Aufsätze

Aktives Management- für die Anleger unverzichtbar

Die Erfolgsgeschichte der Investmentfonds in den letzten 60 Jahren beruht auf der Idee einer Vermögensverwaltung für jedermann. Aktive Manager dominierten die Branche, deren Aufgaben die Vermögensallokation, die Erzielung nachhaltiger Erträge und das Risikomanagement waren. Später verstärkte sich die Orientierung an Vergleichsindizes, nicht zuletzt, weil liquide Benchmarks für immer mehr Märkte verfügbar wurden.

Performance im Blick

Der Informationsfluss an den Märkten und die Effizienz traditioneller Anlageklassen nahmen unterdessen stetig zu. Dies führte dazu, dass, nicht zuletzt auch wegen der Kostenbelastung, es schwerer wurde, Alpha zu erzielen. Alpha meint dabei den risikoadjustierten Mehrwert eines aktiven Investmentprozesses. In den letzten Jahren konnten, je nach Anlageklasse, nur etwa 20 bis 30 Prozent der aktiven Manager ihren Index schlagen. Die Zweifel am Mehrwert aktiven Managements wuchsen, und die Popularität passiver, börsengehandelter Indexnachbilder nahm zu. Schnell war die Forderung bei der Hand, die vermeintlich schlechte Performance aktiver Manager gegen scheinbar einfache, günstige und transparente Exchange Traded Funds (ETFs) einzutauschen. Bevor man sich für die ein oder andere Anlageform entscheidet, sollte man sich die Frage beantworten: Welchen Mehrwert bieten aktive Fonds und wann sind passive Anlagen sinnvoll?

Ihren Anfang nahmen Indexinvestments Mitte der siebziger Jahre in den USA, als die Investmentgesellschaft Vanguard einen Indexfonds auf den S&P-500-Index auflegte. In Deutschland wurden im Jahr 2000 die ersten beiden ETFs auf Xetra eingeführt. Es folgte eine Zeit dynamischen Wachstums. Verglichen mit aktiven Fonds ist das Volumen der ETFs noch immer klein. Bei knapp 1,8 Billionen Euro liegt aktuell nach BVI-Angaben das gesamte Fondsvermögen in Deutschland, während an der Börse Frankfurt gelistete ETFs Ende März auf 125 Milliarden Euro kamen. Bei ETFs ist die Ausgangsbasis deutlich kleiner, dafür sind die Wachstumsraten der letzten Jahre erheblich größer.

Natürlich umfassen passive Investments nicht nur ETFs, sondern auch Indexfonds und passive Spezialfondsmandate. Das ETF-Segment gibt aber gute Anhaltspunkte, um bestimmte Trends und Entwicklungen zu erkennen. Gekauft werden ETFs noch vorwiegend von institutionellen Anlegern. Laut einer Feri-Studie wollen sich künftig vor allem Banken und Versicherungen stark engagieren, während sich viele der befragten Industrieunternehmen eher zurückhalten möchten. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr rund 90 Prozent der ETF von institutionellen Investoren gehalten. ETFs sind noch kein typisches Retailprodukt, der Anteil der Privatanleger steigt aber. Der wichtigste Grund für die Dominanz der Institutionellen sind die Vertriebsstrukturen. Denn die meisten Fonds werden im Privatkundengeschäft über den Filialbetrieb von Banken oder Sparkassen verkauft, und dort sind ETFs gegenüber aktiven Fonds wegen mangelnder Provisionierung im Nachteil.

Aktives Management in Nischenmärkten lohnend

Der ganz überwiegende Teil der ETF-Volumina ist auf die großen Standardwerteindizes wie den Dax oder den Euro Stoxx 50 konzentriert. Die einseitige Ausrichtung auf marktbreite Werte ist aus Investorensicht aber nicht immer eine gute Entscheidung. Ein Beispiel dafür ist das häufig beklagte "verlorene Aktienjahrzehnt". Richtig ist dies für Large Caps, ganz im Gegensatz zu den kleineren, ineffizienten Nebenwerten. So verlor der DJ Euro Stoxx 50 Return etwa zwischen Mitte 2000 und Mitte 2010 auf Jahressicht im Schnitt 3,77 Prozent, der Dax 1,53 Prozent. Der kleinere Werte der Eurozone abbildende DJ Euro Stoxx TMI Small Return dagegen gewann jährlich durchschnittlich 3,95 Prozent hinzu, der MDax stieg sogar auf Jahresbasis um 6,91 Prozent. Ein verlorenes Aktienjahrzehnt erlebten Anleger nur bei den marktschweren Titeln, nicht dagegen bei mittel- oder kleinkapitalisierten Werten.

Bei institutionellen Anlegern kann man eine klare Zweiteilung beobachten, beispielsweise im Rahmen von Core-Satellite-Ansätzen: Standardanlageklassen werden über ETFs abgebildet, Spezialthemen über aktive Mandate, um Ineffizienzen auszunutzen. Über passive Investments lassen sich kostengünstig und flexibel hoch liquide Assetklassen abbilden. Jedoch haben passive Strategien ihre Grenzen in ineffizienten Nischenmärkten, in denen die Liquidität und die Transparenz gering ist und erfolgreiches Agieren besondere Expertise erfordert.

Gerade in diesen Segmenten lässt sich durch aktives Management zusätzliches Alpha generieren. Das gilt beispielsweise für Nebenwerte oder Schwellenländer. Ineffizienzen sind dort besonders weit verbreitet, doch selbst wenn ETFs für derartige Märkte verfügbar sind, können sie deren Anomalien im Gegensatz zu aktiven Managern nicht nutzen. Studien haben zudem gezeigt, dass gerade in exotischen Märkten die Index-Replikationsqualität der ETFs relativ niedrig ist. Der Tracking Error, die Standardabweichung der Renditedifferenzen zwischen Index und ETF, kann dort in einigen extremen Fällen bis auf zweistellige Werte steigen.

Relativer Index-Ertrag allein nicht ausreichend

Angesichts des dynamischen Wachstums bei ETFs stellt sich die Frage, ob das langfristige Investieren in passive Instrumente pauschal die bessere Lösung ist als aktives Management. Die Antwort darauf ist ein klares Nein. Um heutige Kundenbedürfnisse zu erfüllen, reicht ein billiger Marktzugang für eine intelligente Vermögensstrukturierung nicht aus. Passive Anlagen liefern Investoren der Marktrendite aus, preiswertes Beta hilft aber wenig, wenn die Rendite auf absoluter Basis enttäuscht. Diese Erfahrung mussten Anleger schon in den neunziger Jahren in Japan machen, weil dort vor 20 Jahren die Blase am Immobilien- und Aktienmarkt platzte. Ein verlorenes Jahrzehnt begann, denn auch massive Zinssenkungen und zahlreiche Konjunkturprogramme konnten die Wirtschaft nicht nachhaltig beleben; die Kapitalmärkte traten auf der Stelle.

Die globalen Verwerfungen des neuen Jahrtausends wie das Platzen der Internetblase oder die jüngste Finanzkrise bekräftigen, dass Kaufen und Halten von Aktien allein keine Lösung mehr ist. Die Volatilitäten steigen, und die Marktzyklen werden kürzer, sodass Aktien von einer strategischen zur taktischen Anlageklasse werden können. Selbst in Japan konnte man durch das Setzen auf kurzfristige Trends im verlorenen Jahrzehnt gute Erträge erzielen, während die Buy-and-Hold-Renditen zu wünschen übrig ließen. Auch die Erfahrungen der letzten Jahre in Europa und den USA zeigen, dass eine langfristig passive Buy-and-Hold-Anlage unterm Strich kaum positive Erträge brachte. Bei einer taktischen Anlage dagegen waren in einigen Jahren durchaus interessante Aktienrenditen möglich.

Absolute Return statt marktabhängiger Relative Return

Volatile Märkte und das anhaltende Niedrigzinsumfeld haben dazu geführt, dass absolute Erträge auf der Wunschliste der Investoren immer stärker den relativen Return verdrängen. Das gilt für Privatanleger ebenso wie für die institutionellen Investoren, denn gerade Institutionen mit festen Leistungsverpflichtungen auf der Passivseite können es sich kaum erlauben, jede Berg- und Talfahrt der Märkte mitzumachen. Absolute Erträge erfordern allerdings nicht nur eine intelligente Vermögensallokation, sondern auch Alpha, und dies liefern keine passiven Anlagen. Mehrwert liefern nur aktive Manager, die dabei von der EU-Fondsrichtlinie profitieren, denn im UCIT III-Mantel sind inzwischen auch viele innovative Strategien aus dem Werkzeugkasten der Hedgefonds einfach und transparent umsetzbar geworden.

Auch wenn es auf den ersten Blick paradox erscheint: Die wachsende Popularität von ETF kommt aktiven Managern zugute. Je mehr Investoren passiv investieren, desto größer werden die Chancen der stärkeren Differenzierung in den Einzelwerten für aktive Manager. Doch gerade die Auswahl der chancenreichsten Einzelaktien können ETF ihrer Konstruktion wegen nicht leisten.

Mangelnde Transparenz und versteckte Gefahren

ETF gelten als einfach und transparent, soweit das Etikett. Doch viele private Anleger wissen weder wie die einzelnen Produkte konstruiert sind noch welche Werte sie enthalten und was das für ihre eigene Risikoposition bedeutet. Die Indexreplikation durch den zeitnahen Kauf aller im Index enthaltenen Wertpapiere in exakt der gleichen Gewichtung ist nicht trivial. Oftmals greifen ETF-Anbieter deshalb auf Swaps zurück, wobei die Erträge eines beliebig zusammensetzbaren ETF-Portfolios mit den Erträgen des abzubildenden Marktes getauscht werden. ETF-Käufer gehen dann, ohne sich dessen bewusst zu sein, in gewissem Umfang eine Wette auf die Solidität der Swap-Gegenpartei ein. Wer in aktive Fonds investiert, wird dagegen Teilhaber an Unternehmen

Auch bei Short-ETF, die die gegenläufige Entwicklung zu einem Kursbarometer abbilden sollen, sollten Anleger genauer hinschauen. Die exakt gegenläufige Entwicklung von Long- und Short-Index funktioniert von einem Tagesschlusskurs zum anderen, doch über längere Zeiträume können beide Indizes sich unterschiedlich entwickeln. Es kann sogar vorkommen, dass sowohl Long- als auch Short-Index auf ein und denselben Markt im Minus liegen. Short-ETF sind damit nur etwas für ausgewiesene Daytrading-Profis. Mit nachhaltiger Vermögensstrukturierung hat das allerdings wenig zu tun.

Mehr Volatilität durch langfristiges Agieren

Genau dieses kurzfristige Agieren passiver Investoren bringt deutlich mehr Volatilität in den Markt. Erst kürzlich warnte die Bank von England davor, dass ETF Risiken bergen, die die Stabilität des Finanzsystems gefährden können. Aufsichtsbehördliche Untersuchungen des Blitz-Crash vom 6. Mai dieses Jahres an den US-Börsen ergaben beispielsweise, dass es sich bei 70Prozent aller Wertpapiere, die um mehr als 60 Prozent einbrachen und deren Transaktionen annulliert werden mussten, um ETF handelte. Als Grund werden Stop-Loss-Aufträge in Kombination mit dem Umstand vermutet, dass ETF immer öfter als Absicherungsinstrument von Großinvestoren genutzt werden.

Sorgen bereitet der Bank von England auch, dass mit Fremdkapital als Renditehebel arbeitende ETF zwar nur drei Prozent des Marktes, aber 20 Prozent des täglichen ETF-Umsatzes ausmachen. Leverage könnte, so die Notenbanker, zu Preisabweichungen zwischen Index und ETF führen. Je mehr die Volatilität aber bei den großen Standardwerte-Indizes wächst, desto schlechter wird das Rendite-Risiko-Profil dieser Märkte und desto attraktiver wird aus Investorensicht das Rendite-Risi-ko-Profil bei Spezialitätensegmenten.

Flexible Strukturen für Investoren und keinen starren Markowitz

Bei Privatanlegern ist vor allem die Notwendigkeit einer privaten Altersvorsorge ein Antrieb, ihre Vermögensallokation zu hinterfragen. Gängig sind bisher strategische Allokationen der Anlageklassen, die beispielsweise bei einem Anleger mittleren Alters einen Aktienanteil von 50 Prozent plus 30 Prozent Anleihen sowie jeweils zehn Prozent Rohstoffen und Immobilien vorsehen. Eine solch starre Allokation entspricht der klassischen Markowitz-Diversifikation und ist mit ETF leicht umzusetzen. Die Finanzkrise zeigte allerdings, dass in extremen Marktphasen die Korrelationen der vermeintlichen Diversifikatoren zunehmen. Wer diesem Risiko entgegentreten will, braucht zur Optimierung des Rendite-Risiko-Profils eine Strategie, die eine flexiblere Allokation der Anlageklassen aufweist, die durch den Einschluss aktiven Managements den Markt schlagen kann und alternative Ertragsquellen einbezieht.

Ähnliches gilt für institutionelle Investoren, die wegen laufender Zahlungsverpflichtungen zudem kaum Anlageklassen mit einer Volatilität von über 25 Prozent akzeptieren können. Eine Erhöhung des Rentenanteils ist allein keine Lösung, denn sie bringt nicht genügend Rendite. Zur Ertragsverbesserung benötigen die Institutionellen Alpha und absolute Erträge, die nicht im Rentensektor gewonnen werden. Dazu braucht man spezialisierte Alpha- und Absolute-Return-Manager sowie alternative Ertragsquellen. In diesem Sinne äußern sich auch Investoren. Laut einer aktuellen Feri-Studie erklärt fast die Hälfte der deutschen institutionellen Anleger, dass passive Strategien nicht zu ihrer Investmentphilosophie passen.

Zunehmender Selektionsprozess bei Fonds

Immer mehr Investoren, gerade auf der institutionellen Seite, reicht der Markt allein nicht mehr. "You can't eat relative return", diese Erfahrung haben viele Anleger in den vergangenen drei Jahren gemacht. Wer eine intelligente Vermögensstrukturierung will, die nachhaltigen Mehrwert über Alpha-Generierung und absolute Erträge schafft, kommt ohne aktives Management und innovative, asymmetrische Investmentstrategien nicht aus. Und genau das ist der tiefer liegende Grund, warum aktuell so viele alternative Anlagekonzepte als UCITS III-Fonds aufgelegt werden, die genau das bieten: eine Alternative zum reinen Marktinvestment.

Auch wenn die Popularität passiven Investierens in den letzten Jahren stark zugenommen hat: Anleger wollen und können auf aktives Management nicht verzichten. Passive Investments haben ihre Berechtigung, insbesondere um kostengünstig effiziente Standardanlageklassen abzubilden. Allerdings sind die Einsatzmöglichkeiten beschränkt, und Anleger müssen die Grenzen der Passiven kennen. Bei aktiven Fonds ist die Anbieterauswahl der Schlüssel zum Erfolg. Der Selektionsprozess innerhalb der über 6 000 Investmentfonds in Deutschland dürfte klar zunehmen. Aber aktive Strategien mit nachhaltiger und guter Erfolgsbilanz werden bei Investoren künftig stärker punkten können. Die Qualität ist es, die entscheidet.

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