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DAS "VERFLIXTE" JAHR 2020: AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE AUF DIE SPANISCHE HOTEL- UND TOURISMUSBRANCHE

Stefan Meyer, Foto: Monereo Meyer Abogados

Spanien leidet stärker als jedes andere Land in Europa unter der Corona-Pandemie. Vor allem die volkswirtschaftlich so wichtige Tourismusbranche blickt auf einen wahren Horrorsommer zurück: Anhaltend hohe Infektionsraten, Reisewarnungen und drohende Quarantäne hielten Millionen ausländischer Urlauber in diesem Jahr fern. Die Autoren analysieren die größtenteils verheerenden Auswirkungen der Pandemie auf die spanische Hotel- und Tourismusbranche. Einen kleinen Lichtblick identifizieren sie dabei in der robusten Entwicklung am Investmentmarkt: Hier deuteten die Zahlen darauf hin, dass weiterhin ein deutliches Vertrauen in die mittel- und langfristige Weiterentwicklung des Tourismussektors auch in Spanien bestehe. Red.

Der Sommer 2020 sollte fast überall auf der Welt anders sein als die Sommer der Vorjahre. Das war insbesondere in Spanien bereits früh - während des vierzehnwöchigen, im Wege eines verfassungsmäßigen "Alarmzustandes" ausgerufenen Lockdowns - absehbar.

Unübersichtliche Gemengelage

Der Lockdown in Spanien, wesentlich härter als in anderen europäischen Ländern, begann am 15. März 2020 und kassierte, zwar aus Gründen der Gesundheitssituation aber dennoch skrupellos, zu Beginn gleich mal die Oster- und insbesondere in Madrid auch die wichtigen Maifeiertage (neben dem 1. Mai in Madrid auch der 2. und 15. Mai).

Die Ausgangssperre, nicht zu Unrecht in Spanien auch als Hausarrest bezeichnet, dauerte noch bis zum 21. Juni 2020 (insgesamt mehr als drei Monate). Doch ihr Ende und gleichzeitig das Ende des Alarmzustandes lagen für das Reiseland Spanien zu knapp vor einem der wichtigsten Monate für den internationalen Tourismus.

Mit dem Ende des Alarmzustandes wurden Mitte Juni schließlich eine Reihe von Maßnahmen und Beschränkungen eingeführt, die je nach autonomer Region mehr oder weniger streng ausfielen. Mit diesen, in dem föderalistischen Gebilde Spanien unübersichtlichen Maßnahmen, kam allerdings auch Unsicherheit hinsichtlich der Einführung möglicher weiterer Maßnahmen auf.

Ernüchternde Zahlen

Am 24. August 2020 veröffentlichte das spanische Statistikamt Instituto Nacional de Estadística (INE) 1) in einer Pressemitteilung dann entmutigende Zahlen, Daten und Grafiken zu den Auswirkungen von Covid-19 auf die spanische Hotel- und Tourismusbranche im Monat Juli 2020. Die wichtigsten dieser Zahlen sollen im Folgenden hervorgehoben werden.

- Übernachtungen: Die Zahl der Übernachtungen in Hoteleinrichtungen fiel von 43,1 Millionen im Vorjahresmonat Juli 2019 auf 11,4 Millionen im Juli 2020, das entspricht einem Einbruch von 73,4 Prozent.

- Geöffnete Einrichtungen: Aufgrund der neuen Sicherheitsmaßnahmen mussten sich Hotels und Pensionen in Windeseile auf die sogenannte "neue Normalität" einstellen. Schließlich öffneten lediglich 12 086 Hotels und somit 29,5 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Das entspricht 62,5 Prozent aller beim INE verzeichneten Hoteleinrichtungen. Diese begrüßten 4,3 Millionen Reisende, 35,7 Prozent weniger als im Vorjahr.

- Bettenangebot: Im Juli 2020 standen 1 025 713 Betten zur Verfügung, dies entspricht 52,7 Prozent der insgesamt verfügbaren Betten.

- Reisende: Die gute Nachricht ist, dass die negativen Auswirkungen der Krise durch die Entscheidung vieler Spanier, aufgrund der nationalen und internationalen Beschränkungen den Urlaub im eigenen Land zu verbringen, etwas abgemildert wurden. Dies galt insbesondere für den traditionellen Urlaubsmonat August. Ausländische Touristen hingegen blieben dem Land im Sommer 2020 fast vollständig fern, so waren 3,2 Millionen der von Hoteleinrichtungen begrüßten Gäste in Spanien ansässig, nur 1,1 Millionen Gäste kamen aus anderen Ländern.

- Preise: Die Übernachtungspreise fielen im Vergleich zum Vorjahresmonat ebenfalls um 8,2 Prozent.

- Reiseziele: Die drei beliebtesten Reiseziele waren Andalusien, Katalonien und die "Costa Blanca".

Zweifelsohne geht der Sommer 2020 also mit einem einzigartigen Negativrekord in die spanische Geschichte ein.

Wie steht es um Hoteltransaktionen in Spanien?

Unbeschadet dieses Einbruchs wurde bei Hoteltransaktionen dennoch eine grundsätzlich positive Entwicklung im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 verzeichnet. So geht es aus dem Bericht Europe Hospitality Marketbeat von Cushman & Wakefield hervor, der das Transaktionsvolumen in Europa für das erste Halbjahr 2020 mit 5,7 Milliarden Euro beziffert, wobei 1,2 Milliarden Euro erst nach dem Ausbruch der Pandemie initiiert worden sind.2)

Zwar wird die Liste der europäischen Investitionen im Hotelsektor vom Vereinigten Königreich und Deutschland angeführt, Spanien belegt jedoch mit einem enormen Investitionszuwachs in Höhe von 52 Prozent direkt dahinter den dritten Platz. Ergo besteht also weiterhin ein deutliches Vertrauen in die mittel- und langfristige Weiterentwicklung des Tourismussektors auch in Spanien. Sicherlich ermöglicht die aktuelle Situation einen größeren Verhandlungsspielraum, das eindeutige Ziel ist aber, weiter in Spanien zu investieren.

Abbildung 1: Kumulierte Übernachtungen in spanischen Hotels (in Tausend) Quelle: INE
Abbildung 2: Regionale Verteilung der landesweiten Übernachtungen (in Prozent) Quelle: INE

Rechtliche Aspekte gewerblicher Mietverhältnisse

Generelle ist zu beachten, dass sich spanische Gewerbemietverträge - und dies gilt auch für Hotels - üblicherweise durch ein hohes Maß an Vertragsfreiheit auszeichnen, weshalb zur Bestimmung der gegenseitigen Vertragspflichten auf jeden Fall die konkreten Vertragsregelungen heranzuziehen sind. Insbesondere werden in der Zukunft abzuschließende spanische Gewerbemietverträge praktisch ausnahmslos Regelungen zu Ausnahmesituationen oder zu "höherer Gewalt" enthalten.

Bei dem Institut "Wegfall der Geschäftsgrundlage" (clausula rebus sic stantibus) handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der von spanischen Gerichten als Rechtsgrundsatz - auch ohne spezifische gesetzliche Regelung - grundsätzlich im Bereich gewerblicher Mietverhältnisse bereits anerkannt worden ist.3)

Hoffnung ruht auf den Kanaren

Auch wenn das Jahr 2020 für den spanischen Tourismus nicht mehr gut werden kann, ist doch das letzte Wort noch nicht gesprochen. Eine der spanischen Tourismusregionen par excellence - aufgrund ihres hervorragenden Klimas und der ganzjährig angenehmen Temperaturen - sind die kanarischen Inseln, die ab November 2020 erneut ihre Hochsaison einleiten möchten. Der Archipel mit seiner ultraperipheren Lage - und insbesondere die Inseln Teneriffa und Fuerteventura - gehört zu den am wenigsten von der Pandemie betroffenen Regionen Spaniens.

Auch hat die Regierung der kanarischen Inseln als erste Region Spaniens bereits Mitte August eine globale Reiseversicherung für alle Touristen, die den Archipel besuchen, abgeschlossen. Diese erstattet im Falle einer Covid-19-Erkrankung jedem Touristen jegliche Arztkosten, mögliche Quarantänekosten und insbesondere Rückführungskosten ins Heimatland. Des Weiteren hat die spanische Industrie- und Tourismusministerin, Reyes Maroto, mit Wirkung ab Oktober 2020 die Schaffung eines sicheren Reisekorridors für die Kanaren zugesagt, dessen wichtigste Maßnahme die Vornahme eines PCR-Tests vor oder zum Zeitpunkt der Einreise auf den Kanaren sein wird.

Derzeit rechnet der Sektor für die Hauptsaison im Winter 2020/2021 mit einer Belegung von rund 50 Prozent aller vorhandenen Gästebetten, wobei diese Zahlen sich schnell verbessern werden, wenn die Ansteckungszahlen auf allen Inseln weiter runtergehen und die beiden hier erwähnten Maßnahmen anfangen Früchte zu tragen.

Fußnoten

1) Vgl. www.ine.es/daco/daco42/prechote/cth0720.pdf.

2) Vgl. www.cushmanwakefield.com/en/insights/european-hotels-investment-market.

3) Weiterführende Ausführungen zur Auswirkung pandemiebedingter Schließungsanordnungen beziehungsweise Umsatzverlust auf gewerbliche Mietverhältnisse in Spanien: Rechtsanwalt & Abogado Janis Amort in "Immobilien und Finanzierung", Heft 06/2020, klicken Sie hier.

DER AUTOR
STEFAN MEYER
Gründungspartner, Rechtsanwalt und Abogado, Monereo Meyer Abogados, Madrid
 
DIE AUTORIN
SORAYA CARRERA HERMELO
Rechtsanwältin und Associate, Monereo Meyer Abogados, Madrid
Stefan Meyer , Rechtsanwalt und ­Gründungspartner , Monereo Meyer Abogados, Madrid
Soraya Carrera Hermelo , Rechtsanwältin und Associate , Monereo Meyer Abogados, Madrid

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