IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

DIE SERVICE-KVG SETZT SICH DURCH

Ludger Wibbeke, Foto: HANSAINVEST

Die Service-Kapitalverwaltungsgesellschaft (Service-KVG) im Bereich der Immobilienfonds ist eine der großen Erfolgsgeschichten der jüngeren Vergangenheit. Mittlerweile entfällt fast ein Drittel des gesamten Fondsvermögens aller offenen Immobilien-Spezial-AIF auf Service-KVGen, wobei das Marktführertrio Hansainvest, Intreal und Universal-Investment den Großteil für sich beanspruchen kann. Doch wie genau funktioniert eine Service-KVG und was sind die Gründe für ihre stark gestiegene Bedeutung? Der Autor beantwortet diese und viele weitere Fragen im vorliegenden Beitrag. Red.

Offene Immobilien-Spezialfonds zählen bereits seit geraumer Zeit zu den gefragtesten Vehikeln institutioneller Investoren in Deutschland. Während die Investoren einem - vor allem dem Niedrigzins geschuldeten - anhaltend hohen Anlagedruck ausgesetzt sind, bieten die Immobilienfonds eine weiterhin interessante Möglichkeit zur Portfoliodiversifikation.

KAGB bietet Sicherheit und ausreichend Flexibilität

Dabei sorgen die regulatorischen Rahmenbedingungen für offene Immobilien-Spezialfonds, die als Alternative Investmentfonds (AIF) unter die Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) fallen, für ein hohes Maß an Sicherheit, ohne dabei ihre Flexibilität übermäßig zu beschneiden. Diese Flexibilität zeigt sich in einer gegenüber offenen Immobilien-Publikumsfonds großzügigeren Fremdkapitalquote: Offene Immobilien-Spezial-AIF dürfen Fremdkapital bis zu 50 Prozent der Summe der Verkehrswerte einsetzen, bei der Publikumsvariante sind es 30 Prozent. Auch hinsichtlich der Anlageobjekte sind Spezialfonds flexibler.

Neben den Vorgaben, die von Publikumsfonds eine grundsätzlich breitere Streuung verlangen, sticht insbesondere die Einschränkung von Investitionen in Projektentwicklungen ins Auge. Die Privatanlegerfonds dürfen 15 Prozent in erst geplante Gebäude investieren, offene Spezialfonds für institutionelle Investoren hingegen können sich bis zu 100 Prozent auf dieses Segment konzentrieren. Das macht - genau wie ein Fokus auf bestimmte Nutzungsarten oder spezifische regionale Profile - Immobilien-AIF für institutionelle Investoren weiterhin interessant. Denn nur in den seltensten Fällen verfügen sie über die nötige Expertise für die Projektentwicklung oder das Management entsprechender Objekte.

Entsprechend groß ist die Nachfrage nach den Vehikeln, wie Zahlen des Branchenverbands BVI belegen: Das von offenen Immobilien-Spezialfonds verwaltete Volumen hat sich in den vergangenen fünf Jahren bis Ende September 2019 auf knapp 99 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Allein in den ersten neun Monaten des Jahres investierten Institutionelle netto 5,8 Milliarden Euro. Nur im entsprechenden Zeitraum des Jahres 2017 waren die Nettomittelzuflüsse in Immobilien-Spezialfonds höher als im laufenden Jahr.

Arbeitsteilung liegt voll im Trend

Parallel zum Wachstum der Assets under Management hat sich im Segment ein weiterer Trend etabliert: Immer häufiger werden die Fonds von Service-Kapitalverwaltungsgesellschaften (Service-KVGen) verwaltet. Ihr Marktanteil liegt bei den offenen Immobilien-Spezialfonds mittlerweile bei über 30 Prozent, im Neugeschäft sind es sogar fast 60 Prozent.

Das liegt nicht zuletzt am Zuspruch der Investoren: Immer häufiger präferieren sie eine Trennung von Immobilienmanagement und Fondsverwaltung, wie eine aktuelle Umfrage unter institutionellen Investoren von Universal-Investment belegt (siehe Abbildung). So geben mehr als drei Viertel an, bei Neuengagements auf eine Service-KVG setzen zu wollen.

Ein Grund dafür ist die zunehmende Diversifizierung auf der Angebotsseite. Angesichts der angespannten Marktlage bei klassischen Büroimmobilien treten vermehrt Spezialfondsanbieter an. Diese beschränken ihre Investments auf eine bestimmte Nutzungsart wie Einzelhandel oder Wohnen beziehungsweise investieren ausschließlich in Nischenbereiche wie Hotels, Parkhäuser, Logistikimmobilien oder die genannten Projektentwicklungen.

Regulatorik als Haupttreiber

Solche Anbieter haben ihren Ursprung vielfach im Immobilienmanagement oder der Projektentwicklung. Gerade kleineren spezialisierten Managern und Entwicklern fehlt es vielfach an den regulatorischen Voraussetzungen, um Fonds anbieten zu können. Da für die Auflage eines Spezialfonds eine Lizenz als KVG erforderlich ist, müssten sie vor dem Start eine KVG gründen und bei der BaFin zulassen. Das stellt eine erhebliche Hürde dar. Schließlich verursacht eine Lizensierung als KVG nicht nur hohe Set-up-, sondern auch nennenswerte laufende Kosten. Neben der reinen Kostenbelastung hat sie zudem Implikationen für die Unternehmensstruktur und -kultur.

Eine Alternative bietet die Zusammenarbeit mit einer Service-KVG, die die Verwaltung des Spezialfonds verantwortet. Für einen solchen Einkauf aller aufsichtsrechtlich geforderten Leistungen gibt es gute Gründe. Eine professionell aufgestellte Service-KVG bietet nicht nur die nötige Lizenz für die Fondsauflage und -verwaltung; sie verfügt auch über das nötige Know-how in sämtlichen aufsichtsrechtlichen Fragen. Dieses zu erwerben ist gerade kleineren Asset Managern angesichts zunehmend komplexer Regelungen von Fonds, KVGen und Investoren teilweise unmöglich, weil neben finanziellen auch die personellen Ressourcen fehlen.

In jedem Fall ist es aufwendig und kostenintensiv für Asset Manager, die Anforderungen an die Administration zu erfüllen. Das bindet Ressourcen, die sonst für das Asset Management zur Verfügung stünden, und zwingt zugleich zu einer schnellen und damit möglicherweise überhasteten Steigerung der verwalteten Vermögen. Denn gerade in der Aufbauphase einer KVG stehen die Kosten durch ein geringes Volumen im Missverhältnis zu den Erträgen.

Wertpapiergeschäft dient als Vorbild

Neben dem Kostenaspekt ist die effiziente Arbeitsteilung ein Kernargument für eine externe Service-KVG. Im Wertpapierbereich schon lange stark verbreitet, hat sich die Konzentration auf die jeweiligen Kernkompetenzen mittlerweile auch bei Immobilien und anderen Sachwerten etabliert. Anders als im Publikumsfondsgeschäft, in dem die externe KVG weiterhin eher die Ausnahme darstellt, gilt diese Aufgabenteilung im institutionellen Bereich vielfach als selbstverständlich. Der Asset Manager konzentriert sich auf das Immobilienmanagement beziehungsweise die Projektentwicklung und tritt nicht gleichzeitig als Initiator oder Konzeptionist auf. Diese Leistungen werden bei externen Fachleuten eingekauft.

Das heißt konkret: Die Service-KVG übernimmt alle administrativen Aufgaben von der Erstellung der Anlagebedingungen, Verkaufsprospekte und wesentlichen Anlageinformationen über die Abstimmung von Verträgen bis zur Koordination mit der BaFin sowie mit weiteren externen Partnern wie etwa der Verwahrstelle. Zu den Hauptaufgaben der Service-KVG gehören darüber hinaus insbesondere das Portfolio- und Risikomanagement, die Fondsbuchhaltung, das Investoren-Reporting sowie die Beauftragung und Abstimmung mit Bewertern.

Ein großer Vorteil für alle Beteiligten ist, dass die KVG auf diese Dienstleistungen spezialisiert und zudem mit der Implementierung der langen Liste neuer regulatorischer Anforderungen vertraut ist. Aktuell betrifft das etwa die europäische Richtlinie Alternative Investment Fund Managers Directive II (AIFMD II), die Manager von alternativen Investmentfonds reguliert, und die kapitalverwaltungsrechtlichen Anforderungen an die IT (KAIT). Gleiches gilt für das Reporting für unterschiedliche Investorengruppen oder die Abstimmung mit der Verwahrstelle.

Etablierte Prozesse ermöglichen Skaleneffekte

Die Service-KVG kann auf etablierte Prozesse zurückgreifen, die vielfach standardisiert ablaufen und von eingespielten Teams umgesetzt werden. Daraus ergeben sich Skaleneffekte, da sie ihre Dienstleistungen für eine Vielzahl von Fonds und damit ein wesentlich höheres Gesamtvolumen erbringen, als es die eigene KVG eines Asset Managers täte. Dabei begegnen die mittelständisch geprägten Häuser ihren Kunden auf Augenhöhe und pflegen ein partnerschaftliches Verhältnis mit ihnen. Dazu zählt neben persönlicher Betreuung insbesondere auch die Kompetenz, kurzfristig und kreativ Lösungen zu entwickeln, die auf die individuellen Bedürfnisse der meist ebenfalls mittelständischen Kunden zugeschnitten sind. Das sichert sowohl dem Manager als auch dem Investor einerseits eine höhere Qualität der Dienstleistungen, andererseits senkt es die Kosten. Und weil Prozesse wie etwa die Abstimmungen mit der Aufsichtsbehörde nicht mühsam implementiert werden müssen, sondern etabliert sind und routinemäßig ablaufen, führen sie zu einer höheren Geschwindigkeit bei der Fondsauflage.

Auch im laufenden Geschäftsbetrieb sorgt die Service-KVG dafür, dass alle regulatorischen Anforderungen erfüllt werden sowie die Fondsadministration, das Risikomanagement und die Compliance-Funktionen sichergestellt sind. Außerdem entlastet sie den Asset Manager durch Erstellung von aufsichtsrechtlich geforderten sowie kundenspezifisch gewünschten Fondsreportings und bei der Bewertung der Fondsimmobilien. Und schließlich führt sie die Koordination von Ausschüttungen durch und ist für Kapitalabrufe zuständig.

Für mittelständische Unternehmen, die ins Fondsgeschäft einsteigen wollen, bringt eine Kooperation mit einer Service-KVG zudem Vorteile in der Außenwahrnehmung. Die Einbindung eines etablierten Hauses erhöht die Akzeptanz bei allen Beteiligten - bei den Investoren, Placement-Agents, Verwahrstellen et cetera, da die Service-KVG dem Anleger als Haftungspartner verpflichtet ist und mittels Vier-Augen-Prinzip die Rechtmäßigkeit der Transaktionen unabhängig bestätigt. Von besonderer Bedeutung ist dieser Effekt auf die Geschäftsbeziehungen zu Banken: Es kommt zu einer "Bonitätsleihe" des Fondsanbieters. Je größer und etablierter die KVG, desto größer ist dieser Effekt.

Schließlich bietet die Zusammenarbeit mit einer breit aufgestellten Service-KVG auch den Vorteil, dass diese die Expansion in neue Geschäftsbereiche leichter ermöglicht. Ein Asset Manager, der bislang nur deutsche Fonds aufgelegt hat, kann künftig vergleichsweise einfach Fonds nach Luxemburger Recht auflegen, wenn seine Service-KVG bereits in Luxemburg präsent ist und ihm die dortigen administrativen Aufgaben abnimmt.

Im Idealfall ein "One-Stop-Shop"

Dieses Prinzip gilt auch, wenn ein Asset Manager neue Assetklassen bedienen möchte: Beispielsweise wenn er bislang nur Immobilienfonds initiiert hat, künftig aber auch Infrastrukturfonds anbieten möchte. Denn die gleiche Argumentation trifft auch für andere Sachwerteinvestments zu. Ob Private Equity, Infrastruktur, Erneuerbare Energien und Private Debt: Die Service-KVG mit entsprechender Expertise kann als kompetenter Partner maßgeblich zum Erfolg neuer Fondslösungen beitragen.

Im Idealfall fungiert sie dabei als "One-Stop-Shop", der nicht nur über die Erlaubnis zur Auflage von Vehikeln für alle relevanten Assetklassen verfügt, sondern auch die gesamte Palette von Fondslösungen an den Fondsstandorten Deutschland und Luxemburg abbilden kann.

DER AUTOR LUDGER WIBBEKE Geschäftsführer Real Assets, HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH, Hamburg
Ludger Wibbeke , Geschäftsführer Real Assets , HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH

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