MIPIM Special

Zielmärkte in Mittel- und Osteuropa

Abbildung 1: Renditeentwicklung von Büroimmobilien von 2004 bis 2014 (Angaben in Prozent) Quelle: CBRE Research, 2014

Seit dem Ende der neunziger Jahre drängen vor allem angloamerikanische Immobilienfonds auf die Märkte in Mittel- und Osteuropa. Marktstandards waren hier zu der Zeit kaum vorhanden, weshalb bestehende Standards übernommen wurden. Heute ist die Immobilienmarktpraxis Mittel- und Osteuropas überwiegend angloamerikanisch geprägt und zeichnet sich durch internationale Investitionstätigkeiten aus. Besonders die Segmente Büro- und Einzelhandelsimmobilien in Polen sowie die Metropole Prag liegen im Fokus der Investoren - was mittlerweile zu einem Überangebot führt. Im Folgenden bieten die Autoren einen Abriss über die Historie und Charakteristika der mittel- und osteuropäischen Märkte und stellen die pbb Deutsche Pfandbriefbank als spezialisierten Immobilienfinanzierer auf diesem Zielmarkt vor. Red.

Es ist nun ein Vierteljahrhundert her, seit die Staaten Mittel- und Osteuropas ihre Freiheit erhielten. Vor knapp 20 Jahren entdeckten Investoren und Banken diesen Teil Europas als Immobilienmarkt.

Die ersten Transaktionen institutioneller Immobilieninvestoren fanden um das Jahr 1998 in den Städten Prag, Warschau und Budapest statt. Private Investitionen in gewerbliche Immobilien gab es auch schon in den Jahren davor. Bereits mit Marktöffnung waren die Vorgängerinstitute der pbb Deutsche Pfandbriefbank auf den Märkten in Mittel- und Osteuropa (CEE) aktiv und auch heute sind diese Länder für das Institut wichtige Zielmärkte.

pbb früh in Mittel- und Osteuropa aktiv

Vom gesamten Immobilienfinanzierungsportfolio in Höhe von 23,9 Milliarden Euro entfielen zum 30. September 2014 2,3 Milliarden Euro - also rund 10 Prozent - auf die Länder in Mittel- und Osteuropa.

Der Schwerpunkt liegt dabei auf Polen. Im jährlichen Neugeschäft ist das Verhältnis ähnlich und seit Jahren konstant. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres schrieb die Bank insgesamt 6,07 Milliarden Euro Neu geschäft, wovon 9 Prozent auf Mittel- und Osteuropa fielen.

Vor allem internationale Investoren

Die pbb betreibt Immobilienfinanzierungen in CEE aus London und München heraus. Niederlassungen in Warschau oder Prag, ähnlich wie eine Reihe ihrer Mitbewerber, hat die Bank nicht. Dies hat vor allem zwei Gründe:

Erstens ist die Investitionstätigkeit in CEE immer noch vor allem international geprägt. Über 90 Prozent des Investitionsvolumens entfallen nach verschiedenen Einschätzungen auf international agierende Investoren. Neben deutschen Fonds sind dies primär angloamerikanische Investoren, vor allem Fondsinitiatoren aus dem Private-Equity-Bereich im weitesten Sinne, die in CEE Geld aus der ganzen Welt anlegen.

Daher findet die Kundenakquisition und Kundenbetreuung zu einem substanziellen Teil in London statt. Aus diesem Grund ist das CEE-Team der pbb Teil der internationalen Vertriebsplattform. Für die Betreuung von lokalen Immobilienentwicklern, Fondsmanagern und anderen Investoren wäre ein lokales Netzwerk wichtig. Auf diese Kundengruppen zielt die Bank nur in begrenztem Umfang ab.

Zweitens ist die pbb zwar entsprechend der Bedeutung dieses Marktes schwerpunktmäßig in Polen aktiv, aber im Gegensatz zu manchen Mitbewerbern bedient sie ihre Kunden auch in Tschechien, der Slowakei und Ungarn. Da rüber hinaus hat sich die Bank in der Vergangenheit einen Namen bei der Strukturierung großer, grenzüberschreitender Portfolio-Transaktionen in Mittel- und Osteuropa gemacht, die drei, vier oder in Einzelfällen auch fünf Länder - bis hin zu Rumänien - umfassen.

Konzentration auf Core-Assetklassen

Ein zentraler Standort in München für die Immobilienanalyse und -bewertung, die Kreditbearbeitung und Bestandsverwaltung sowie die rechtliche Koordination ist hier ein Vorteil. Eine Reihe von Mitarbeitern bildet hier das Kompetenzzentrum der Bank für CEE.

In den Ländern Mittel- und Osteuropas konzentriert sich die Bank auf die Finanzierung der Core-Assetklassen "Büro", "Einzelhandel" und "Logistik/Distribution", und hier auf das großvolumige Geschäft. Die Darlehenssummen, die die Bank vergibt, beginnen im Regelfall bei 25 Millionen und können maximale Volumina von bis zu 150 Millionen Euro erreichen.

Andere Immobilienklassen finanziert die Bank in Mittel- und Osteuropa nicht oder - wie etwa Hotels - nur äußerst selektiv. Die Bank besitzt eine Kernkompetenz, die es ihr ermöglicht, diese Immobilienklassen in den verschiedenen Märkten Mittel- und Osteuropas sowie auch grenzüberschreitend - etwa in Portfolios - zu finanzieren.

Angloamerikanische Marktpraxis

Institutionelle Immobilienfinanzierungen gibt es seit dem Ende der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Anfänglich waren es primär Investitionen in Büroimmobilien und Hotels in Prag, Warschau und Budapest, die Investoren aus dem Ausland in die neuen Märkte Mittel- und Osteuropas zogen. Renditen waren anfangs zweistellig, eine Reflexion der noch unbekannten Risiken derartiger Investitionen. Neben österreichischen Investoren, denen es aus historischen Gründen leichter fiel, diese Risiken zu bewerten, waren es vor allem angloamerikanische Immobilienfonds, die in den Markt drängten.

Da es zu der Zeit kaum Marktstandards in Mittel- und Osteuropa gab, wurden bestehende Standards übernommen. Diese Entwicklung führte dazu, dass die Immobilienmärkte Mittel- und Osteuropas heute eine angloamerikanisch geprägte Marktpraxis aufweisen, sowohl in rechtlicher Hinsicht (etwa im Hinblick auf Dokumentationsstandards und Sprache) als auch hinsichtlich Immobilienbewertung oder technischer und umwelttechnischer Beratung. Alle bekannten Rechtsanwaltskanzleien und Beratungsunternehmen der Immobilienbranche sind heute in Mittel- und Osteuropa vertreten. Englisch ist die dominierende Geschäftssprache in den Immobilienmärkten.

Veränderte Marktdynamik

Der Beitritt der mitteleuropäischen Kernländer Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn zur Europäischen Union zum 1. Januar 2004 hat die Marktdynamik fundamental verändert. Für viele Investoren fielen rechtliche Risiken weg oder wurden zumindest im Kontext einer EU-Mitgliedschaft geringer bewertet. Neben Investitionen in Büroimmobilien wurden immer stärker Einzelhandelsimmobilien nachgefragt, was auch der erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder Rechnung trug.

Große Einzelhandelsketten wie Carrefour, Tesco, Ahold oder Metro drängten in die Märkte, auch als Ankermieter für Einkaufszentren in den Regionen. Nach dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum 1. Januar 2007 verlagerte sich die Entwicklung weiter ostwärts. Insbesondere die rumänische Hauptstadt Bukarest war schnell ein gefragter Investitionsstandort. In der Folge fallender Renditen gerieten später Russland und die Ukraine in den Fokus der Investoren.

Überhitzungserscheinungen

In jenen Jahren kam es auf den Immobilienmärkten Mittel- und Osteuropas zu Überhitzungserscheinungen. Bis kurz vor Ausbruch der Finanzkrise sanken die Spitzenrenditen bis auf 5 Prozent, ein "yield differential" zu Westeuropa war kaum mehr feststellbar. Ebenso lässt sich allerdings festhalten, dass die Volatilität der Spitzenrenditen in den CEE-Märkten im Zuge der Finanzkrise und danach überraschend gering war.

Mit Ausnahme von Rumänien blieben die Schwankungen unter 250 Basispunkten. Allerdings war in den Krisenjahren die Liquidität in einigen Märkten, beispielsweise in Rumänien, Ungarn (außerhalb Budapests) und in den Regionen in Polen, zeitweise eingeschränkt.

Starker Immobilienmarkt Polen

Dennoch sind die Immobilienmärkte Mittel- und Osteuropas im europäischen Vergleich recht gut durch die Krise gekommen. Diese Entwicklung war nicht zwingend, immerhin durchliefen diese Immobilienmärkte ihren ersten Zyklus.

Es ist kein Zufall, dass der Immobilienmarkt Polen sich in der Krise gut behaupten konnte. Polen ist die einzige Volkswirtschaft Europas, die in keinem Quartal negatives Wirtschaftswachstum auszuweisen hatte. Ebenso blieb Polen von der europäischen Staatsschuldenkrise weitestgehend unberührt. Dementsprechend blieben die internationalen Investoren Polen treu.

Mit deutlich über 3 Milliarden Euro Investitionsvolumen in gewerbliche Immobilien wurde im Jahr 2013 bereits das Vorkrisenniveau erreicht. Diese starke Entwicklung setzte sich auch im Jahr 2014 fort.

Neben Polen konnte sich in erster Linie die Tschechische Republik, und hier vor allem Prag, als Investitionsstandort etablieren. Nach Angaben von CBRE wurden in Tschechien im Jahr 2014 knapp 2 Milliarden Euro investiert. Gemeinsam mit dem kleinen Markt Slowakei waren Polen und Tschechien im Fokus institutioneller Investoren seit der Finanzkrise. Dagegen schwand für einige Jahre das Interesse an den Märkten Ungarn und Rumänien.

Teilweise hing dies mit der europäischen Staatsschuldenkrise zusammen. So wurden Parallelen zwischen Ungarn und Rumänien mit den südeuropäischen Krisenstaaten gezogen, während Polen und Tschechien dem als solide eingeschätzen Norden Europas zugerechnet wurden.

In direkter Folge verlor insbesondere der ungarische Markt den Anschluss an die Kernmärkte Mitteleuropas. Trotz eines vergleichbaren Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf, einer vergleichbar gut ausgebildeten Bevölkerung und im Vergleich zur Peergroup relativ guter volkswirtschaftlicher Rahmendaten war das Investoreninteresse längere Zeit sehr gering.

Grund für diese Zurückhaltung vor allem internationaler institutioneller Investoren waren die unsicheren politischen Rahmenbedingungen. Erst im Jahr 2014 änderte sich dieses Bild etwas und eine Reihe kleinerer Investitionen in Budapest begannen den Markt wieder etwas zu beleben.

Polyzentrisches Flächenland Polen

Attraktive Renditen im Vergleich zu Polen und Tschechien trugen dazu bei. Es bleibt aber abzuwarten, ob Ungarn in den kommenden Jahren wieder Anschluss an Polen, Tschechien und die Slowakei finden kann.

Während die Immobilienmärkte in Ungarn und Tschechien (mit Ausnahme des Sektors "Logistik- und Distributionsimmobilien", in dem Tschechien aufgrund seiner geografischen Lage und Verkehrsanbindung eine besondere Position einnimmt) auf die Hauptstädte ausgerichtet sind, ist Polen ein polyzentrisches Flächenland, vergleichbar mit Deutschland. Neben Warschau hat Polen acht weitere Städte mit jeweils mehr als 350 000 Einwohnern.

Von Anfang an war Polen daher für Entwickler von Einkaufszentren interessant, und zwar nicht nur in den erwähnten Großstädten. Neben Büroimmobilien in Warschau waren daher Einkaufszentren in Polen schnell Ziel internationaler Investoren. Dies führte dazu, dass es in einzelnen Städten und Regionen bereits ein Überangebot an Einkaufszentren gibt, was wiederum zu einem Verdrängungswettbewerb führt, so etwa in Breslau oder Posen.

Herausforderungen für das Kredit-Underwriting

Eine jüngere Entwicklung ist der Trend zu Büroimmobilien in Städten außerhalb Warschaus. In Krakau, Breslau, Danzig und Lodz entstanden moderne Büroparks, die zu deutlich niedrigeren Mieten angeboten werden als Immobilien im Zentrum von Warschau.

Während der Büroimmobilienmarkt in Warschau einen Mix aus nationalen und internationalen Mietern bedient, sind die Mieter in anderen polnischen Städten vor allem im Bereich BPO (Business Process Outsourcing) internationaler Konzerne zu suchen.

Das Spektrum geht von Callcentern bis zum Bereich Research und Development, ein Bereich, in dem Polen mit guten Universitäten und Hochschulen punkten kann. Eine unlängst veröffentlichte Studie des Outsourcing-Beraters Tholons nennt Krakau als attraktivsten Outsourcing-Standort in Europa.

Die Nachhaltigkeit der Mieternachfrage in diesen Standorten ist nur eine der Besonderheiten, die es bei Kreditentscheidungen für Finanzierungen in den Ländern Mittel- und Osteuropas zu berücksichtigen gilt. Zunächst gibt es eine Reihe von rechtlichen Besonderheiten, wie sie wohl jede Rechtsordnung in der einen oder anderen Weise aufzuweisen hat.

In Polen ist dies etwa der Eigentumstitel "ewiger Nießbrauch", der in vielen Städten anstelle von Volleigentum vorzufinden ist, grob vergleichbar dem deutschen Erbbaurecht. In Tschechien wäre etwa das lange Zeit getrennte Eigentum an Grundstück und Gebäude zu nennen, das erst durch die jüngste Novelle des Tschechischen Zivilgesetz buches beseitigt wurde, oder sehr strikte Formalerfordernisse an Verträge, die regelmäßig zu Findings in diversen Due-Diligence-Berichten führen.

Dazu kommt die Besonderheit, dass gewerbliche Mietverträge in Mittel- und Osteuropa generell in Euro abgeschlossen werden. Dies bedeutet, dass zwar bei Finanzierungen in Euro, wie es ebenfalls die gängige Marktpraxis ist, für die Bank kein direktes Währungsrisiko besteht, allerdings gibt es ein indirektes Währungsrisiko bei Mietern, besonders im Bereich Einzelhandel, die ihre Umsätze in lokaler Währung (beispielsweise in polnischen Zloty oder ungarischen Forint) tätigen. Eine starke Währunsgabwertung würde die Wirtschaftlichkeit abgeschlossener Mietverträge beeinträchtigen. Besonderes Augenmerk liegt daher regelmäßig auf der Analyse der Wirtschaftlichkeit von Einkaufszentren für die Mieter, gemessen in "Rent to Sales Ratios" oder "Affordability Ratios".

Hohe Bestände und Druck auf die Mieten

Auf die Problematik laxer Planungsrichtlinien und damit verbunden die Gefahr der unkontrollierten Errichtung immer neuer Kokurrenzobjekte wurde bereits hingewiesen. Neben Einkaufszentren in einigen Städten Polens betrifft dies auch den Büroimmobilienmarkt in Warschau, wo es aktuell, wie auch schon einige Male in der Vergangenheit, zu hohen Leerständen und Druck auf die Mieten kommt.

In einem relativ kleinen Markt (der Warschauer Büromarkt umfasst nur zirka 4 Millionen Quadratmeter) entsteht schnell ein Angebotsüberschuss, wenn eine Reihe von Bürotürmen gleichzeitig auf den Markt kommt. Eine aktive Marktbeobachtung ist hier essenziell und in den Märkten erfahrene interne Immobiliengutachter sowie langjährige Erfahrung im Kredit-Underwriting in CEE sind bei all diesen Themen von Nutzen.

In der Summe gute Erfahrungen

Die pbb Deutsche Pfandbriefbank ist ein aktiver Player in den Märkten Mittel- und Osteuropas. Die Märkte sind strategische Zielmärkte für den spezialisierten Immobilienfinanzierer. In der Summe waren die Erfahrungen auf den Märkten Mittel- und Osteuropas sehr gut.

Die Bank hat sich in den vergangenen Jahren einen substanziellen Anteil an ihrem Zielsegment "Finanzierungen für internationale Investoren in gewerbliche Immobilien in CEE" erarbeitet. Auf absehbare Zeit werden unverändert Polen und Tschechien Schwerpunkt der Aktivitäten sein, wobei selektiv auch andere Teilmärkte Mittel- und Osteuropas in Betracht kommen.

Die Autoren

Dr. Bernhard Scholz Mitglied des Vorstands Dr. Walter Hampel Head of Origination CEE beide Deutsche Pfandbriefbank AG, Unterschleißheim

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