Immobiliengesellschaften

Wachstumsperspektive und soziale Verantwortung

Holger Hentschel

Wirtschaftliche Vorteile durch Synergieeffekte sind nicht alles - ebenso wichtig für den unternehmerischen Erfolg ist eine Unternehmensstärke, die vornehmlich aus einem Konsens aus Renditezielen, Nachhaltigkeit und sozialem Engagement schöpft. Um den Unternehmenserfolg gerade von Wohnimmobilienunternehmen zu steigern, zählt daher wesentlich der direkte Zugang zur Gesellschaft - andersherum aber ebenso der soziale Zusammenhalt innerhalb einer Wohnungssiedlung. Sich hier Orientierung zu verschaffen, das soziale Umfeld kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen sind wesentliche Bausteine für eine erfolgreiche Kapitalmarktstrategie sowie eine positive Wertschöpfung. Es gilt, Kompetenzen sowohl hinsichtlich des Managements als auch hinsichtlich der Anforderungen aus Demografie, Migration und Ökologie aufzubauen und als Chance zu verstehen, sich durch Kooperationen mit beispielsweise Stadtentwicklungspolitikern und Kommunen hervorzutun und auch Unkonventionelles zu wagen. Red.

Der deutsche Wohnungsmarkt ist gegenwärtig maßgeblich von einer Konsolidierungswelle geprägt. Ein Grund dafür ist, dass Unternehmensgröße häufig noch immer gleichgesetzt wird mit wirtschaftlichen Vorteilen, die aus Synergieeffekten herrühren. Aber Größe ist nicht alles! Unternehmenserfolg und Wachstum lassen sich aus mehr als nur der reinen Masse generieren. Stärke und Bedeutung gewinnen Unternehmen heutzutage vor allem auch durch qualitatives und nachhaltiges Wirtschaften.

Immobilienunternehmen und insbesondere Wohnimmobilienunternehmen haben einen sehr direkten Draht in die Gesellschaft. Im Zuge der Vermietung von Wohnraum haben sie tagtäglich mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun. Die Mieterstruktur einer Siedlung spiegelt oftmals das breite Spektrum der Gesellschaft wider. Gesellschaftliches Engagement sollte daher für Wohnungsbestandshalter eine Selbstverständlichkeit darstellen, denn funktionierende Nachbarschaften und der soziale Zusammenhalt in den Wohnquartieren sind elementar für den Geschäftserfolg. Darüber hinaus wird der Nachhaltigkeitsaspekt - auch und vor allem auf der sozialen Ebene - für kapitalmarktorientierte Immobilienunternehmen immer wichtiger. Wie das Beratungsunternehmen CBRE in seiner jüngst veröffentlichten EMEA Investor Intentions Studie 2015 festgestellt hat, steht für 70 Prozent aller Immobilieninvestoren die Nachhaltigkeit mit an erster Stelle bei der Auswahl von geeigneten Objekten für die Asset Allocation. Betriebswirtschaftliche und gesellschaftliche Ziele, soziale Verantwortung und Rendite sind nicht gegensätzlich, sondern können sich ergänzen.

Quartiersmanagement als zentraler Baustein

Neben zielgruppengenauen Investitionen und einer professionellen Bewirtschaftung ist insbesondere das Quartiersmanagement ein wichtiger Baustein zur Werterhaltung und Wertsteigerung des Unternehmens. Zufriedene Mieter zahlen pünktlich die Miete, bleiben langjährige Kunden, pflegen Wohnung und Wohnumfeld, sorgen für ein stabiles soziales Netz in der Nachbarschaft und leisten damit einen positiven Beitrag zur Wertschöpfung. Bei funktionierenden Nachbarschaften ohne größere Konflikte reduziert sich der Betreuungsaufwand. Wenn sich Mieter mit ihrem Wohnviertel identifizieren, tragen sie dieses Gefühl auch nach außen. Dies hat wiederum positive Auswirkungen auf die Neuvermietung von Wohnungen und die Mieterbindung.

Quartiersmanagement ist somit ein integraler Bestandteil des Bewirtschaftungskonzepts. Wichtig ist die zeitnahe Kontaktaufnahme, die direkte, unvermittelte und im besten Fall gebündelte Kommunikation mit den Bewohnern. Lokale Akteure arbeiten zusammen und stoßen durch ihre Kooperation eine nachhaltige, von den Bewohnern und örtlichen Vereinen getragene Entwicklung des Stadtquartiers an. Langfristiges Ziel sind tragfähige und nachhaltige Strukturen im Quartier. Die gesellschaftlichen Herausforderungen an das Wohnen werden auch zukünftig unvermindert hoch sein. Dies erfordert ein nachhaltiges Quartiersmanagement, das Politik und Branche nur gemeinsam bewältigen können.

Modernisierung, Gesellschaft und Ökologie

Die demografische Entwicklung wird hierbei Aspekte wie Mobilität und Infrastruktur, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, Pflege im Alter und die Herausforderungen der energetischen Versorgung von Quartieren gleichermaßen berücksichtigen müssen. Steigende Energiepreise und der Klimaschutz machen es erforderlich, die Energieeffizienz im Gebäudebereich weiter zu verbessern. Hier gilt es, bei der Modernisierung der Bestände die richtige Balance zwischen technischer Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit und dem Erreichen gesellschaftlicher, politischer und ökologischer Ziele zu finden.

Zu den Besonderheiten der Immobilienbranche zählt die enge Verzahnung mit stadtentwicklungspolitischen Fragestellungen. Wie können Quartiere attraktiver und lebenswerter gestaltet werden? Welches Ausmaß an Nutzungsmischung aus Versorgung, Wohnen und Freizeit soll erreicht werden, damit eine Stadt der kurzen Wege entsteht, die zur Verkehrsvermeidung beiträgt und damit ökologische Ziele unterstützt? Wie sollten Quartiere energetisch entwickelt werden, ohne durch steigende Mieten eine Gentrifizierung herbeizuführen? Gesellschaftliches Engagement bietet die Chance, eine unmittelbare Verbindung zwischen den Menschen und Mietern sowie den Mitarbeitern des Unternehmens herzustellen. Somit wird soziales Engagement zunehmend zu einem entscheidenden Parameter für den dauerhaften Erfolg eines Unternehmens. Unternehmenserfolg durch gesellschaftliches Engagement zu steigern, findet oftmals im Zusammenspiel statt. Kooperationen, Partnerschaften und die direkte und eng vernetze Zusammenarbeit mit Kommunen, sozialen Einrichtungen und Institutionen sind unverzichtbar.

Migration als Chance begreifen

Eines der wichtigsten Themen im Rahmen des Quartiersmanagements ist die Integration von Migranten. Jeder fünfte in Deutschland lebende Einwohner hat ausländische Wurzeln, in Nordrhein-Westfalen ist es sogar jeder vierte, das sind 4,4 Millionen Menschen. Bis 2017 erwartet Kiel Economics eine weitere Zuwanderung von 2,2 Millionen Menschen. Wohnungsunternehmen und Kommunen sind gemeinsam gefragt, um auf die neue Situation angemessen zu reagieren. Es gilt, nicht nur Wohnraum für junge Familien, insbesondere aus dem Ausland, bereitzustellen. Es müssen auch verstärkt entsprechende integrative Maßnahmen, wie Sprachkurse oder die Unterstützung beim Besuch von Ämtern, angeboten werden. Hier sind die Übernahme sozialer Verantwortung und ein aktives Quartiermanagement essenziell für verschiedene Zielgruppen.

Auf diesem Gebiet kooperiert zum Beispiel die LEG intensiv mit Kommunen - immer unter der Voraussetzung, die einzelne Nachbarschaft nicht zu überfordern, sondern behutsam zu integrieren. Vor Ort stehen mehrsprachige Mitarbeiter als Ansprechpartner zur Verfügung und koordinieren bei Konflikten in der Mieterschaft. Ein konkretes Ansprechen der ausländischen Mieter ist wichtig, wozu auch die Kommunikation über Mieteranschreiben in unterschiedlichen Sprachen gehört.

Integration von Flüchtlingen

Gerade auch die Flüchtlingsthematik wird jeden Tag in den Nachrichten vor Augen geführt. Die LEG ist hier aktiv und stellt Wohnraum bereit: Bislang konnte das Unternehmen Wohnungen an mehr als 100 Flüchtlinge vermieten - in Dortmund, Hamm, Monheim, Bocholt und Castrop-Rauxel. Weitere Standorte sind in der Verhandlung. Die starke Zuwanderung hat vor allem eine steigende Nachfrage im unteren und mittleren Mietsegment zur Folge. Mit einem aktiven Belegungsmanagement - bezogen auf Herkunft, Kultur, Alter und den sozialen Background - gelingt es im Wohnquartier, eine gesunde Bewohnermischung zu erreichen und zu einem harmonischeren Zusammenleben beizutragen.

Der Dialog zwischen Mieterbeiräten, Vertretern der Stadt und dem Unternehmen ist bei der Neuvermietung von Wohnungen unverzichtbar. Dies ermöglicht den Beteiligten, frühzeitig Einfluss auf die Mieterstruktur zu nehmen und Mieterwünschen entgegenzukommen. Bei der Neuvermietung achten die Mieterbetreuer darauf, dass die Wohnungsinteressenten mit der jeweiligen Hausgemeinschaft harmonieren.

Migration und Integration sollten als Chance begriffen werden. Der offene Umgang mit Migranten schafft gegenseitiges Vertrauen. So unterstützt zum Beispiel auch die LEG-NRW Mieterstiftung rund 70 integrationsbezogene und interkulturelle Veranstaltungen und Projekte in den LEG-Wohnsiedlungen.

Mehrwert schaffen durch Zusatzdienstleistungen

Aber auch innovative Zusatzdienstleistungen schaffen einen nachhaltigen Mehrwert. Ein Beispiel ist das Joint Venture der LEG mit Unitymedia. Seit dem Frühjahr 2014 wurde dadurch die Versorgung der Mieter mit Kabelfernsehen sowie Internet- und Telefonie-Angeboten deutlich verbessert.

Mieter können seitdem im Rahmen ihrer normalen TV- und Hörfunkversorgung ohne zusätzliche Kosten auch eine Vielzahl von Sendern in HD-Qualität empfangen und darüber hinaus zusätzlich ein Fremdsprachenpaket auswählen. Für das Unternehmen erhöht sich die Wirtschaftlichkeit, da sie durch die Bündelung aller Wohnungen Mengenrabatte im Einkauf etwa von Multimedia-Dienstleistungen erzielt.

Ökologische Nachhaltigkeit

Im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit startet das Unternehmen ein Pilotprojekt. Seit dem Sommer 2014 wird der Strom für die LEG-Haushalte in der Fritz-Erler-Siedlung in Kreuztal über Blockheizkraftwerke produziert - kostengünstig und umweltfreundlich. Die Mieter können dabei bis zu 100 Euro im Jahr an Stromkosten sparen und das Unternehmen leistet einen positiven Beitrag zur Energiewende und zum Umweltschutz.

Ziel soll es sein, die Energiewende unkompliziert zum Mieter zu bringen. Im Rahmen eines Joint Venture mit der RWE Vertrieb AG wird sich in Zukunft die eigens dafür gegründete Gesellschaft EnergieServicePlus GmbH um die komplette energiewirtschaftliche und energietechnische Bewirtschaftung und Versorgung der Immobilien kümmern. Die Mieter profitieren so durch eine konsequente und forcierte Modernisierung und Investition in energieeffiziente Anlagentechnik, während das Unternehmen ebenfalls Skaleneffekte beim Einkauf von Energie nutzen kann.

Mobilität, Versorgung und Pflege

Eine weitere Kooperation ist in Dortmund-Wickede angedacht. Diese ermöglicht Senioren, möglichst lange und komfortabel in ihrem gewohnten Wohnumfeld bleiben zu können. In Kooperation mit der K & S Unternehmensgruppe, einem Anbieter für Pflegedienstleistungen in Deutschland, erhalten die Mieter Zusatzangebote, die ihnen den Alltag erleichtern und das Zusammenleben verschönern. Das Angebot umfasst die Bereiche Beratung, Mobilität, Versorgung und Pflege und beinhaltet beispielsweise Lieferdienste, Computerschulungen, Fitnessangebote sowie gemeinsame Ausflüge.

Wesentlich für ein gelungenes soziales Engagement, das den Unternehmenserfolg steigert, ist es, sich Orientierung zu verschaffen, das soziale Umfeld kennenzulernen, Kompetenzen aufzubauen, vor Ort Kooperationen einzugehen und Unkonventionelles zu wagen. Zielgruppenspezifische Produkte und Freizeitangebote sowie Hilfe zur Selbsthilfe und Prävention bilden weitere wichtige Bausteine, um für Mieter und Vermieter eine Win-Win-Situation zu schaffen. Mit diesem aktiven Ansatz gelingt es, einen Wohnungsbestand profitabel zu bewirtschaften, zu wachsen und gleichzeitig dem Grundsatz, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen, treu zu bleiben und die Ziele Nachhaltigkeit, Rendite und soziales Engagement miteinander zu verbinden.

Der Autor

Holger Hentschel Mitglied des Vorstandes, COO, LEG Immobilien AG, Düsseldorf

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