ASSET MANAGEMENT

"VIELE DER GROSSEN VERSICHERER SIND ZU ASSET MANAGERN IM KLASSISCHEN SINNE GEWORDEN"

Dr. Christoph Schumacher, Foto: Credit Suisse

Seit Juni 2017 leitet Christoph Schumacher den Bereich Global Real Estate der Schweizer Credit Suisse Asset Management. Der erfahrene Immobilienprofi, der zuvor rund sechs Jahre als Geschäftsführer der Union Investment Institutional Property in Deutschland fungierte, ist unter anderem mit dem Ziel angetreten, die Schweizer Kunden der Großbank verstärkt für Immobilieninvestments außerhalb ihres Heimatmarktes zu begeistern. Im Interview mit I & F zieht er dazu ein erstes Zwischenfazit. Außerdem spricht er über die Details des derzeit in Planung befindlichen dritten Value-Add-Fonds seines Hauses, die allgemeine Verfassung der Immobilienmärkte, den Konsolidierungsdruck unter Asset Managern sowie die Vorlieben asiatischer Investoren. Red.

Herr Dr. Schumacher, die Schweiz hat für das Immobiliengeschäft der Credit Suisse traditionell eine große Bedeutung. Wie würden Sie die derzeitige Gemengelage auf dem Heimatmarkt beschreiben?

Der Schweizer Immobilienmarkt befindet sich in einer reifen Phase des Zyklus. Infolge der ungebrochen hohen Nachfrage wird es dabei schwieriger, bei attraktiven Objekten zum Zuge zu kommen. Zudem beobachten wir verstärkt Wettbewerber, die bereit sind, enorm hohe Preise zu zahlen. In 2017 sind wir öfters aus Bieterverfahren ausgestiegen.

Wie beeinflusst dieser intensive Wettbewerb Ihre Investmentstrategie?

Forward-Fundings beziehungsweise -Purchases haben in diesem Kontext an Bedeutung gewonnen. Aktuell beträgt unser Projektentwicklungsvolumen in der Schweiz rund 1,3 Milliarden Schweizer Franken. Das ist insbesondere der eben beschriebenen Tatsache geschuldet, dass die Schweizer Bestandsimmobilien sehr teuer geworden und schwierig zu erstehen sind.

Richten Sie Ihren Fokus auch deshalb verstärkt auf die umliegenden Immobilienmärkte in Europa?

In der Tat identifizieren wir auf vielen europäischen Immobilienmärkten noch attraktive Opportunitäten, beispielsweise in Paris: Die Stadt war und ist zwar ebenfalls teuer, bietet aber immer noch sehr stabile Rahmenbedingungen. Darüber hinaus schätzen wir den polnischen Markt, da dort unter anderem die Entwicklung im Büromarkt, in Logistik und Einzelhandel erfreulich ist. Potenziale schlummern im Übrigen auch noch in Deutschland, den Niederlanden und Südeuropa als möglicher Nutznießer eines harten Brexit.

Stichwort Brexit: Was ist Ihre Prognose für das Jahr 2019 mit Blick auf die Immobilienmärkte Großbritannien und Europa?

In UK ist 2019 wegen des anstehenden Brexits mit erhöhter Volatilität zu rechnen. Wir raten Investoren deshalb vorübergehend eher abzuwarten. Allerdings könnten sich wieder spannende Einstiegschancen ergeben. Für die europäischen Immobilienmärkte bin ich grundsätzlich optimistisch, dass sie ihre überwiegend positive Entwicklung der vergangenen Jahre fortsetzen werden. Insbesondere bei Büro- und Logistikimmobilien dürfte sich der solide Anstieg der Mieten in den nächsten drei Jahren fortsetzen.

Auch die günstige Niedrigzinslandschaft sollte noch eine ganze Weile Bestand haben, sodass die Renditedifferenz zu Anleihen vorerst hoch bleibt und weiter viel Geld in Immobilien fließen wird. Für uns als Asset Manager gilt es angesichts der vielerorts fortgeschrittenen Marktzyklen aber mehr denn je, vorsichtig und wachsam zu agieren und potenzielle Transaktionen genau zu prüfen.

Rechnen Sie bei den Kaufpreisen perspektivisch mit einem Soft-Landing?

Dieses Szenario ist durchaus realistisch. Ich denke, dass die europäischen Immobilienmärkte zeitnah in eine Phase übergehen werden, die dem Beispiel Japans ähnlich ist, sprich eine Seitwärtsbewegung bei den Preisen. Größere Korrekturen, etwa infolge eines abrupten Konjunktureinbruchs, sind dagegen unwahrscheinlich. Gleichwohl weiß letztlich niemand, ob beziehungsweise wo ein schwarzer Schwan lauern könnte.

Der anhaltende Aufschwung am Immobilienmarkt setzt Investoren und Finanzierer zunehmend unter Druck, ihre Renditen und Margen einigermaßen hoch zu halten. Sehen Sie vor diesem Hintergrund Anzeichen für Übertreibungen?

Einerseits weisen Immobilienaktien sowie Immobilienfonds über die vergangenen Jahre vielfach stabile bis leicht sinkende Fremdfinanzierungsquoten auf. Ich habe andererseits aber den Eindruck, dass die Fremdfinanzierungsquoten und Beleihungsausläufe zuletzt im privaten Bereich infolge des Renditedrucks wieder hochgefahren wurden.

Die hohe Disziplin als unmittelbare Lehre aus der Krise 2008, die sich in den vergangenen Jahren insbesondere in hohen Eigenkapitaleinsätzen manifestierte, wurde teilweise gelockert. Das beunruhigt auch die Schweizerische Nationalbank, die deshalb gezielt Maßnahmen im Segment der Wohnrenditeliegenschaften prüft.

Sie sind bei Credit Suisse nun vor gut eineinhalb Jahren als Leiter für das globale Immobiliengeschäft angetreten. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt und wie weit sind Sie bislang gekommen?

Die gemeinsam mit meinem Team erarbeitete Strategie fußt auf zwei wesentlichen Säulen: Zum einen wollen wir die privaten und institutionellen Schweizer Kunden der Credit Suisse verstärkt für Immobilieninvestments außerhalb ihres Heimatmarktes, insbesondere im restlichen Europa, Nordamerika und Asien, erwärmen.

Dem Vernehmen nach ist das ja kein einfaches Unterfangen ...

Es ist eine Herausforderung, keine Frage. In allen Märkten investieren Investoren gerne in die ihnen bekannten Heimatmärkte. Man muss dabei wissen, dass die Schweizer grundsätzlich sehr viel für Immobilienanlagen übrighaben. Institutionelle Investoren verfügen mit zirka 20 Prozent über eine weitaus höhere Immobilienquote als ihre Pendants in Deutschland oder Frankreich. Gleichwohl befinden sich bislang lediglich fünf Prozent dieser Assets außerhalb der Schweiz. Bei Investments über grenznahe Nachbarmärkte hinaus ist noch immer erstaunlich viel Skepsis vorhanden.

Mittlerweile steigt jedoch das Bewusstsein, dass mehr diversifiziert werden muss - gerade, weil sich der Heimatmarkt eben bereits in einer reifen Phase des Marktzyklus befindet. Übrigens war die Fokussierung auf den heimischen Markt in der Vergangenheit beileibe kein Fehler, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der starken Entwicklung des Schweizer Frankens. Hätte man zu früh ein solches Auslandsprogramm gestartet, wäre man unterm Strich wohl schlechter gefahren.

Und worin besteht das zweite strategische Kernanliegen?

Neben der Schweizer Kundschaft betreut Credit Suisse natürlich auch viele internationale Anleger, vor allem aus Asien, dem Mittleren Osten und Lateinamerika. Und diese Investoren wollen wir beim Eintritt beziehungsweise Ausbau ihrer Aktivitäten auf den europäischen Immobilienmärkten intensiv als Gatekeeper begleiten.

Welche Renditen können Sie derzeit denn in Aussicht stellen?

Das hängt natürlich stark vom jeweiligen Fonds ab. Wir haben insgesamt 25 Fonds im Portfolio und darüber hinaus noch weitere spezielle Mandate, die ganz unterschiedlich hinsichtlich Objekttypen und Risikoprofilen ausgestaltet sind. Einer davon, den eine Schweizer Anlagestiftung für Investments in Deutschland nutzt, bietet eine Ausschüttungsrendite von sieben Prozent. Andere Fonds, etwa mit Schwerpunkt auf die Schweiz, liegen zwischen drei und vier Prozent.

Und wie laufen die beiden Value-Add-Fonds?

Wir sind sehr zufrieden mit deren Entwicklung. Nach IRR liegt der erste dieser beiden Value-Add-Fonds, der 2014 als Luxemburger SICAV für Private-Banking-Kunden aufgelegt wurde und sich derzeit schon wieder im Verkaufsstadium befindet, im zweistelligen Renditebereich. Von den zwölf Objekten wurden bislang acht gewinnbringend verkauft. Aktuell arbeiten wir am Abverkauf der verbleibenden vier Liegenschaften.

Ist schon ein dritter Value-Add-Fonds in Planung?

Ja, dieser soll bereits zeitnah ausgerollt werden. Das Zielvolumen beträgt voraussichtlich etwa eine Milliarde Schweizer Franken und ähnlich wie beim zweiten Fonds, bei dem 60 Prozent der Investoren aus Asien stammen, wollen wir erneut eng mit dieser Investorengruppe sowie Investoren aus Europa und dem Mittleren Osten zusammenarbeiten. Der Investmentschwerpunkt soll darüber hinaus einmal mehr im Wesentlichen auf Europa liegen.

Wie kommen Sie an die asiatischen Kunden und was schätzen diese an den europäischen Immobilienmärkten?

Traditionell ist es so, dass Schweizer Banken einen sehr guten Ruf in Asien genießen. Davon profitiert letztlich auch die Credit Suisse. Davon abgesehen gilt Europa unter asiatischen Investoren als der sichere Hafen schlechthin und die hiesigen Märkte bieten außerdem noch vergleichsweise auskömmliche Renditen.

Ist der Risikoappetit dort höher?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Im Durchschnitt liegen die Fremdkapitaleinsätze bei asiatischen Investoren etwas höher, nicht zuletzt deshalb, weil die Kreditkonditionen in Europa so günstig sind.

Wie fällt bei Ihnen eigentlich die Entscheidung, welches Objekt in welchen Fonds kommt?

Das erfolgt im Prinzip ganz klassisch: Alle zwei Wochen versammeln sich die Ver- und Ankäufer sowie Fondsmanager, um im Rahmen des Investmentkomitees darüber zu beratschlagen. Erleichtert wird die Aufteilung vor allem mit Blick auf die Schweizer Produkte, da es sich hier oftmals um Themenfonds mit konkreten, unterschiedlichen Anlageprofilen handelt. Auf internationaler Ebene mit den großen Core- beziehungsweise Value-Add-Fonds ist die Zuteilung aufgrund der ebenfalls recht weit auseinanderliegenden Investmentprofile aber zumeist auch unproblematisch.

Etwas kniffliger wird es, wenn viel Mandatsgeschäft oder Separate Accounts addiert wird. Aber auch dort gibt es einen Compliance-konformen, klar geregelten Zuordnungsprozess.

Und wie finden Sie geeignete Objekte? Arbeiten Sie mit Teams vor Ort oder Partnern?

Beide Varianten sind üblich. Wir arbeiten sowohl mit Off-Market-Transaktionen als auch durch Broker übermittelte Deals. Im Übrigen werden manchmal auch von Kunden selbst Objekte an uns vermittelt. Gerade in Asien ist der wohlhabende Private-Banking-Kunde traditionell früh mit Immobilien in Berührung gekommen und hat damit häufig sein Vermögen aufgebaut. Dadurch verfügt Credit Suisse über ein wertvolles Netzwerk durch die Bank in die Märkte.

War denn für Sie persönlich die Umstellung mit Blick auf Ihren vorherigen Arbeitgeber Union Investment groß?

Es gibt Parallelen. Der wesentliche Unterschied ist die Tatsache, dass ich bei Union Investment vorwiegend das institutionelle Geschäft verantwortet habe. Bei Credit Suisse ist die Betreuung von privaten Anlegern nun deutlich prominenter, gerade auch mit Blick auf Ultra-High-Net-Worth-Individuals (UHNWI). Der Kundenstamm bei der Credit Suisse ist deutlich internationaler. Wir sind mit dem Global Real Estate Teil einer weltweit tätigen internationalen Großbank.

Welche Investmentmodelle liegen neben den bewährten Fondsvehikeln aktuell denn im Trend? Täuscht der Eindruck oder haben die vor einigen Jahren noch in aller Munde befindlichen Club Deals die hohen Erwartungen nicht erfüllt?

So richtig durchgesetzt hat sich der Club Deal bislang nicht. Letztlich sind die dabei zugrunde liegenden Strukturen sehr komplex und anspruchsvoll zu koordinieren. Denken Sie beispielsweise an die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Investoren oder die anschließende Objektveräußerung. Das und noch vieles mehr unter einen Hut zu bekommen ist schwierig.

Deutlich besser etabliert haben sich im Vergleich dazu mittlerweile Co-Investments, die insbesondere bei asiatischen Investoren immer beliebter werden. Wir bieten diese Option deshalb inzwischen regelmäßig an. Der Erwerb des Correo-Quartiers in München ist ein Beispiel dafür, wo unser Value-Add-Fonds zusammen mit institutionellen Anlegern als Co-Investoren auftrat. Aufgrund der im Vergleich zum Club Deal deutlich geringeren Anzahl der Ansprechpartner hat das gut funktioniert.

Das Marktgeschehen wurde zuletzt durch diverse Unternehmensübernahmen geprägt. Wie stehen Sie zu anorganischem Wachstum?

Wir glauben grundsätzlich an gesundes, organisches Wachstum aus eigener Kraft. Nichtsdestotrotz sehen wir uns laufend nach anorganischen Wachstumsmöglichkeiten um. Hier ist es mittlerweile aber ebenfalls so, dass sich der Appetit auf Immobilien in den hohen Preisen niederschlägt. Man braucht im Übrigen einen sehr klaren Plan, wie sich solche Zukäufe anschließend erfolgreich integrieren lassen.

Nehmen Sie das typische Beispiel: Eine kleine, flexible Einheit wird an eine Versicherung verkauft. So ein agiles Unternehmen in einem Großkonzern aufgehen zu lassen, nimmt ihr letztlich viel von dem ursprünglichen Mehrwert.

Besonders umtriebig war zuletzt bekanntlich Swiss Life, die sich Corpus Sireo und Beos einverleibt haben. Wachsen Ihnen, auch mit Blick auf andere Versicherungsunternehmen, gerade ernstzunehmende Konkurrenten heran?

Viele der großen Versicherer sind in den vergangenen Jahren zu Asset Managern im klassischen Sinne geworden. Dazu gehören dann oftmals große Real-Estate-Einheiten. Einige bieten zunehmend auch Geschäft für Drittkunden an.

Das klingt nicht so, als würden Versicherer bei perspektivisch wieder steigenden Anleiherenditen den Immobilienmärkten den Rücken kehren ...

Davon ist nicht auszugehen. Es handelt sich vielmehr um langfristige und strategische Anpassungen der Geschäftsmodelle. Immobilieninvestments sind und bleiben eine wichtige Säule für Versicherer, zumal deren Mittelfzuflüsse hoch bleiben werden.

Das gilt im Übrigen auch für die kleineren Versicherungsgesellschaften. Der Wettbewerb gewinnt dadurch nochmals an Intensität.

Wo liegen abgesehen vom hohen Wettbewerb die Gründe für den Konsolidierungsdruck unter Asset Managern?

Ein entscheidender Faktor sind die Kosten. Die wachsende Bandbreite der Regulatorik abzubilden, übt gerade auf kleinere Häuser Druck aus.

Sind die Margen ebenfalls ein Faktor?

Diese sind gesunken, im Immobilienbereich allerdings nicht so stark - nicht zuletzt deshalb, weil unverändert viel Managementarbeit in den Objekten anfällt.

Welche Herausforderungen sehen Sie noch auf die Asset Manager von Immobilien zukommen?

Mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung treten dieser Tage viele neue Intermediäre auf. Hier muss unsere Branche aktiv steuern, dass sie im Rahmen dieser Entwicklung nicht auf das bloße "Brick-and-Mortar-Geschäft" zurückgedrängt wird und Marge an Dritte abfließt. Als Eigentümer muss man sich auf die damit einhergehenden Veränderungen einstellen.

Den Mieter interessieren zunehmend Faktoren wie Connectivity, Service und Flexibilität und dafür ist er letztlich auch bereit zu zahlen. Landlords wie Tishman Speyer erweitern mit Blick auf Anbieter wie Wework seit Kurzem ihre Dienstleistungspalette, um weiter wachsen zu können.

Sie sind auch sehr aktiv in den großen Branchenverbänden wie dem BVI, ZIA und INREV. Welche Themen stehen hier derzeit schwerpunktmäßig auf der Tagesordnung?

Das übergeordnete Anliegen dieser Aktivitäten liegt immer in der Schaffung einheitlicher und abgestimmter Spielregeln. Hier hat sich in den vergangenen Jahren wirklich viel getan, sodass inzwischen eine ganze Reihe von Guidelines eine wichtige Rolle für alle Asset Manager spielt. Die von den Verbänden gebildeten Gremien und Ausschüsse erarbeiten Lösungen für eine Vielzahl von Themen, seien es Fees, Total-Expense-Ratio-Definitionen, Compliance, Corporate Governance, neutrale Indizes oder NAV-Definitionen. Hier merkt man, dass sich die Branche deutlich professionalisiert hat.

Gilt das auch mit Blick auf die Transparenz?

Ja, auch die wird durch solche Initiativen erhöht und das ist letztlich im Interesse aller Akteure.

ZUR PERSON DR. CHRISTOPH SCHUMACHER Head Global Real Estate, Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG, Zürich
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