PRIVATE WOHNUNGSBAUFINANZIERUNG

VERMÖGENSBILDUNG DURCH WOHNEIGENTUM

Bernd Hertweck, Foto: Verband der Privaten Bausparkassen

Das Thema "Vermögensbildung für die Mitte der Gesellschaft" hat nach Jahren der Vernachlässigung zuletzt wieder etwas mehr politische Aufmerksamkeit erfahren. Wie steht es um die Vermögensverteilung in Deutschland? Nimmt die Spaltung zwischen Arm und Reich zu? Wie schaffen wir es, möglichst viele Menschen am ökonomischen Fortschritt teilhaben zu lassen? Und welche Wege erscheinen für den Vermögensaufbau normalverdienender Haushalte vielversprechend? Diese und ähnliche Fragen warten auf eine politische Antwort. Glaubt man den Ausführungen des vorliegenden Beitrags, so spricht vieles für verbesserte Rahmenbedingungen im Bereich Wohneigentum. Denn diverse Studien belegen, dass die selbst genutzte Immobilie eine enorm wichtige Rolle für die Vermögensbildung spielt. Red.

Wenn man sich die Vermögenssituation in Deutschland ansieht, erhält man zwei elementare Befunde: Das Vermögen der Menschen in Deutschland ist mit einem Anteil von 51 Prozent überwiegend in Immobilien gebunden und nur zu 41 Prozent in Geldvermögen (siehe Abbildung 1). Haushalte, die in den eigenen vier Wänden leben, sind deutlich vermögender als Mieterhaushalte. Beide Erkenntnisse wurden in jüngerer Zeit durch verschiedene Studien und Forschungsergebnisse zur Vermögensbildung und -verteilung in Deutschland bestätigt.

Kurz- versus langfristige Betrachtung

Alle drei Jahre befragt die Bundesbank 5 000 Haushalte zu ihrer Vermögens- und Schuldensituation. Vor wenigen Monaten wurden die Auswertungen der jüngsten Befragungswelle veröffentlicht. Danach ist zwischen 2014 und 2017 das Vermögen der Deutschen merklich gewachsen. Immobilienbesitzer kamen in den Genuss gestiegener Immobilienpreise, aber auch Mieter konnten wegen der allgemein positiven Einkommensentwicklung und dadurch verbesserter Sparfähigkeit profitieren.

Entscheidender als diese eher kurzfristige Betrachtung ist aber die langfristige Feststellung: Wenn Haushalte in einer selbstgenutzten Wohnimmobilie leben, haben sie deutlich höhere Vermögen als Mieterhaushalte. Das mittlere Nettovermögen (Medianwert) lag Ende 2017 bei 277 000 Euro bei Immobilienbesitzern und 10 400 Euro bei Mieterhaushalten. Schon 2014 hatte der Medianwert der Eigentümer beachtliche 238 800 Euro betragen. Die Bundesbank führt zwar aus, dass die beachtliche Lücke auch durch Unterschiede bei Haushaltsstruktur, Einkommen und Haushaltsgröße begründet wird. Die herausragende Bedeutung des Immobilienbesitzes für die Vermögensbildung sei aber unbestritten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass hier Haushalte betrachtet werden, die ihre Immobilie selbst nutzen. Es geht nicht um den verzerrenden Einfluss von einigen wenigen Haushalten mit immensen Immobilienbeständen, die vermietet werden.

DIW-Studie: höhere Belastung für Mieter

Ende Juni 2019 veröffentlichte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Auswertung zur Wohnkostenbelastung von Haushalten, in denen mindestens eine Person im Alter ab 65 Jahren lebt. Dabei zeigte sich, dass der Anteil der "älteren" Mieterhaushalte seit 1996 stetig gesunken ist - auch ein Erfolg der früheren Wohneigentumsförderung. Demgegenüber sind höhere Einkommen mit einem geringeren Mieteranteil verbunden: Bei den 20 Prozent der einkommensstärksten Haushalte lag der Eigentümeranteil bei 83 Prozent - bei den 20 Prozent der einkommensschwächsten Haushalte aber immerhin noch bei etwa einem Drittel.

Die Eigentümerhaushalte haben eine vergleichsweise geringe Wohnkostenbelastung zu tragen (siehe Abbildung 2). Sie beläuft sich - bei Berücksichtigung von Rücklagen für Instandhaltung und Modernisierung - auf durchschnittlich 13 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens bei Paaren und 16 beziehungsweise 17 Prozent für alleinlebende Männer beziehungsweise Frauen. Bei "älteren" Mieterhaushalten liegt die prozentuale Wohnkostenbelastung im Vergleich dazu bei 30 Prozent für ein Paar und 35 beziehungsweise 36 Prozent für alleinlebende Männer beziehungsweise Frauen.

Eigentumserwerb lohnt und wirkt disziplinierend

Eigentümerhaushalte haben also deutlich höhere Vermögen als Mieterhaushalte, sagen die oben genannten Studien aus. Aber warum ist das so? Begründet Immobilieneigentum ein überdurchschnittliches Vermögen oder gehen Haushalte mit hohem Vermögen bevorzugt ins Wohneigentum? Licht ins Dunkel bringt hier eine Studie des empirica-Instituts (siehe Abbildung 3). Eine Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe für das Jahr 2013 förderte Erstaunliches zutage.

Betrachtet wurden nämlich Haushalte ein und derselben Altersgruppe (zwischen 50 und 59 Jahren) sowie derselben Einkommensgruppe (1 700 bis 2 300 Euro). Diese Gruppe wurde dann unterschieden nach Eigentümer- und Mieterhaushalten. Das Ergebnis: Eigentümerhaushalte verfügen mit einem Vermögen von durchschnittlich 166 000 Euro über den nahezu sechsfachen Wert der Mieterhaushalte (30 000 Euro). Dabei war selbst das Geldvermögen der Eigentümerhaushalte mit 45 000 Euro fast doppelt so hoch wie das der Mieter (24 000 Euro). Der einfache Grund dieser "Spaltung": die disziplinierende Wirkung des Wohneigentumserwerbs. Wer für den Kauf Eigenkapital anspart und anschließend Zins- und Tilgungsraten leistet, der gewöhnt sich das Sparen automatisch an und baut nach der Tilgung auch noch Geldvermögen auf.

Besserer Status als die gesetzliche Rentenversicherung

In einer aktuellen Befragung der Deutschen Rentenversicherung geben 79 Prozent der Teilnehmer an, sie hielten die selbst genutzte Wohnung beziehungsweise das selbst genutzte Haus für die beste Form der Altersvorsorge. Die eigenen vier Wände haben damit sogar einen noch besseren Status als die gesetzliche Rentenversicherung mit 72 Prozent, die seit jeher höchstes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger genießt.

Nicht nur aus emotionalen, sondern auch aus handfesten ökonomischen Gründen spricht viel für die selbst genutzte Immobilie als Form der Vermögensbildung (auch, aber nicht ausschließlich, zur Altersvorsorge). Sie ist der Lebenstraum, den sich mehr als jeder zweite Mieter in Deutschland erfüllen will. In Deutschland legt man beim Sparen höchsten Wert auf Sicherheit und Zweckorientierung, Rendite steht nicht im Vordergrund. Dazu haben sicherlich die vielfach gemachten schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit mit Risikopapieren beigetragen - erinnert sei an die "T-Aktie" und den Niedergang des "Neuen Marktes", der die Aktienkultur nachhaltig geschädigt hat. Den Deutschen mangelndes Wissen für geeignete Anlageformen vorzuwerfen, die angeblich ein "stupid German money" produzierten, zeugt von einer Arroganz, die die Menschen nicht ernst nimmt.

Die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen stehen meist nicht vor dem Problem, wie sie 50 000 Euro, die gerade liquide sind, gewinnbringend investieren. Für sie ist vor allem die Frage von Interesse: Wie kann eine monatliche Sparrate zum langfristigen und sicheren (!) Vermögensaufbau beitragen? Nicht wenige stellen sich daneben aber auch die Frage: Gibt es nicht auch einen Vermögensaufbau, von dem man nicht schon in jungen Jahren profitieren kann?

Orientierung an den Bedürfnissen der Menschen

Die Politik hat das Thema "Vermögensbildung für die Mitte der Gesellschaft" etwas aus dem Auge verloren. Der Fokus richtete sich weitgehend auf die Altersvorsorge und dabei lange Zeit auf die Geldrente. Mit der Eigenheimrente wurde 2008 aber immerhin der hohe Wert der selbst genutzten Immobilie für die Altersvorsorge anerkannt. Vermögensbildung ist aber mehr als Altersvorsorge. Sie ist Zukunftsvorsorge und Generationenvorsorge in einem. Wie jemand vorsorgt und Vermögen aufbaut, sollte ihm überlassen bleiben. Die Politik kann und sollte hier Anreize setzen, aber Menschen nicht durch irgendwie geartete Zwangsmodelle die Entscheidung abnehmen wollen.

Eigenkapital ist für die Mitte der Gesellschaft zum entscheidenden Engpass beim Wohneigentumserwerb und damit für einen sicheren Vermögensaufbau geworden. Mit einer Verbesserung der Wohnungsbauprämie, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, kann hier für diejenigen viel erreicht werden, die den millionenfach bewährten und sicheren Weg der Vermögensbildung gehen wollen - oder vielleicht auch nur diesen aus Gründen einer eingeschränkten Sparfähigkeit gehen können.

DER AUTOR BERND HERTWECK Vorsitzender des Vorstands, Verband der Privaten Bausparkassen e.V., Berlin
Bernd Hertweck , Vorsitzender des Vorstands , Verband der Privaten Bausparkassen e.V.

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