Wohnungswesen

Regulierung: Freund oder Feind der Investoren?

Marcus Cieleback

Die Zunahme der Regulierungsbestrebungen auf den deutschen Wohnungsmärkten verunsichert Investoren. Die Anforderungen treiben die Baukosten und damit die Immobilienpreise in die Höhe, lassen die Investitionen zurückgehen und konterkarieren somit die Bestrebungen nach mehr Wohnraum, fürchtet der Autor. Als Folge der Mietpreisbremse erwartet er eine Verkleinerung des Mietwohnungsmarkts, da institutionelle Investoren motiviert würden, ihre Bestände an Eigennutzer zu verkaufen. Erfahrungen aus Europa belegen zudem, dass sowohl die Netto-Cashflow-Rendite als auch die Total Returns nur im geringen Maße negativ von Regulierungsmaßnahmen beeinflusst werden. Dennoch: Der Autor hält Investitionen in den deutschen Wohnimmobilienmarkt auch weiterhin für sinnvoll. Red.

Regulierungen auf dem Wohnungsmarkt haben eine lange Tradition und sind bis heute ein politisches Thema. Vor allem seit der Finanzkrise greift die Regierung wieder verstärkt zu solchen Maßnahmen. Sie sollen vorrangig für mehr Schutz einkommensschwacher Haushalte sorgen. Die Wahrung gesellschaftlicher Stabilität und sozialer Gerechtigkeit ist das Ziel.

Doch wie so oft bei staatlichen Eingriffen schießen auch die Regulierungsmaßnahmen auf dem Wohnungsmarkt über ihr Ziel hinaus. Sie entpuppen sich mehr und mehr als wahre Preistreiber, lassen Baukosten steigen und in Folge auch die Mieten. Am Ende leiden dann diejenigen unter den Regulierungen, denen eigentlich geholfen werden sollte. Zusätzlich geht die Zahl der Investitionen zurück, zum Beispiel bei Neubauprojekten.

Während zurzeit deutsche Politiker geradezu von Regulierungswut ergriffen sind, verringern andere europäische Länder den Regulierungsgrad oder haben es vor. So zum Beispiel in Schweden, Spanien und den Niederlanden. Die Verschärfung der Regulierungen macht Deutschland in Europa zur Ausnahme. Ob der entgegengesetzte Weg sinnvoll ist, wird sich noch zeigen.

Erstes Beispiel: Die Mietpreisbremse

Das zurzeit wohl prominenteste Beispiel für Regulierung auf dem deutschen Immobilienmarkt ist die geplante Mietpreisbremse. Sie wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2015 in Kraft treten und sieht unter anderem vor, dass die Miete bei der Neuvermietung einer Bestandswohnung nicht höher liegen darf als bei der letzten Vermietung oder maximal zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete. Das wird dazu führen, dass Investoren immer weniger in den Bestand investieren.

So sind bisher die Mieten gestiegen, wenn die Wohnungen energetisch modernisiert worden sind. Infolge der Mietpreisbremse lassen sich Kosten, die aufgrund von Instandsetzung oder Modernisierung entstehen, nicht in jedem Fall durch Anhebung der Mieten ausgleichen. Das heißt, kleine Reparaturen und die Behebung von Schönheitsfehlern dürften künftig entsprechend ausbleiben. Wohnungsbestände, die nicht mehr an die neusten Standards angepasst werden, veralten. Je nachdem, wie lang die Mietpreisbremse Bestand haben wird, könnte das ernst zu nehmende Ausmaße annehmen. Angesichts der Bemühungen um Nachhaltigkeit und Energieeinsparung wäre dies ein bedeutender Rückschritt.

Außerdem könnten sich langfristig agierende Investoren, wie Rentenfonds oder Pensionskassen zunehmend aus dem Wohnungsmarkt zurückziehen, wenn sich herausstellt, dass sie mit Wohnungen innerhalb eines Miethauses nicht mehr die Rendite erzielen können, die sie benötigen, um ihren Kundenverpflichtungen nachzukommen. Diese Investoren benötigen langfristige Planbarkeit. Einige werden den Verkauf dieser Wohnungen einleiten. Und zwar an Käufer, die von der Mietpreisbremse nicht betroffen sind: an Eigennutzer.

Als Konsequenz daraus wird sich der Mietwohnungsmarkt verkleinern. Sozial schwachen Haushalten, die kaum Möglichkeiten haben, einen Kredit zum Erwerb von Wohneigentum aufzunehmen, wird der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zusätzlich erschwert. Diese Folgen zeigten sich zum Beispiel auf den Wohnungsmärkten in Großbritannien und Österreich, wo Mietpreisregulierungen bereits vor einigen Jahren eingeführt wurden. Es war zu beobachten, dass die Wohneigentumsquoten anstiegen, weil sich die Investoren massenweise aus dem Markt zurückzogen.

Zweites Beispiel: Energetische Verordnungen

Die zweite Novellierung der Energieeinsparverordnung EnEV trat im Mai 2014 in Kraft. Im Wesentlichen sind neu zu errichtende Gebäude von den Änderungen betroffen. Unter anderem sinkt der zulässige Höchstwert des Jahres-Primärenergiebedarfs bei Neubauten ab Januar 2016 um durchschnittlich 25 Prozent. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Wärmedämmung von Gebäudehüllen im Durchschnitt um 20 Prozent.

Ein weiteres Beispiel für Regulierung im Namen der Nachhaltigkeit ist die im November 2014 beschlossene Neuregelung der Bauordnung in Baden-Württemberg, die Bauen stärker nach ökologischen und sozialen Kriterien regeln soll. Die Novelle verpflichtet Bauherren unter anderem dazu, wettergeschützte und diebstahlsichere Fahrrad-Stellplätze zu bauen. Zudem sollen zukünftig Dächer und Fassaden begrünt werden.

Die energetischen Anforderungen erhöhen sich stetig. Beim Neubau werden dadurch teurere Materialien und technische Ausrüstung notwendig. Das führt insgesamt zu höheren Kosten und steht damit in deutlichem Widerspruch zu der Forderung nach mehr günstigerem Wohnraum. Laut Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (GdW) wirkt sich die EnEV negativ auf die Wohnungswirtschaft aus. Das zeige die sinkende Zahl von Investitionen: Nach Berechnungen des GdWs liegen die Investitionen in diesem Jahr mit einem Minus von 0,5 Prozent leicht unter dem Wert des Vorjahres. Zusätzlich belegt das Statistische Bundesamt einen gebremsten Anstieg der Baugenehmigungen im Jahr 2014. Nach Meinung des GdW sind Investitionen in Deutschland deutlich unsicherer geworden. Investoren schienen sich aus diesem Grund zurzeit eher zurückzuhalten.

Kaum Einfluss auf Total Returns

Es ist nicht verwunderlich, dass Investoren sich in Deutschland durch die Regulierungen und Vorgaben verunsichern lassen. Dass sich solche staatlichen Eingriffe jedoch nicht ganz so gravierend auf die Renditen auswirken, wie man es vielleicht vermuten würde, zeigt eine Untersuchung der Patrizia, mit der die Folgen von Mietmarktregulierungen am Beispiel von Mehrfamilienhäusern in Europa analysiert werden. Die Ergebnisse zeigen überraschenderweise, dass sowohl die Netto-Cashflow-Rendite als auch die Total Returns nur im geringen Maße negativ von Regulierungsmaßnahmen beeinflusst werden.

Im Allgemeinen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Folgen von Mietmarktregulierungen auf den Anlageerfolg zumindest im Segment Mehrfamilienhaus nicht überbewertet werden dürfen. Denn die Regulierungsmaßnahmen bewirken, dass Immobilienbestände zu Eigentumswohnungen aufgeteilt werden. Dadurch entsteht eine gewisse Knappheit an Mietobjekten, was dem Vermieter mehr Spielraum für Mieterhöhungen gibt. Der entscheidende Faktor für die Ertragsentwicklung ist dann, wie Investoren mit den nationalen Regulierungen effektiv umgehen.

Auch der Blick auf die Auswirkungen von Mietpreisregelungen in Europa kommt zu einem interessanten Ergebnis: Strenge Regelungen führen zwar im Allgemeinen zu einem gebremsten Mietpreiswachstum. Dennoch steigen die Durchschnittsmieten mit einer Wachstumsrate von 2,6 Prozent bis 3,6 Prozent immer noch stärker als die Inflation, die in den jeweiligen Ländern zwischen 1 Prozent und 1,5 Prozent liegt. Für Investoren gilt dies als Zeichen dafür, dass die Mietpreisbindung allein kein Hindernis für Mietpreissteigerung darstellt. Das heißt, dass eine Regulierung des Wohnimmobilienmarkts nicht zwingend ein Hindernis für erfolgreiche Investitionen darstellt. Zumindest nicht im Segment des Mietwohnungsmarkts, das in der Studie betrachtet wurde.

Abwartende Haltung

Die Tatsache, dass sich angesichts der Zunahme von Regulierungen in Deutschland die Skepsis auf Seiten der Investoren vergrößert, hat sich bestätigt. Sie nehmen eine eher abwartende Haltung ein, scheuen Investitionen und haben eine geringere Risikotoleranz. Aus mehreren Gründen sind jedoch Investitionen in Wohnimmobilien nach wie vor sinnvoll.

Das anhaltende Niedrigzinsumfeld sorgt dafür, dass Investitionen in Sachwerte auch künftig eine große Rolle spielen werden, vor allem in Wohnimmobilien. Diese bieten sowohl Wertstabilität, Planungssicherheit als auch solide Renditeaussichten - gerade in Zeiten von Verunsicherung attraktive Merkmale für Anlagen. Und obwohl sich der Fokus der Investoren nicht mehr nur auf den deutschen Wohnmarkt konzentriert, ist er mit seiner föderalen Struktur, der hohen Transparenz und einem hoch liquiden Wohnimmobilienmarkt weiterhin der dominanteste und internationalste Wohnimmobilienmarkt in Europa.

Der Autor

Dr. Marcus Cieleback Group Head of Research, Patrizia Immobilien AG, Augsburg

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