IMMOBILIEN UND IHRE FÖRDERUNG

"WIR BRAUCHEN BESSERE BEDINGUNGEN FÜR INVESTITIONEN IN DEN BESTAND"

Thomas Wirtz, Foto: ZBI Gruppe

Von den gut 100 Milliarden Euro, die 2021 am deutschen Immobilien-Investmentmarkt umgesetzt wurden, floss laut JLL über die Hälfte in die Assetklasse Wohnen. Ein neuer Allzeitrekord, der eindrucksvoll den durch die Pandemie nochmals verstärkten Heißhunger institutioneller Anleger auf das krisensichere Segment belegt. Bei aller Euphorie muss aber eines immer bedacht werden: Wohnen ist kein gewöhnliches Asset, neben betriebswirtschaftlichen Renditeüberlegungen muss mehr denn je auch sozialen und ökologischen Faktoren Rechnung getragen werden. Wie einer der größten hiesigen Wohninvestoren mit diesem Balanceakt umgeht, verrät ZBI-Vorstand Thomas Wirtz im Interview mit der I & F-Redaktion. Red.

Herr Wirtz, die Fonds der ZBI ver walten mehr als 60 000 Wohnungen. Die energetische Modernisierung ist nicht nur eine der größten Herausforderungen für die nahe Zukunft, sondern aufgrund der begrenzten Umlagemöglichkeiten auch eines der größten Kostenrisiken für Vermieter. Was bedeutet das für die Renditen?

Die energetische Modernisierung der Wohnungsbestände ist eine große Aufgabe, die sich nur gesellschaftlich bewältigen lässt. Staat, Unternehmen, Mieter - jede Seite muss ihren Beitrag dazu leisten, diese Herausforderung zu meistern. Um im Wohnbereich weiterhin auskömmliche Renditen zu erreichen, bedarf es daher durchdachter Modernisierungsstrategien, die zwischen technischen, sozialen und betriebswirtschaftlichen Erfordernissen einen praktikablen Ausgleich gewährleisten.

Viel hängt dabei von der Ausgestaltung der öffentlichen Förderprogramme und den regulatorischen Rahmenbedingungen ab. Die im vergangenen Jahr aufgelegte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ist ein Schritt in die richtige Richtung, löst aber bei Weitem nicht alle Probleme. Für einen fairen sozialen Ausgleich hat die neue Bundesregierung beispielweise auch eine Erhöhung des Wohngelds angekündigt. Ich halte das für einen richtigen Schritt. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Wer auf ausgesprochen gute Renditeperformance schielt, für den könnte die Luft im Wohnbereich eng werden. Wichtiger ist aus unserer Sicht der Interessenausgleich zwischen den unterschiedlichen Stakeholdern in Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Wohnungs- und Mietpreise steigen seit Jahren kontinuierlich. Die Politik reagiert mit Diskussionen über neue Wege für bezahlbaren Wohnraum, etwa eine Ausweitung des geförderten Wohnungsbaus oder die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit. Scheitert der freie Markt am Ziel "bezahlbarer" Mieten?

So pauschal kann man das nicht bewerten, man muss differenzieren. Beispielsweise sind nicht alle Regionen gleichermaßen gefragt und von Preissteigerungen betroffen. Ein enger, angebotsgetriebener Markt ist weiterhin vor allem in den Metropolen und größeren Ballungsräumen zu beobachten, nicht in der Breite des Landes. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren viel mehr gebaut wurde als lange Zeit zuvor. Das wird den Nachfrageüberhang ausgleichen, aber erst verzögert.

Wie bereits gesagt, ist der praktische Einfluss der Vermieter angesichts der Vielzahl sich überlagernder Prozesse begrenzt. Gerade im günstigen Segment muss man etwa konstatieren, dass der Staat sich für viele Jahre faktisch aus der Bereitstellung von gefördertem Wohnraum zurückgezogen hatte. Glücklicherweise hat die Politik begonnen umzusteuern. Im Dialog mit der Immobilienwirtschaft sollte es gelingen, einen Weg zu finden, der den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft entspricht.

Lange war der geförderte Wohnungsbau für Investoren eher unattraktiv, weil einerseits die Förderbedingungen zu starr und die Renditen anderswo deutlich attraktiver waren. Wie bewerten Sie die jüngere Entwicklung?

Beim Sozialwohnungsbau wurden in den vergangenen Jahren wichtige Weichen gestellt und entscheidende Signale an die Märkte gesendet. Die einzelnen Bundesländer haben ihre Förderbedingungen an die Erfordernisse der Investoren angepasst und zum Teil auch den Kreis derjenigen erweitert, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben. Hoffentlich wird es auf diese Weise gelingen, die Abwärtsspirale bei der Zahl der mietpreisgebundenen Wohnungen zu stoppen. Andererseits kann man sich nicht nur auf diesen Bereich konzentrieren. Wir benötigen auch im frei finanzierten Bereich vielerorts weiterhin hohe Fertigstellungszahlen, um den realen Bedarf in den Zuzugsregionen zu decken.

Auf den Punkt gebracht: Dafür brauchen wir gesunde Wohnungsunternehmen, die wirtschaftlich erfolgreich sind, denn allein kann der Staat kein Gleichgewicht herstellen. Das hat die Geschichte hinlänglich bewiesen. Vielmehr sollte sich die Politik in diesem Bereich auf die Rahmenbedingungen konzentrieren. Die größten Hindernisse sind aktuell sicherlich die Grundstücksund Herstellungskosten. Im Sinne schneller Fertigstellungen wäre es in diesem Zusammenhang aber sicherlich zielführender, die immer wieder kritisierten bürokratischen Hürden etwa im Baurecht anzugehen, anstatt weitere Investitionsmittel aus öffentlichen Fördertöpfen zur Verfügung zu stellen.

Die neue Bundesregierung plant in angespannten Wohnungsmärkten die Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen von 15 auf 11 Prozent in drei Jahren. Was bedeutet das für die Perspektiven großer Investoren?

Zunächst einmal wäre das ein kontraproduktiver Eingriff in den Markt. Investitionen in den Bestand entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern werden selbstverständlich mit dem gesetzlich möglichen, sozialverträglichen und marktgerechten Mietsteigerungspotenzial austariert. Folglich wächst zunächst der Druck, die eigenen Kosten zu optimieren. Dieser Professionalisierungszwang bevorzugt große Unternehmen wie die ZBI. Sie werden aufgrund ihrer Skalierungsmöglichkeiten und ihres Know-hows leichter damit zurechtkommen als kleine private Vermieter oder Genossenschaften.

Auf der anderen Seite ist aber davon auszugehen, dass die relative Volatilität in diesem Bereich zurückgehen wird und sich die Renditen in absehbarer Zeit auf ein moderates Niveau einpendeln. Das wiederum erhöht die Sicherheit für langfristig orientierte institutionelle Investoren, für die Wohninvestments also durchaus attraktiv bleiben dürften. Im Gesamtzusammenhang zwischen sozialem Ausgleich und energetischer Modernisierung aber ist meines Erachtens vor allem eines zentral: Wir brauchen bessere Bedingungen für Investitionen in den Bestand, sonst werden diese über kurz oder lang ausbleiben.

Auf welche Strategien setzt die ZBI, um die ökologische und die soziale Nachhaltigkeit mit den Interessen der Anleger zu vereinbaren?

Die ZBI achtet traditionell gerade beim Einkauf auf einen möglichst günstigen Einstieg in die Investments. Dabei sind wir langfristig orientiert und verstehen uns als verlässlichen Partner für die Städte und Kommunen auf der einen und für unsere Mieter auf der anderen Seite. Man muss aber auch zugestehen, dass beispielweise noch Fragen offen sind, die sich auf die wirtschaftliche Seite auswirken.

Daran arbeiten wir selbstverständlich und bringen uns in die Diskussion ein. In unserer Rolle als Bindeglied zwischen den verschiedenen Stakeholdern gehört es zu unserer Aufgabe, einen konstruktiven Dialog zu führen und unsere praktische Perspektive einzubringen.

Attraktive Opportunitäten für Wachstum durch Zukauf werden vielerorts zur Seltenheit, immer mehr Wohnungsunternehmen verstärken deshalb ihre Neubauaktivitäten. Welche Strategie verfolgt die ZBI?

Auch wir fokussieren uns verstärkt auf Projekt- und Quartiersentwicklungen und wollen auf diesem Weg erfolgreich wachsen. Unser aktuelles Volumen für Projektentwicklungen beläuft sich auf etwa eine Milliarde Euro und umfasst rund 3 400 Wohn- und Gewerbeeinheiten bundesweit und in Österreich. Unsere regionalen Schwerpunkte liegen dabei in Hamburg, Berlin, Frankfurt am Main und Stuttgart, aber auch in Dresden sowie in Wien. Dort haben wir beispielsweise erst Anfang November mit dem Bau von 170 Wohnungen mit mehr als 10 000 Quadratmetern Nutzfläche begonnen, die wir bis 2023 fertigstellen werden.

Wichtig ist aus unserer Sicht eine ausgewogene und standortgerechte Kombination aus Neubau, Modernisierung, Revitalisierung und Nachverdichtung. Die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt werden angesichts der demografischen Entwicklung und des Klimawandels auf absehbare Zeit groß bleiben, deshalb werden eingleisige Strategien in der Tat immer risikoreicher.

Projektentwicklungen gehen mit höheren Risiken einher. Wie kann es gelingen, das Gleichgewicht zwischen den verschärften Vorgaben beim Klimaschutz, den hohen Bau- und Grundstückspreisen und den letztendlichen Mietpreisen zu halten?

Mit fachlicher Expertise und im Dialog kann es durchaus gelingen, diese Balance zu wahren. In einigen Bereichen handelt es sich auch nur um scheinbare Widersprüche, was aus einer verkürzten Betrachtung des Gesamtzusammenhangs entsteht. Langfristig betrachtet sind die Interessen von Investoren, Politik und Mietern gar nicht so unterschiedlich - schließlich sind alle an sozialer und wirtschaftlicher Stabilität interessiert, und auch der Klimawandel betrifft die Gesellschaft als Ganzes.

Zu bedenken ist zudem, dass unsere Projektentwicklungen nach Fertigstellung wiederum zu Bestandsobjekten werden. Aufgrund unserer Größe und unserer Expertise können wir mit diesem Developand-hold-Ansatz weitere Bereiche der Wertschöpfungskette bündeln und entscheidende Stellschrauben drehen, die im besten Fall unsere Rentabilität langfristig verbessern - ohne dass die Mieten unbezahlbar werden.

In der öffentlichen Diskussion entsteht oft der Eindruck, es herrsche zwischen Mietern und Vermietern ein Kampf mit harten Bandagen. Der große politische Wurf ist bisher ausgeblieben. Wagen Sie eine Prognose, wie die Situation zur nächsten Bundestagswahl in vier Jahren aussehen wird?

Zunächst einmal wünsche ich der neuen Regierung gutes Gelingen. Hoffentlich werden die Handelnden in den entscheidenden Punkten mehr Gestaltungswillen und Mut zeigen als ihre Vorgänger. Gerade mit Blick auf das Thema Infrastruktur bedarf es entschlossener öffentlicher Investitionen, damit auch in den Randlagen der Ballungsräume weiterhin attraktiver Wohnraum entstehen kann.

Ohne eine Verbesserung der Verknüpfung der Großstädte und des ländlichen Raums wird das nicht gelingen. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass sich das Spannungsfeld zwischen der Bezahlbarkeit, dem Wohnungsmangel und dem Klimaschutz innerhalb von vier Jahren in Wohlgefallen auflösen wird.

Vielmehr zeigt der Koalitionsvertrag mit den weiteren Eingriffen beim Mietrecht eindeutig, dass wir als professionelles Wohnungsunternehmen weiterhin einen konstruktiven Dialog führen müssen, um auf einen leistungsfähigen Markt hinzuwirken. Im Idealfall kann es auch mit Unterstützung der Liberalen in der Regierung gelingen, durch ein insgesamt verbessertes regulatorisches Umfeld dafür zu sorgen, dass die Modernisierungsquote deutlich höher liegt als heute, ohne dass die Mieter überfordert werden.

Thomas Wirtz , Geschäftsleitung Vertrieb Fonds sowie An- und Verkauf Immobilien, ZBI Zentral Boden Immobilien Gruppe, Erlangen
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