IMMOBILIEN UND IHRE FÖRDERUNG

WOHNUNGSGENOSSENSCHAFTEN - STARKE PARTNER IM RAHMEN DER ÖFFENTLICHEN WOHNRAUMFÖRDERUNG

Karsten Statz, Foto: Spar- und Bauverein eG Dortmund

Die Bestände an gefördertem und damit preisgebundenem Wohnraum sinken hierzulande stetig. Dies führt nicht nur in den angespannten Wohnungsmärkten zu Wohnraumengpässen bei unteren und mittleren Einkommensschichten. Doch es gibt durchaus Anlass für Optimismus, wie die Schilderungen des folgenden Beitrags zeigen. Der aktuell steigende Fördermittelabruf und die aktive Bautätigkeit durch Wohnungsgenossenschaften versprechen demnach eine positive Entwicklung. Um den Aufwärtstrend nachhaltig zu etablieren, hat der Verein Wohnen in Genossenschaften e.V. in Kooperation mit dem VdW Rheinland Westfalen vom Institut InWIS vor kurzem einen entsprechenden Leitfaden speziell für Wohnungsgenossenschaften erarbeitet. Ganz im genossenschaftlichen Sinn der Hilfe zur Selbsthilfe sollen dabei Best-Practice-Projekte Orientierung in der Wohnraumförderung bieten. Der Autor stellt die wichtigsten Erkenntnisse vor. Red.

In vielen Bundesländern wurden in den vergangenen Jahren die Rahmenbedingungen und Konditionen der öffentlichen Wohnraumförderung deutlich verbessert. Grunddarlehen wurden angepasst und zahlreiche Zusatzdarlehen für bestimmte bauliche Maßnahmen eingeführt, zum Beispiel für energiesparende und nachhaltige Bauweisen.

Verdreifachung des Fördervolumens binnen einem Jahr

Der Verzicht auf die Rückzahlung eines hohen Anteils des gewährten Grunddarlehens durch die Förderbanken führt zu Tilgungsnachlässen von bis zu 30 Prozent. Somit ermöglicht die Verbesserung der Förderkonditionen, dass auch mit der Schaffung miet- und belegungsgebundener Wohnungen eine tragfähige Wirtschaftlichkeit realisiert werden kann.

Bei den Wohnungsgenossenschaften hat sich das Fördervolumen von 2019 auf 2020 mit rund 150 Millionen Euro verdreifacht. Dies macht erneut deutlich: Wohnungsgenossenschaften und die öffentliche Wohnraumförderung sind verlässliche Partner bei der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum (siehe Abbildung 1).

Eine Vielzahl an Wohnungsgenossenschaften steht vor großen Herausforderungen, den richtigen Weg im Fördermittelabruf einzuschlagen. Insbesondere jene, die eher selten öffentlich gefördert bauen oder deren letzte Bauprojekte viele Jahre zurückliegen.

Der Verein "Wohnen in Genossenschaften e.V." will den Unternehmen mit seinem "Leitfaden zur Wohnraumförderung in Wohnungsgenossenschaften" eine Hilfestellung bieten und ihnen mögliche Bedenken vor dem geförderten Wohnungsbau nehmen.

Laut Franz-Bernd Große-Wilde, Vorsitzender des Vereins Wohnen in Genossenschaften e.V., zeigen die teilnehmenden Wohnungsgenossenschaften mit ihren vorbildlichen Projekten, wie vielseitig die Wohnraumförderung genutzt wird, um bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen.

Der vom InWIS, Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung, im Auftrag des Vereins erarbeitete Leitfaden belegt mit anschaulichen Praxisbeispielen, mittels welcher Schlüsselfaktoren öffentliche Wohnraumförderung in Genossenschaften durchaus attraktiv und vielseitig umgesetzt werden kann.

Schlüsselfaktor Kommunikation

Als Hemmnisse für den Neubau von gefördertem Wohnraum werden von vielen Genossenschaften die Belegungsrechte der Kommunen, komplexe Antragsverfahren, die Herausforderungen bei der Rentabilität durch die steigenden Baukosten sowie die preisgebundenen Mieten genannt. Dem gegenüber stehen Genossenschaften, die sehr aktiv in den vergangenen Jahren öffentlich geförderten Wohnraum geschaffen haben.

Im Best-Practice-Austausch mit den Bewilligungsbehörden sowie den Förderbanken selbst zeigte sich, dass die Hemmnisse oft unbegründet sind. Wichtige Lösungen waren dabei vor allem eine gute, beständige und frühzeitige Kommunikation sowie ein aktiver Informationsaustausch mit den Ansprechpartnern vor Ort. Bereits in der Vorbereitung stellen sich für die Genossenschaften die Fragen, ob die Voraussetzungen zur Wohnraumförderung überhaupt erfüllt sind: Ist ein geeignetes Grundstück oder ein entsprechendes Konzept für ein Grundstück vorhanden? Kann der geforderte Eigenanteil erbracht werden?

Als Ergebnisse aus den Best-Practice-Interviews geht hervor, dass bereits während der Konzeptionsphase ein mit dem geförderten Wohnungsbau vertrauter Architekt mögliche Schwierigkeiten im Blick hat. Etwaige Probleme, wie zum Beispiel zu große oder zu kleine Wohnungsgrundrisse, lassen sich so bereits frühzeitig vermeiden.

Bewilligungsbehörden als Partner betrachten

Die Studie setzt bei der ersten Phase des Wohnungsbaus an. Sie zeigt in jedem Kapitel auf, wie Wohnraumförderung wirtschaftlich umgesetzt werden kann, in welche Phasen sich ein solches Neubauprojekt aufteilt und auf welche Fallstricke die Wohnungsgenossenschaften im Detail achten müssen. Zu diesem Zweck bietet der Leitfaden eine detaillierte Checkliste, die für jede einzelne Projektphase die wichtigsten Informationen bereithält (siehe Abbildung 2).

Zur Gestaltung des individuellen Förderkonzepts ist der intensive Austausch mit der Bewilligungsbehörde unverzichtbar. Die frühzeitige Abstimmung kann hilfreiche Tipps bieten, um im Interesse beider Seiten ein erfolgreiches Projekt zu entwickeln. So berichtet der Großteil der befragten Genossenschaften, eine zufriedenstellende Einigung bei den Belegungsregelungen gefunden zu haben. Dabei verzichten einige Kommunen vollständig auf ihr Recht.

Die Ansprechpartner in den Bewilligungsbehörden und Förderbanken unterstützten oftmals auch bei der Prüfung sowie Abstimmung der entsprechenden Förderdarlehen. Bereits bei der Antragsstellung und zum Baubeginn sind die geforderten Fristen und Vorgaben strikt zu berücksichtigen.

Denn auch hier zeigt sich eine große Kooperationsbereitschaft: Steigen zum Beispiel die Entsorgungskosten deutlich, wurden dafür jedoch beim Baugrubenverbau Kosten eingespart, so sind die Bewilligungsbehörden bereit, einzelne Fördermittel im Nachgang auf andere Positionen zu verschieben. Ein nachträglicher Mittelabruf ist in den meisten Fällen nicht möglich.

Bezahlbarkeit und Qualität schließen sich nicht aus

So zahlt sich am Schluss die Förderung doppelt aus. Im niedrigen Zinsumfeld sind Kapitalmarktangebote konkurrenzfähig, doch führen vor allem die deutlichen Tilgungsnachlässe auf das Zusatzdarlehen von bis zu 50 Prozent zu sehr hohem Einsparpotenzial der Gesamtkosten. Somit lassen sich preisgebundene Neubauprojekte für die Unternehmen wirtschaftlich darstellen und gleichzeitig wird dringend benötigter, bezahlbarer Wohnraum geschaffen.

Die Best-Practice-Beispiele aus der Studie des Vereins "Wohnen in Genossenschaften" zeigen eindrucksvoll, dass geförderter Wohnraum auch mit qualitätsvollem Wohnstandard gebaut werden kann. Ein Mix aus geförderten und freifinanzierten Wohnformen für alle Einkommensschichten, Menschen verschiedener Altersklassen und Menschen mit Behinderung sorgt zusätzlich für eine vielfältige Nachbarschaft. Genossenschaften entsprechen somit vollends ihrem Auftrag der Mitgliederförderung sowie der Bereitstellung von attraktivem und bezahlbarem Wohnraum für eine breite Schicht der Bevölkerung.

Klimaschutz als Förderanreiz

In den vergangenen zehn Jahren sind die Preise und regulatorischen Vorgaben sowohl für den Wohnungsneubau wie auch in der Bestandsmodernisierung immer weiter gestiegen, nicht zuletzt, um die CO2-Neutralität in den Bereichen der Wärmeversorgung und (E)-Mobilität zu erreichen. Zusammen mit den massiv gestiegenen Grundstückspreisen führen diese zusätzlichen Kosten zu immer stärker steigenden Projektkosten.

Abbildung 1: Öffentlich geförderte Wohnungen im Wohnungsneubau in Mehrfamilienhäusern in Deutschland (in Prozent) Quelle: GdW (Angaben von GdW-Mitgliedsunternehmen), fertiggestellte Wohnungen
Abbildung 2: Checkliste zur Wohnraumförderung Quelle: Leitfaden zur Wohnraumförderung in Wohnungsgenossenschaften, Wohnen in Genossenschaften e.V.

Es bedarf daher weiterer staatlicher Förderanreize für klimagerechte Investitionen, um auch zukünftig den Neubau von bezahlbarem Wohnraum gewährleisten zu können.

Der Verein "Wohnen in Genossenschaften e. V." ist ein Zusammenschluss von über 70 Mitgliedern. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Universitäten und Hochschulen greift der Verein insbesondere solche wissenschaftlichen, politischen und rechtlichen Fragestellungen im Genossenschaftswesen auf, die in der betrieblichen Praxis relevant sind. Der neue Leitfaden zur Wohnraumförderung in Wohnungsgenossenschaften kann kostenlos auf der Homepage des Vereins heruntergeladen werden: www.wohnen-in-genossenschaften.de.

Karsten Statz , Referent Management & Geschäftsbeziehungen , Spar- und Bauverein eG, Dortmund

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