Kapitalanlage

Studentenwohnheime locken Investoren an

Investitionen in Studentenwohnungen (in Millionen Euro) Quelle: JLL

Die Nachfrage nach Studentenunterkünften steigt, dem steht ein überschaubares bis knappes Angebot gegenüber. Entsprechend lukrativ ist es aus Sicht des Autoren für Investoren und Entwickler, in Wohnraum für die wissenschaftliche Elite von morgen zu investieren. Dies gilt vor allem für die etablierten mittleren Universitätsstädte und nicht für die Big 7 mit ihren hohen Investitionskosten. Obwohl Studenten häufig den Wohnsitz wechseln, ist für die Vermieter eine große Kontinuität gewährleistet. Studentenunterkünfte unterliegen kaum den üblichen Marktzyklen. Im Gegenteil: Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Zahl der Studenten in wirtschaftlich angespannten Zeiten sogar zusätzlich steigt - und damit auch die Nachfrage nach Wohnraum. 90 Prozent aller Objekte sind derzeit in öffentlicher Hand. Private Investoren müssen den studentischen Mietern einen deutlichen Mehrwert an Qualität bieten, um sich von den staatlichen Anbietern abheben zu können und die höhere Miete zu rechtfertigen. Red.

Kapitalgeber haben Studentenwohnungen als Investitionsklasse entdeckt: Nach JLL-Analysen flossen im vergangenen Jahr in Deutschland knapp 270 Millionen Euro in Objekte für Studierende. Immerhin 66 Prozent mehr als noch im Jahr 2013 und zugleich ein neuer Spitzenwert in diesem Immobiliensegment, das weiteres Wachstumspotenzial und attraktive Renditen verspricht. Dieser Spitzenwert wird in diesem Jahr erneut übertroffen, denn allein in den ersten drei Quartalen wurden bereits knapp 354 Millionen Euro investiert.

Der Grund für die Steigerungen: Eine hohe Nachfrage nach einem Studium an deutschen Hochschulen und folglich signifikant steigende Studierendenzahlen. Durch die Umstellung auf das Abitur nach 12 Schuljahren strömen derzeit deutlich mehr Studenten an deutsche Universitäten. Hinzu kommen der Wegfall der Wehrpflicht im Jahr 2011 sowie die steigende Zahl von Studiengängen, die in vielen Berufen mittlerweile anstelle einer klassischen Ausbildung angeboten werden. Ebenso relevant ist die positive Entwicklung einer qualitativ so hochwertigen Lehre an vielen deutschen Hochschulen, dass sie auch für immer mehr ausländische Studenten attraktiv wird. Entsprechend steigt die Nachfrage nach Unterkünften. Doch noch ist das Angebot überschaubar bis knapp.

Aktuell gibt es rund 2,7 Millionen Studierende in Deutschland. Langfristig gesehen ein deutlicher Anstieg, hatte die Statistik bis 2007 doch über Jahre konstant rund 2 Millionen Hochschüler registriert. Nach einer aktuellen Studie ist die Wohnsituation in knapp der Hälfte der 87 deutschen Universitätsstädte angespannt oder sehr angespannt. Und das nicht nur in Regionen, in denen es auch für Berufstätige äußerst schwer ist, eine passende Wohnung zu finden. Allerdings wird es einige Zeit brauchen, bis die Lücke zwischen Erkenntnis und Umsetzung geschlossen ist.

Im Idealfall dauert es knapp drei Jahre von der Projektierung bis zum Einzug der ersten Studenten. In der Realität aufgrund von Genehmigungsverfahren aber deutlich länger. Von diesem Engpass profitieren diejenigen, die bereits jetzt in Studentenwohnheime investiert haben: Aktuelle Marktmieten verschaffen ihnen hohe Renditen.

Kaum ein Student will noch bei den Eltern wohnen

Die Rahmenbedingungen des deutschen Bildungssystems lassen die Nachfrage nach Studentenunterkünften auch künftig steigen: Die Bundesregierung fördert die Akademisierung, auch auf Druck der OECD. Zugleich wächst die Mobilität bei den Studenten. Bei den Eltern wohnen nur noch wenige. Die gerade gewonnene persönliche Freiheit zieht viele Studenten in Städte fern ihrer Heimat. Doch für viele ist damit ein Finanzierungsproblem verbunden, denn es ist für die jungen Menschen auch sehr schwierig, eine eigene, bezahlbare Wohnung zu finden. Dies gilt umso mehr in den zunehmend angespannten Märkten in den Großstädten. Hinzu kommt, dass die meisten Studiengänge insbesondere in den stark verschulten Bachelor- und Masterstudiengängen kaum Zeit und Kraft lassen, um sich über einen Nebenjob das zusätzlich benötigte Geld für die eigenen vier Wände zu erarbeiten.

Von Vorteil ist allerdings, dass das Erststudium an öffentlichen Universitäten in der Regel gebührenfrei ist. Zugleich haben Akademiker weiterhin gute Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Dem Arbeitsmarkt droht ein Fachkräftemangel, vor allem Ingenieure werden von den Firmen händeringend gesucht. Entsprechend lukrativ ist es für Investoren und Entwickler, in Wohnraum für die wissenschaftliche Elite von morgen zu investieren, vor allem auch in den etablierten mittleren Universitätsstädten und nicht in die Big 7 mit ihren hohen Investitionskosten. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes aus dem vergangenen Jahr belegt dabei Gießen den unangefochtenen Spitzenplatz: 41 200 Studenten sorgten dafür, dass bei 537 Studierenden auf 1 000 Einwohnern mehr als jeder zweite "Gießener" ein Student war. Auch in Marburg (347), Tübingen (325), Darmstadt (315), Erlangen und Würzburg (beide 268) prägen Studenten das städtische Leben und damit auch den Immobilienmarkt.

Obwohl Studenten häufig den Wohnsitz wechseln, ist für die Vermieter eine große Kontinuität gewährleistet. Schon bei Kleinvermietern gilt häufig: Wer einmal an Studenten vermietet, tut es immer wieder. Denn der Austausch unter den Hochschülern funktioniert exzellent, Werbung muss in den seltensten Fällen aktiv betrieben werden. Zudem sind in dieser Zielgruppe die Erwartungen an Lage und Ausstattung relativ identisch. Bei einem Mieterwechsel herrscht also größtmögliche Kontinuität. Ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, Investitionen für Ausstattung und Rendite miteinander abzuwägen.

Konstantes Wachstum in den Universitätsstädten

Langfristig können Universitätsstädte für Investoren als sichere Standorte gelten. Das zeigen Studien zur Entwicklung der Einwohnerzahlen. Denn während Deutschland generell zwischen 2001 und 2010 Einwohner verlor, legten die Universitätsstädte im Durchschnitt um etwa 3 Prozent zu. Vor allem Potsdam (plus 10,6 Prozent), Mainz (plus 7,5 Prozent) und Tübingen (plus 7,2 Prozent) stemmten sich erfolgreich gegen den Bundestrend.

Auch wenn die Studentenzahlen durch die zurückgehende Zahl der Geburten in Deutschland mittelfristig stagnieren wird, wird dies durch die weiter zunehmende Mobilität der Studenten und flexible Studiengänge ausgeglichen werden. Hinzu kommt, dass deutsche Universitäten bei Studenten aus dem Ausland immer beliebter werden, den Geburtenrückgang zumindest an den Hochschulen zusätzlich ausgleichend. Schon jetzt ist Deutschland in der Gunst internationaler Studenten vor allem aus Ostasien deutlich gestiegen. Zudem ist bei dieser Zielgruppe eine höhere Dynamik als bei den deutschen Studenten zu erwarten. Sie sind vor allem deshalb an Studentenwohnheimen interessiert, weil sie sich nicht auf längerfristige Mietverhältnisse einlassen wollen und können.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Angebotsmieten auf dem Wohnungsmarkt wider: Mit 8,30 Euro je Quadratmeter liegt der Wert in den Top-15-Studentenstädten um mehr als 35 Prozent über der mittleren Miete aller deutschen Stadt- und Landkreise. Dabei liegt der Wert aber immer noch gut ein Fünftel unter den Durchschnittsmieten, die in den fünf größten deutschen Städten gezahlt werden. Zwischen 2008 und 2012 stiegen die Angebotsmieten in den Unistädten um rund 13 Prozent, während es im bundesweiten Schnitt nur 6 Prozent, aber 18 Prozent in den fünf größten Städten waren.

Diese Sandwichposition zeigt sich auch bei den Angebotskaufpreisen. Dort liegen die Hochschulstandorte bei 1 434 Euro je Quadratmeter und somit um 44 Prozent über dem bundesweiten Mittelwert. Aber wiederum knapp ein Viertel unter den Preisen in den Top-5-Großstädten. Auch hier ist die Preisentwicklung entsprechend gestaffelt: In den Hochschulstädten stiegen die Preise zwischen 2008 und 2012 um mehr als 18 Prozent, verglichen mit 7 Prozent im Bundesschnitt und fast einem Drittel in den Big 5.

Studentenunterkünfte unterliegen eben kaum den üblichen Marktzyklen. Im Gegenteil: Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Zahl der Studenten in wirtschaftlich angespannten Zeiten sogar zusätzlich steigt - und damit auch die Nachfrage nach Wohnraum. Hinzu kommt, dass Investoren das Risiko eines Mietausfalls deutlich streuen können. Sie haben es mit einer Vielzahl von Mietern zu tun, die außerdem noch eine deutlich höhere Fluktuation als klassische Mieter haben und entsprechend mehr Gelegenheiten für Mietanpassungen bieten. Nach der aktuellen Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks lebt nur knapp ein Zehntel der Studierenden in Wohnheimen. Die meisten wohnen allein oder mit Partner in einer eigenen Wohnung sowie in Wohngemeinschaften. Weitgehend infolge des mangelnden Angebots an Wohnheimen.

Etablierte Märkte in UK und den USA belegen das Potenzial

Welches Potenzial der Markt mit Studentenunterkünften hat, zeigen die lange etablierten Märkte in Großbritannien und den USA. So zum Beispiel der Markt in London: Bis Jahresende werden nach einer JLL-Studie mindestens 5,7 Milliarden britische Pfund an Investitionen in diesen Markt geflossen sein. Die Nachfrage ist enorm. Rund 75 Prozent der in den vergangenen drei Jahren gebauten 27 500 Wohneinheiten wurden verkauft. Das Ende der Fahnenstange ist damit längst nicht erreicht: 290 000 Vollzeitstudenten - davon 28 Prozent aus dem Ausland - gibt es aktuell in London, in den kommenden zehn Jahren sollen noch einmal 150 000 dazukommen. Im Schnitt mieten sie ihre Studentenwohnungen für rund ein Jahr.

Dass dieses Immobiliensegment im Kontrast dazu in Deutschland bislang ein Schattendasein führte, hat vielfältige Gründe, die zum Teil auch kulturell bedingt sind. So ist der Mietmarkt in Deutschland deutlich ausgeprägter, während in Großbritannien und den USA Häuser und Wohnungen traditionell gekauft werden. Das macht die Wohnungssuche in Deutschland immer noch verhältnismäßig einfach. Zudem war die Nachfrage der Studenten lange Zeit auf einen Ort fokussiert und hat sich erst mit der Reform zum Bachelor- und Masterstudiengang den internationalen Bedingungen angepasst - mit einer erhöhten Flexibilität und Umzugshäufigkeit. Und schließlich konnte der bisherige Bedarf von den meist gut organisierten Studentenwerken aufgefangen werden.

In Deutschland entstehen derweil zusätzliche Objekte durch die Umwandlung von Büro- in Wohnraum. Der Vorteil: Studenten haben meist andere Ansprüche an ihren Wohnraum und die Lage als andere Mieter. Daher können auch Gebäude an großen Straßen und Bahnstrecken genutzt werden. Allerdings müssen Investoren privater Studentenwohnungen einen deutlichen Mehrwert an Qualität bieten, um sich von den staatlichen Anbietern abheben zu können und die höhere Miete zu rechtfertigen.

Rund 90 Prozent aller Objekte sind derzeit noch in öffentlicher Hand. Doch der Bedarf an privatem Kapital für Neubauten und Renovierungen ist groß. Vor allem im hochwertigen Segment sind einige Projekte auf dem Weg. Doch es wird dauern, bis diese realisiert sind. Und das Gros der Studierenden kann so bei Weitem noch nicht versorgt werden.

Der Autor

Dr. Konstantin Kortmann Team Leader Residential Investment, Jones Lang LaSalle GmbH, Frankfurt am Main

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