ANFORDERUNGEN AN EINEN PRÄSIDENTEN

Philipp Otto Chefredakteur, Foto: Verlag Helmut Richardi GmbH

Zunächst einmal darf man (noch) gratulieren. In dieser besonderen Ausgabe der Immobilien & Finanzierung erst recht. Und zwar dem "Alten" wie dem "Neuen". Georg Reutter, im Hauptberuf Vorstandsvorsitzender der DZ Hyp, wurde von der 17. Mitgliederversammlung des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken zum neuen Präsidenten gewählt. Er tritt die Nachfolge von Louis Hagen an, der sich aus Altersgründen nach drei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl gestellt hatte, dem Vorstand des vdp aber ebenso weiterhin erhalten bleibt wie er auch die Münchener Hypothekenbank, die in diesem Jahr stolze 125 Jahre alt wird, weiterhin anführt. Ob Reutter die Präsidentenkür als leicht verspätetes Geburtstagsgeschenk auffassen möchte, bleibt ihm natürlich selber überlassen. Immerhin ist die vdp-Präsidentschaft so auch die kommenden beiden Jahre fest in der Hand der Genossenschaftlichen Finanzgruppe.

Zunächst ein paar Worte zum "Alten": Mit Louis Hagen tritt ein echtes Pfandbrief- und vdp-Urgestein ganz langsam von der ganz großen Bühne ab. Der frühere Hauptgeschäftsführer und nun ehemalige Präsident ist mit dem, was man heute als Pfandbrief kennt, so eng verbunden, wie kaum ein anderer. Schließlich wurde vor allem auf sein Bestreben als kluger Lobbyist hin das alte Hypothekenbankgesetz (ein Spezialbankgesetz) Mitte 2005 durch das neue Pfandbriefgesetz (ein Produktgesetz) ersetzt. Denn Hagen hatte längst erkannt, dass es "die Spezialbank", egal ob ohne oder mit gemischtem Status, nicht mehr allzu lange geben würde, zu groß wurde die Heterogenität derer, die die wunderbare Möglichkeit, sich über Pfandbrief-Emissionen zu refinanzieren, nutzen wollten. Wollte man den Pfandbrief erhalten, so Hagens Überlegungen, musste man ihn vom Emittentenstatus lösen. Das traf damals keinesfalls nur auf Zustimmung.

Heute wissen wir: der ehemalige Hauptgeschäftsführer hatte recht. Denn der Pfandbrief ist auch 2022 unumstritten ein deutscher Kapitalmarkt-Exportschlager, äußerst sicher und garantiert eine günstige Refinanzierung. Er hat in den vergangenen Jahren allen Versuchen, die Qualität über Harmonisierung und Regulierung aufzuweichen, erfolgreich getrotzt, sogar mehr noch, er hat andere zur Einhaltung höherer Standards animiert (gezwungen). Das ist wiederum dem vdp-Präsidenten Louis Hagen ebenso wie seinem damaligen Nachfolger und heute noch amtierenden Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt zu verdanken.

Und der "Neue". Der übernimmt in ausgesprochen spannenden Zeiten einen putzmunteren Spezialistenverband, der mit der zunehmenden Heterogenität der Mitglieder aufgrund der gemeinsamen Klammer Pfandbrief nach wie vor gut umgehen kann. Langweilig wird es auch ihm in der Doppelrolle als Vorstandsvorsitzender einer ordentlichen Immobilienbank und Präsident des Pfandbriefverbandes sicherlich nicht werden. Dass er von der Sache hinreichend viel versteht, steht außer Frage. Doch er muss auch die Kommunikation und das Spiel mit den Märkten beherrschen. Und das ist nicht immer ganz einfach. Müssen die Vertreter in Sachen Pfandbrief doch stets ein bisschen jammern, dass es dem Pfandbrief ohne die guten deutschen Tugenden und damit stets auch die Unterstützung der deutschen Politik schlechter ginge. Gleichzeitig aber muss alles dafür getan werden, dass das System ohne allzu große Hilfe von außen mit sich selbst zufrieden bleibt.

Drittens muss jeder gute Pfandbriefvertreter auch ein hervorragender Kaufmann sein, weil die bankmäßige, technische, organisatorische und nachhaltige Begleitung des Pfandbrief- und damit des originären Bankgeschäfts doch die eine oder andere gefährliche Herausforderung in dieser unserer Zeit mit sich bringt. Viertens sind viele der erfolgreichen Pfandbriefemittenten nicht etwa ganz selbstständig, sondern in größere Einheiten wie Verbünde und Konzerne eingebunden, deren Interessen ebenfalls stets mit mindestens einem Auge zu beobachten sind. Fünftens schließlich könnten die Rahmenbedingungen für den Einstand günstiger sein. Die EZB als nahezu sicherer Abnehmer wird sich ein gutes Stück weit zurückziehen. Was das für Emittenten wie Investoren bedeutet, von denen gehofft wird, dass einige an den Markt zurückkehren, bleibt abzuwarten. Die hohe Inflation lastet natürlich auf der (Immobilien-)Konjunktur und überhaupt auf allem. Und die sich abzeichnenden Zinserhöhungen durch die EZB helfen zwar den Anleiherenditen auf die Sprünge, manchen im Süden Europas so sehr, dass die EZB schon wieder beunruhigt ist, werden aber zweifellos ihre Bremsspuren bei Immobilienpreisen undmärkten hinterlassen. Ob das Gute oder das Schlechte überwiegt, auch das bleibt noch abzuwarten.

Georg Reutter ist an alldem gemessen eine gute Wahl und wird ein guter Pfandbrief-Präsident sein.

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
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