STADTENTWICKLUNG

STADTTEIL DIETENBACH: DER WEG ZUM LEUCHTTURMPROJEKT

Markus Lampe, Foto: Drees & Sommer

Bunt und lebendig, autoarm und klimaneutral: So stellt sich die Stadt Freiburg ihren neuen Stadtteil Dietenbach für 16 000 Menschen vor. Das ehrgeizige Stadtentwicklungsprojekt läuft bis zum Jahr 2042 und wird auf einer etwa 150 Fußballfelder großen Fläche realisiert. Entstehen sollen neben 6 900 Wohneinheiten diverse soziale Infrastrukturen wie Schulen und Kitas sowie vielfältige Sport- und Einkaufsmöglichkeiten. Eine große Herausforderung bei einem Vorhaben dieser Dimension ist es, die Kosten im Blick zu behalten und die finanziellen Mittel richtig einzusetzen. Mit dem städtebaulichen Finanzcontrolling hat die Stadt Freiburg daher das Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer beauftragt. Red.

Dietenbach liegt im Westen der baden-württembergischen Stadt Freiburg im Breisgau, nur vier Kilometer von der Innenstadt entfernt. Noch dominieren Felder, Äcker und Wiesen das Bild des späteren Stadtteils. Doch bereits im Jahr 2023 soll die Erschließung des ersten Bauabschnitts mit mehr als 1 600 Wohneinheiten, einer Grundschule, einer Sporthalle und weiteren Einrichtungen beginnen. Insgesamt wird das Gebiet in sechs Bauabschnitten entwickelt. Der Rahmenplan für das neue Stadtgebiet wurde von den K9 Architekten mit Latz und Partner und Steteplanung entworfen und im Dezember 2020 von dem Gemeinderat der Stadt Freiburg genehmigt.

Die Planungen und Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Welcher Abschnitt wird als erster erschlossen? Wie erfolgt die Vernetzung des Stadtteils? Wer soll was für wen bauen? Und wie wird Dietenbach in Zukunft genutzt? Diesen Fragen geht das Projektteam derzeit intensiv nach und arbeitet schrittweise den konkreten Bebauungsplan aus. Bereits zum Ende des Jahres soll der erste Teilbebauungsplan als Entwurf vorliegen.

Dem Entwurf nach wird das Grundgerüst des Stadtteils von drei großen Grünzügen beziehungsweise Parks mit Landschaftsräumen, Spielplätzen, Promenaden und Sportanlagen geprägt sein. In der geografischen Mitte von Dietenbach ist ein zentraler Stadtteilplatz geplant, auf den alle wichtigen Verkehrs- und Blickachsen münden. Als Ort eines Wochenmarktes oder für Feste wird er ein wichtiger sozialer Treffpunkt. Neben dem Stadtteilzentrum sind kleinteilige Nutzungen wie Gastronomie, Bäcker, Apotheke im Umfeld der Quartiersplätze vorgesehen, die somit Subzentren darstellen.

Sozial durchmischt und vielfältig nutzbar

Generell sieht der Rahmenplan einen urbanen, sozial durchmischten und vielfältig nutzbaren Stadtteil vor. Besonders im Fokus steht bezahlbares und barrierefreies Wohnen. Rund 50 Prozent der geplanten Wohneinheiten sind daher als geförderter Mietwohnungsbau geplant. Die Stadt Freiburg setzt dabei auf unterschiedliche Gebäude typen: kleine und große Townhouses als Alternative zu Einfamilienhäusern sowie Geschosswohnungsbauten mit fünf bis acht, zehn bis zwanzig und mehr als dreißig Wohneinheiten pro Haus. Als eine Sonderform ergänzen Wohnheime die genannten Typologien. An drei Standorten im Gesamtgebiet planen das Studierendenwerk und das Universitätsklinikum Freiburg bis zu 900 geförderte und bezahlbare Wohnungen für Angestellte, Auszubildende und Studierende.

Ebenso im Mittelpunkt stehen die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Das erklärte Ziel ist es, Dietenbach als einen klimaneutralen Stadtteil zu entwickeln. Dafür setzt die Stadt Freiburg zum Beispiel ein intelligentes Mobilitätskonzept um, das Dietenbach autoarm und fußgängerfreundlich machen soll. Der Stadtbahnanschluss, ein gutes Radwegenetz, Car-Sharing- und Bike-Sharing-Angebote sowie Lastenradverleihsysteme tragen dazu auch bei. Die drei großen Parkanlagen, die begrünten Innenhöfe und die rund 2 000 Bäume im öffentlichen Raum sollen zudem für die gute Luftqualität sorgen und die grüne Vernetzung im Stadtteil verstärken. Auch Wärmeinseln sollen dadurch vermieden werden. An Gebäudefassaden und in Grünflächen werden zudem Maßnahmen zum Artenschutz integriert.

Einen großen Beitrag zur Klimaneutralität des neuen Stadtgebiets wird auch das innovative Energiekonzept leisten. Es sieht vor, dass die durch die Bewohner verbrauchte Energie vor Ort und aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. Die relativ homogene Baudichte und die kompakten Strukturen sind für eine effiziente Energieversorgung von besonderem Vorteil. Dächer und die meisten Außenfassaden ab dem zweiten Obergeschoss eignen sich zum Beispiel sehr gut für PV-Module und die Nutzung von Sonnenenergie.

Um dieses anspruchsvolle Projekt erfolgreich umzusetzen, hat die Stadt Freiburg die Projektgruppe Dietenbach gegründet, die die Gesamtsteuerung des Vorhabens verantwortet. Eine große Herausforderung bei einem städtebaulichen Projekt dieser Größenordnung ist es auch, die Kosten im Blick zu behalten und die finanziellen Mittel richtig einzusetzen. Mit dieser Aufgabe hat die Bauherrin das Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer beauftragt. Die externen Berater aus Stuttgart haben dazu eine entsprechende Ausschreibung gewonnen.

Hüter der Zahlen

Als Hüter der Zahlen erstellen die Drees & Sommer-Experten unter anderem die Kosten- und Finanzierungsübersicht (KoFi), übernehmen die laufende Budgetkontrolle sowie das Fördermittelmanagement und wirken bei Vergabeverfahren mit. Bei öffentlichen Großprojekten wie die Stadtteilentwicklung in Dietenbach ist aufgrund der Komplexität, der Vielzahl an Beteiligten und der eingesetzten Fördermittel ein regelmäßiges und unabhängiges Controlling besonders wichtig. Zu diesem Ergebnis kam auch die Reformkommission Bau von Großprojekten, die das Bundesverkehrsministerium 2015 eingerichtet hatte. Zudem werden laut der Kommission die Baukosten oft schon genannt, obwohl noch gar keine belastbaren Planungen vorliegen. Die möglichen Risiken werden dadurch vernachlässigt oder unterschätzt und es fehlt oft an Transparenz. Dem will die Stadt Freiburg mit dem externen Finanzcontrolling entgegenwirken. Drees & Sommer bringt Erfahrungen aus zahlreichen umgesetzten Großprojekten und Stadtentwicklungen mit und kann somit gut einschätzen, wie sich die Planungen auf die Kosten auswirken.

Solide Basis als Erfolgsfaktor

Im ersten Schritt stand für die Experten im Fokus, die vorhandenen Strukturen der Kommune und des Projekts zu analysieren und zu verstehen. Denn jede Kommune ist anders aufgestellt - sowohl in personeller als auch in organisatorischer Hinsicht - und hat einen unterschiedlichen Wissenstand. Bei dem Vorhaben in Dietenbach sind beispielsweise über zehn unterschiedliche Fachämter beteiligt: von Liegenschafts- und Stadtplanungsämtern über Forst- und Umweltschutzämter bis hin zu Kultur- und Sportreferaten.

Um die Projektziele sowie die verschiedenen Bedarfe und Anforderungen zu ermitteln, hat das Expertenteam in speziellen Workshops diese Fachämter zusammengebracht. Wo wollen wir hin? Was ist für uns wichtig? Und wie kann das alles in einem übergeordneten Controllingsystem dargestellt werden? Diese Fragen standen unter anderem im Fokus der Diskussionen. Als Ergebnis entstand eine solide Grundstruktur, die die Basis für das Finanzcontrolling der kommenden Jahre bildet. Dieser Schritt ist entscheidend für den Erfolg eines solchen Projekts, da hierdurch zum einen Transparenz geschaffen wird und zum anderen Kosten, Einnahmen und potenzielle Risiken besser eingeschätzt werden können.

Genau für Berechnungen dieser Art dient auch die Kosten- und Finanzierungsübersicht. Dort werden die Ausgaben für einzelne Maßnahmen - wie zum Beispiel den Straßen- oder Schulbau - der Finanzierung und den Einnahmen gegenübergestellt. Da bei Projekten mit längerer Dauer mit Veränderungen wie zum Beispiel steigenden Baupreisen zu rechnen ist, fließen auch solche Entwicklungen in die Kosten- und Finanzierungsübersicht ein.

So kann sich zum Beispiel auch der Wunsch nach 50 Prozent an bezahlbarem Wohnraum auf die Gesamtwirtschaftlichkeit des Entwicklungsprojektes auswirken. Hier gibt es verschiedene Handlungsoptionen wie der Einbezug von Förderungen bei der Miete und dem Bodenpreis oder die Ausweisungen von Erbbaurechten. Welche Auswirkungen diese Möglichkeiten haben, kann das Expertenteam anhand der Daten rechnerisch vergleichen, darstellen und bewerten.

Dies hilft, die Entscheidungen sicherer zu treffen und die möglichen Kostenüberschreitungen, die im Verlauf des Projekts entstehen können, zu verhindern. Bis zur kompletten Fertigstellung des neuen Freiburger Stadtteils Dietenbach, der zu den größten städtebaulichen Projekten Deutschlands zählt, vergehen noch viele Jahre. Doch die heute schon geschaffenen Grundlagen sollen helfen, dass das größte Vorhaben der jüngeren Stadtgeschichte zu einem Leuchtturmprojekt wird.

Markus Lampe , Senior Manager , Drees & Sommer SE, Stuttgart
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