INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

SICHERE ERTRÄGE IM LEBENSMITTELEINZELHANDEL

Andreas Trumpp, Foto: Savills Investment Management

Nicht erst seit Beginn der Covid-19-Krise fragen sich viele Immobilieninvestoren, ob sie noch in Einzelhandelsimmobilien investieren sollen. Eine Vielzahl von Umfragen zeichnet hier ein eindeutiges, weil negatives Bild. Allerdings erscheint eine differenzierte Betrachtung ratsam, da einige Einzelhandelsformate sich nach wie vor widerstandsfähig gegenüber dem Onlinehandel zeigen und somit langfristig sehr gute Investitionsoptionen für Core-Investoren darstellen. Als Paradebeispiel dafür gilt der Lebensmitteleinzelhandel, wobei auch hier wichtigen Zukunftstrends unbedingt Rechnung getragen werden muss, wie die Ausführungen im folgenden Beitrag zeigen. Red.

Lebensmitteleinkäufe sind notwendige Einkäufe. Selbst in Rezessionen müssen die Menschen trinken und essen. Die meisten Verbraucher ziehen es selbst in Großbritannien, dem europäischen Spitzenreiter im Onlinehandel, immer noch vor, Lebensmittel im Laden zu kaufen. Der Lebensmitteleinzelhandel ist weniger anfällig für wirtschaftliche Abschwünge als andere Sektoren wie beispielsweise Bekleidung, Haushaltswaren und Elektronik. Das durchschnittliche jährliche Umsatzwachstum ist im Lebensmittelsektor höher, während die Volatilität des Wachstums deutlich geringer ist als in den anderen Sektoren.

Fünf Strategien, um im Wettbewerb zu bestehen

Gegenwärtig suchen Investoren sichere Erträge, weshalb der Lebensmitteleinzelhandel mit langen, inflationsgebundenen Mietverträgen attraktiv erscheint. Eine US-Umfrage zeigt, dass 30 Prozent der Verbraucher im Falle von Arbeitsplatzverlusten während einer Rezession ihr Freizeitbudget (einschließlich der Ausgaben für Restaurantbesuche) kürzen würden, und 11 Prozent würden ihr Bekleidungsbudget kürzen. Aber nur 8 Prozent gaben an, ihre Ausgaben für Lebensmittel zu kürzen.

Europaweit konzentrieren sich Lebensmitteleinzelhändler derzeit auf fünf Strategien, um im zunehmenden Wettbewerb mit Onlineformaten und dem Rest der Branche zu bestehen. Investoren müssen diese Strategien berücksichtigen und sich auf die innovativsten Formate konzentrieren.

Straffung der Filialnetze: Eine immer größer werdende Zahl von Konsumenten vor allem in Großstädten verzichtet auf ein Auto und ersetzt den großen wöchentlichen Lebensmitteleinkauf durch häufigere Einkäufe in wohnortnahen Supermärkten und Lebensmittelgeschäften. Daher verkleinern viele SB-Warenhäuser und Hypermärkte ihre Gesamtfläche und verringern ihr Non-Food-Angebot zugunsten eines erweiterten Angebots an frischen Lebensmitteln.

Während die großen Geschäfte nach wie vor den Großteil der Unternehmensgewinne erwirtschaften, passen selbst die Schwergewichte der Branche ihr Filialnetz an, um der Nachfrage nach flexiblem und bequemem Einkaufen gerecht zu werden. Dies äußert sich beispielsweise in kleineren Ladenkonzepten in hochverdichteten Lagen.

Personalisierung hält Einzug

Verbesserung des Einkaufserlebnisses: Treueprogramme werden genutzt, um das Einkaufserlebnis zu personalisieren und Daten über die Kunden zu sammeln, wie es im Onlinehandel seit Jahren gang und gäbe ist. Immer mehr Supermarktbetreiber nehmen zusätzlich komplementäre Untermieter und Restaurants sowie Erlebnis- und Genussbereiche in ihre Konzepte auf, um die Verweildauer der Kunden zu erhöhen.

Optimierung verwendeter Technologien: In diesem Zusammenhang setzen viele Lebensmitteleinzelhändler zunehmend Technologien ein, die den Kunden das Auffinden von Artikeln erleichtern sowie den Erhalt von Produkt-, Gutschein- und Werbeinformationen ermöglicht. Selbstbedienungskassen ersetzen zunehmend menschliche Arbeitskräfte und sorgen so für niedrigere Kostenstrukturen auf der Betreiberseite.

Entwicklung von Omnichannel-Strategien: Als Reaktion auf den auch im Lebensmittelbereich voranschreitenden Onlinehandel entwickeln die Lebensmitteleinzelhändler sogenannte Omnichannel-Strategien, um mit reinen E-Commerce-Einzelhändlern wie Picnic und Amazon Fresh konkurrieren zu können. Dies stellt eine große Herausforderung für den Lebensmitteleinzelhandel dar, da es sich im Gegensatz zu Bekleidung oder Elektronik zumeist um verderbliche, teilweise auch zu kühlende Waren handelt.

Flexibilität ist gefragt

Eine flexible Abholung beziehungsweise Lieferung von online bestellten Waren wird allerdings für viele Kunden immer wich tiger, das heißt Click & Collect, wo die Waren im Internet bestellt und im Ladenlokal abgeholt werden, oder eben die Nach-Hause- oder Schließfachlieferung. Innovationen wie die Onlinevorbestellung tragen dazu bei, das Einkaufserlebnis zielgerichteter zu gestalten. Ladenlokale könnten daher zunehmend zu einer Mischung aus traditionellen Formaten und kleinen Abwicklungszentren werden, was in der Folge Auswirkungen auf den Flächenbedarf haben kann.

Anpassung des Produktsortiments: Im hart umkämpften Lebensmitteleinzelhandel ist zudem nicht nur der Onlinehandel ein einflussreicher Faktor, sondern auch der Wettbewerb mit anderen traditionellen Formaten. Discounter haben neben der Modernisierung ihrer in den Ursprungstagen sehr einfach gestalteten Läden damit begonnen, ihr Produktsortiment um Markenartikel zu erweitern, während Supermärkte versuchen, durch die Einführung von Eigenmarken preissensiblere Kunden anzusprechen. Gleichzeitig treibt der Trend zu gesunder Ernährung das Wachstum des Bio-Lebensmitteleinzelhandels an. Ladenketten wie Biocoop, Whole Foods, Naturalia, La Vie Claire, denn's und Alnatura sind auf Expansionskurs.

Die Renditen von Supermärkten und Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker sind im Vergleich zu anderen Einzelhandelssegmenten und zu Staatsanleihen attraktiv. Obwohl die Spitzenrenditen immer noch nahe ihrer Rekordtiefststände liegen, beträgt die durchschnittliche gesamteuropäische Rendite für erstklassige Supermärkte derzeit etwa 5,5 Prozent.

Attraktive Renditen sorgen für überdurchschnittliche Nachfrage

Damit liegt sie mehr als 500 Basispunkte über dem ungewichteten Durchschnitt der Renditen zehnjähriger europäischer Staatsanleihen. Diese relative Attraktivität bei gleichzeitig hoher Ertragssicherheit äußert sich in seit nunmehr sieben Jahren in Folge überdurchschnittlichen Transaktionsvolumina im Segment der Supermärkte und Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker.

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In Großbritannien hat sich die Widerstandsfähigkeit des Lebensmitteleinzelhandels auch darin gezeigt, dass die Betreiber während der Covid-19-Krise laut Savills Research weitestgehend ihren Mietzahlungen nachgekommen sind. Dies unterstreicht die Einschätzung, dass Supermärkte und Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker auch weiterhin zu den gefragtesten Subsektoren im Einzelhandel gehören werden. Die größeren europäischen Lebensmitteleinzelhandelsketten verfügen darüber hinaus meist über eine gute Bonität.

Der Aufbau eines Portfolios stellt im eher kleinteiligen Segment des Lebensmitteleinzelhandels eine Herausforderung für Investoren dar. Sale-and-Lease-back-Transaktionen bilden eine Möglichkeit, größere Immobilienportfolios auf einmal zu erwerben und somit große Beträge in einer einzigen Transaktion zu investieren. Im Gegenzug erhält der Investor sichere Erträge, sofern die Einzelhändler über eine gute Bonität verfügen und sich die Objekte in sehr guten Lagen befinden.

Planungs- und Genehmigungsregime berücksichtigen

Nicht zu vernachlässigen und vor allem für sicherheitsorientierte Investoren von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die länderspezifische Planungs- und Genehmigungspraxis. Je restriktiver sie ist, umso höher ist zwar der Wettbewerb um sehr gute Lagen und Objekte, desto geringer ist allerdings auch das Risiko (für Bestandsinvestoren), dass im näheren Einzugsbereich ein Konkurrenzobjekt entsteht. In Europa sind die Planungs- und Genehmigungsregime in Nordeuropa und hier vor allem in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Belgien laut Cushman & Wakefield und PMA strenger als anderswo. Vorsichtiger sollten Investoren dagegen in Italien, Schweden, Spanien und Portugal sein.

In Abhängigkeit der Fremdfinanzierungsquote und der zugrunde liegenden Zinssätze sollten Anleger mit Investitionen in den Lebensmitteleinzelhandel auch zukünftig attraktive Renditen erzielen können. In dicht besiedelten Städten besteht zudem die Möglichkeit, den Kapitalwert von Objekten dadurch zu erhöhen, dass sie zusätzlich um kleinere Wohneinheiten, Studentenwohnungen oder ähnlichem aufgestockt werden können.

Hierzu finden sich derzeit vor allem im Neubau in den Metropolen vermehrt Beispiele, da viele Kommunen auf eine höhere Ausnutzung der Grundstücke in innerstädtischen Lagen drängen und im Zweifel keine Baugenehmigung für ein eingeschossiges Ladenlokal erteilen. Wir sind der Meinung, dass integrierte Objekte in wachsenden (inner-)städtischen Lagen in der Nähe zu zahlreichen potenziellen Kunden am besten geeignet sind, in diesem Kontext eine überdurchschnittliche Performance zu erzielen.

Systemrelevante Branche

Generell gilt: Der Lebensmitteleinzelhandel ist zu jeder Zeit und in jeder wirtschaftlichen Lage systemrelevant. Dies wurde auch im Zuge der Covid-19-Pandemie eindrücklich vor Augen geführt. Insofern sollten Investoren auch weiterhin ausgewählte Investments im Einzelhandelssektor in Betracht ziehen.

Denn gerade im Lebensmitteleinzelhandel lassen sich weiterhin stabile und verlässliche Erträge erzielen - so beispielweise mit erstklassigen Fachmarktzentren mit einem Lebensmittelanker in Gebieten mit langfristig positiven Nachfrageaussichten. In Kombination mit fortschrittlichen Konzepten und aktivem Asset Management bilden derartige Investments eine ideale Ergänzung im Portfolio.

DER AUTOR ANDREAS TRUMPP MRICS, Head of Research & Strategy Europe, Savills Investment Management, München
Andreas Trumpp , Head of Research Europe , Savills Investment Management, München

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