Immobilie als Asset

Das Zeitalter der Shoppingcenter dauert an - Handlungsfelder für Investoren und Eigentümer

Martin Mörl, Geschäftsführer, Prelios Immobilien Management GmbH, Hamburg

Der Onlinehandel gilt gemeinhin als Sündenbock für die Flaute im stationären Einzelhandel. Gerade Shoppingcenter zeigten in den vergangenen Jahren gewisse Ermüdungserscheinungen. Doch der Autor des folgenden Beitrags ist optimistisch: Das Zeitalter der Einkaufstempel dauert an. Frische Impulse zur Wiederbelebung könnten dabei ausgerechnet von digitalen Riesen wie Amazon ausgehen, die zunehmend in den stationären Handel vorstoßen. Zunächst müssten Eigentümer und Investoren ihre bestehenden Objekte jedoch für die Zukunft machen, denn die sich abzeichnenden Veränderungen im Einzelhandel sind mannigfaltig. Insbesondere der vielerorts veraltete Gebäudebestand bedarf entschlossener Maßnahmen. Red.

Mymuesli, Cyberport und Amazon mit ersten eigenen stationären Buchläden. Dies sind perspektivisch alles potenzielle Mieter für Shoppingcenter, obwohl diese Unternehmen vor kurzem ausschließlich online tätig waren. Nun eröffnen sie aber zunehmend neue stationäre Filialen. Das Beispiel zeigt: Die Mieterzusammensetzung eines Shoppingcenter mag sich zwar wandeln, aber es ist und bleibt attraktiv - auch im digitalen Zeitalter. Wenn das Shoppingcenter-Management auf die richtigen Handlungsfelder achtet und die klassischen Standortfaktoren positiv sind, werden sich auch künftig Kundenfrequenz, Aufenthaltsdauer, Umsätze und Mieteinnahmen erhöhen.

Aktuell gibt es rund 480 größere Einkaufszentren in Deutschland. Die Shoppingcenter-Dichte hierzulande ist im europäischen Vergleich gering - dennoch ist der Markt aufgrund des intensiven stationären Wettbewerbs im deutschen Einzelhandel grundsätzlich gesättigt. In diesem Jahr wird nicht ein klassisches Shoppingcenter in Deutschland neu eröffnen. Im Jahr 2018 werden voraussichtlich acht neue Objekte mit einer Größe von mindestens 10 000 Quadratmetern fertiggestellt.

Marktsättigung und Modernisierungsstau

Der Bestand ist darüber hinaus in die Jahre gekommen. Rund zwei Drittel aller deutschen Shoppingcenter wurden vor dem Jahr 2000 gebaut, weniger als 20 Prozent öffneten in den vergangenen zehn Jahren. Nach Schätzungen von Prelios haben mindestens 50 Prozent der deutschen Shoppingcenter einen deutlichen Modernisierungsrückstand - mit entsprechenden Folgen für die Attraktivität, Mieterstruktur und Umsätze.

Das Transaktionsvolumen von deutschen Gewerbeimmobilien lag laut JLL 2016 bei 52,9 Milliarden Euro. Der Anteil von Shoppingcentern betrug 3,6 Milliarden Euro. Im Jahr 2015 betrug deren Transaktionsvolumen noch mehr als 5,5 Milliarden Euro. Die Spitzenrenditen sanken auf vier Prozent im Jahr 2016. Dem hohen Investoreninteresse steht als limitierender Faktor der Mangel an angebotenen Objekten gegenüber. Zum einen werden sehr wenige neue Shoppingcenter fertiggestellt. Zum anderen will kaum jemand sehr gute Core-Objekte verkaufen, weil einerseits viele Anleger gern Core-Objekte im Portfolio haben und andererseits nur wenige Möglichkeiten der Reinvestition bestehen. Unterhalb von Core-Objekten sind zahlreiche problematische Einkaufszentren auf dem deutschen Markt, von denen nicht viele ausreichend Value-Add-Potenzial besitzen und bei denen die Preiserwartungen von Verkäufern und Käufern häufig weit auseinander liegen. Zudem steigen gerade in schwächeren Objekten die Leerstände, was zumeist direkten Einfluss auf das jeweilige Mietniveau hat. Die Einzelhandelsmieten in deutschen Shoppingcentern sind in Bewegung - mit großen Unterschieden je nach Lage und Objekt.

Einerseits steigen in guten und sehr guten Lagen die Mieten, weil Einzelhändler vorhandene Umsatzpotenziale heben wollen und auch bereit sind, entsprechende Mietniveaus zu akzeptieren. Andererseits sinken besonders in schwächeren Shoppingcentern und Nebenlagen die Einzelhandelsmieten deutlich, weil Umsatzpotenziale schwinden. Dazu kommt: Die Preissensibilität und Erwartungshaltung potenzieller Mieter in Einzelhandelsimmobilien nehmen tendenziell zu. Die Mieter sind anspruchsvoll, prüfen intensiv und haben sehr konkrete Vorstellungen beispielsweise über die Flächenzuschnitte und Shopfassaden. Die Verhandlungsdauer der Mietverträge nimmt zu, ebenso die Zahl der Verhandlungspunkte, wohingegen die Mietvertragsdauer tendenziell abnimmt.

Fünf wesentliche Handlungsfelder

In fünf Jahren wird es in Deutschland nicht mehr Shoppingcenter geben als heute. Mit Blick auf den veralteten Bestand und die geringe Neubautätigkeit ist in den kommenden Jahren deshalb von einer Marktbereinigung auszugehen. Neue Einkaufszentren an aussichtsreichen Standorten werden weiterhin entwickelt - zahlreiche schwache Objekte werden jedoch vom Markt verschwinden. Die notwendige Handlungsbereitschaft und günstige Fundamentaldaten vorausgesetzt, können fünf wesentliche Handlungsfelder (über Multichannel et cetera hinaus) identifiziert werden:

1. Refurbishments

Das mit Abstand wichtigste Thema für Eigentümer, Center Manager und Betreiber ist das Refurbishment vorhandener Shoppingcenter. Der alte Gebäudebestand, die strukturellen Veränderungen im Einzelhandel sowie die kürzer werdenden Renovierungszyklen machen Refurbishments - verstanden als umfassende Anpassung eines bestehenden Objekts an aktuelle Anforderungen unter Beibehaltung der Nutzungsart - zu dem zentralen Handlungsfeld.

Sowohl die Erwartungen der Mieter als auch die der Kunden an Einkaufszentren sind andere als vor fünf Jahren. Die Risiken ausbleibender Investitionen sind groß: eine sinkende Kundenfrequenz und damit Umsatzrückgang, Leerstand und Wertverlust für Eigentümer sind in den allermeisten Fällen die Folge. Demgegenüber können unrentable oder schwächere Objekte Ausgangspunkt einer Repositionierung sein, an dessen Ende zufriedene Investoren, Mieter, Besucher und Kommunen stehen.

2. Gastronomie

Der Anteil der Gastronomie in Shoppingcentern wächst in Deutschland erkennbar. Die gastronomischen Angebote werden spezialisierter und sprechen klar definierte Zielgruppen in verschiedenen Preis- und Qualitätssegmenten an. Dabei wird Gastronomie von den Besucherinnen und Besuchern als Mehrwert und Bestandteil einer besonderen Aufenthaltsqualität empfunden und befriedigt den Wunsch nach sozialem Kontakt und Freizeitbeschäftigung. Betreiber profitieren dabei von einer höheren Kundenfrequenz und einer längeren Aufenthaltsdauer. Mittlerweile ist Gastronomie - mit einem Flächenanteil von inzwischen 10 bis 20 Prozent - ein potenzieller Ankermieter in Einkaufszentren.

3. Mieter- und Branchenmix

Für den wirtschaftlichen Erfolg eines Shoppingcenters ist ein standortgerechter, unverwechselbarer und möglichst online-resistenter Mieter- und Branchenmix mit gezielter Mieterauswahl wichtiger denn je. Denn er sorgt für die notwendige Kundenfrequenz und erhöht das Umsatzpotenzial für den gesamten Standort. Nach unserer Erfahrung ist eine ausgewogene, auf die lokale Situation und Nachfrage angepasste Mischung aus internationalen Marken, überregional bekannten Händlern und lokalen Angeboten erfolgversprechend.

Besonderen Stellenwert sollten ein ausgeprägter Nahversorgungscharakter, eine weitgehende Integration in die Stadt sowie eine erkennbare lokale Verankerung einnehmen. Daneben wichtig: der Mieter- und Branchenmix muss kontinuierlich analysiert und optimiert werden, denn das stationäre und digitale Wettbewerbsumfeld verändert sich stetig.

4. Integration weiterer Nutzungsarten

In der Öffnung der Shoppingcenter für weitere, arrondierende Nutzungen liegen aus unserer Sicht enorme Chancen, die Attraktivität des Objekts und die Besucherfrequenz nachhaltig zu erhöhen und unterschiedliche, komplementäre Zielgruppen anzusprechen. Wenn entsprechende Rahmenbedingungen stimmen, sind insbesondere Hotels, Kindertagesstätten, Fitnessanbieter, Ärzte, Dienstleistungen und Kinos für eine Integration in Einkaufszentren geeignet. Mit Blick auf aktuelle Shoppingcenter-Projekte in Deutschland wird klar, dass der Trend zur Integration unterschiedlicher Nutzungen ein nachhaltiger sein wird.

5. Positionierung

Seit einigen Jahren sind die Themen Branding, Marketing und Positionierung von herausgehobener Bedeutung für den stationären Einzelhandel und insbesondere für Shoppingcenter. Ohne eine Positionierung durch Sortimentsschwerpunkte können Einkaufszentren nicht mehr am Markt bestehen. Zum Thema Positionierung zählt dabei die Gesamtheit aller Aspekte, die den Betrieb und das Management eines Einkaufszentrums ausmachen: der Branchen-, Dienstleistungs- und Mietermix mit erkennbarer Fokussierung, die Ausrichtung auf bestimmte Zielgruppen, eine Ausrichtung auf Convenience oder Erlebnis, aber auch das Branding, Events, das Interieur und das Außendesign.

Deutschland ist und bleibt ein sehr attraktiver Einzelhandelsmarkt. Der Einzelhandelsumsatz lag im Jahr 2015 bei insgesamt 471,5 Milliarden Euro - Tendenz steigend. Der Onlinehandel machte 8,7 Prozent Umsatzanteil beziehungsweise fast 40 Milliarden Euro aus - mit inzwischen nur noch einstelligen Wachstumsraten.

Gute Perspektiven trotz herausforderndem Umfeld

Aufgrund des Strukturwandels im Einzelhandel, des Mangels an Transaktionsobjekten, des veralteten Gebäudebestands und der veränderten Mietererwartungen muss der Fokus von Investoren und Betreibern deutlich stärker auf dem "Fitmachen" bestehender Objekte liegen. Bei Value-Add-Objekten können durch Refurbishments sehr große Miet- und damit Wertsteigerungspotenziale gehoben werden. Bei Core-Objekten kann eine gezielte Nachvermietung eine bereits gute Performance weiter verbessern.

Mit Projektentwicklungen kann an besonderen Standorten nach wie vor gutes Geld verdient werden. Gerade die Lage sollten Investoren und Betreiber viel intensiver prüfen: Standortqualität, Verkehrsanbindung, Kundenfrequenz, Kaufkraft, Einzugsgebiet, Wettbewerbssituation und nicht zuletzt die demografische und wirtschaftliche Entwicklung sind in Zukunft noch wichtiger für den Erfolg eines Assets. Eigentümer und Betreiber werden dann angemessene Renditen erwirtschaften, wenn die Umsatzpotenziale in einem Shoppingcenter stimmen und die Mieter hohe Umsätze generieren können.

Der Autor Martin Mörl, Geschäftsführer, Prelios Immobilien Management GmbH, Hamburg

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