Schwerpunkt Private Baufinanzierung

Wohneigentümer bauen sechsmal so viel Vermögen auf wie Mieter

Wohneigentümer sparen sich reich

Ein erfolgreicher Vermögensaufbau hängt nicht alleine vom Einkommen ab, sondern ist auch eine Frage der Bereitschaft, für Wohneigentum zu sparen. Wohneigentümer bauen bis zu ihrem 60. Lebensjahr fast sechsmal so viel Vermögen auf wie vergleichbare Mieter. Diese Differenz erklärt sich mit unterschiedlichem Konsum- und Sparverhalten. Das niedrige Zinsumfeld stellt Erwerber von Wohneigentum vor Herausforderungen. Seit 2013 schrumpfen dadurch die Geldvermögen und niedrige Zinsen verleiten gleichzeitig zu Konsum und erhöhter Kreditaufnahme. Dazu kommen die steigenden Immobilienpreise, die es jungen Haushalten schwieriger macht, Wohneigentum zu bilden. Der Autor appelliert an die Politik, die Förderung der Vermögensbildung wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Red.

Wer genügend Geld verdient, wird im Laufe seines Lebens reich, wer nicht, bleibt eben arm. Wer die Vermögensbildung auf diese einfache Formel bringt, macht es sich zu leicht. Denn tatsächlich ist erfolgreicher Vermögensaufbau nicht allein eine Frage des Einkommens, sondern insbesondere eine Frage der Bereitschaft, für Wohneigentum zu sparen.

Eine Auswertung der jüngsten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes durch das Forschungsinstitut Empirica in Zusammenarbeit mit LBS Research belegt dies eindrucksvoll. Die Forscher haben untersucht, wie sich die Vermögensbildung von Mieter- und Eigentümerhaushalten bei ansonsten vergleichbaren wirtschaftlichen Verhältnissen im Zeitablauf entwickelt. Dabei stellt sich heraus, dass beide Gruppen eine ganz unterschiedliche "Vermögensbildungs-Biografie" aufweisen.

Für die Auswertung betrachtet wurden Mieter und Wohneigentümer im Alter zwischen 50 und 59 Jahren mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1 700 und 2 300 Euro. In die Vermögensbilanz fließen Immobilienvermögen (selbst genutzte und vermietete Immobilien), Geldvermögen (Wertpapiere, Kapitalversicherungen, Bausparverträge und Spareinlagen), aber auch Schulden aus offenen Krediten ein. Unter dem Strich verfügten Wohneigentümer am "Vorabend des Ruhestandes" nicht nur über den Wert ihrer Immobilie von durchschnittlich 152 000 Euro (beziehungsweise 121 000 Euro nach Abzug noch nicht getilgter Baukredite), sondern zusätzlich über ein Nettogeldvermögen von 45 000 Euro (nach Abzug von Konsumentenkrediten).

Unterschiedliches Konsum- und Sparverhalten

Mieterhaushalte derselben Einkommensgruppe hingegen kommen nur auf ein Nettogeldvermögen von durchschnittlich 24 000 Euro. Hinzu kommen 6 000 Euro an Immobilienvermögen in Form vermieteter Objekte. In der Gesamtschau bauen Wohneigentümer bis zum 60. Lebensjahr fast sechsmal so viel Vermögen auf wie vergleichbare Mieter.

Der riesige Vorsprung der Eigentümerhaushalte erklärt sich mit unterschiedlichem Konsum- und Sparverhalten. Wer eigene vier Wände erwirbt, ist in den ersten 10 bis 15 Jahren weitgehend "immun" gegen den Reiz größerer Anschaffungen oder Konsumausgaben. Durch hohe Tilgungsbeiträge bei der Rückzahlung von Wohnungsbaudarlehen findet ein selbst auferlegtes "Zwangssparen" statt, das sich später auszahlt. Obwohl die laufenden Finanzierungsaufwendungen für das Wohnen bei den Eigentümern im Zeitablauf deutlich abnehmen, behalten sie meistens eine hohe Sparneigung bei, sodass sie im Alter neben ihrer größtenteils entschuldeten Immobilie noch ein stattliches Geldvermögen aufweisen.

Zwangssparen zahlt sich später aus

Die Bedeutung der selbst genutzten Immobilie für die Vermögensbildung wird auch im internationalen Vergleich deutlich. So zeigte etwa eine Studie der Bundesbank vor gut zwei Jahren, dass die Menschen in Ländern mit hohen Wohneigentumsquoten entsprechend höhere Vermögen aufweisen. Deutschland, das mit einer Wohneigentumsquote von 43 Prozent im EU-Vergleich immer noch am Tabellenende liegt, schnitt hingegen schwach ab.

An diesem ernüchternden Befund dürfte sich nichts geändert haben. Die Auswertung der aktuellen EVS-Daten durch Empirica und LBS Research deckt nämlich auf, dass sich die Vermögenssituation der Deutschen in den letzten zehn Jahren nicht mehr verbessert hat.

Ein durchschnittlicher Haushalt im früheren Bundesgebiet besitzt ein Gesamtvermögen von 170 000 Euro. Abzüglich der Schulden in Höhe von im Schnitt 31 000 Euro (überwiegend Immobilienkredite) verbleibt ein Nettovermögen von durchschnittlich 139 000 Euro, exakt so viel wie im Jahr 2008 und 5 000 Euro weniger als vor zehn Jahren.

In den neuen Ländern liegt das Nettovermögen mit im Schnitt 60 000 Euro um mehr als die Hälfte niedriger als im Westen. Auch im Osten sind die Menschen in den zurückliegenden 10 Jahren nicht reicher geworden. Vor 10 Jahren betrug das Durchschnittsvermögen hier 61 000 Euro.

Der mit Abstand größte Vermögenswert der privaten Haushalte ist unverändert die selbst genutzte Immobilie. 66 Prozent (im Osten 55 Prozent) des Haushaltsnettovermögens entfallen darauf. Der Anteil an Geldvermögen (Sparguthaben, Lebensversicherungen und Wertpapiere) beträgt 34 Prozent (im Osten 45 Prozent). Dabei haben sich die Gewichte im Zeitablauf zugunsten des Geldvermögens verschoben: 1993 betrug der Anteil des Immobilienvermögens am Gesamtvermögen eines Haushalts noch annähernd 70 Prozent (in den neuen Ländern 60 Prozent).

Die Stagnation bei der Vermögensbildung geht auf zwei Entwicklungen zurück, nämlich auf niedrige Immobilienpreise in den Jahren zwischen 2003 und 2008 und auf sinkende Geldvermögen zwischen 2008 und 2013.

Niedrige Zinsen durchaus problematisch

Die Vermögensverluste durch den lange Zeit "schwächelnden" Immobilienmarkt in Deutschland wurden zunächst kompensiert durch eine erhöhte Geldvermögensbildung. Seit 2008 sinken hingegen die Geldvermögen, während sich die Immobilienpreise wieder erholen. Unter dem Strich hat sich an der Vermögenssituation der Haushalte aber fast nichts verändert. Die in den Jahren vor 2013 zu beobachtende Schrumpfung der Geldvermögen ist erkennbar unmittelbare Folge der niedrigen Kapitalmarktzinsen. Niedrige Zinsen bilden kaum Anreiz zum Sparen und verleiten zu Konsum und erhöhter Kreditaufnahme.

Für die künftigen Erwerber von Wohneigentum ist dieser Mix durchaus problematisch. Denn die niedrigen Zinsen gehen seit 2013 einher mit steigenden Immobilienpreisen, insbesondere verursacht durch den "Run" auf deutsche Immobilien als Kapitalanlage, aber auch durch eine über viele Jahre zu geringe Neubautätigkeit bei wachsenden Haushaltszahlen und erhöhter Zuwanderung. Während Immobilienbesitzer steigende Immobilienpreise als - zumindest vorübergehenden - Vermögenszuwachs verbuchen können, erschweren sie Ersterwerbern den Einstieg ins Wohneigentum.

Sie müssten mehr Eigenkapital aufbringen und höhere Darlehen schneller tilgen, um spätestens bis zum Rentenalter schuldenfrei zu sein.

Für die künftige Vermögensbildung und Alterssicherung wäre es jedoch fatal, wenn junge Haushalte an der Wohneigentumsbildung scheitern. Es ist deshalb an der Zeit, die Förderung der Vermögensbildung wieder politisch in den Blick zu nehmen.

Der Autor

Axel Guthmann - Verbandsdirektor, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband, Berlin

Axel Guthmann , LBS-Verbandsdirektor

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