Immobilien-Konjunktur 2016

Der Wohnungsmarkt wird sich dramatisch verändern

Haus & Grund-Wohnflächentest:

Die Mietpreisbremse ist verfassungswidrig und verschärft die Wohnungsknappheit. Die Verlängerung des Bezugszeitraums der ortsüblichen Vergleichsmiete auf zehn Jahre ist harter Tobak. Eine Einschränkung der Modernisierungsmieterhöhung führt zur Investitionszurückhaltung. Die Energiepolitik sendet verheerende Signale an diejenigen, die Wohnraum zur Verfügung stellen möchten. Vor der Einführung einer Sonder-AfA für den Wohnungsneubau kann nur vehement gewarnt werden, deutlich mehr positive Wirkung haben Steuersenkungen. Es ist ein ganzer Strauß an Themen, die die Vermieter als drohendes Übel für 2016 ausmachen. Mit Gemeinwohl, so stellt der Präsident des Vermieterverbandes Haus & Grund, Dr. Rolf Kornemann, in seinem Beitrag klar, hat die aktuelle Wohnungspolitik wenig zu tun. Denn viele der Maßnahmen kämen nicht bei den Betroffenen an, beziehungsweise hätten kontraproduktive Wirkung wie beispielsweise Fehlallokationen oder Mitnahmeeffekte. Aber war es am Wohnungsmarkt nicht immer so, dass es entweder zu viel der Förderung gab oder zu wenig? Weniger Herausforderungen gab es allemal schon einmal. Red.

Politiker sind Stimmenmaximierer. Sie wollen bei der nächsten Wahl so viele Stimmen bekommen wie möglich. Das ist in Ordnung, solange das Gemeinwohl dabei im Blickfeld bleibt. In der aktuellen Mietrechtspolitik gerät das Gemeinwohl jedoch mächtig unter die Räder. Die regierende SPD - und mit ihr die Oppositionsparteien Grüne und Linke - agieren nach dem Motto: Je mehr wir scheinbar im Sinne der Mieter verändern und je mehr wir die Rechte der Vermieter beschneiden, umso größer sind unsere Chancen auf zusätzliche Stimmen bei der nächsten Bundestagswahl.

Wie CDU und CSU sich verhalten, war bei Redaktionsschluss noch nicht absehbar. Einen Vorgeschmack hat aber das fast einstimmige Votum der CDU/CSU-Bundestagsfraktion pro Mietpreisbremse gegeben, das heißt auch sie präferieren Mieterinteressen.

Die Mietpreisbremse ist zunächst einmal verfassungswidrig, weil sie massiv die Eigentumsrechte der privaten Vermieter verletzt. Die Mietpreisbremse ist kontraindiziert, weil sie das Problem lokaler Wohnungsknappheit nicht lindert, sondern verschärft. Wer Höchstpreise festlegt, deckelt das Angebot und heizt die Nachfrage an.

Mietrecht ...

Durch die Mietpreisbremse wird ohnehin begehrter Wohnraum für viele Wohnungssuchende attraktiver - am Ende wird sich das gutverdienende Ehepaar gegen die alleinerziehende Krankenschwester durchsetzen. Scheinbar wurde etwas für die sozial Schwachen getan - tatsächlich wird der Wohnungsmarkt zulasten von Eigentümern und weniger solventen Wohnungssuchenden geschädigt. Das hat nichts mit Gemeinwohlorientierung zu tun!

Es geht jedoch weiter mit dieser vermeintlich mieterorientierten Politik. In einem zweiten Mietrechtspaket sollen die Modernisierungsmieterhöhung, die ortsübliche Vergleichsmiete und die Wohnfläche neu geregelt werden. Die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Eckpunkte haben mit einem sozialen Mietrecht, mit einem fairen Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter, nur noch wenig zu tun.

Unter der Überschrift "Die ortsübliche Vergleichsmiete im Mietspiegel" schlägt das Ministerium vor, den Bezugszeitraum der ortsüblichen Vergleichsmiete von vier auf zehn Jahre auszudehnen. Die Begründung: "Der Rücklauf aus Befragungen zum Zweck der Mietspiegelerstellung ist unter anderem deshalb gering, weil viele der Befragten einen Mietvertrag haben, der schon länger als vier Jahre besteht und dessen Miete in dieser Zeit nicht angepasst wurde." Das ist schon starker Tobak. Ein SPD-geführtes Ministerium benutzt das soziale Verhalten der Vermieter als Argument, um die Mietspiegel zulasten der Vermieter weiter zu bremsen!

Und in der Tat: Nach den jüngsten Ergebnissen der Haus & Grund-Vermieterbefragung gab es in 52,5 Prozent der erfassten Mietverhältnisse im aktuellen Mietzeitraum keine Mieterhöhung, weil genau darauf die Vermieter - aus welchen Gründen auch immer - verzichtet hatten. 29,1 Prozent der privaten Vermieter gaben beispielsweise an, die Miete ausschließlich bei einem Mieterwechsel zu erhöhen. Diese Grundhaltung der privaten Vermieter - langfristige Mietverhältnisse gehen vor Rendite - will der Bundesjustizminister nun bestrafen?

... wird zur Modernisierungsbremse

Zur Modernisierungsmieterhöhung führt das Ministerium aus, dass nur noch acht statt bisher 11 Prozent der Modernisierungskosten bei einer Mieterhöhung berücksichtigt werden dürfen. Zudem soll die Miete innerhalb von acht Jahren um nicht mehr als 50 Prozent, maximal nur um vier Euro pro Quadratmeter steigen dürfen. Wie unter dieser Voraussetzung noch energetische oder altersgerechte Modernisierungen durchgeführt und finanziert werden sollen, bleibt das Geheimnis des Bundesjustizministers. Würden diese Eckpunkte tatsächlich Gesetz, würde die Wohnungsqualität massiv leiden, an Instandhaltungen würde nur noch das unbedingt Notwendige getan. Damit setzte die Bundesregierung die Zukunftsfähigkeit des Mietwohnungsbestandes aufs Spiel. Zum Nutzen der Mieter? Wohl kaum.

In Sachen Wohnfläche wünscht sich das Ministerium, dass etwa bei Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete stets die "tatsächliche" Wohnfläche zugrunde gelegt werden muss. Damit unterstellt es zweierlei: dass es die tatsächliche Wohnfläche gibt und dass Vermieter eine Neigung zum Schummeln haben, die Wohnfläche also bewusst höher angegeben wird. Beides ist Nonsens. Ein Praxistest von Haus & Grund hat ergeben, dass drei Vermesser für ein und dieselbe Wohnung drei unterschiedliche Wohnflächen ermitteln. Wenn es künftig bei der Angabe der Wohnfläche keinen Toleranzbereich mehr geben sollte, sind noch mehr Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert (siehe Abbildung).

Dies alles zeigt, dass die Bundesregierung auf dem Weg ist, aus einer schlechten Wohnungs- und Mietrechtspolitik eine noch schlechtere zu machen. Der Bundesjustizminister sucht den Beifall des mietenden Wahlvolkes heute - ohne an morgen zu denken. Das ist mit Blick auf die wohnungspolitischen Herausforderungen, die allesamt Investitionen in den Wohnungsbestand erfordern, verantwortungslos.

Energiepolitik

Die Energiepolitik sendet ähnlich verheerende Signale an diejenigen, die Wohnraum zur Verfügung stellen möchten. Die energetischen Anforderungen an Wohngebäude steigen seit Jahren und es ist kein Ende in Sicht. Das hat dramatische Folgen, nicht nur für das Stadtbild, sondern für die Verwendung knapper finanzieller Mittel. Bauphysikalisch ist klar, dass immer dickere Dämmungen an der Gebäudehülle nicht proportional den Wärmeverlust reduzieren, sondern ab einem bestimmten Stärke nur noch minimal.

Dieses Optimum haben wir in Deutschland mit den aktuellen Vorschriften deutlich überschritten. Und trotzdem wird immer mehr Polystyrol an die Hauswände geklebt, sodass die schönen alten Fassaden aus dem Stadtbild verschwinden, man zudem davon ausgehen muss, dass Polystyrol-Dämmplatten im Falle eines Brandes gefährliche Beschleuniger sein können und man heute noch nicht weiß, wie dieser Müll eines Tages entsorgt werden sollen.

Gerade an diesem Polystyrol werden Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit energetischer Modernisierungen ausgerichtet, weil dieser Dämmstoff mit Abstand der billigste ist. Dann rechnet sich eine neue Dämmung natürlich viel schneller als bei Verwendung von Mineralwolle oder ähnlichem. Und damit die Bürger wissen, wie viel Energie ihre Immobilie verbraucht und wie viel konkret durch eine Modernisierung eingespart werden kann, gibt es Energieausweise. Dass die dort ausgewiesenen Ergebnisse häufig keinen größeren Wert als das Ergebnis eines Würfelwurfs haben, trägt nicht dazu bei, dass das Geld der Eigentümer in die ökonomisch und ökologisch vernünftigste Verwendung gelenkt wird. Ein Haus & Grund-Test hat gezeigt, dass verschiedene Energieberater vollkommen unterschiedliche Energiebedarfswerte für ein und dieselbe Immobilie ermitteln. Doch wie sollen auf solcher Grundlage vernünftige Investitionsentscheidungen getroffen werden?

Ist denn wenigstens von der steuerlichen Seite Gutes für 2016 zu erwarten? Wohl kaum. Zwar ist die Finanzsituation von Bund, Ländern und Kommunen gut bis sehr gut, doch die schwer zu prognostizierende Anzahl von Flüchtlingen und die damit zusammenhängenden finanziellen Herausforderungen für alle drei Ebenen lassen die Finanzpolitiker - wohl zu Recht - vorsichtig agieren. Das wird bedeuten, dass es nennenswerte Steuerförderungen für den Wohnungsmarkt nicht geben wird.

Steuern

Vor der Einführung einer Sonder-AfA für den Wohnungsneubau kann nur vehement gewarnt werden. Die Gefahr von Mitnahmeeffekten wäre zu groß. Der Bund und die Länder sollten stattdessen langfristige Engagements fördern. Es wäre daher schon viel gewonnen, wie die lineare AfA den realen Bedingungen angeglichen und auf drei, besser auf vier, Prozent angehoben würde.

Wesentlich effektiver als das Schaffen neuer Förderprogramme wäre allerdings, die Steuern - und vor allem die Einkommensteuer - generell und über den gesamten Tarifverlauf zu senken. Untersuchungen zeigen, dass 90 Prozent der privaten Vermieter ihre Investitionen vollständig aus Eigenkapital finanzieren. Steuersenkungen dürften also den weitaus größeren Effekt haben als irgendwelche Förderprogramme. Mit weniger Verwaltungsaufwand sind sie allemal verbunden. Das Gleiche gilt für die Grund- und Grunderwerbsteuer. Es wäre ein positives Signale an alle Mieter, Eigentümer und Kauf- und Bauwilligen, wenn hier die Steuersätze gesenkt oder zumindest nicht weiter erhöht würden.

Flüchtlinge

Die Wohnungspolitik wird 2016 von der Frage dominiert werden, wie wir die vielen, bei uns Schutz vor Krieg, Vertreibung und Hunger suchenden Menschen kurz- und langfristig eine Bleibe bieten können. Hier geht es um viel mehr als nur um ein Dach über dem Kopf. Es wird darum gehen, wie wir diese Menschen aus vollkommen unterschiedlichen Kulturkreisen so integrieren, dass keine Parallelwelten entstehen.

Voraussetzung ist, dass der Staat überhaupt erst mal einen Überblick über die Situation bekommt. Wenn man nicht weiß, wie viele Menschen hier sind, woher sie stammen und wie lange sie bleiben wollen, ist alles Planen Kaffeesatzleserei. Aus dieser verantwortungslosen Lage müssen wir schnellstmöglich heraus.

Der Autor

Dr. Rolf Kornemann Präsident, Haus & Grund Deutschland, Berlin

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