EXPO REAL-SPECIAL

SPANIEN NACH DEM SOMMER 2018 - EINE KURZBILANZ

Stefan Meyer Quelle: Monereo Meyer Abogados

Allen politischen Unruhen zum Trotz entwickelt sich der spanische Immobilienmarkt weiter sehr robust. Neben den etablierten Assetklassen Wohnen, Büro, Einzelhandel und Logistik entdecken Investoren dabei auch zunehmend neue, exotischere Betätigungsfelder wie Studentenwohnheime oder Premiumimmobilien. Wie nachhaltig die derzeit gute Stimmung auf dem spanischen Immobilienmarkt sein wird, hängt aber nicht zuletzt von den weiteren politischen Entwicklungen ab. Hinsichtlich der aktuell relativ instabilen Regierungsverhältnisse - die sozialistische Minderheitsregierung unter der Führung von Präsident Pedro Sanchez verfügt nur über 25 Prozent der Sitze im Parlament - sowie der nach wie vor ungeklärten Katalonien-Frage hofft der Autor zeitnah auf tragfähige Lösungen. Red.

Der spanische Immobilienmarkt ist weiterhin stabil und wächst. Dies lässt sich für den wohnungswirtschaftlichen Bereich schon den vom spanischen Institut für Statistik am 13. September 2018 veröffentlichten Zahlen für den Monat Juli 2018 entnehmen. Hiernach wurden alleine 169 683 Erwerbe in spanischen Grundbüchern ("registros de la propiedad") eingetragen. Dies bedeutet einen erneuten Anstieg um immerhin 14,5 Prozent zum gleichen Monat des Vorjahres.

Festzuhalten bleibt demnach, dass der aus der hausgemachten Krise des freifinanzierten spanischen Wohnungsmarktes zwischen 2008 und 2014 verbliebene Stock von knapp einer Millionen Neubauwohnungen inzwischen vollständig, auch mithilfe der spanischen "Bad Bank", abgebaut werden konnte.

Rege Investmentaktivitäten in Retail, Logistik ...

Neuentwicklungen von Wohnanlagen - vor allem in den beiden spanischen Metropolen - werden bereits seit 2017 wieder verstärkt von spanischen und ausländischen Bauträgern in Angriff genommen. Sogar eine nicht unerhebliche Nachfrage nach Premiumimmobilien wird seit Anfang des Jahres in Madrid und Barcelona verzeichnet.

Stark bleiben vor allem auch die Investitionen im Segment Retail. Analysten beziffern das derzeitige Volumen auf rund zwei Milliarden Euro. Angetrieben werden die Investitionen in erster Linie durch den landesweiten Bau und Umbau von Einkaufs- und Freizeitzentren, die vor allem mit umfangreichen Gastronomieangeboten Besucher anlocken sollen. Vermehrt liegen die Betätigungsschwerpunkte auch im Verkauf von Outletware.

Auch die Investitionen im Bereich der Logistikindustrie verzeichnen dank steigender Onlinekäufe ein Wachstum. Investitionen lassen sich vorrangig in den Logistikzentren der beiden Metropolen, in Madrid im "Corredor de Henares" und in Barcelona in Hafennähe erkennen. Die Analysten der spanischen Immobilienberatung Forcadell beziffern das Investitionsvolumen in diesem Segment auf zirka 600 Millionen Euro. Anleger setzen hier vermehrt auf einen Ausbau bestehender Anlagen aber auch auf neue Projekte.

... und Büroimmobilien

Auch im Bereich der Leerstandsquoten für Büroraum verzeichnen sowohl Madrid als auch Barcelona eine sinkende (positive) Bilanz: Die Analysten von Savills/Aguirre in Spanien haben diese am Ende des ersten Halbjahrs für Barcelona mit 6,5 Prozent im Schnitt (im Central Business District 1,4 Prozent und im Zentrum 3,5 Prozent) und in Madrid mit 10,1 Prozent festgestellt.

Die durchschnittlichen Büromieten sind laut Savills/Aguirre in Madrid innerhalb der vergangenen zwölf Monate um zwölf Prozent gestiegen und bewegen sich - je nach Exklusivität der Gebäude - zwischen 17,5 und 18,5 Euro pro Quadratmeter. In Barcelona liegen diese nach fünf Prozent Zuwachs innerhalb der vergangenen zwölf Monate bei 13,5 Euro pro Quadratmeter.

Metropolen stark im Fokus der Investoren

Die "Yields" im Bereich von Büroinvestments liegen nach Einschätzung von Savills/Aguirre in Madrid zwischen 3,25 Prozent (Central Business District) und 4,75 Prozent (außerhalb der Ringautobahn M-30) und in Barcelona zwischen 3,75 Prozent (Central Business District) und 4,50 Prozent in den Außenbezirken der Stadt. An diesen Zahlen wird deutlich, dass die institutionellen Investoren die beiden spanischen Metropolen spätestens seit 2015 wieder scharf im Fokus haben.

Insgesamt lässt sich mit Blick auf den Markt für Büroimmobilien eine positive Zwischenbilanz für das aktuelle Jahr 2018 ziehen. Trotz leichter Verluste im Vergleich zum Vorjahr dürfte sich, Analysten zufolge, das Investitionsvolumen in den ersten sechs Monaten 2018 auf rund eine Milliarde Euro belaufen.

Neue Betätigungsfelder - Beispiel Studentenwohnheime

Forcadell hebt in ihrem neuen Marktbericht auch hervor, dass Investoren die gestiegene Nachfrage nach Unterkunftsmöglichkeiten für Studenten und generell auch an Kleinwohnungen entdeckt haben. So beschäftigt sich etwa auch der vollintegrierte Investmentmanager Corestate mit Sitz in Luxemburg mit der Entwicklung neuer Studentenwohnheime in ausgewählten spanischen Städten.

Nach den aktualisierten Daten des PIRI-Indexes (Prime International Residential), der von der britischen Immobilienagentur Knight Frank erstellt wird, sind zwischen Januar und Juni 2018 die Preise für erstklassige Wohnanlagen in der spanischen Hauptstadt um 10,3 Prozent angestiegen. Der weltweite Anstieg beträgt hingegen im Durchschnitt 4,2 Prozent und stellt im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres 2017 ein leichtes Minus von 1,8 Prozent dar. Nur Singapur liegt in dem Ranking über dem in Madrid zu verzeichnenden Preisanstieg für Luxuswohnanlagen.

In das Zentrum des Anlegerinteresses ist insbesondere das Stadtviertel Justicia gerückt, das zum Stadtbezirk Centro gehört, wo sich auch die bekannten Viertel Chueca und Salesas befinden. Eine hohe Nachfrage besteht hinsichtlich geräumigerer Apartments, die mit neuestem Design aufwarten. Zu Beginn des ersten Quartals betrug nach offiziellen Angaben der Stadtverwaltung in Centro der durchschnittliche Quadratmeterpreis 4 832,90 Euro, während der Gesamtdurchschnitt der Stadt im selben Zeitraum bei 3 540 Euro pro Quadratmeter lag.

Effiziente Lösung für illegale Hausbesetzungen

18 Prozent der Investoren, die ihr Geld in Luxuswohnanlagen in Spanien anlegen, kommen aus Lateinamerika und 13 Prozent der europäischen Millionäre erklären Spanien zum Zielland, wenn es um den Erwerb einer Zweitresidenz geht.

Mit Einführung des Gesetzes 5/2018 vom 11. Juni, welches vor allem das Räumungsverfahren bei illegalen Hausbesetzungen verschärft und erheblich verkürzt, reagiert der spanische Gesetzgeber nun auf die in letzter Zeit vermehrten Hausbesetzungen, vor allem auch von oft leerstehenden Ferien- beziehungsweise Luxusimmobilien ausländischer Eigentümer. Während man sich nach alter Gesetzeslage einer langwierigen Räumungsklage unterwerfen musste, sind im Falle einer Besetzung nun die Rechte des Eigentümers erheblich gestärkt worden.

Konkret kann eine Klage ab sofort auch gegen Unbekannt gerichtet sein und eine Zustellung direkt an jedwede Person erfolgen, die sich in der Immobilie aufhält. Die unmittelbare Wiederherstellung des Besitzes kann verlangt werden. Die Frist zur Verteidigung wurde auf fünf Tage verkürzt. Sollte diese Frist versäumt beziehungsweise die Erwiderung nicht stichhaltig sein, wird die unmittelbare Räumung, gegen die auch kein weiteres Rechtsmittel möglich ist, angeordnet.

Spanien wird seit nunmehr vier Monaten durch die sozialistische Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Pedro Sanchez, der nur über rund 25 Prozent der Sitze im Parlament verfügt, regiert. Pedro Sanchez, der darüber hinaus mit keiner der anderen im Parlament vertretenen Partei einen stabilen Regierungspakt abgeschlossen hat, ist im Wege eines konstruktiven Misstrauensvotums mithilfe der Linkspopulisten von Podemos und der baskischen Autonomiepartei PNV an die Regierung gekommen und muss den kurz zuvor verabschiedeten Haushalt der konservativen Volkspartei PP erfüllen.

Hoffnung auf Neuwahlen

Spanien verzeichnet daher derzeit erneut einen weitgehenden Gesetzgebungsstillstand. Nur Gesetze, die der allgemeinen Logik entsprechen, wie das vorgenannte Gesetz gegen illegale Hausbesetzungen, können zustande kommen. Über dringend anstehende Neuwahlen wird vehement debattiert. Derweil bleibt die Katalonien-Frage weiterhin ungelöst. Bevor die Expo Real 2019 ihre Türen öffnet, werden wir in Spanien eine neue, hoffentlich stabile Regierung haben.

DER AUTOR STEFAN MEYER, Rechtsanwalt und Gründungspartner, Monereo Meyer Abogados, Madrid
Stefan Meyer , Rechtsanwalt und ­Gründungspartner , Monereo Meyer Abogados, Madrid
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