selbst einem Betreiberrisiko zu unterstehen.

Der hochverfügbare Betrieb wird immer wichtiger

Um einen Standard für Verfügbarkeit, Widerstandsfähigkeit und Ausfallsicherheit zu schaffen, hat das US-amerikanische "Uptime Institute" eine vierstufige Klassifizierung vorgenommen, welche die unterschiedlichen Anforderungen an die Sicherung der Daten innerhalb eines Gebäudes auf einer "Tier-Level"-Skala von eins bis vier einstuft. Das Spektrum der Anforderungen reicht dabei von wenig kritischer Infrastruktur (Tier I) bis hin zu hochkritischer Infrastruktur mit hochredundanten Schutzmaßnahmen (Tier IV) für systemrelevante Informationen, die beispielsweise von Finanzdienstleistern gefordert werden.

War eine solche Zertifizierung in der Vergangenheit das Maß aller Rechenzentren, kann heutzutage ein Rückgang dieser Zertifizierung - insbesondere bei den Hyperscale-Rechenzentren - beobachtet werden. Um der Datensicherheit gerecht zu werden, werden Ausfallrisiken stattdessen auf gleichwertige Rechenzentrenstandorte desselben Betreibers innerhalb einer Region ("availability zone") verteilt. Dieses Konzept baut weniger auf die Redundanz von Systemkomponenten als auf gespiegelte Datenspeicher in unterschiedlichen, regionalen Standorten.

Eine Frage des Personals

Die gewissenhafte Auswahl des Dienstleisters für das Backoffice und des Vor-Ort-Personals ist dabei elementar. Schließlich führen Fehler aus unsachgerechter Erbringung dieser Dienstleistungen schlimmstenfalls zum Ausfall des gesamten Rechenzentrums. Immer mehr Betreiber lagern daher das Infrastruktur beziehungsweise Facility Management ihrer Rechenzentren aus - und holen sich hierfür externe Dienstleister an die Seite, die einen reibungslosen und zugleich effizienten Betrieb eines Rechenzentrums gewährleisten sollen.

Betreiber haben dabei die Möglichkeit, diese Dienste in einem solchen Maße an Gewerkespezialisten oder Anbieter eines Gesamtserviceportfolios outzusourcen, dass der geringste Steuerungsaufwand beim Betreiber verbleibt. Seit mehr als zehn Jahren kann hierzu im Gesamtmarkt eine Konzentrierung der Dienstleister und eine Fremdvergabe nicht nur des operativen, sondern auch des taktischen Facility Managements an externe Partner beobachtet werden.

Als wesentliche Motivation für diese Migration zu professionellen Dienstleistungspartnern gilt deren belegte Effizienz bei der Bewirtschaftung von Rechenzentren. So konnte unter anderem der Anteil des Energieverbrauchs durch die Gebäudetechnik allein von durchschnittlich 50 Prozent im Jahr 2010 im Verlauf von zehn Jahren auf nur mehr 40 Prozent reduziert werden. Hochmoderne Rechenzentren erreichen inzwischen gar einen Anteil von etwa 25 Prozent. Gerade für Unternehmen wie Projektentwickler und Finanzinvestoren, deren Kernkompetenzen nicht in der Planung eines effizienten Gebäudebetriebs liegen, hat die Wahl des Dienstleisters eine entsprechend hohe wirtschaftliche Auswirkung.

Effizienzsteigerung durch Outsourcing des Facility Managements

Gehörte im Markt lange Zeit eine operative Trennung von Facility Services und klassischen Leistungen der Immobilienwirtschaft wie Asset und Property Management sowie das Suchen und Bewerten von Immobilien beziehungsweise Standorten zur Regel, wurde diese Trennung in den vergangenen Jahren weitestgehend aufgehoben. Insbesondere in Zeiten einer dynamischen Entwicklung des Rechenzentrumsmarkts mehren sich für Auftraggeber die Vorteile jener Dienstleister, die sich sowohl um die Standortidentifikation als auch um die Bewirtschaftung kümmern und die zudem die Gebäudetechnik klimaschonend optimieren.

Da Rechenzentren im Betrieb sehr viel Wärme ausstoßen und aufwendig gekühlt werden müssen, liegt gerade hierin ein entscheidendes Kostensparpotenzial. Oftmals erfolgt die Kühlung über eine Luftkühlung und Kompressionskältetechnik, welche die entstehende Wärme unter hohem Energieaufwand abtransportiert und die Abwärme meist ungenutzt an die Umgebung abgibt.

Dieses lange von der Industrie bewahrte Konzept hat sich als wenig energieeffizient erwiesen und ist für große Mengen an CO2-Emissionen verantwortlich. Bereits seit einigen Jahren verfolgen Vorreiter der Branche daher Kühllösungen auf Wasserbasis, die wesentliche Einsparpotenziale bei der Kühlenergie, Bausubstanz und beim Ressourcenverbrauch bieten. Ob mittels einer innovativen Rückkühltür oder Konzepten mit Heißwasser-Direktkühlung lassen sich bei entsprechender Abwärmenutzung vielversprechende Lösungen finden.

Während sich ein immer größerer Anteil der Betreiber von Rechenzentren entweder auf die taktische oder aber ausschließlich auf die strategische Betriebssteuerung konzentriert und verbleibende Dienstleistungen an externe Partner vergibt, reicht deren Kompetenz bei der Anlagenwartung oftmals nicht mehr aus. Vielmehr müssen Dienstleister heutzutage darüber hinaus den Anlagenmarkt detailliert beobachten, um ihre Auftraggeber beraten zu können.

Dienstleister - Anlagenwartung allein reicht nicht mehr aus

Insbesondere mit Blick auf die Mitarbeiterressourcen kann eine Entlastung durch Dienstleister dennoch parallel auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Gerade kleineren Rechenzentrumsbetreibern kann ein personell breit aufgestellter Dienstleister eine zusätzliche Absicherung gegen gesundheitliche Risiken bieten, wenn beispielsweise die vollständige Mannschaft unter Quarantäne gestellt wird oder anderweitig kritische Teile der Belegschaft ausfallen.

Stand allein der Faktor Sicherheit in den zurückliegenden 20 Jahren im Interesse des Betreibers, werden umweltpolitische Aspekte wie die Nachhaltigkeitsbilanz, "Net Zero", ESG und technische Lösungen zur Steigerung der Nachhaltigkeit in Rechenzentren für die laufende Dekade im Vordergrund stehen. Auch hierbei kann sich die Inanspruchnahme entsprechend spezialisierter externer Partner empfehlen.

Die richtigen Stellschrauben im Bereich Klima

Längst wächst angesichts der EU-Klimaziele der Druck auf die Betreiber, ihre Rechenzentren nachhaltig zu betreiben. Punkten können Betreiber etwa durch den Bezug von CO2-frei erzeugtem Strom, die Kompensation etwaiger CO2-Emissionen durch den Erwerb von Zertifikaten, die Nutzung der anfallenden Abwärme durch Drittnutzer und nicht zuletzt durch ressourceneinsparende Maßnahmen innerhalb des Rechenzentrums. Hierzu zählen etwa die Aufrüstung der Stromverteilungsinfrastruktur, die Optimierung der Kühleffizienz des vorhandenen Rechenzentrums und die Aufrüstung der Kühlungsinfrastruktur.

Um hierbei allerdings den bestmöglichen Effekt zu erreichen und die Maßnahmen für einen reduzierten ökologischen Fußabdruck sinnvoll in die gesamte Gebäudestrategie zu integrieren, ist es sinnvoll, sämtliche Maßnahmen über einen zentral gesteuerten Dienstleister in Gang zu setzen - und nicht verschiedenste Spezialisten parallel zu steuern, die sich untereinander nur bedingt absprechen können.

Anna Klaft , Business Development Manager DACH, CBRE GWS IFM Industrie GmbH, und Chairwoman, German Datacenter Association e. V., Frankfurt am Main
Peter Pohlschröder , Managing Director, NDC-GARBE Data Centers Europe GmbH, und Vice Chairman, German Datacenter Association e. V., Hamburg

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