MARKT- UND OBJEKTBEWERTUNG

WOHNHOCHHÄUSER - HERAUSFORDERUNG IM PRICE MODELING

Till Johannes Brühöfener-Mccourt
Foto: ZIEGERT Bank- und Immobilienconsulting GmbH

Wohnhochhäuser erleben in Deutschland derzeit eine beeindruckende Renaissance, wobei der Kontrast zur ersten Generation deutscher Wohntürme aus den sechziger und siebziger Jahren nicht größer sein könnte: Die heutigen Objekte befinden sich überwiegend in sehr guter Innenstadtlage, sind architektonisch höchst anspruchsvoll und verfügen über einen hohen Anteil von Eigentumswohnungen. Der vorliegende Beitrag widmet sich in diesem Zusammenhang der komplexen Frage, wie Bauträger und Projektentwickler den von ihnen anvisierten Gesamtumsatz auf die einzelnen Eigentumswohnungen in einem Hochhausprojekt am besten verteilen sollten. Nach Einschätzung des Autors empfiehlt sich hier eine Preisverteilung, die sowohl einer äußeren als auch einer projekteigenen inneren Logik folgt. Red.

Das Hochhaus war vor den 1950er Jahren als Bauform weitestgehend verpönt. War diese doch "Träger einer gesellschaftlichen, einer städtebaulichen und einer architektonischen Symbolik, die in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg von der Mehrheit der Fachleute vehement als 'Amerikanismus' abgelehnt wurde". * Der vorhandene Wohnungsmangel nach 1945, bedingt durch die großflächige Zerstörung von Wohnraum in den Großstädten zum Ende des zweiten Weltkriegs, die Entwicklung industrieller Bautechniken sowie eine sich wandelnde Haltung gegenüber des Wohnhochhauses und seiner Assoziation sorgten dafür, dass diese Bauform nicht nur als Lösung des Wohnraummangels in Deutschland betrachtet wurde, sondern auch als einen weiteren Schritt in Richtung "Moderne".

Denn was von uns heute als selbstverständlich angesehen wird - Warmwasserversorgung und Sanitäreinrichtungen innerhalb der eigenen vier Wände -, war damals im Altbau meist nicht vorhanden. Daher verwundert es auch nicht, als im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA 57) in Berlin im Jahr 1957 diverse Wohnhochhäuser, unter anderem auch eine der "Wohnmaschinen" von Le Corbusier, entstanden. Das Wohnhochhaus als moderne Wohnform, als Sinnbild moderner Stadtplanung und zugleich als architektonische Kunstform!?

Tief greifender Imagewandel

Die industrielle Fertigung von großflächig geplanten Wohnsiedlungen und Punkthochhäusern ermöglichte es dem Staat, Wohnungen in kürzester Zeit in großer Stückzahl zu errichten oder errichten zu lassen. Verbunden mit den staatlichen Instrumenten des geförderten Wohnens hatte der soziale Wohnungsbau seine Hochphase in den 1960er und 1970er Jahren. Es ist eine Phase, in der der Wohnungsbau eng mit gesellschaftspolitischen Utopien verknüpft wurde. Jedoch: Die Utopie wich bald der Ernüchterung. Wohnhochhäuser entstanden zumeist nicht in den zentralen Lagen der Stadt, sondern vielmehr in Großwohnsiedlungen an deren Rändern. Sie formten schon bald ein Sinnbild für eine soziale Segregation und Ausgrenzung.

Waren noch in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Suburbanisierung, monofunktionale Räume und die Entleerung des städtischen Raums die zu beobachtenden Phänomene, dem die Raum-/Stadtplanung entgegenzuwirken versuchte, ist spätestens seit den 2000er Jahren der Megatrend "Urban Lifestyle" das stadtraumprägende Kuriosum. Das Leben in der Stadt wurde stärker denn je von weiten Teilen der Gesellschaft als erstrebenswert angesehen. Bevölkerungswachstum und eine starke Nachfrage auf den städtischen Wohnungsmärkten sind die Folge. In diesem Kontext sind auch die Projektentwicklungen der jüngsten Jahre zu bewerten: Wohnhochhäuser in nun zentralen Lagen der Stadt, deren Wohnungen nicht vermietet, sondern als Eigentumswohnungen veräußert werden. Sie sind für ganz andere Zielgruppen vorgesehen als in den "Mietwohnungstürmen" der 1960er und 1970er am Rande der Stadt.

Bedingt durch diesen aktuellen Bautrend sehen und sahen sich viele Bundesländer veranlasst, neue Gesetze und Vorschriften zu erlassen, die den bauplanerischen Umgang mit dieser Bauform lenken sollten. Eine einheitliche Definition, was eigentlich ein Hochhaus ist, entstand dabei jedoch nicht. In Deutschland wird in den meisten Bauordnungen der Bundesländer ein Gebäude dann als Hochhaus definiert, wenn der Fußboden mindestens eines Aufenthaltsraumes mehr als 22 Meter über der Geländeoberfläche liegt. Dies basiert auf der gängigen Länge einer Feuerwehrdrehleiter, die nur eine Nennrettungshöhe von 23 Meter aufweist.

Für höhere Gebäude, vor allem für Gebäude mit einer Höhe von über 60 Metern, gelten besondere Bauvorschriften, die zumeist den Brandschutz betreffen. Neben der Muster-Hochhaus-Richtlinie der Bauministeriumskonferenz, Konferenz für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU) regeln die einzelnen Landesbauordnungsanforderungen an Sonderbauten sowie Rechtsvorschriften und Verwaltungsvorschriften der Länder den Umgang mit diesem Gebäudetypus. Bei der Bewertung eines Wohnhochhauses im Rahmen einer Verkehrs- und/oder Beleihungswertermittlung muss also immer das entsprechende Landesrecht Berücksichtigung finden.

Komplexe Preisfindung

Marktpreisschätzung beziehungsweise die Verkehrs-/Beleihungswertermittlung für Eigentumswohnungen in Wohnhochhäusern ist für sich allein schon eine Herausforderung. Vor allem dann, wenn Projekte dieser Art an Standorten - sei es Makro- oder Mikrolage - entwickelt werden, an denen bis dato noch kein Objekt dieses Wohnimmobilientyps gestanden hat, geschweige denn ein Markt dafür existierte. Die Festlegung eines marktkonformen Verkaufspreises ist in einem solchen Fall besonders komplex: Hier sind vor allem Lokalwissen, Erfahrung und die richtige Einschätzung von städtischen Entwicklungstrends sowie das Erkennen von möglichen Potenzialen im Kontext neuer Zielgruppen gefragt.

Im Rahmen einer jeden Projektplanung für ein Wohnhochhaus mit einem hohen Eigentumswohnungsanteil stehen Bauträger und Projektentwickler lange vor der Vorbereitungsphase zum Vertriebsstart derselben Problematik gegenüber: Wie wird der anvisierte Gesamtumsatz auf die einzelnen Eigentumswohnungen in einem Projekt verteilt? Diese vorzunehmende Umsatzverteilung beziehungsweise Preisverteilung soll sowohl einer äußeren Logik als auch einer projekteigenen inneren Logik folgen. Diese muss im ersten Schritt plausibel für den Marktteilnehmer nachvollziehbar sein, wenn er diese in ihrer Gesamtheit vorliegen hätte.

Äußere und innere Logik

Die äußere Logik bezieht sich auf das gesamte Marktumfeld. Dazu zählen Angebot und Nachfrage, spezifiziert nach Lage, der Nutzungsart und nach der Zielgruppe. Diese findet bereits am Anfang einer jeden Projektplanung im Rahmen der klassischen Standort- und Marktanalyse statt. Ihr folgt die innere Logik der Preisverteilung. Diese innere Logik wird zum einen durch die physischen Gegebenheiten des Projektes (Höhe, Ausrichtung, Belichtung, Sichtachse (siehe Abbildung 1)), und zum anderen durch Sonderfaktoren wie Prestige, Privatsphäre und Grundrissgestaltung bestimmt.

Die Gewichtung dieser Faktoren sowie das richtige Verhältnis der Faktoren zueinander sind die wahren Herausforderungen beim Price Modeling. In welchem Verhältnis muss der Faktor Sichtachse zum Faktor Belichtung, sprich Ausrichtung oder Himmelsrichtung, stehen? Ist die Höhenlage im Gebäude immer als positiv zu erachten? Wie gewichtet man die unterschiedliche Anzahl der Wohneinheiten in den einzelnen Stockwerken? Dies sind nur einige Fragen von vielen, die sich beim Aufbau eines solchen Modells stellen. Dabei sollen die beiden Hauptzielsetzungen beim Modellieren stets präsent sein: das Erreichen der äußeren und inneren Logik der Preisverteilung zum einen und eine flexible Vertriebsstrategieplanung und Preisgestaltung im Vertriebsprozess zum anderen.

Gerade beim korrekten Einpreisen zum Beispiel der Höhenlage wird allzu häufig von falschen Annahmen bezüglich der Preissprünge zwischen den Etagen ausgegangen. Noch immer, auch wenn wissenschaftliche Untersuchungen zu anderen Ergebnissen gekommen sind, wird von einigen Akteuren in der Immobilienbranche daran festgehalten, dass mit jeder weiteren höhergelegenen Etage generell auch ein deutlich höherer Preis zu erzielen ist. Im Extremfall wächst der Preissprung von Etage zu Etage weiter - besonders in den oberen Stockwerken des Wohnhochhauses. Die Wertschätzung des Käufers, in diesem Fall sprechen wir von einem Eigennutzer, steigt aber mit dem Erreichen gewisser Sichtachsen nicht mehr proportional zu jedem weiteren Stockwerk an. Erst in den Prestigelagen am Gipfel des Gebäudes ändert sich dies wieder. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass bei einem Wohnhochhaus mit einer Mehrheit an für den Kapitalanlagevertrieb prädestinierten Eigentumswohnungen andere preisgestalterische Kriterien in den Vordergrund treten. Denn der Faktor der Höhe verliert diesen gegenüber an Bedeutung.

Ein durchdachtes und geprüftes Price Model

Am Ende des Price-Modeling-Prozesses sollte eine optimale Preisverteilung vorliegen, die eine gut modellierbare Preisklassenstruktur, in Stückpreisen als auch Quadratmeterpreisen, aufweist. Diese kann dann, wie zuvor bereits erwähnt, an die entsprechende Vertriebsstrategie angepasst werden. Damit sollte auch nicht Gefahr gelaufen werden, dass von Beginn an viel zu teure beziehungsweise zu günstige Eigentumswohnungen im Verkaufsportfolio vorzufinden sind.

Häufig ist zu beobachten, dass sich im Laufe eines Vertriebsprozesses eine Preisverteilung wie in der linken Graphik von Abbildung 2 entwickelt. Daher wird empfohlen, dass am Ende des Price-Modeling-Prozesses beziehungsweise am Anfang der Vertriebsstrategieplanung ein durchdachtes und geprüftes Price Model zur Verfügung steht. Dies sollte in seiner Preisverteilung eher der rechten Graphik von Abbildung 2 gleichen.

Eine Verteilung wie in der linken Graphik von Abbildung 2 schafft meist am Ende des Vertriebszeitraums Probleme: Die teureren Eigentumswohnungseinheiten, die dann zum Verkauf stehen, müssen die Rendite des Bauträgers beziehungsweise des Projektenwicklers erwirtschaften und verzögern den Vertriebsabschluss. Nicht selten sehen sich solche Bauträger/Projektentwickler mit diesem Szenario konfrontiert, die am Anfang erhebliche Preisnachlässe gewähren, um möglichst schnell die erste Abverkaufsquote für die Kredit gebende Bank zu erfüllen.

Fußnote

* Forschung Frankfurt 4/2002; Marianne Rodenstein: "Wolkenkratzer oder Hochhäuser - zwei Typen der Stadtentwicklung. Warum wurde nur Frankfurt "amerikanisch"?"; S. 24.

DER AUTOR TILL JOHANNES BRÜHÖFENER-MCCOURT Head of Research, ZIEGERT Bank- und Immobilienconsulting GmbH, Berlin
Till Johannes Brühöfener-Mccourt , Head of Research, ZIEGERT Bank- und Immobilienconsulting GmbH, Berlin

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