BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2022

WAS ZEICHNET "ECHTE" NACHHALTIGKEIT IN DER UNTERNEHMENSPOLITIK AUS?

Ansgar Finken, Foto: BHW

Die Werkzeuge der Finanzbranche für eine nachhaltigere, zukunftsorientierte Wirtschaft sind Geldanlagen, die Ökologie, Soziales und eine sogenannte "gute Unternehmensführung" berücksichtigen. Nachhaltigkeitsthemen und die ESG-Prinzipien sind deshalb zu strategischen Kernthemen geworden. Auch die Europäische Union macht zunehmend Druck: Viele Unternehmen sind durch die EU-Taxonomie sowie neue Berichtspflichten gezwungen, sich eingehend Gedanken zu machen, wie sie ihr unternehmerisches Handeln an nachhaltigen Kriterien ausrichten können. Die Autoren Ansgar Finken und Michael Ost, im Vorstand der BHW Bausparkasse verantwortlich für ESG, widmen sich im vorliegenden Beitrag der Frage, welche Elemente ein stimmiges Nachhaltigkeitsmanagement in der Finanzbranche enthalten muss. Red.

Als Finanzunternehmen nachhaltig zu sein, bedeutet grundsätzlich, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welchen ökologischen Fußabdruck das Unternehmen selbst hat, aber auch welche Aktivitäten es finanziert. Nachhaltigkeit sollte klar in der Unternehmensführung verankert sein und muss auf allen Ebenen gelebt werden.

Nachvollziehbar glaubhaft handeln

Für die BHW Bausparkasse bedeutet nachhaltiges Handeln unter anderem, einen Beitrag zu einer umweltverträglicheren, sozialeren und besser geführten Wirtschaft zu leisten. Sie unterstützt Kunden dabei, den eigenen ökologischen Fußabdruck in genau dem Bereich zu optimieren, der die meisten Emissionen verursacht: das private Wohnen und Bauen. Dafür wirft das Unternehmen seine Expertise in die Waagschale und steuert die Auswirkungen des Geschäfts auf Umwelt und Gesellschaft.

Eines steht fest: Kunden und Kundinnen fühlen Anbietern immer mehr auf den Zahn, ob deren Produkte und Dienstleistungen wirklich nachhaltig und umweltverträglich sind. Es wird immer intensiver nach grundsätzlichen nachhaltigen Commitments gefragt.

Aufgrund der immens gestiegenen Bedeutung des Themas verbietet sich Oberflächlichkeit ebenso wie jede Art von Alibiaktion. Mittlerweile muss sich jedes Unternehmens bewusst sein: Bei umweltbezogenen, sozialen und ethischen Verstößen sind große Reputationsschäden zu erwarten, die nicht ohne Folgen für das Neugeschäft bleiben. Nur wenn auch Finanzinstitute den Dreiklang von Environmental-, Social- und Governance-Faktoren einhalten, dürfen sie sich selbst als nachhaltig einstufen.

Um diese Bemühungen glaubhaft zu dokumentieren, sollten Unternehmen sich auch einer unabhängigen Bewertung stellen. BHW hat sich beispielsweise bereits mit einem sehr guten Ergebnis umfangreich durchleuchten lassen, und zwar in allen Bereichen, die für ein nachhaltigkeitsbezogenes Rating von Bedeutung sind. Die Bewertung wurde im Juli 2021 von der auf Nachhaltigkeitsanalysen spezialisierten Ratingagentur Imug durchgeführt.

Environment: die große Stellschraube

Im Bereich Environment sind in den vergangenen Jahren die größten Fortschritte erzielt, aber auch umfangreiche Vorschriften erlassen worden. Die EU-Taxonomie liefert im Bereich "E" (Environment) die wesentlichen Orientierungspunkte für den Immobiliensektor.

Der Gebäudesektor ist einer der Hauptverursacher der CO2-Emissionen in Deutschland. Alle Maßnahmen, die sich in diesem Bereich positiv auswirken, unterstützen daher die Klimaziele der Bundesregierung besonders wirksam. Neben Finanzierungen für den Neubau energieeffizienter Immobilien greifen Darlehen für energetische Sanierungen von Bestandsgebäuden besonders effektiv.

Gerade dort sind die CO2-Reduzierungspotenziale aufgrund des relativ alten Gebäudebestands in Deutschland beträchtlich und unserer Meinung nach der größte Hebel zur Verbesserung der nationalen CO2-Bilanz. Mit unkomplizierten Blankodarlehen, für die kein Grundbucheintrag erforderlich ist, und attraktiven Konditionen sind die Bausparkassen in diesem Segment marktführend.

Aber auch angesparte Bausparverträge in Verbindung mit einem Bauspardarlehen können den notwendigen finanziellen Spielraum für Modernisierungen von Bestandsimmobilien schaffen. Unsere Markterhebungen zeigen, dass es in diesem Bereich große Unsicherheiten und einen erhöhten Informationsbedarf unter Kundinnen und Kunden gibt.

Daher entwickelt die BHW Bausparkasse aktuell diverse Produktangebote, die konkrete Lösungsansätze zur energetischen Sanierung mit Finanzierungen verbinden. Diese Entwicklung wird nach unserer Ansicht das Neugeschäft ganz entscheidend beeinflussen.

Soziale Faktoren rücken stärker in den Fokus

Gegenwärtig werden auf EU-Ebene die sozialen Aspekte definiert. Als "Social" wird dabei alles eingestuft, was gesellschaftliche Bereiche langfristig stabilisiert, Ungleichheiten beseitigt und ethische Standards setzt.

Die Anforderungen sind hier allerdings noch unklar, der Fokus in den Unternehmen häufig auch, obwohl immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher im Zuge ihrer Abschluss- beziehungsweise Kaufentscheidungen besonderen Wert auf Reputation und öffentliche Bekenntnis des Unternehmens legen. Das gilt auch für die Finanzbranche.

In diesem Zusammenhang kommt dem Gedanken des Bausparens als Kollektiv von Sparerinnen und Sparern eine besondere Bedeutung zu. Bausparkassen sind gegründet worden, um Menschen beim Vermögensaufbau und bei der Altersvorsorge zu helfen und sie in bezahlbaren Wohnraum zu bringen.

Für die BHW Bausparkasse bedeutet soziales Engagement daher unter anderem das Schaffen bezahlbaren Wohnraums, die Förderung von jungen Familien, die Beseitigung der Wohnraumknappheit und die Einhaltung der "Principles of Responsible Banking" (PRB) als internationalem Standard.

Nachhaltigkeit braucht klare Governance

Zudem sind soziale Faktoren auch nach innen zu aktivieren, zum Beispiel durch einen Betriebskindergarten, qualifizierende Bildungsmaßnahmen und ein effektives Gesundheitsmanagement. Auch jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu bieten, gehört zu den gesellschaftlich-sozialen Aufgaben, die BHW als einer der größten Ausbildungsbetriebe am Unternehmensstandort lebt. Ein Fokus auf Chancengleichheit und ein sichtbares, klares Bekenntnis zu Vielfalt sind ebenfalls Teil der Unternehmenskultur.

Die nachhaltige Transformation startet mit einem klaren Bekenntnis und klarem Vorleben. Sämtliche Fachbereiche einer Bank sind aber am Ende gefragt, ihren Beitrag zu leisten. In der BHW Bausparkasse ist dieses Bekenntnis in der Unternehmensstrategie und -kultur zentral verankert und auf Vorstandsebene verantwortet.

Im Geschäftsbericht veröffentlichen wir dieses Bekenntnis und unsere Fortschritte. Die Quantifizierung der Aktivitäten stellt jedoch alle Häuser aktuell vor große Herausforderungen, da die Standards noch nicht final fixiert und relevante ESG-Daten bisher nicht in den Systemen gesammelt wurden.

Das Risikomanagement in der BHW Bausparkasse hat zum Beispiel Naturkatastrophen sowie Transitionsrisiken und ihre Auswirkungen auf den Immobilienbestand eingehend analysiert. Der breite und offene Diskurs mit Verbänden, den Aufsehern, Universitäten, NGOs und der Politik ist für uns ein wesentlicher Impulsgeber, gemeinsam pragmatische und wirksame Lösungen für die private Immobilienfinanzierung und -modernisierung zu finden.

Als Branche sehen wir die Bausparkassen hier als Fürsprecherinnen der privaten Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer. Diese werden in den nächsten Jahren im Immobilienbestand eine enorme energetische Transformation stemmen müssen. Wenn es gelingt, innovative Lösungen anzubieten und sich zudem selbst als Unternehmen diesem Wandel zu stellen, hat die Branche einen wertvollen Beitrag für die Umwelt geleistet.

Dies eröffnet zugleich die Chance, die Bausparkassen als Finanzierer der Energiewende im privaten Wohnungsbau zu positionieren.

Ansgar Finken , Mitglied des Vorstands , BHW Bausparkasse AG, Hameln
Michael Ost , Stellertretender Vorstandsvorsitzender , BHW Bausparkasse AG, Hameln

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