EXPO REAL-SPECIAL

"DER TRANSAKTIONSMARKT LÄUFT WIEDER RUND"

Sonja Wärntges, Foto: DIC Asset

"Business as Usual" - so lässt sich die Situation bei der DIC Asset AG gut sechs Monate nach Ausbruch der Corona-Pandemie vielleicht am trefflichsten zusammenfassen. Es ist eine durchaus bemerkenswerte Feststellung, immerhin galten beziehungsweise gelten Gewerbeimmobilien-Spezialisten gemeinhin als die verwundbarsten Akteure in Zeiten von Corona. Doch im Fall des Frankfurter S-Dax-Vertreters ist davon bislang wenig zu spüren. Dank mehrerer Erfolgsmeldungen im Vermietungs- und Transaktionsgeschäft liegt das Unternehmen voll auf Kurs, die gesteckten Jahresziele zu erreichen. Im Interview mit Immobilien & Finanzierung diskutiert CEO Sonja Wärntges die Robustheit des Geschäftsmodells und verrät, in welcher Assetklasse ihr Unternehmen perspektivisch wachsen will. Red.

Frau Wärntges, turbulente Monate liegen hinter uns. Wie stressig war es für Sie als Chefin eines auf Gewerbeimmobilien spezialisierten Unternehmens?

Es war viel Arbeit, keine Frage. Alles in allem bin ich aber sehr zufrieden, wie wir als DIC die Situation proaktiv angegangen sind. Als Mitte März klar war, dass es einen Lockdown geben würde, sind wir umgehend in Kontakt mit unseren Stakeholdern getreten. An erster Stelle standen natürlich zunächst die Mieter und hier vorrangig diejenigen, die tendenziell am härtesten vom Lockdown betroffen waren: Hoteliers und kleinere Einzelhändler, die über nicht so große Liquiditätspolster verfügen.

Haben Sie sich in solchen Härtefällen am gesetzlichen Mietmoratorium orientiert oder wurden individuelle Lösungen vereinbart?

Das ist eine gute Frage, denn das Problem des gesetzlichen Mietmoratoriums bestand aus Sicht der Mieter darin, dass die für die Monate April, Mai und Juni gestundeten Mietzahlungen im Endeffekt zeitnah und vollständig zurückgezahlt werden müssen, inklusive Verzinsung wohlgemerkt. Dagegen richtete sich unser Anspruch, den wir mit unserem Aufsichtsrat abgestimmt hatten, darauf, Lösungen zu finden, die den Fokus auf die schwierige Lage der Betroffenen richten. Die getroffenen Übereinkünfte bestehen deshalb zumeist in einer Teilung der Miete für die ein bis drei besagten Monate, im Gegenzug verlängert sich der Mietvertrag. Das ist in meinen Augen eine echte Win-win-Situation.

Wie verliefen die "Krisengespräche" mit Investoren und Banken, herrschte da Nervosität?

Nein, da wir uns sehr schnell einen Überblick über die Gesamtlage verschafft hatten, waren wir auch schnell handlungsfähig. Das konnten wir den institutionellen Investoren, die sich natürlich erkundigt hatten, wie es jetzt weitergehe, dann auch vermitteln. Zumal wir mit der Problemlösung auf Mieterseite so zügig vorangeschritten waren, dass letztlich Entwarnung gegeben werden konnte. Und aus Sicht der Banken stellte die DIC mit ihrer hohen Liquidität und fernab jeglicher Covenant-Diskussionen berechtigterweise kein Problem dar.

Die DIC war zuletzt ja durchaus wieder im Neugeschäft aktiv, seit Juni wurden drei Immobilien angekauft. Waren Ihre Bankenpartner dafür uneingeschränkt offen? Oder nur in Verbindung mit höheren Margen?

Das Feedback war vor dem geschilderten Hintergrund äußerst positiv, die Bereitschaft zur Fremdfinanzierung stand daher zu keinem Zeitpunkt infrage. Auch hinsichtlich der Konditionen gab es für uns keinerlei Änderungen, die der Krise geschuldet waren. Gerade die Konditionen waren wie vor Corona, nämlich ausgezeichnet, die Finanzierung im Juni sogar die günstigste in den vergangenen Jahren.

Keine Spur von Krise ist bislang auch in Ihren Halbjahreszahlen zu finden: Neben einem Rekord-FFO stach vor allem die starke Vermietungsleistung hervor. Kommen die Corona-bedingten Einschläge erst mit Verzögerung?

Wir hoffen es natürlich nicht. Der bisherige Verlauf gibt uns auch keinen Anlass dazu. Vor allem mit Blick auf den weiteren Konjunkturverlauf sind einige Entwicklungen noch nicht eindeutig zu definieren. Man muss abwarten, aber in Bezug auf unser Portfolio mache ich mir jedenfalls keine Sorgen. Wir sind insoweit bestens vorbereitet, als wir ständig im Gespräch mit Mietern sind und damit einen guten Überblick gewinnen, wie es ihnen geht.

Ich bin davon überzeugt, dass man bei unseren großen Büromietern, die einen wesentlichen Anteil im Portfolio ausmachen, kaum Auswirkungen sehen wird. Bei den Handelsmietern muss man sicher differenzieren: Wir haben in unserem Portfolio einen Schwerpunkt auf Nahversorger und Lebensmittel-geankerte Objekte und sind damit robust aufgestellt. Teilweise befinden wir uns sogar in Gesprächen über Flächenausweitungen.

Wie steht es um die Immobilienwerte, sehen Sie hier vereinzelt Abwertungsbedarf?

Wir bilanzieren unsere eigenen Bestandsimmobilien grundsätzlich sehr konservativ mit ihren fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten. Unabhängig davon präsentieren sich die Immobilienwerte in unserem Portfolio bislang sehr robust. In unserem Institutional Business, in dem bereits unterjährig Bewertungen gelaufen sind, gingen sie in den ersten acht Monaten 2020 sogar nochmals leicht nach oben. Was man sicher auch hier differenziert betrachten muss, sind die Handelsobjekte, da könnte es in Einzelfällen zu Abwertungen kommen.

Sie hatten Anfang April als einer der ersten Player angepasste Prognosen für 2020 verkündet. Auf der Ankaufsseite wurde das Volumen von ursprünglich 1,6 bis 1,9 Milliarden Euro auf 0,7 bis 1,1 Milliarden Euro reduziert. Wie kommen Sie dabei voran?

Sehr gut. Tatsächlich liegen wir bei dem Volumen für unseren Eigenbestand (Commercial Portfolio) durch den Mitte September realisierten Ankauf des Multi-Tenant-Büros "Gate 9" in der Region Stuttgart schon bei rund 190 Millionen Euro.

Das ist am unteren Rand der hier avisierten 200 bis 300 Millionen Euro. Dank unserer gut gefüllten Pipeline in beiden Segmenten bin ich ziemlich sicher, dass bis Jahresende noch einige Immobilie hinzukommen.

Wie verhält es sich im Geschäft mit Institutionellen? Sind hier unter Umständen Commitments infolge von Corona zurückgenommen worden?

Nein, eher im Gegenteil: Wir haben hier seit Jahresbeginn nochmal 350 Millionen Euro an frischem Eigenkapital eingesammelt. Das gilt es nun, bis Jahresende so gut wie möglich zum Laufen zu bringen. Da bin ich sehr zuversichtlich. Die Phase des Abwartens und der Unsicherheit über die Länge des Lockdowns ist inzwischen vorbei und der Transaktionsmarkt läuft wieder rund. Bemerkenswert ist hier vor allem das Preisniveau, das teilweise sogar höher als vor Corona liegt, sodass sich bisweilen empfiehlt, die Rentabilität noch einmal zu durchdenken.

Institutionelle Investoren halten der Immobilie also die Treue?

Absolut. Vor allem stellt sich auch die Frage nach belastbaren Alternativen. Der extrem hohe Anlagedruck auf Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerke et cetera wird durch die jüngsten Notenbankentscheidungen weiter steigen. Immobilien sind renditetechnisch nach wie vor attraktiv. Positiv kommt hinzu, dass der deutsche Immobilienmarkt dabei mehr denn je als der Safe Harbour schlechthin wahrgenommen wird.

Welchen Einfluss hat Corona auf Ihre strategische Ausrichtung? Wird sich an der Portfolio-Zusammensetzung perspektivisch etwas ändern?

Tatsächlich streben wir mittelfristig einen Ausbau unseres Logistikportfolios an. Das ist eine Nutzungsart, die auch, aber längst nicht nur wegen Corona erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Wiederum sehe ich dabei Deutschland in einer internationalen Vorreiterrolle, quasi als "Logistikweltmeister". Bevorzugt werden wir uns im Übrigen mit dem Themenfeld "Urban Logistics"/"Letzte Meile" beschäftigen. Das ist deshalb interessant, weil wir unsere Mixed-Use-Objekte sehr gut darauf ausrichten können.

Viel wird derzeit über eine drohende Verödung der deutschen Innenstädte diskutiert. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Den pauschalen Abgesang auf den stationären Einzelhandel halte ich jedenfalls für einen Fehler. Die Frequenzen sind zuletzt wieder spürbar gestiegen. Die Leute stehen am Wochenende vielerorts in langen Schlangen vor den Geschäften und warten darauf, ihren Einkauf erledigen zu können. Das zeugt doch von einer Attraktivität des Einkaufserlebnisses, schließlich könnte man alternativ ja auch online bestellen.

Meiner Meinung nach wird der Erfolg der Innenstädte künftig eine Frage des richtigen Mix sein: Es braucht dafür eine ausgewogene Balance von Büro, Handel und eben verstärkt auch Logistik. Da steht dann auch die Herausforderung im Raum, wie Warenlieferungen, Pakete und Dienstleistungen zeit- und klimaschonend an den Endverbraucher gelangen.

Kommt Ihnen bei der Neuausrichtung von Immobilien eigentlich das Knowhow der GEG zugute?

Absolut, die Repositionierungs- und Projektentwicklungskompetenzen der GEG, aber auch unserer bestehenden Teams, sind in diesem Zusammenhang ein Trumpf. Bestandsentwicklungen wie wir das unter anderem mit dem Lighthouse in Frankfurt gemacht haben, wollen wir künftig noch verstärkt angehen.

Käme Wohnen für Sie infrage? Gerade bei institutionellen Investoren liegt diese Assetklasse derzeit ja extrem hoch im Kurs.

Ja, das spüren auch wir. Die Anfragen dazu häufen sich. Im Übrigen haben wir Wohnen ja vereinzelt schon gemacht, beispielsweise bei der Entwicklung des Maintors, insofern können wir auch hier Kompetenzen vorweisen.

Grundsätzlich geht es jedoch um essenzielle Fragen: Wie wollen wir uns künftig gegenüber unseren institutionellen Investoren aufstellen? Was wollen, beziehungsweise können wir ihnen anbieten? Vor allem wenn man berücksichtigt, dass viele Investoren bevorzugen, nur mit einem Real-Estate-Spezialisten zusammenzuarbeiten. Wenn also verstärkt Anfragen zu Wohnen kämen, dann müssten und wollten wir uns damit natürlich ernsthaft auseinandersetzen.

Sehen Sie die zu Beginn des Jahres vollzogene TLG-Aroundtown-Fusion eigentlich als Vorbote für eine noch tiefergehende Konsolidierung unter Gewerbeimmobilien-Spezialisten, gerade auch wegen Corona?

Nein, bislang kann ich keinen erhöhten Konsolidierungsdruck feststellen. Zumindest für uns kann ich aus tiefer Überzeugung sagen, dass das Geschäftsmodell sehr robust ist. Auf der anderen Seite betrachtet man aber natürlich schon die Entwicklung der jeweiligen Aktienkurse und sieht, dass Externe den Gewerbeimmobilienmarkt teils anders beurteilen. Ungeachtet dessen wage ich die These, dass sich die strategischen Überlegungen von Eigentümern und CEOs gegenwärtig angesichts von Corona gewiss nicht um M & A's ranken.

Stichwort Aktienkurs: Woran liegt es, dass viele Wohnimmobilien-AGs ihre Verluste seit März längst kompensiert haben, Gewerbe-AGs wie die DIC dagegen kaum vom Fleck kommen?

Aus unseren intensiven Gesprächen mit Investoren schließe ich, dass der Blick auf Gewerbeimmobilien einfach stark geprägt ist von dem, was man derzeit persönlich erlebt. Und da viele Großinvestoren in Städten wie New York, Paris oder London ihren Sitz haben, wo die Rückkehr aus dem Homeoffice in die Büros zu großen Teilen noch immer auf sich warten lässt, fällt dementsprechend die Einschätzung zum Gesamtmarkt noch verhalten aus.

Was erwarten Sie beim Thema Homeoffice?

Ich glaube, dass "Flexibilität" in diesem Zusammenhang ein Schlüsselbegriff sein wird. Ja, man hat in den vergangenen Monaten gesehen, dass Arbeiten und Wohnen zuhause halbwegs funktioniert. Auf der anderen Seite hat die Krise gezeigt, dass das Büro einen Wert an sich hat.

Den meisten geht es doch so, dass sie gerne wieder ins Büro zukommen, um Kollegen zu treffen, sich persönlich auszutauschen und zu verhandeln. Daraus schließe ich, dass der Arbeitsplatz im Büro neben dem Homeoffice, wo nicht immer ideale Bedingungen herrschen, definitiv seine Daseinsberechtigung behält.

An ein oder zwei Tagen könnten sich viele Arbeitnehmer damit aber bestimmt langfristig arrangieren ...

Mag sein. Die interessante Frage in diesem Zusammenhang dazu lautet, an welchen Tagen denn das Homeoffice in Anspruch genommen werden soll. In Deutschland etwa gelten Freitag und Montag als beliebt. Das würde implizieren, dass der Büroarbeitsplatz von Dienstag bis Donnerstag trotzdem gebraucht würde und entsprechend vorgehalten werden müsste.

Das heißt zusammengefasst: Das flexible Arbeiten hat einerseits sicher an Bedeutung gewonnen und wird zu einem Teil normaler werden, mitunter vielleicht sogar für einen leichten Rückgang der Büroarbeitsplätze führen. Andererseits lässt sich bereits jetzt beobachten, dass sich die nachgefragten Büroflächen tendenziell vergrößern. Denn der Trend geht weg vom Großraumbüro hin zu Einzelbüros. Diese gegenläufigen Effekte dürften sich am Ende zum Teil ausgleichen. Das heißt, das Büro hat auch künftig in der flexiblen Arbeitswelt seinen Platz.

Kommen für die DIC perspektivisch eigentlich Konzepte wie "Space-as-a-Service" oder "Coworking" infrage?

Tatsächlich sind wir gerade dabei, ein Konzept zu erarbeiten, bei dem wir ein breites Spektrum an Serviceleistungen für unsere Mieter anbieten. Das reicht von kurzfristig verfügbaren zusätzlichen Flächen, Bereitstellung von Konferenzräumen bis hin zur zusätzlichen Büroausstattung und sogar Raumdekoration mit Pflanzen und Blumen. Auch das trägt im Wesentlichen dem Faktor "Flexibilität" Rechnung. Momentan sehen wir dafür übrigens erhöhten Bedarf: Vor allem ausländische Tochterunternehmen, bei denen die Zustimmung der Mutter für Neuanmietungen derzeit mitunter auf sich warten lässt, nehmen dieses Angebot gerne in Anspruch.

Sie haben den Kapitalmarkt in der Vergangenheit im Rahmen mehrerer Anleihe- und Schuldscheinemissionen angezapft. Ist zeitnah ein weiterer Auftritt zu erwarten?

Ja, wir haben aktuell eine weitere Anleihe in Planung, dabei streben wir erstmals ein Volumen von 500 Millionen Euro an. Wir sind gegenwärtig noch nicht bei dem Zinssatz, der für uns Sinn macht. Insofern braucht es hier noch etwas Geduld. Von S & P haben wir uns zudem die Option gesichert, bei Emission ein Investment-Grade-Rating auf den Bond zu bekommen.

Hatten Sie auf das Rating bislang nicht bewusst verzichtet, weil viele Investoren ihre eigenen Analysen durchführen?

Richtig, gleichwohl gibt es eben auch noch andere Anlegergruppen, vor allem Fonds, die immer öfter nur noch in Bonds mit Investment-Grade-Rating investieren. Derartige Statuten haben sich in den vergangenen Monaten nochmals deutlich verschärft. Insofern mussten wir uns hier auch ein Stück weit an den Markt anpassen.

ZUR PERSON
SONJA WÄRNTGES, CEO, DIC Asset AG, Frankfurt am Main
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