Investitionen

Marktmodell zur Berechnung von Hotelinvestments

Dierk Freitag

Der Frage, wie hoch das monetäre Marktvolumen investmentrelevanter Hotels ist, sind die Union Investment Real Estate GmbH und die Bulwiengesa AG nachgegangen. Denn in keiner anderen Assetklasse lag der Anteil des Transaktionsvolumens am Gesamtmarktvolumen der jeweiligen Klasse im vergangenen Jahr so hoch wie im Hotelsegment. Der Bestandswert investmentrelevanter Hotels in Deutschland ist von 2007 bis 2015 um 64 Prozent gestiegen und ist laut Studie derzeit bei 47 Prozent. Ein werttreibender Faktor ist beispielsweise die Performance vieler Betriebe, die sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert hat. Allerdings werden die Ergebnisse nicht nach Städten aufgegliedert. Und bislang sind auch noch nicht in allen Orten die investmentrelevanten Hotelzimmer bestimmt und gezählt. Das Modell steckt also derzeit noch in der Entwicklungsphase. Dadurch, dass die Ergebnisse auf ähnliche Städtecluster übertragen werden, soll das Datenmaterial aber nach Angaben der Autoren bereits zum jetzigen Zeitpunkt aussagekräftig sein. Red.

I&F Union Investment Real Estate und Bulwiengesa haben ein neues Marktwertmodell entwickelt, mit dem sich das Marktvolumen investmentrelevanter Hotels in Deutschland bestimmen lässt. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse der ersten Erhebung?

Dierk Freitag: Mit dem neuen Marktwertmodell wird das monetäre Marktvolumen der investmentrelevanten Hotelzimmer berechnet. Zudem ist nunmehr eine Differenzierung des Marktvolumens nach Segmenten möglich. Der Analyse zufolge sind etwa 47 Prozent aller Hotelzimmer in Deutschland als investment relevant einzustufen. Das Gros entfällt auf die mittlere und gehobene Hotelkategorie und befindet sich in deutschen Großstädten, in denen in den letzten Jahren eine rege Bautätigkeit festzustellen war.

Doch auch Hotels in kleineren Städten oder Ferienregionen wurden bei der Ermittlung des Marktwertes berücksichtigt. Zusammen repräsentiert der Bestand investmentrelevanter Hotels in Deutschland aktuell einen Marktwert von 47,1 Milliarden Euro, was gemessen an der Anzahl der dazugehörigen Hotelzimmer rechnerisch einen durchschnittlichen Wert von rund 130 500 Euro pro Zimmer entspricht.

Martin Schaller: Die Zahlen verdeutlichen die Relevanz der Assetklasse Hotel im gewerblichen Immobilienmarkt. In keiner anderen Assetklasse lag der Anteil des Transaktionsvolumens am Gesamtmarktvolumen der jeweiligen Klasse 2015 so hoch wie im Hotelsegment. Das Rekord-Transaktionsvolumen im vergangenen Jahr von rund 4,4 Milliarden Euro, das allerdings auch einige Projektentwicklungen beinhaltet, entspricht in etwa neun Prozent des berechneten Marktvolumens. Der Wert macht deutlich, dass es sich bei Hotels um eine hochliquide Assetklasse handelt.

Bemerkenswert: Der Bestandswert investmentrelevanter Hotels in Deutschland ist von 2007 bis 2015 um 64 Prozent gestiegen. Dies ist einerseits auf das dynamische Wachstum von Markenhotels, die von institutionellen Investoren bevorzugt erworben werden, und andererseits auf den Wertzuwachs der bestehenden Hotels zurückzuführen.

I&F Wie haben Sie definiert, wann ein Hotel investmentrelevant ist?

Dierk Freitag: Für uns sind insbesondere alle tourismusintensiven Städte in Deutschland investmentrelevant. Das sind natürlich die Stadt Berlin und die zehn sogenannten "Magic-Cities" - sprich Städte mit einem Übernachtungsvolumen von mehr als einer Million pro Jahr. Aber natürlich interessieren sich Investoren auch für B- und C-Standorte, wenn Marktumfeld, Produkt und Preis dort stimmen. Bei einer exemplarischen Betrachtung einer Auswahl von Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern stellen wir fest, dass durchschnittlich rund 80 Prozent der Zimmer in Hotels und Hotel Garni als investmentrelevant betrachtet werden können.

Wohlgemerkt der Zimmer, nicht der Betriebe, deren Anteil weitaus geringer ist. Da aber auch in kleineren Städten und in Ferienregionen durchaus leistungsfähige Hotelbetriebe existieren, wie zum Beispiel die A-Rosa-Resorts und in der Ferienhotellerie in der Regel höhere Anfangsrenditen zu erzielen sind, haben wir auch hier einen prozentualen Anteil festgelegt, der als investmentrelevant anzusehen ist. Bei der Bestimmung der Grundgesamtheit greifen wir auf das statistisch erfasste Bettenangebot in Deutschland in den Betriebsarten Hotel und Hotel Garni zurück.

I&F Wie haben Sie die Marktwerte beziehungsweise die Marktwerte je Zimmer ermittelt?

Martin Schaller: In die Ermittlung der Marktwerte flossen diverse Faktoren ein. Was die Entwicklung des Preisniveaus in den letzten Jahren betrifft, haben unsere beiden Häuser mit ihrem jeweiligen Markt-Knowhow als Investor und Berater einen relativ guten Marktüberblick. Zusätzlich werten wir andere externe Quellen von Unternehmen, die ebenfalls eine hohe Expertise mit Hotelmarkt besitzen, aus und spiegeln unsere Werte an deren Ergebnissen. Diese Methode ermöglicht uns, Wertansätze nach Hotelkategorie - Economy, Midscale und Upscale - und Standortgröße, das heißt, Einwohnerzahl, zu unterscheiden.

Die höchsten Werte erreichen dabei Betriebe in den vier Top-Städtedestination München, Frankfurt, Hamburg und Berlin und natürlich Betriebe im Upscale-Segment. Ein werttreibender Faktor ist die Performance vieler Betriebe, die sich in den letzen Jahren kontinuierlich verbessert hat - ganz nach dem Prinzip: steigender Umsatz, steigender Wert/ fallender Umsatz, fallender Wert, wie man deutlich am gefallenen Marktwert im Jahre 2009 erkennt. Zur Beurteilung der Hotelperformance orientieren wir uns an Kennzahlen beispielsweise des renommierten Marktforschungsunternehmens MKG, die mit ihrem Sample den deutschen Markt sehr gut abdecken.

Der Marktwert insgesamt wird natürlich vor allem durch die Menge des Angebotes, das heißt, der Hotelzimmer bestimmt. Hier registrieren wir in den letzten Jahren angesichts der steigenden Übernachtungszahlen in Deutschland und dem stark wachsenden Städtetourismus, einen enormen Anstieg der Bettenkapazitäten, der vielerorts aber immer noch nicht mit dem Übernachtungswachstum Schritt hält. Dementsprechend dürfen wir uns auf ein weiteres Wachstum einstellen, das - wie die aktuelle Hotelstudie von bulwiengesa zeigt - rund 9700 neue Hotelzimmer pro Jahr in Deutschland umfasst.

I&F Wie hat sich der Anteil der investmentrelevanten Hotelzimmer im Zeitverlauf entwickelt?

Martin Schaller: Angesichts der zunehmenden Professionalisierung des Hotelmarktes, und zwar aufseiten der Entwickler und Betreiber sowie des zunehmenden Verdrängungswettbewerbes der Privathotellerie durch die Kettenhotellerie, ist der Anteil investmentrelevanter Hotelzimmer in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. 2007 haben wir einen Anteil von unter 43 Prozent ermittelt, 2015 knapp 47 Prozent.

In drei bis vier Jahren wird deren Anteil sicherlich bei über 50 Prozent liegen. Nicht, weil Investoren bei der Auswahl geeigneter Produkte weniger kritisch werden, sondern weil die Kettenhotellerie, die bei Investoren so beliebt ist, in allen Segmenten und auch in kleineren Städten auf dem Vormarsch ist. Dies ist aber auch in anderen Assetklassen, wie zum Beispiel bei Shoppingcentern, zu beobachten.

I&F Haben Sie Daten zum Anteil investmentrelevanter Hotelzimmer, den Marktwerten je Zimmer und den gesamten Marktwerten für die großen Hotelmärkte?

Dierk Freitag: Wir haben nicht in allen Städten die investmentrelevanten Hotelzimmer bestimmt und gezählt. Das wäre vielleicht noch eine Aufgabe für die Zukunft. Aber wir haben in verschiedenen Städten Stichproben zu deren Umfang erhoben und dann das Ergebnis auf ähnliche Städtecluster übertragen. Für die großen Hotelmärkte haben wir ebenfalls Marktwerte ermittelt. Da wir hier jedoch über ein Modell sprechen, dem gewisse Annahmen zugrunde liegen, haben wir uns entschlossen, keine städtespezifischen Auswertungen zu veröffentlichen.

Ich möchte betonen, dass das Modell keine Wertermittlung beziehungsweise Vollerhebung ersetzt. Das Modell ermöglicht jedoch eine segmentspezifische Betrachtung, wenngleich die Volumenveränderung in den Segmenten noch etwas unscharf ist, da wir hier auf die deutsche Hotelklassifizierung zurückgreifen, die nur einen Teil aller investmentrelevanter Hotels abdeckt. Hier werden wir unser Modell noch weiter entwickeln.

I&F Wie sind Sie auf die 2000er Regel gekommen?

Dierk Freitag: Eine Daumenregel ist im täglichen Geschäft immer sehr hilfreich. Diese ist nicht neu, sondern ersetzt nur eine etwas ältere 1 000er Regel, die auf die ARR Anwendung fand. Da jedoch die Auslastung eines Hotels mindestens genauso wichtig wie die ARR ist, eignet sich der RevPar wesentlich besser als die ARR. Das dabei der gut einprägsame Faktor 2 000 heraus kam, ist eher Zufall.

Aber wie gesagt, es ist ein grober Anhaltspunkt, der nichts mit einer seriösen Wertermittlung gemein hat, die wir übrigens mit der Bulwiengesa Appraisal GmbH auch anbieten.

Zur Person Dierk Freitag Bereichsleiter Freizeit und Hotel, bulwiengesa AG, BerlinMartin Schaller Leiter, Asset Management Hotel, Union Investment Real Estate GmbH, Hamburg

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