IMMOBILIEN UND STEUERN

WOHNUNGSPOLITISCHE FÖRDERMASSNAHMEN DER GROSSEN KOALITION IN DER BEWERTUNG

Christian Bruch, Foto: BFW

Gut gemeint, nicht gut gemacht oder zumindest die richtigen Weichen gestellt? Inzwischen hat es fast schon Tradition, dass Immobilienwirtschaft und Politik bei der Bewertung neu ergriffener Fördermaßnahmen im Wohnungswesen zu gänzlich unterschiedlichen Einschätzungen kommen. Mit Blick auf die laufende Legislaturperiode sind das Baukindergeld sowie die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau wohl die eindringlichsten Beispiele dafür. Der Autor des vorliegenden Beitrags nimmt diese beiden Instrumente zum Anlass, um die grundsätzlichen Probleme der Großen Koalition im Bereich der Wohnungspolitik zu analysieren. Anstatt kluge steuer- und finanzpolitische Entscheidungen zu treffen, seien die Parteien zu sehr damit beschäftigt gewesen, die eigene Wählerklientel zu bedenken beziehungsweise Machtverhältnisse zu sichern. Red.

"Große Koalitionen müssen Großes leisten!" Diesen Spruch hört man zum Anfang einer Legislaturperiode noch des Öfteren. Am Ende der zweiten Legislaturperiode scheint dies ein viel zu großer Maßstab. Für die Immobilien- und die immobilienrechtliche Steuerpolitik ist er es mit Sicherheit.

Dabei hätte es viel zu tun gegeben. Niedrigzinspolitik und die starken Schwankungen an den Aktienmärkten haben nicht nur nationales, sondern auch internationales Kapital auf den starken europäischen Player Deutschland und seinen Stabilitätsanker Immobilienmarkt blicken lassen.

Klientelpolitik steht im Fokus

Doch statt die Finanzströme durch kluge steuer- und finanzpolitische Entscheidungen zu lenken, waren die Parteien viel zu sehr damit beschäftigt, die vermeintliche eigene Wählerklientel zu bedenken beziehungsweise Machtverhältnisse zu sichern.

Man kann den Eindruck gewinnen, die Union will ihre Wähler auf dem Land halten und die SPD keine neuen Wählerschichten in die großen Städte lassen. Anders kann wohl kaum interpretiert werden, dass die Union sich vehement für das Baukindergeld und die Sozialdemokraten für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt haben und gemeinsam die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau verkompliziert und verzögert wurde.

Baukindergeld: Halteprämie für Landbewohner

Angesichts der durch staatliche Auflagen getriebenen Neubaukosten, welche inzwischen zu Kaufpreisen über 2 500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche selbst ohne Grundstückskostenanteil führen, ist das Baukindergeld eher ein Anreiz, bestehende Gebäude außerhalb der Ballungsgebiete zu erwerben, als Neubauten in den sieben A-Städten.

Es verwundert daher kaum, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Jahresbilanz des Baukindergeldes berichtete, dass nur 16 Prozent der Förderung in Großstädte, aber 84 Prozent in Mittel-, Kleinstädte oder den ländlichen Raum flossen. Das Baukindergeld ist damit wohl eher eine Halteprämie für die vorhandenen Wählerstimmen als eine Unterstützung für den Neustart junger Familien in Ballungszentren.

Mit 20 Prozent sind sogar vier Prozentpunkte mehr Förderung in dünn besiedelten Kreisen als in Großstädten angekommen. Insgesamt wurde ein Viertel des Geldes für Neubauten genutzt, drei Viertel für den Kauf von Bestandsimmobilien. Als Ersatz für die Eigenheimzulage kann das Baukindergeld damit nicht ansatzweise gelten und der Beitrag für mehr Wohnraum in den Ballungszentren ist zu vernachlässigen.

Dass dennoch ein Großteil der BFW-Mitglieder dem Baukindergeld gute Noten ausgestellt hat, dürfte daran liegen, dass sich auch die Bautätigkeit infolge des schwerfälligen Verwaltungs- und Politikhandelns immer mehr in das Umland verlagert.

Abbildung 1: Evaluierung des Baukindergeldes (in Prozent) Quelle: BFW, Blitzumfrage zu den GroKo-Maßnahmen

Schwungloser sozialer Wohnungsbau: Wer trägt die Verantwortung?

Bei der sozialen Wohnraumförderung haben die Länder hoch gepokert. Im Rahmen der Neuordnung des Länderfinanzausgleiches haben sie sich zunächst zusätzliche Punkte aus dem Mehrwertsteueraufkommen für die soziale Wohnraumförderung geben lassen.

Als dies durch war, wurde sofort auf den Bund gezeigt und gesagt, er ziehe sich aus der Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau zurück. Mit dem Wiedereinstieg beziehungsweise der Verlängerung der Förderung des Bundes war jedoch kein besonderer Schub für neue Sozialwohnungen verbunden. Zu weit klaffen inzwischen Neubaukosten und Sozialwohnungsmieten auseinander.

Oftmals wird der Bau von Sozialwohnungen nur im Rahmen von neuen Bebauungsplänen erreicht. Auch, weil die Förderung nicht auskömmlich ist und eine Quersubventionierung aus den anderen Segmenten erfolgt. Immer deutlicher werden die Folgen sichtbar: Gebaut wird für die Inhaber von Wohnungsberechtigungsscheinen und im oberen Preissegment.

Sonder-Afa für den Mietwohnungsbau: eine verpasste Chance

Für die Masse der Leistungsträger der Gesellschaft, den Mittelstand, wird aus dem Wohnungsproblem langsam ein Wohnungsnotstand, insbesondere, wenn sie für eine neue Arbeitsstelle eine Mietwohnung in Ballungszentren suchen. Denn eines ist auch klar, Sozialwohnungen sind wichtig, stehen aber eher der schon in den Städten vorhanden Bevölkerung zur Verfügung - irgendwie also auch eine Sicherung der vorhandenen Klientel.

Die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau hätte dies aufbrechen und auch die privaten Kleinvermieter stärken können. Doch anstatt das Gesetz schnell umzusetzen, ist dieses zunächst im Bundesrat verschollen, wurde dann überraschend durch den Freistaat Bayern wiederbelebt und schließlich zur großen Überraschung verabschiedet. Die im Juni 2019 gegebene Bundesratszustimmung bezog sich damit auf Mietwohnungen, für welche der Bauantrag zwischen dem 31. August 2018 und dem 1. Januar 2022 gestellt wurde beziehungsweise wird. Das erste Jahr der Wirkung der Sonderabschreibung für ein Mehr an Wohnungsbau war damit schon verspielt.

Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dürfen 3 000 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten. Angesichts der oben genannten Baukosten eine Grenze, deren Einhaltung schwer zu kalkulieren ist. Zumal die Anschaffungskosten schon durch die hinzukommenden Erwerbsnebenkosten leicht bis zu 115 Prozent der Herstellungskosten ausmachen können.

Gesetzgeber lässt Bauträger zu lange im Unklaren

Von entscheidender Bedeutung war daher das Anwendungsschreiben zur Sonderabschreibung und die darin enthaltenen Grundsätze zur steuerrechtlichen Ermittlung der Herstellungskosten und der Wohnfläche. Auch für die Erstellung dieses Anwendungsschreibens ging aber noch einmal ein Jahr ins Land. Erst im Juni 2020 konnten sich die Bauträger sicher sein, dass die Wohnflächenberechnung gerade nicht nach Wohnflächenverordnung erfolgte, sondern eher in Abgrenzung zwischen Wohn- und Gewerberäume. 3 000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nach steuerlichen Ansätzen konnten somit durchaus 4 000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im notariellen Kaufvertrag entsprechen.

So gut, richtig und wichtig diese Grundsätze waren, keiner der bis dahin gestellten Bauanträge dürfte darauf spekuliert haben und damit wegen der Sonderabschreibung gestellt worden sein. Ein eventueller Effekt für den Mietwohnungsbau durch die Sonderabschreibung ist damit allein auf den Zeitraum August 2020 bis Dezember 2021 begrenzt.

Stark begrenzter Effekt

Da seit August 2018 die Baukosten weiter gestiegen sind, die Baukostenobergrenze aber nicht dynamisch ist, werden die Effekte zum Auslaufen der Sonderabschreibung ohnehin geringer. Also auch hier eher eine vertane Chance.

Vor diesen Hintergründen überrascht es dann nicht, dass die BFW-Mitglieder in einer Umfrage das Baukindergeld überwiegend als wichtiges Mittel für mehr Wohnungsbau und als in der Umsetzung gelungen angesehen haben - die Umsetzung der ebenso wichtigen Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau aber mehrheitlich kritisieren.

Abbildung 2: Evaluierung der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau (in Prozent) Quelle: BFW, Blitzumfrage zu den GroKo-Maßnahmen
Abbildung 3: Evaluierung der BauGB-Novelle (in Prozent) Quelle: BFW, Blitzumfrage zu den GroKo-Maßnahmen
 
DER AUTOR CHRISTIAN BRUCH Bundesgeschäftsführer, BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V., Berlin
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Christian Bruch , Bundesgeschäftsführer , BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V., Berlin

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