BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2019

WOHNEIGENTUM - DER SCHLÜSSEL ZUR ENTLASTUNG DER WOHNUNGSMÄRKTE

Axel Guthmann, Foto: LBS Bundesgeschäftsstelle

Die Wohneigentumsquote in Deutschland stagniert - trotz der historisch niedrigen Bauzinsen. Die Ursache ist klar: Vielerorts können die Einkommen mit den immer weiter steigenden Immobilienpreisen nicht mehr Schritt halten. Eine besorgnisregende Entwicklung, die die deutsche Wohnungspolitik nun aber endlich auf dem Schirm zu haben scheint: Unter anderem ist das Baukindergeld im September 2018 in Kraft ge treten und Anpassungen bei der in die Jahre gekommenen Wohnungsbauprämie sollen folgen. In der folgenden, erstmals verbandsübergreifenden Analyse beleuchten die beiden Autoren die Maßnahmen der Großen Koalition und ziehen dabei insgesamt ein positives Fazit. Dass die Politik das selbst genutzte Wohneigentum stärkt, sei insbesondere mit Blick auf die individuelle Vermögensbiografie sowie die private Altersvorsorge höchst vernünftig. Bei der Wohnungsbauprämie gelte es nun zügig in die Umsetzung zu gehen, damit Sparer und potenzielle Wohneigentümer nicht noch mehr Zeit verlieren. Red.

Das Politikfeld "Wohnen" hat wieder die Aufmerksamkeit, die es längt verdient. Steigende Preise und Mieten haben die Akteure in Bund, Ländern und Gemeinden wachgerüttelt. Baulandmangel, anhaltender Zuzug in die Städte und ein lange vernachlässigter Neubau haben einen für den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährlichen Mix entstehen lassen. Gleichzeitig droht das Gefälle zwischen Stadt und Land zu wachsen. Nicht zu Unrecht wird das Wohnen daher in den Rang einer "neuen sozialen Frage" gehoben.

Und folgerichtig hat bereits der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD alle Register gezogen, um den immer stärker zu Tage tretenden Problemen auf den Wohnungsmärkten zu begegnen. Auf dem Wohngipfel vom 21. September 2018 im Bundeskanzleramt sind wichtige Beschlüsse gefasst worden, die der Heterogenität der Wohnungsmärkte in Deutschland gerecht werden und das gemeinsame Ziel verfolgen, möglichst zügig die Wohnraumsituation für alle Bevölkerungsschichten zu verbessern. Es bleibt aber noch viel zu tun - vor allem bei der Wohneigentumspolitik.

Bezahlbares Wohnen bleibt Dauerthema

Der Ruf nach bezahlbarem Wohnraum ist keine vorübergehende Erscheinung. Von der Nachfrageseite wird der Druck auf die Märkte weiter zunehmen und Neubau erforderlich machen: Es gibt immer mehr Singlehaushalte und kleinere Familien, der Zuzug von Menschen aus dem europäischen und nichteuropäischen Ausland setzt sich fort.

Wohnraummangel herrscht nicht allein in den wirtschaftlich starken Städten und ihrem Umland, sondern in vielen Regionen, darunter kleine und mittlere Universitätsstädte. Außerdem erzeugen qualitative Anforderungen und Bedürfnisse (altersgerechtes Wohnen, energieeffizientes Bauen) gerade auch im ländlichen Raum zusätzliche Nachfrage.

Das Angebot kann damit aktuell nicht Schritt halten. Baulandmangel, Akzeptanzprobleme von Neubauprojekten und Kapazitätsengpässe im Baugewerbe stellen zentrale Probleme dar. Zwar werden auch diese von Politik, Verwaltung und Verbände adressiert. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage ist aber weiterhin groß.

Auffällige Diskrepanzen

Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) müssten pro Jahr etwa 380 000 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Im Jahr 2017 wurden in Deutschland rund 285 000 Wohneinheiten hergestellt. Auffällig ist auch die Diskrepanz zwischen Genehmigungen (sie sanken 2017 und zogen 2018 nur marginal an) und tatsächlichen Fertigstellungen. Die Lücke wächst. Gerade in den angespannten Wohnungsmärkten heißt das, dass die Preise weiter steigen.

Eine auf dauerhafte Entlastung der Wohnungsmärkte ausgerichtete Wohnungspolitik muss beim Bauland in die Höhe und in die Breite denken, muss die kurze und mittlere Frist einbeziehen und sollte den ländlichen Raum als Potenzial für günstigen Wohnraum begreifen. Teil dieser Strategie muss es auch sein, nicht einseitig auf den Mietwohnungsbau zu setzen, sondern das selbst genutzte Wohneigentum stärker in den Blick zu nehmen.

Elementare Bedeutung für die Vermögens- und Rentenpolitik

Dass die Wohnungspolitik gezielt das selbst genutzte Wohneigentum stärkt, ist höchst vernünftig. Zu lange war in Vergessenheit geraten, dass das Wohneigentum ein Schlüsselfaktor nicht nur für die Wohnraumversorgung ist, sondern auch eine elementare Bedeutung für die Vermögens- und Rentenpolitik hat. Empirische Analysen zeigen, dass ein neu bezogenes Eigenheim durch die dadurch ausgelösten "Umzugsketten" im Durchschnitt die Wohnsituation von 3,3 Haushalten verbessert. Die Fachleute sprechen vom sogenannten "Sickereffekt".

Aber auch für die individuelle Vermögensbiografie und die private Altersvorsorge ist Wohneigentum entscheidend. Verschiedene Auswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes zeigen: Aufgrund unterschiedlichen Spar- und Konsumverhaltens bauen Eigentümerhaushalte im Vergleich zu Mieterhaushalten der gleichen Einkommenskategorie im Laufe ihres Lebens ein Vielfaches an Vermögen auf.

Wirksamer Schutz gegen Gentrifizierung

Die ausgeprägte Bereitschaft der Menschen, für die eigenen vier Wände hohe Spar- und Tilgungsbeiträge aufzubringen, sollte sich der Staat zu Nutze machen. Denn er muss ein Interesse daran haben, dass die Menschen ihre Wohnraumversorgung selbst in die Hand nehmen und im Alter nicht dem Staat zur Last fallen.

Wohneigentum ist im Übrigen der einzig wirksame Schutz gegen Gentrifizierung. Dass der Berliner Senat und der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, deren Erfolge in der Wohnungspolitik ansonsten sehr überschaubar sind, beim viel beachteten Verkauf von 700 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee auch nach Wegen suchten, wie Mieter mit staatlicher Unterstützung zu Eigentümern werden könnten, spricht Bände.

Die Politik ist gut beraten, dabei den Normalverdiener im Auge zu behalten und ihm zu helfen, die Schwelle zum Wohneigentum zu überwinden. Wohneigentum ist für die meisten Menschen in Deutschland ein Lebenstraum und - ziel - es darf nicht zum Privileg Besserverdienender werden. Dies gilt umso mehr im aktuellen Umfeld, das vielerorts von stark steigenden Immobilienpreisen gekennzeichnet ist, die den Einkommen längst davongelaufen sind.

Mangelndes Eigenkapital ist zum größten Hemmnis beim Eigentumserwerb geworden. Wenn Wohnträume weiterhin Wirklichkeit werden sollen, muss der Wert der Sparkultur in Deutschland mit all ihren Vorteilen für den Einzelnen und die Gesellschaft wieder stärker ins Bewusstsein rücken.

Baukindergeld: das richtige Instrument zur richtigen Zeit

Zu den wichtigsten Maßnahmen des Bundes im Bereich der Wohneigentumsförderung gehört das Baukindergeld. Umso erstaunlicher war es zu beobachten, dass das Baukindergeld schon in der "Entstehungsphase" in der Kritik stand. Zu teuer, Neubau an der falschen Stelle, Preis- und Mitnahmeeffekte: So lauteten die oft politisch, meist aber fiskalisch motivierten Vorwürfe. Dabei ist das Baukindergeld bei nüchterner Betrachtung das richtige Instrument zur richtigen Zeit.

Es ist nicht nur ein starkes Signal des Staates zugunsten des selbstgenutzten Wohneigentums; es ist vor allem auch eine messbare konkrete Hilfe für Familien mit Kindern, insbesondere in weniger wirtschaftsstarken Regionen. Dort trägt es dazu bei, gleichwertige Lebensverhältnisse im Land aufrecht zu erhalten.

Insgesamt wird das Baukindergeld nach einer Modellrechnung von Empirica zusätzlich 58 000 junge Familien in die Lage versetzen, Wohneigentum zu erwerben. Die Wissenschaftler haben auch ermittelt, wie sich die Förderung auf die einzelnen Landkreise auswirkt. Zunächst ist zu beobachten, dass unter Berücksichtigung des Baukindergeldes in 99 Landkreisen und kreisfreien Städten das Ersterwerberpotenzial wieder bei mindestens elf Prozent liegt, also sogar deutlich über dem Niveau von 2007, als die Wohnungsmarktsituation noch entspannter war.

Stärkung der ländlichen Regionen

Ein weiteres, wenig überraschendes Ergebnis: Ein überdurchschnittlich hohes Zusatzpotenzial (plus 56 Prozent) ergibt sich in Schrumpfungsregionen, das heißt in Regionen mit Bevölkerungsrückgang. Dort sind die Immobilienpreise so niedrig, dass schon ein kleiner Zuschuss den Eigenkapitalbedarf erheblich senkt. In Metropolstädten wie Hamburg, Köln, Frankfurt, München und Berlin hingegen sind die Preise so hoch, dass selbst hohe Zuschüsse den Familien kaum über die Eigenkapitalschwelle helfen würden. Hier ergibt sich rechnerisch ein Zusatzpotenzial von bestenfalls 15 Prozent.

Die "Extreme" der Modellrechnung sollten jedoch nicht falsch interpretiert und vor allem nicht einseitig als Problem dargestellt werden. Es ist unrealistisch anzunehmen, dass sich junge Familien nun, "verleitet" vom Baukindergeld, systematisch dort niederlassen, wo sie keinerlei berufliche Perspektiven haben. Vielmehr werden sie dort bleiben oder dort hinziehen, wo es Arbeit gibt und sie sich wohlfühlen. Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es nicht nur in Ballungszentren, sondern eben auch "in der Fläche".

Das Baukindergeld bietet damit auch einen politisch durchaus gewollten Vorteil: Es wirkt stärker in den niedrigpreisigen sowie durch Abwanderung gefährdeten ländlichen Regionen. Diese Wirkung ist durchaus gewünscht, denn jede Familie, die jetzt nicht oder erst später in die attraktiveren Städte zieht, entlastet dort den Wohnungsmarkt.

Das Baukindergeld ist eine effektive Förderung, aber diese wirkt nur kurzfristig. Auch vor dem Hintergrund ihrer Haushaltswirkung wurde sie zunächst bis zum Jahr 2020 befristet. Es ist daher konsequent, dass die Bundesregierung weitere Eigenkapital unterstützende Maßnahmen plant, mit denen mittelfristig die Wohneigentumsbildung gestärkt wird. Dazu gehört nach den Beschlüssen des Wohngipfels insbesondere die Verbesserung der Wohnungsbauprämie.

Verbesserte Ansparförderung ist zu begrüßen

Die Sparförderung setzt dort an, wo das größte Hindernis für den Wohneigentumserwerb besteht, dem Mangel an Eigenkapital. Die Förderung des Aufbaus von Eigenkapital als Grundlage für eine sichere Wohnungsbaufinanzierung hat sich jahrzehntelang bewährt und ist fester Bestandteil einer Finanzierungskultur, die auf Festzinsen, niedrige Beleihungsausläufe und Rückführung von Darlehen spätestens bis zum Eintritt ins Rentenalter setzt.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD sich folgerichtig auf eine Verbesserung der Ansparförderung zum Eigenkapitalaufbau zum Zweck des Wohneigentumserwerbs verständigt. Wörtlich heißt es: "Die Wohnungsbauprämie behalten wir als Anreizinstrument insbesondere für junge Menschen, frühzeitig mit der Ansparphase zu beginnen, bei. Wir wollen sie attraktiver gestalten. Dazu wollen wir die Einkommensgrenzen an die allgemeine Einkommens- und Preisentwicklung anpassen und den Prämiensatz erhöhen."

Überfällige Anpassung der Wohnungsbauprämie

Der Wohnungsgipfel hat das Vorhaben bekräftigt, sodass nach 23 (!) Jahren einer Anpassung nichts mehr im Wege steht. Zu Recht. Denn die Wohnungsbauprämie ist Voraussetzung für künftige Erfolge bei der Wohneigentumsbildung. Sie steht für soziale Treffsicherheit und ist für den Staat "preiswert". Um die Wohnungsbauprämie zu erhalten, müssen Sparer strenge Voraussetzungen erfüllen. Erstens dürfen bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden, zweitens muss der Sparer, um einen Euro Förderung zu erhalten, das Elffache an Eigenleistung aufbringen (für die öffentlichen Haushalte ein bequemes und günstiges Mittel, privates Kapital zu mobilisieren), und drittens ist generell nur die wohnungswirtschaftliche Verwendung prämienunschädlich.

Die Wohnungsbauprämie setzt darauf, beim potenziellen Wohneigentümer den Aufbau von Eigenkapital aus eigener Kraft anzuregen, das er später zum Erwerb einer selbst genutzten Immobilie verwenden kann. Freilich benötigen solche Maßnahmen Zeit und sind kein Garant für schnelle Erfolge, sondern perspektivisch ausgerichtet.

Aber insgesamt gesehen überwiegen die Vorteile: Wer mehr Eigenkapital einbringen kann, senkt die Belastung aus einer Fremdfinanzierung - sowohl mit Blick auf den Fremdkapitalbedarf als auch auf den Zinssatz des Immobiliendarlehens.

Auch gesamtwirtschaftlich ist dies der richtige Weg. Wenn in einer Volkswirtschaft weniger Fremdkapital zur Immobilienfinanzierung aufgenommen und mehr Eigenkapital eingebracht wird, wird das Risiko kreditfinanzierter Preisblasen auf den Immobilienmärkten minimiert. Eine Begünstigung der Verschuldung, insbesondere von Haushalten, die bisher keine "Spar-Historie" vorweisen können, birgt nach allen Erfahrungen, die uns die US-Subprimekrise gelehrt hat, am Ende makroökonomische Risiken.

Bestätigung früherer Studien

Es ist deshalb erfreulich, dass die Verbesserung der Wohnungsbauprämie nicht nur bei den Koalitionsfraktionen im Bundestag breite Unterstützung erfährt. Sie ist, um nur ein Beispiel zu nennen, auch Bestandteil der "grünen Wohnoffensive" der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen.

Gewartet wird seitens der Regierung noch auf ein in der vergangenen Legislaturperiode beauftragtes Gutachten, das überprüfen soll, inwieweit die mit der Wohnungsbauprämie angestrebten Ziele erreicht werden. Nach bisherigen Erkenntnissen, vorgetragen unter anderem beim Immobilienwirtschaftlichen Dialog der Bundesregierung im Januar 2019, werden - erwartungsgemäß - die positiven Ergebnisse früherer Studien bestätigt: Die Wohnungsbauprämie wirkt!

Kritiker führen gerne an, dass in den Genuss der Wohnungsbauprämie ja nur Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen kämen, die sich ohnehin kein Wohneigentum leisten könnten. Das würde aber voraussetzen, dass die begünstigten Haushalte auf alle Zeit dasselbe Einkommen beziehen würden und von Lohnerhöhungen ausgeschlossen wären. Diese Idee ist reichlich unrealistisch. Tatsächlich steigen viele Menschen am Anfang ihres Erwerbslebens durch die Wohnungsbauprämie ins zweckgerichtete Vorsparen ein und legen weiterhin Geld auf die hohe Kante, auch wenn sie aus der Förderberechtigung "herausgewachsen" sind.

Abgesehen davon stellt auch der Erwerb eines Anteils im genossenschaftlichen Wohnen eine wohnungswirtschaftliche Verwendung dar - dieser Weg steht also auch offen. Und im Übrigen ist die Kritik auch kein Argument gegen eine Anpassung der Einkommensgrenzen und der begünstigten Einzahlungen.

Millionenfach bewährt

Die Wohnungsbauprämie hat sich millionenfach bewährt. Eine seit 1996 nicht mehr erfolgte Anpassung der Einkommensgrenzen und der förderfähigen Höchstbeträge an die allgemeine Preis- und Lohnentwicklung ist dringend geboten, damit beispielsweise eine Krankenpflegerin im zweiten Berufsjahr wegen ihres zu hohen Einkommens (!) nicht aus der Begünstigung fällt.

Der Erfolg dieser fiskalisch überschaubaren Maßnahme wird erst im Zeitablauf sichtbar werden. Dieser Effekt ist aber durchaus erwünscht, denn so lässt sich die gegenwärtig hohe Nachfrage besser auf der Zeitachse verteilen und das Angebot kann darauf reagieren.

Die Strategie für mehr Wohneigentum ist im Koalitionsvertrag und in den Beschlüssen vom Wohngipfel angelegt. Im Bundestag gibt es einen breiten Konsens zur Verbesserung der Wohnungsbauprämie. Jetzt gilt es, das Vorhaben konkret umzusetzen, damit Sparer und potenzielle Wohneigentümer nicht noch mehr Zeit verlieren.

DER AUTOR AXEL GUTHMANN, Verbandsdirektor, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen, Berlin
DER AUTOR CHRISTIAN KÖNIG, Hauptgeschäftsführer, Verband der Privaten Bausparkassen e.V., Berlin
Axel Guthmann , LBS-Verbandsdirektor
Christian König , Geschäftsführender Direktor , Europäische Bausparkassenvereinigung, Brüssel

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