Expo Real Special

Spanien im Fokus der internationalen Anleger: ein stabiles Investitionsumfeld

Stefan Meyer, Rechtsanwalt und Gründungspartner, Monereo Meyer Marinello Abogados S.L.P., Madrid

 

Schwer gelitten hat die spanische Volkswirtschaft unter den Folgen der 2008 geplatzten Immobilienblase. Die Talsohle ist mittlerweile durchschritten, und gerade auf dem Immobilienmarkt war das Interesse der internationalen Anleger zuletzt wieder deutlich ausgeprägter. Doch haben die politischen Verantwortlichen die richtigen Lehren aus der zurückliegenden Krise gezogen? Der Autor ist diesbezüglich optimistisch, insbesondere mit Blick auf das umfassende Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/17 über Wohnimmobilienkreditverträge. Dabei ist er erleichtert, dass der Gesetzgeber die spanische Hypothek als funktionierende Kreditsicherheit anzuerkennen scheint. Red.

Die spanische Volkswirtschaft durchlebte zwischen 2008 und 2014 ihre folgenschwerste Krise der letzten 30 Jahre.

Dem tiefen Fall waren 15 Jahre Immobilienboom ohnegleichen vorausgegangen. Nun hat das Land nach rund drei Jahren konstantem Wachstum seiner Wirtschaft ein stabiles Investitionsumfeld geschaffen, dem auch institutionelle Immobilienanleger aus allen Teilen der Welt folgen.

Erfreulich ist vor allem, dass der Gesetzgeber jetzt - zwar wie gewohnt mit etwas Verzögerung - die Schlüsse aus dem teils unverantwortlichen Handeln verschiedener Marktteilnehmer zu Boomzeiten, das zu den potenziell schwerwiegenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen ab 2008 beigetragen hatte, zieht. In einem Land, in dem 85 Prozent der Bevölkerung im Eigenheim leben, ist eine funktionierende Hypothekenfinanzierung nicht wegzudenken. Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/17 über Wohnimmobilienkreditverträge soll nun die Anforderungen der Richtlinie sogar noch toppen und den seit langem verbesserungsfähigen Rahmen für eine verlässliche Kreditvergabe im wohnungswirtschaftlichen Bereich schaffen.

Schwierige Ausgangslage nach Beendigung der Krise

2013 hatte die Arbeitslosigkeit in Spanien mit 25,7 Prozent und fast 5,5 Millionen Arbeitslosen ihren Höchststand erreicht. Immobilieninvestitionen sowohl in Eigenheime, als auch solche institutioneller Anleger, waren zum Stillstand gekommen. Viele, teils sehr bekannte Immobilienunternehmen, mussten vor allem aufgrund wachsender Leerstände von Büroraum und einem Bestand frisch erstellter Wohnimmobilien, die nicht mehr veräußert werden konnten,1) gerettet werden.

Hypothekenvollstreckungen waren an der Tagesordnung: In den härtesten Fällen verloren Familien, die ihre Hypothek nicht mehr bedienen konnten, ihr Eigenheim und schuldeten der finanzierenden Bank weiterhin die Rückzahlung eines Teils ihres während des Booms zu schlechten und oft intransparenten Vertragsbedingungen aufgenommenen Wohnimmobilienkredites. Spanische Wohnimmobilien hatten in den Jahren zwischen 2008 und 2014 im Durchschnitt rund 40 Prozent an Wert verloren. Viele teils bruchstückhafte, rechtliche und steuerliche Teilreformen des spanischen Gesetzgebers2) sollten schnelle Hilfe bieten, ließen aber einen roten Faden und ein Gesamtkonzept vermissen.

Der sehr erfreuliche und konstante Rückgang der Arbeitslosigkeit innerhalb der letzten vier Jahre auf derzeit 17 Prozent brachte dann, neben dem konstanten Wachstum der spanischen Wirtschaft weit über dem europäischen Durchschnitt,3) auch im Bereich von Immobilieninvestitionen die Kehrtwende. Seit Mitte 2014 entdeckten institutionelle Anleger das Land wieder für sich. Internationale Investoren, zusammen mit den neuen Marktteilnehmern, allen voran die spanischen REITs ("Socimi")4), bewirkten, dass 2015 und 2016 erneut Rekordzahlen im Bereich gewerblicher Immobilieninvestitionen erreicht werden konnten.

Auch 2017 verspricht ein Rekordjahr zu werden. Die Leerstandsquoten von Büroraum in Madrid und Barcelona nahmen ebenfalls kontinuierlich ab und betragen Mitte 2017 nur noch rund elf Prozent (Madrid) und acht Prozent (Barcelona), mit anhaltender Tendenz. Mit etwas Verspätung reagierte auch die Nachfrage im Bereich spanischer Eigenheime. Erste Preissteigerungen waren hier im Vorjahresvergleich ab 2015 (plus 2,1 Prozent) zu verzeichnen; 2016 (6,2 Prozent) und 2017 (voraussichtlich 7,8 Prozent). Die Anzahl der Haus- und Wohnungskäufe stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in der ersten Jahreshälfte 2017 in Spanien sogar um 15,5 Prozent.5) Experten sind sich einig, dass Spanien in den nächsten Jahren sowohl für institutionelle als auch für private Immobilieninvestoren hochattraktiv bleiben wird.

Ein Wermutstropfen aus der Sicht einiger Immobilieninvestoren stellen möglicherweise die leidlichen Unabhängigkeitsbestrebungen einiger Verantwortungsloser Politiker in Katalonien dar. Zum jetzigen Zeitpunkt gehen qualifizierte Umfragen davon aus, dass überhaupt nur 41 Prozent der in Katalonien lebenden Spanier für eine Unabhängigkeit stimmen würden und 49 Prozent dagegen, vorausgesetzt, dass es am 1. Oktober 2017 überhaupt zu der seitens der Zentralregierung als verfassungswidrig eingestuften Volksbefragung in Katalonien kommen sollte.

Zunächst soll an dieser Stelle noch einmal klargestellt werden, dass Spanien über ein ausgezeichnetes Register- und Grundbuchwesen verfügt, das zum größten Teil im spanischen Hypothekengesetz vom Februar 1946 geregelt ist. Mit der Hypothek6) steht den Kreditgebern im Rahmen spanischer Immobilienfinanzierungen ein absolut sicheres und wasserdichtes Instrument zur Verfügung. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, allein schon deswegen, weil das Land aufgrund der vorgehend bereits genannten, hohen Eigentumsquote ein weiterhin perfekt funktionierendes Hypthekenrecht7) benötigt.

Zur Umsetzung der Richtlinie 2014/17/ EU plant der spanische Gesetzgeber nun das neue Gesetz über Wohnimmobilienkreditverträge ("Ley reguladora de los contratos de créditos inmobiliario") mit dem Ziel einer verbraucherschützenden Regulierung der Immobilienfinanzierung. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Verträge natürlicher Personen, die der Immobilienfinanzierung oder Vermittlung der Immobilienfinanzierung von Immobilien zu Wohnzwecken dienen. Unberührt von dem Gesetz bleiben die bereits geschlossenen Kreditverträge und jede Art gewerblicher Immobilienfinanzierungen.

Die während der spanischen Immobilienkrise eilig ergangenen Gesetze 2/2009 vom 31. März und 27/2012 vom 15. November, die ebenfalls den Schutz vertragsschließender natürlicher Personen und von Eigenheimbesitzern - Letztere im Rahmen gerichtlicher Vollstreckungen - betrafen, sollen neben dem neuen Gesetz über Wohnimmobilienkreditverträge in Kraft bleiben. Das umfangreiche Gesetzesprojekt kann an dieser Stelle leider nur beispielhaft durch kurzes Aufzeigen der wichtigsten Neuregelungen vorgestellt werden.

Es beinhaltet zunächst umfassende Transparenzvorschriften und Verhaltensregeln für Banken und andere Teilnehmer am Immobilienkreditgeschäft. Wichtig in diesem Bereich ist vor allem das vorgesehene Verbot der in Spanien üblichen Praxis des Verkaufes anderer Finanzprodukte im zwingenden Verbund mit der Finanzierung sowie die Regulierungen der Vermittlung von Immobilienfinanzierungen, Gebühren und Nebenkosten.

Transparenz- und Verhaltensregeln für Banken

Auch sind dem Kreditnehmer künftig mindestens sieben Tage vor dem bindenden Abschluss eines Kreditvertrages umfangreiche, detailliert im Gesetz beschriebene Informationen zur Verfügung zu stellen. Der beurkundende Notar hat diesen Aspekt zu prüfen, den Kreditnehmer im Zusammenhang mit diesen Informationen zu beraten und darf im Falle eines Verstoßes beziehungsweise bei Nichteinhalten der angesprochenen Frist nicht beurkunden.

Eine weitere wichtige Neuerung stellt die Einführung eines vorzeitigen, gesetzlich verankerten Kündigungsrechts des Darlehensnehmers dar und die Limitierung der entsprechenden Vorfälligkeitsentschädigung, je nachdem ob es sich um einen Festzinskredit oder einen Kredit mit variablen Zinsen handelt. Außerdem soll auch der Kreditgeber künftig erst dann das Darlehen zur Rückzahlung fällig stellen dürfen, wenn die nichtgezahlten Raten bestimmte Prozentsätze des noch zur Zahlung offen stehenden Restkredites erreichen, wobei hier verschiedene Regelungen je nach Kreditlaufzeit gelten werden.

Ferner enthält das Gesetzgebungsvorhaben empfindliche Sanktionsregelungen mit Geldbußen von bis zu einer Million Euro beziehungsweise des drei- bis fünffachen des aus der rechtswidrigen Aktivität geschöpften Gewinns und dem Entzug der Banklizenz. Spanischen Bankdirektoren sowie Geschäftsführern von Kreditanstalten können im Extremfall Geldbußen von bis zu fünf Millionen Euro drohen sowie ein Berufsverbot von bis zu zehn Jahren.

Insgesamt ist das Gesetzesvorhaben als positiv zu bewerten. Fehler aus denen man während der Immobilienkrise gelernt hat, dürfen nicht wiederholt werden. Eine auch für Privatkäufer verlässliche Kreditvergabe ist gerade in stabilen Zeiten von Bedeutung. Wichtig ist jedoch auch ein weiterer Aspekt, den der spanische Gesetzgeber nicht aus dem Auge verliert: die spanische Hypothek als funktionierende Kreditsicherheit uneingeschränkt zu erhalten.

Fußnoten

1) Beim Ausbruch der Krise standen spanienweit rund 900000 frisch errichtete Einfamilienhäuser bzw. Eigentumswohnungen leer, die nicht mehr gewinnbringend verkauft werden konnten. Dieser Stock wurde in den Jahren bis 2014 nach und nach, teils mit Hilfe der eigens zu diesem Zweck gegründeten spanischen "Bad Bank" abgebaut, wobei die Mehrzahl dieser Eigenheime unterhalb der Errichtungskosten verkauft werden mussten.

2) Einen Überblick zu den krisenbedingten Reformen des spanischen Gesetzgebers geben Rechtsanwälte Döhler/Meyer, in: Immobilien & Finanzierung, Heft 5/6-2014, S. 172ff.

3) 2016 konnte mit einem BIP von 3,2 Prozent abgeschlossen werden.

4) Siehe hierzu Hütwohl, Die Entwicklung des spanischen REIT-Marktes, in: Immobilien & Finanzierung, Heft 12 2017, S. 418f.

5) Nach Angaben des "Consejo general del Notariado" (Verband spanischer Notare) wurden in der ersten Jahreshälfte 2017 rund 265000 Eigenheimkäufe auf spanischem Territorium beurkundet.

6) Eine nichtakzessorische Sicherheit, wie etwa die im deutschen Recht geregelte Grundschuld, ist dem spanischen Recht nicht bekannt.

7) Einen ausführlichen Überblick zum spanischen Hypothekenrecht geben Meyer/Amort in: Immobilienfinanzierung und Kreditsicherheiten in ausgewählten europäischen Ländern, S. 345 - 374 (Länderteil Spanien), Fritz Knapp Verlag, 1. Auflage 2016.

Der Autor: Stefan Meyer, Rechtsanwalt und Gründungspartner, Monereo Meyer Marinello Abogados S.L.P., Madrid
Stefan Meyer , Rechtsanwalt und ­Gründungspartner , Monereo Meyer Abogados, Madrid
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