INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

"DIE NACHFRAGE NACH ILLIQUIDEN ASSETS IST UNGEBROCHEN"

Dr. Dirk Krupper, Foto: Helaba Invest

Die 1991 gegründete Helaba Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH gehört hierzulande zu den größten Kapitalverwaltungsgesellschaften im institutionellen Asset Management. Im Bereich "Immobilien & Alternative Investments" wartet die 100-prozentige Tochter der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) dabei mit dem Alleinstellungsmerkmal "Multi- Manager-Ansatz" auf. Was genau es damit auf sich hat und wie sich das Konzept im aktuellen Marktumfeld schlägt, diskutiert Helaba-Invest-Geschäftsführer Dirk Krupper im Gespräch mit "Immobilien & Finanzierung". Red.

Herr Dr. Krupper, Ihr Einzug in die Geschäftsführung der Helaba Invest fiel ziemlich genau mit dem Beginn der Corona-Pandemie zusammen. Wie haben Sie diese turbulente Zeit erlebt?

Anders als geplant. Grundsätzlich war mir zu diesem Zeitpunkt die Helaba Invest bereits vertraut, da ich 2019 in das Unternehmen gekommen bin und schon Anfang 2020 als Generalbevollmächtigter in die Gremienarbeit integriert wurde. Beides hat den Eintritt in die Geschäftsführung erleichtert. Die Herausforderungen, welche die Pandemie mit sich gebracht hat, waren deswegen keineswegs geringer. Am wichtigsten war es, die Handlungsfähigkeit des Unternehmens zu jeder Zeit zu gewährleisten. Das ist uns sehr gut gelungen. Alle Mitarbeitenden haben sich nahezu problemlos auf die geänderten Rahmenbedingungen eingestellt. Das Tagesgeschäft lief einfach weiter, allerdings über digitale Medien.

Natürlich mussten bestimmte Prozesse umgestellt und auf geänderte Anforderungen angepasst werden. Aber dafür hatten wir ohnehin einen Großteil der Vorarbeit durch ein laufendes Projekt zur Digitalisierung des Unternehmens geleistet. In meinem Team sind es die Kolleginnen und Kollegen zudem schon seit Jahren gewohnt, remote zu arbeiten, da wir regelmäßig Termine mit Kunden, Geschäftspartnern und zu Besichtigungen von Assets haben. Trotzdem wünsche ich mir eine baldige Rückkehr zur - wenn auch neuen - Normalität, weil ich seit Antritt meiner Funktion meine Teammitglieder nur vereinzelt in den Büros treffen konnte.

Die Helaba Invest verfolgt bei den illiquiden Investments einen Multi-Manager-Ansatz. Was kann man sich darunter konkret vorstellen?

Der Multi-Manager-Ansatz kann als übergreifende Portfoliosteuerung von indirekten Investments definiert werden. Diese erstreckt sich von der Strategiefindung über die Allokation und Managerselektion bis hin zum Transaktionsmanagement und der laufenden Betreuung der Investments. Dabei steht die Beherrschung des Risikos durch Diversifikation bei gleichzeitiger Optimierung der Rendite durch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Managern im Mittelpunkt. Im Rahmen unseres Multi-Manger-Ansatzes werden entsprechend der Risikotragfähigkeit des Kunden ausschließlich indirekte Investments in eine Vielzahl sogenannter Zielfonds, Club Deals und/oder Joint Ventures sowohl auf dem Primär- als auch über den Zweitmarkt getätigt. Hierfür werden für die einzelnen Strategien (Region, Sektor, Risikoprofil) jeweils die "best in class"-Manager identifiziert, mit denen die Strategie umgesetzt werden kann.

Durch unseren Ansatz, als aktiver Anleger gegenüber den Zielfondsmanagern aufzutreten, haben wir die Möglichkeit, gezielt auf Ankäufe und Verkäufe sowie einzelne Asset-Management-Maßnahmen auf Zielfondsebene einzuwirken. So werden beispielsweise bei Ankäufen hinsichtlich Lage, Investmentstory und Wiedervermietbarkeit keine Kompromisse bei der Objektauswahl eingegangen, um auch eine nachhaltige Bewirtschaftung der Immobilien sicherzustellen. Ziel dieses Ansatzes ist die Optimierung der Performance- und Risikoausgestaltung der Zielfonds entsprechend den Anlegerinteressen.

Welche Effekte hatte Corona auf Ihre Prozesse im Geschäftsfeld Immobilien, und werden diese von Dauer sein?

Auf der einen Seite haben wir natürlich, wie jeder andere auch, auf digitale Meetings umgestellt und interne Besprechungen, Kundenansprachen, Verhandlungen mit Geschäftspartnern oder Anlageausschusssitzungen über Videokonferenzen abgehalten. Daneben sind viele Prozesse auf elektronische Lösungen umgestellt worden, etwa durch Einsatz von Kollaborationstools, digitale Unterschriften oder Signaturen. Dies hat uns eine uneingeschränkte Handlungsfähigkeit gesichert. Die Formate haben sehr gut funktioniert und werden mit Sicherheit auch nach Corona nicht mehr wegzudenken sein.

Auf der anderen Seite hatten wir seit der Pandemie kaum die Möglichkeit, die Assets zum Beispiel im Rahmen von Ankäufen zu besichtigen. Hier wurde auf Lösungen wie Geo-Informationssysteme sowie Bild- und Videomaterial zurückgegriffen. Diese Ansätze können allein aus Risikogesichtspunkten keinen dauerhaften Ersatz bieten. Deshalb gehe ich davon aus, dass insbesondere die Besichtigungen der Immobilien nach der Pandemie wieder wie bisher physisch stattfinden werden. Wir haben in einer Umfrage bei unseren Investoren auch die Frage nach dem Format der Anlageausschusssitzungen gestellt, und hier zeichnet sich zukünftig eine hybride Form der Meetings, also Präsenzveranstaltung und Videokonferenz, ab. Eine vollständige Digitalisierung des Geschäftslebens wird es bei uns auf Dauer also nicht geben.

Inwieweit hat die Pandemie Spuren in Ihrem Immobilienportfolio hinterlassen?

Noch im April des vergangenen Jahres, also unmittelbar mit Beginn der Pandemie, haben wir unsere Zielfondsmanager im Rahmen eines Risk-Assessments nach den potenziellen Corona-Effekten auf die Portfolios aus Mietstundungen, Kauf- und Verkaufsvorhaben, Vermietungs- und Bauaktivitäten, Neubewertungen und Finanzierungskonditionen befragt. Diese Analyse wurde inzwischen zwei Mal aktualisiert und hat für uns das Bild ergeben, dass die von uns gewählten Manager grundsätzlich sehr gute Arbeit geleistet haben. Die Mietaußenstände, die endgültig abgeschrieben werden müssen, betragen in unseren Portfolios weniger als 1 Prozent.

Die Anfrage nach Mietreduktionen war natürlich mit Beginn der Pandemie höher, aber mit den Mietern wurden Rückzahlungsvereinbarungen oder Mietvertragsanpassungen abgeschlossen und auf diese einmalige Situation sehr schnell und professionell reagiert. Entsprechend haben sich auch die Bewertungen der Assets bis auf Ausnahmen nicht wesentlich zum Nachteil verändert, weswegen wir stabile Renditen verzeichnen können. Gerade hier zahlt sich der immense Grad der Diversifikation durch das Multi-Manager-Konzept aus. Wenn bei fünf Hotelimmobilien die Ausschüttungszahlung wegen der Pandemie entfällt, dann ist der Effekt auf einen Dachfonds mit mehr als 500 Immobilien im Portfolio weitaus geringer als bei einem Fonds, der in Summe nur 15 Immobilien umfasst.

Und wie hat die Krise die Einstellung Ihrer Kunden zur Assetklasse beeinflusst?

In dem angesprochenen Risk-Assessment haben wir unter anderem erfragt, inwieweit andere Investoren der Zielfonds Rückgabeersuchen ihrer Anteile an die Zielfondsmanager gerichtet haben. Das Ergebnis der Befragung deckt sich mit unseren Erkenntnissen. Die Nachfrage nach illiquiden Assets ist ungebrochen. Der Appetit der Investoren nach unseren Produkten hat sogar weiter zugenommen, unabhängig davon, ob es sich um Immobilien oder Infrastruktur als Equity- oder Debt-Investments handelt. Innerhalb der Assetklassen gibt es allerdings einzelne Effekte aus der Pandemie zu beobachten.

Hotelimmobilien stehen aus bekannten Gründen derzeit nicht im Fokus der Investoren und bei Büroimmobilien zeichnet sich eine stärkere Selektion der Einzelinvestments ab, da die Konsequenzen auf den Arbeitsalltag noch nicht abschließend geklärt sind. Wohnen und Logistik sind hingegen die Gewinner der Krise. Wohnimmobilien bedeuten auch ohne die Pandemie grundsätzlich Stabilität im Portfolio. Allerdings wird dieser Effekt inzwischen durch ein hohes Preisniveau erkauft. Logistikimmobilien haben gerade wegen der Pandemie eine noch größere Nachfrage erfahren, da der Anteil an E-Commerce im Handel signifikant zugenommen hat und die Lieferketten nach den diversen Unterbrechungen neu beziehungsweise lokal gedacht werden.

Sie sind unter anderem auch in Asien sehr aktiv. Schreitet die Erholung der Immobilienmärkte dort (zügig) voran?

Zu Beginn der Pandemie konnten die asiatischen Staaten von ihrer Erfahrung mit vergangenen Virusausbrüchen profitieren und die Situation vergleichsweise schnell unter Kontrolle bringen. Zuletzt mussten einige Staaten in der Region, unter anderem Japan und Australien, jedoch erneut Einschränkungen aufgrund der Pandemie erlassen, welche die Erholung ausbremsen werden. In den kommenden Monaten ist daher mit spürbaren regionalen Unterschieden bei der Erholung zu rechnen, die sich auch auf die Entwicklung der Immobilienmärkte auswirken werden. Das zeigt sich unter anderem bei der Entwicklung des Transaktionsvolumen und der Preisentwicklung sowie bei der Nachfrage auf den Vermietungsmärkten.

Erwarten Sie für Deutschland und Europa einen ähnlichen Verlauf?

In Deutschland und Europa ist insbesondere auf dem Investmentmarkt bereits im zweiten Quartal 2021 ein Anstieg der Marktaktivität zu beobachten gewesen. Die Lockerungen der Beschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie und der positive Ausblick auf den Sommer infolge steigender Impfquoten führen zu einer positiven Einschätzung der Marktentwicklung. Dennoch bleiben sektorale Risiken, etwa im Einzelhandels- und Hotelmarkt, bestehen und ein erneuter Anstieg der Fallzahlen könnte Öffnungsschritte bremsen. Auch hier muss die Marktentwicklung daher nach Sektoren und Regionen genau analysiert und differenziert betrachtet werden.

Welche Produkte sind bei Ihnen derzeit konkret in der Umsetzung beziehungsweise Planung?

Gegenwärtig ist unser Core-Immobilienfonds, der HI-Immobilien-Multi-Manager-Fonds IV, in der zweiten Platzierungsphase. Für dieses Produkt fand im Januar 2021 das erste Closing mit einem Eigenkapitalvolumen von 225 Millionen Euro statt und das zweite Closing soll nun im September 2021 durchgeführt werden. Daneben sind wir aktiv im Vertrieb unseres zweiten Asien-Fonds, der bereits erste Investments getätigt hat. Aufgrund des mittlerweile umfangreichen Netzwerks an Managern in der asiatisch-pazifischen Region werden wir unseren Investoren in Kürze die Möglichkeit von Co-Investment-Vehikeln anbieten.

Die Betreuung der Assets fern der Heimat ist immer noch am besten, wenn Eigenkapital von lokalen Investoren mit von der Partie ist. Im Bereich der Alternativen Investments wird zeitnah das zweite Closing zu unserem HI-Real-Estate-Privat-Debt-Multi-Manager-Fonds angestrebt. Das erste Closing fand im Dezember 2020 mit einem Eigenkapitalvolumen von 110 Millionen Euro statt. Daneben wird das finale Closing des HI-Infrastruktur-Multi-Manager-Fonds II mit einem gesamten Eigenkapitalvolumen von 600 Millionen Euro im dritten Quartal abgeschlossen sein. Wir arbeiten bereits intensiv an der Konzeption des Folgefonds.

Gestaltet sich das Funding dafür angesichts der derzeitigen Rahmenbedingungen mühsamer?

In den vergangenen Jahren wurden vonseiten der institutionellen Investoren die illiquiden Investments sehr stark aufgebaut und teilweise sind die vorab definierten strategischen Quoten bereits nahezu erfüllt. Auch das Thema regulatorische Anforderungen für illiquide Investments ist bei unseren Kundengruppen in den letzten Monaten vermehrt in den Fokus gerückt und findet bei einer Investitionsentscheidung meistens eine höhere Berücksichtigung. Auf diese Themen waren und sind wir vorbereitet und beachten sie bei der Planung von neuen Produkten beziehungsweise Dienstleistungen. Wir freuen uns sehr, dass wir im ersten Halbjahr 2021 wieder zahlreiche Mittelaufstockungen von unseren Bestandskunden erhalten haben sowie Eigenkapital von Neukunden akquirieren konnten.

Aus unserer Sicht ist das insbesondere auf unsere guten Ergebnisse in den vergangenen Jahren, auf unsere breite Angebotsvielfalt und die Etablierung des Multi-Manager-Konzeptes für illiquide Investments im deutschsprachigen Raum zurückzuführen. Wir sind regelmäßig mit unseren Bestandsanlegern und potenziellen Investoren im Dialog und wissen somit, auf was für Rahmenbedingungen wir uns zukünftig gemeinsam einstellen müssen. Auf Grundlage dieser Informationen und unserer historisch positiven Entwicklung sind wir sehr zuversichtlich, dass wir weiterhin unsere geplanten Strategien umsetzen können.

Was sind Ihre mittelfristigen Wachstumsziele in der Assetklasse Immobilien?

Wir werden unser Geschäftsfeld für illiquide Assets kontinuierlich ausbauen und mittelfristig um 30 bis 50 Prozent steigern. Die Assetklasse Immobilien wird dabei eine tragende Rolle spielen. Dazu werden wir neben den standardisierten europäischen Fondsprodukten verstärkt auf die Regionen Asien und Amerika setzen. Auch die Art der Dienstleistungen werden wir mit dem umfangreichen und ständig wachsenden Netzwerk an Zielfondsmanagern ergänzen.

Soll das 2018 gestartete Geschäft mit Real Estate Private Debt dabei an Bedeutung zunehmen?

Die Private Debt Funds werden dabei definitiv eine bedeutende Rolle spielen. Der Fokus unserer Produktstrategien liegt auf Investments mit mittlerem Risiko und entsprechender Rendite im mittleren bis oberen einstelligen Prozentbereich. Gerade hier zahlt sich die Diversifikation über die Anzahl der Einzelinvestments durch das Multi-Manager-Konzept für unsere Kunden aus. Wenn ein klassischer Kreditfonds 10 bis 15 Einzelinvestments tätigt, stellen wir mit unserem Ansatz eine Allokation des Eigenkapitals auf das 10- bis 15-fache an Einzelinvestments dar. Dadurch verringert sich entsprechend das Ausfallrisiko bei gleichbleibender Renditeerwartung.

Stichwort "Fonds": Wie bewerten Sie das neue Fondsstandortgesetz mit Blick auf die Immobilienvehikel?

Wir begrüßen die Anpassungen, die neben der Schaffung von neuen Produktgattungen auf Entbürokratisierung und Vereinfachungen für Fondsverwalter abzielen. Daneben greift mit dem Gesetz auch das sogenannte Pre-Marketing. Danach sind KVGen innerhalb von zwei Wochen zur Anzeige über die Aufnahme von Marketing-Aktivitäten, die vor der offiziellen Auflegung eines neuen Fondsproduktes erfolgen, an die BaFin verpflichtet. Dies bedeutet eine neue Form der Regulierung und damit auch mehr Aufwand für die Kapitalverwaltungsgesellschaften.

Werden Sie von den Änderungen Gebrauch machen?

Derzeit überprüfen wir die Änderungen eher vor dem Hintergrund der Auflegung neuer Infrastrukturfonds. Dazu müssen aber noch ein paar Fragestellungen geklärt werden. Im Gesetz findet sich unter anderem eine Ausweitung der Finanzierungsquote für Immobilienfonds von 50 auf 60 Prozent, wobei wir diese nicht weiträumig ausnutzen werden. Die Flexibilisierung bietet aus unserer Sicht eher einen zusätzlichen Puffer bei Downside-Risiken, da in unseren Portfolios die Finanzierungsquote grundsätzlich weit unter 50 Prozent liegt.

Welche Vor- und Nachteile bietet der deutsche Immobilien-Spezialfonds im Vergleich zu seinem luxemburgischen Pendant aus Sicht der Helaba Invest? Genießt eine Rechtsform grundsätzlich Priorität für Sie?

Für unsere Produkte nutzen wir sowohl deutsche als auch luxemburgische Spezialfondsvehikel. Die klassischen Multi-Manager-Konzepte für eine europäische Immobilienstrategie lassen sich für unsere Kunden sehr gut über einen deutschen Spezialfonds abbilden. Generell präferieren wir die deutschen Fondslösungen. Diese sind aber nicht für jede Strategie geeignet. Vor allem in Hinblick auf Beteiligungsquoten oder Anlagegrenzen bieten die luxemburgischen Fondsvarianten immer noch mehr Flexibilität.

Immer wichtiger wird bekanntlich das Thema ESG. Wie genau tangiert das Thema Ihre Arbeit?

Wir beschäftigen uns schon länger intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Die Implikationen ergeben sich aus den regulatorischen Anforderungen und der Nachfrage der Investoren gleichermaßen. Helaba Invest hat sich aus diesem Grund für die Schaffung von Nachhaltigkeitsbeauftragten für jedes einzelne Geschäftsfeld und die Firma insgesamt entschieden. ESG ist damit nicht nur inhaltlich in den Gremien und Entscheidungsprozessen fest verankert, sondern auch personell mit Spezialisten vertreten, die das Thema Nachhaltigkeit mit den angebotenen Dienstleistungen verweben. Nicht zuletzt durch die EU-Offenlegungsverordnung oder das neue Fondsstandortgesetz sind die nachhaltigkeitsbezogenen Transparenzpflichten elementarer Bestandteil unserer täglichen Arbeit.

Können Sie die Folgen von Offenlegungsverordnung und Taxonomie auf Ihre Immobilieninvestments bereits abschätzen? Erfüllen diese die neuen Vorgaben beziehungsweise planen Sie entsprechend nachzurüsten?

In der Immobilienindustrie sind bereits um die Jahrtausendwende erste Evaluationsverfahren zur Bewertung von Gebäuden unter ökologischen und nachhaltigen Anforderungen entwickelt worden, zum Beispiel BREEAM, LEED oder NABERS. Im Laufe der Zeit haben viele Mieter ein entsprechendes Rating sogar zur Voraussetzung erklärt, wenn sie sich für neue Flächen entschieden haben. Zumindest das "E" aus ESG hat damit schon seit einiger Zeit partiell Einzug in den Investmentprozess gehalten. Die Vorgaben und Leitlinien einer nachhaltigen Immobilie bedeuten deshalb keine komplette Überraschung für die Marktteilnehmer. Dennoch müssen zukünftig auch die anderen Aspekte erhoben und bewertet werden.

Die entsprechenden Leitplanken werden im Augenblick gesetzt und sind künftig aus den Investitionsentscheidungen nicht mehr wegzudenken. Die größte Hürde für uns stellt in diesem Zusammenhang der Zugang zu den erforderlichen Daten der Zielfonds und Zielfondsmanager dar. Aus diesem Grund haben wir uns für eine Zusammenarbeit mit GRESB entschieden. Damit setzen wir auf eine führende ESG-Reporting-Plattform im Marktsegment Immobilien, welche gleichzeitig auch unsere Investments im Bereich Infrastruktur abdecken kann. Auf dieser Basis werden wir einerseits unsere Bestandsportfolios bewerten und andererseits Fondslösungen als sogenannte Artikel-8- oder -9-Produkte anbieten.

Erwarten Sie, dass "nicht-grüne" Immobilien perspektivisch unverkäuflich sein werden?

Für solche Investments könnte es in der Zukunft schwerer sein, einen geeigneten Käufer zu finden. Aber am Ende ist es immer eine Frage des Preises. Zudem wird es bei den Bestrebungen nach einem Mindestmaß an Nachhaltigkeit auch immer bauliche und technische Lösungen geben. Diese Maßnahmen müssen dann in der Preis- oder Wertbestimmung berücksichtigt werden. Kleinere Eingriffe lassen sich im Bestandsmanagement darstellen. Mit größeren Eingriffen wie Modernisierungen oder gar Abriss und Neubau beginnt der Kreislauf dieser Immobilien wieder in der Phase der Projektentwicklung. Wenn ich an die vielen Baustellen in der Innenstadt von Frankfurt am Main denke, ist dieses Szenario in der Immobilienwirtschaft geübte Praxis.

Dr. Dirk Krupper , Mitglied der Geschäftsführung, Helaba Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH, Frankfurt am Main
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