FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

"2019 IST FÜR UNS EIN JAHR DER KONSOLIDIERUNG"

Martin Schenk, Strabag PFS

Der Markt für Facility Services hat in den vergangenen Jahren einen tief greifenden Wandel erfahren, der in kontinuierlich steigender Professionalisierung, wachsenden Leistungsportfolios und der Implementierung technologischer Innovationen Ausdruck findet. Im Interview mit I & F spricht Martin Schenk, Chef von Strabag PFS, ausführlich über die zahlreichen aktuellen Trends und Veränderungen in der Branche und wie sich sein Unternehmen strategisch darauf einstellt. Darüber hinaus erörtert er die Implikationen des vor Kurzem ausgelaufenen Dienstleistungsvertrags mit der Deutschen Telekom sowie der jüngst getätigten Zukäufe in Polen. Red.

Herr Schenk, was sind Ihrer Einschätzung nach die derzeit wichtigsten Trends im Markt für Facility Services?

Lösungsorientierte Dienstleistungen und eine outputorientierte Leistungserbringung sowie die Digitalisierung von Prozessen als auch die Verbesserung der Transparenz (IoT) beschäftigen die Facility-Management-Branche derzeit. Und ja, Internationalisierung ist ein klarer Trend für Dienstleister, die überregional tätig sein können. Die Leistungserbringung bleibt nach wie vor regional. Sicherlich ist unsere Branche nicht der Trendsetter, doch diese Erkenntnis muss nicht schocken, denn schließlich sind es die maßgeschneiderten Services für Kunden, die FM-Anbieter liefern müssen. Unsere Stärke liegt zum Beispiel in der Effizienzgewinnung, das heißt Prozesse, die sowohl intern bei uns als Anbieter ablaufen als auch externe B2B-Prozesse, werden digitalisiert und man wendet sich stärker der Nachfrage des Kunden zu.

Derzeit (über)prüfen Anbieter ihre Geschäftsmodelle auf technologische Möglichkeiten und passen diese gegebenenfalls an oder erweitern diese. Dynamischen Service- beziehungsweise Instandhaltungsstrategien - Stichworte "services on demand" und "predictive services" - kommt zukünftig eine hohe Bedeutung zu. Der digitale Zwilling unter Zuhilfenahme von BIM könnte ein Trend im FM werden, der FM-Anbieter unterstützt, nicht mehr nur für die Erbringung von Leistungen da zu sein, sondern schon vorab den Zustand einer Immobilie garantieren zu können. Laut einer Lünendonk-Studie aus dem Februar 2019 gelten nachhaltige Services nach wie vor als wichtiger Bestandteil des Leistungsangebots von FM-Firmen. Die Digitalisierung ist für kleinere Unternehmen etwas weniger wichtig als für die Marktführer. Somit zeichnet sich ab, dass sich die FM-Branche in zwei Gruppen teilen wird: Die großen Player rücken ihre digitalen Plattformen in den Fokus, während kleinere Marktteilnehmer sich auf das reine Angebot von Dienstleistungen konzentrieren werden.

Wie stellen Sie Ihr Unternehmen auf diese Entwicklungen ein?

Indem wir PM, FM und Industriedienstleistungen aus einer Hand anbieten. Digitalisierung und Innovation sehen wir als wichtigen Bestandteil unserer Wachstumsstrategie. Auch wenn wir bereits heute unsere Dienstleistung IT-gestützt erbringen, sind durch die sich veränderten Kundenanforderungen auch bei uns Anpassungen erforderlich. Wir sind gut aufgestellt, denn wir haben unsere Prozesse verschlankt und optimiert. Unter anderem wurde die Kundenbetreuung zentralisiert. Außerdem stellen wir Anfang kommenden Jahres unsere IT auf Microsoft Dynamics um. Damit werden Auftragssteuerung, Disposition, Ticketing und Rechnungsstellung über ein nutzerfreundliches System abgebildet, das bei ersten Kunden erfolgreich im Einsatz ist. Eine sukzessive Ausweitung findet gerade statt. Dadurch können wir insbesondere die Nachfrage nach integrierten Dienstleistungen und dem baubegleitenden Facility Management besser bedienen. Durch die Verfügbarkeit von Daten in Echtzeit lässt sich flexibler und schneller auf verschiedene Meldungen bei unseren Kunden reagieren. Verstärkt in der Zukunft auf digitalisierte Themen zu setzen beziehungsweise Serviceleistungen und Prozesse digital zu gestalten, lohnt, wenn dies zum Nutzen der Kunden ist.

Es wird auch einen deutlichen Schub in der Transparenz durch Themen wie Sensorik und Internet of Things (IoT) geben. Alle Prozesse und Abläufe in Gebäuden werden transparenter werden und für den Kunden darstellbar. Die Sensorik versetzt uns in die Lage, Klima- und Lüftungsgeräte, Fertigungsanlagen oder Druckmaschinen zu überwachen und Daten zu sammeln. Beispielsweise können Sensoren auf Einzelplatzebene (Büros, Besprechungsräume) die Auslastung erfassen und lassen so Rückschlüsse auf den Flächenbedarf zu. Ein ganz wichtiges Stichwort ist "predictive maintenance" - diese verfolgt als eine Kernaufgabe der Industrie 4.0 einen vorausschauenden Ansatz im Allgemeinen und zum Beispiel eine sogenannte vorausschauende Wartung, die aufgrund von Datenerfassung erfolgen kann im Speziellen.

Ihre Branche befindet sich seit geraumer Zeit im Spannungsfeld zwischen Preisdruck und hohen Qualitätsansprüchen. Wie begegnen Sie diesem Dilemma?

Qualität muss immer Vorrang haben. Wichtig ist, dass die gewünschte Qualität vertraglich fixiert ist und dann auch fair bepreist werden kann. Qualität und Transparenz in der Serviceerbringung wird sich mittelfristig durchsetzen. Ein wesentlicher Anteil unserer Services wird immer von Menschen erbracht werden. Bei steigenden Personalkosten kann man nachhaltig nicht mit Preisreduzierungen reagieren.

Kann die Digitalisierung an dieser Stelle Entlastung schaffen?

Ja, zunächst hilft die Digitalisierung bei der Prozesseffizienz. IoT, prädiktive Instandhaltung von Gebäuden, BIM als Methode der digitalen Vorplanung - ab 2020 jedenfalls bei öffentlichen Infrastrukturprojekten Pflicht - oder Blockchain sind nur wenige Stichwörter der Digitalisierung, die für das Facility Management der Zukunft wesentlich sind. Für uns bedeutet die effiziente Verbindung von lösungsorientiert denkenden Menschen und leistungsfähiger Technik den Service der Zukunft.

Die Digitalisierung treibt alle um, aber sie hilft nicht nur dem Dienstleister in seiner Effizienz. Neben dem großen Thema der "Echtzeit-Transparenz" ermöglicht das Plattformumfeld über die Schnittstellen (APIs) zukünftig auch weitere, verbesserte Services für Kundinnen und Kunden oder gar unmittelbare Einsparpotenziale (etwa verbesserte Anlagensteuerung durch die Vernetzung von Informationen wie Wetterdaten zur GLT-Steuerung). Wir legen weiterhin den Schwerpunkt auf Qualität und neue Services, welche mithilfe der Digitalisierung für den Kunden verbessert werden können. Unser Credo eines hohen Qualitätsanspruchs und Servicegedankens wird stets im Vordergrund sein.

Verweigern Sie sich bestimmten Ausschreibungen, etwa bei denen nur der Faktor "Preis" relevant ist oder sogenanntes "E-Bidding"?

Dazu ein klares Ja. Ausschreibungen, die nur über den Preis gehen und ihren Abschluss in einem casinoähnlichen Bidding-Verfahren finden, gehören nicht zu unserem Geschäftsgebaren. Konzept und Qualität zu einem für beide Seiten fairen Preis sind die Basis für eine nachhaltige Serviceerbringung. Allerdings sind Ausschreibungen, die ausschließlich preisgetrieben sind, deutlich seltener geworden.

Der deutsche Mittelstand ziert sich offenbar noch, seinen Gebäudebetrieb im großen Stil auszulagern. Wird sich daran etwas ändern?

Ich glaube, dass dies zunehmen wird. Allerdings müssen die Dienstleister aktiv Lösungen anbieten, die ausreichende Flexibilität zulassen und das Kerngeschäft sowie die Mitarbeiter des Auftraggebers direkt unterstützt.

Das gesamte Marktvolumen für externe Facility Services in Deutschland steigt seit Jahren relativ kontinuierlich um jährlich immerhin 1,5 bis 2,0 Prozent, in den durch eine Sonderkonjunktur geprägten Jahren 2015 und 2016 waren es sogar etwas mehr. Wird das so weitergehen, gerade mit Blick auf die sich eintrübende Konjunktur?

Dies könnte man meinen. Auch auf der gerade zu Ende gegangenen Immobilienmesse Expo Real konnte man den Eindruck gewinnen, dass sich das Fachpublikum von einer eintrübenden Konjunktur unbeeindruckt zeigte. Trotz der Lage der Automobilindustrie und dem Ende des Booms in der Logistik werden in der Immobilienbranche nicht alle Marktsektoren vom konjunkturellen Abschwung betroffen sein. Ein Blick in die Lünendonk-Studie Facility Service vom Juli 2019 weist in folgende Richtung: Dienstleister mit einer hohen Abhängigkeit beispielsweise von der Automobilindustrie zeigen sich in den Prognosen für die Geschäftsjahr 2019 und 2020 deutlich zurückhaltend. Breiter aufgestellte Serviceanbieter prognostizieren auch kein sprunghaftes Wachstum, jedoch moderate Umsatzsteigerungen.

Das gute Geschäft der vergangenen Jahre hat zu Engpässen im Personalbereich vieler Dienstleister geführt. Wie gehen Sie das Thema "Fachkräftemangel" an?

Dem Fachkräftemangel begegnen wir und stützen damit die eigenen Wachstumsziele sowohl durch die dezentrale Ausbildung in regionalen Einheiten als auch durch eine zentrale Ausbildung eingebettet in unseren Konzern. Wir investieren in Weiterbildung und fördern die individuelle Entwicklung mit beispielsweise Fachwirten, MBA (duales Studium), Meisterabschlüssen et cetera. Der Fachkräftemangel bezieht sich nicht nur auf junge Leute. Das Angebot an erfahrenen Fach- und Führungskräften wird ebenso geringer, deshalb ist es uns ebenso wichtig, bestehende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu binden. Neben der Anerkennung von besonderen Leistungen oder Erfolgen durch Prämienmodelle bieten wir Karriereplanung und Talentmanagement, um einen erfolgreichen Karrierewege bei Strabag sicherzustellen. Nicht vergessen sollten wir auch das mobile Arbeiten, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. Doch nicht zuletzt hat der, der attraktive Mandate vorweisen kann, insgesamt bessere Chancen, auf dem herausfordernden Arbeitsmarkt Mitarbeiter zu finden.

Moderne Gebäude sind immer stärker technisiert, welche Implikationen hat das für die FM-Berufsbilder?

In den Service der Zukunft werden ganz konkret auch Künstliche Intelligenz (KI), Robotic Process Automation, Datenbrillen oder IoT-Plattformen eingebunden werden. Bereits heute haben wir viele digitale Elemente in der Haustechnik: Sensoren messen Daten und senden diese an die Steuerungseinheit. Dort sitzt derzeit noch ein Mensch, der die Angaben auswertet und steuernd eingreift. Und wie Sie richtig ansprechen, wird dies perspektivisch zu veränderten Anforderungen für Beschäftigte führen, die sich mit der IoT-Technik und Remote-Systemen als relevante Bausteine ihrer zukünftigen Tätigkeit intensiv auseinandersetzen müssen.

Wir setzen auf die hohe Qualität der Ausbildung und haben unsere Ausbildung insofern neu ausgerichtet, als wir mit Kooperationspartnern zusammenarbeiten, die immer auf dem neuesten Stand der Technik sind. Stärker technisierte Gebäude verlangen eine frühzeitige Einbindung des FM. Idealerweise geschieht dies in der Planungs- beziehungsweise Investitionsphase. Somit können die Aspekte der künftigen Nutzung schon während der Planung und Errichtung berücksichtigt und das Personal entsprechend geschult werden.

Nach zehn Jahren ist Ende Juni 2019 Ihr Dienstleistungsvertrag mit der Deutschen Telekom, Ihrem bislang größten Kunden, ausgelaufen. Wie sehr belastet dieser Verlust Strabag PFS und wie steuern Sie gegen?

Das Geschäftsjahr 2019 ist für uns ein Jahr der Konsolidierung. Mit dem Ende des genannten Dienstleistungsvertrages ging ein Personaltransfer von rund 3 000 Beschäftigten einher. Jetzt haben wir die Chance genutzt, die Strabag PFS neu aufzustellen - noch kundenorientierter, individueller und näher an den Dienstleistungen als wir das vorher konnten. Auch vom Volumen her belastet so eine Veränderung erst einmal. Wichtiger als das Volumen ist für uns jedoch, dass wir ausgewogen profitabel agieren können.

Mittelfristig wollen wir zu unserer alten Größe zurückkehren, denn wir sind wirtschaftlich gut aufgestellt und gehören zu einem der größten und erfolgreichsten Baukonzerne Europas, der den ganzen Immobilienwertschöpfungsprozess von der Projektentwicklung über das Errichten bis hin zum Betreiben abbildet. Bereits in den letzten zwei Jahren haben wir das Neukundengeschäft kontinuierlich erweitert und zwar in der ganzen Bandbreite: über das technische FM und das Real Estate Management bis hin zu infrastrukturellen Dienstleistungen und Industrieservices. Wir konnten durchaus beachtliche Vertriebs erfolge erzielen.

Im vergangenen Jahr entfielen gut 60 Prozent des in Deutschland erwirtschafteten Umsatzes in Höhe von rund einer Milliarde Euro auf das technische FM, 30 Prozent auf Infrastruktur und der Rest auf Real Estate beziehungsweise Property Management. Werden sich diese Anteile perspektivisch verschieben, gerade mit Blick auf die Übernahme des Property-Management-Geschäfts von Corpus Sireo?

Im Real-Estate-Segment sind die Umsätze geschäftsmodellbedingt nicht so hoch wie etwa im technischen oder infrastrukturellen FM. Auch im Real Estate Management sind wir heute schon ein respektabler Player. Insofern wird die Gewichtung mittelfristig ähnlich sein, allerdings streben wir einen deutlich höheren Anteil im Bereich der Industrieservices an.

Welche Wachstumschancen identifizieren Sie im Ausland, auf das bislang rund zehn Prozent entfällt? Sind die zuletzt getätigten Übernahmen in Polen (Porreal/Caverion Polska) hier nur der Anfang?

Die Zukäufe von Caverion Polska sowie Porreal waren ein weiterer Schritt, um unsere Marktposition im Kerngeschäft Property und Facility Services zu festigen. In Polen sind wir als Strabag PFS zu den Top 5 im Markt aufgestiegen. Somit konnten wir unser internationales Geschäft weiter ausbauen.

Wird anorganisches Wachstum grundsätzlich künftig eine wichtigere Rolle für Strabag PFS spielen?

Anorganisches Wachstum wird nach wie vor eine wesentliche Komponente unserer Strategie sein. Wir prüfen grundsätzlich Optionen, wenn ein Unternehmen zu unserem Portfolio passen könnte - entweder als Markt- oder als Leistungsergänzung. Auch die Proptech-Szene schauen wir uns an.

Zum Abschluss noch zwei Fragen zum hochaktuellen Thema "Nachhaltigkeit": Was ist hier bislang auf dem Weg hin zum klimaneutralen Gebäudebestand erreicht worden? Und welchen Beitrag kann das FM mit Blick auf die ehrgeizigen Ziele leisten?

Immobilien haben einen signifikanten Einfluss auf Energieverbrauch und Emissionen. Durch ein intelligent vernetztes Gebäude ist es beispielsweise gelungen, in den letzten zehn Jahren den Energieverbrauch von Gebäuden um drei bis fünf Prozent zu senken. Durch die direkte Kommunikation der haustechnischen Anlagen über das IoT können Energieeffizienzpotenziale gehoben werden: die Nutzung von Büro- und Besprechungsräumen oder die Auslastung und Betriebsparameter von Aufzügen lassen sich so erfassen. Wichtige Implikationen für notwendige Handlungen beziehungsweise Handlungsempfehlungen werden viel exakter als bisher möglich.

Um gewerbliche Immobilien nachhaltiger zu machen, hat die GEFMA die Richtlinie 160 für "Nachhaltigkeit im Facility Management" herausgegeben und bietet auf deren Basis Audits an. Energiemanagement, aber auch ein ökologisch und ökonomisch durchdachtes Wassermanagement sind Teil des umfangreichen Kriterienkatalogs. Wir haben bei ersten Großkunden bereits eine sogenannte "Grüne Wartung" eingeführt, die eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte beinhaltet - neben rein umweltverträglichen Produkten reichen diese bis hin zum Einsatz von Elektrofahrzeugen.

ZUR PERSON MARTIN SCHENK, Vorsitzender der Geschäftsführung, STRABAG Property and Facility Services GmbH, Frankfurt am Main
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