Aufsätze

Kredithandel - Differenzierung nötig

Manche Kreditnehmer haben in den letzten Jahren überrascht festgestellt, dass ihre Kredite von ihrer Hausbank weiterveräußert wurden. Das Erstaunen war insbesondere bei denjenigen Kreditnehmern groß, die ihre Kredite immer pünktlich bedient hatten und deren Kredite somit "nicht-leistungsgestört" waren. Genau diese Fälle sind es, die in den Medien für Aufsehen gesorgt haben - und das insbesondere dann, wenn die Kredite an ein Nicht-Kreditinstitut mit unüblichen Verwertungsmethoden verkauft worden waren. Diese Entwicklung hat zu Forderungen nach einem verbesserten Verbraucherschutz geführt. Die Bundesregierung arbeitet derzeit daran, auf diese Fragen im Rahmen des "Risikobegrenzungsgesetzes" Antworten zu finden.

Notleidend oder nicht?

Zunächst ist im Zuge der Diskussion, in der ganz unterschiedliche Sichten - vom Verbraucherschutz bis hin zu Finanzmarktinteressen - vertreten sind, Aufklärung nötig. Denn es werden ganz unterschiedliche Formen des Kredithandels undifferenziert "in einen Topf" geworfen. So reicht das Spektrum von Kreditverkäufen, bei denen der Eigentümer des Kredits wechselt und die Kundenbeziehung auf eine neue Adresse übertragen wird, bis hin zu synthetischen Verbriefungen. Diese stellen in Deutschland eine sehr bedeutende Form des Kredithandels dar und stellen auf eine reine Versicherung der Ausfallrisiken ab. Generell wird das Kreditverhältnis zum Kunden bei Verbriefungen nicht tangiert, was Verbriefungen von den Fällen, die zur Beunruhigung der Öffentlichkeit geführt haben, eindeutig abhebt. Dies gilt insbesondere für Verbriefungstransaktionen, wie sie auch von der KfW seit dem Jahr 2000 gefördert werden. Die Abbildung zeigt die unterschiedlichen Fälle.

An erster Stelle ist zu unterscheiden, ob es sich bei einem vom Handel betroffenen Kredit um einen notleidenden oder einen nicht-leistungsgestörten Kredit handelt. So ist bei notleidenden Krediten die Rechtslage weitgehend eindeutig und die herrschende Praxis unumstritten, weil der Kreditnehmer selbst vertragsbrüchig geworden ist und die Voraussetzungen beispielsweise für eine Zwangsvollstreckung vorliegen.

Wichtig ist auch, dass sich die Interessen der Verkäufer von leistungsgestörten beziehungsweise nicht-leistungsgestörten Krediten unterscheiden: So erwarten die Verkäufer von notleidenden Portfolios, dass die Käufer aufgrund ihrer größeren Spezialisierung höhere Verwertungserlöse erzielen und das Ausfallrisiko begrenzen können. Dagegen zielen die Verkäufer von "problemlosen" Krediten darauf ab, Eigenkapital für ihr Kerngeschäft freizusetzen, Risiken abzubauen oder ihr Geschäft neu zu ordnen.

Servicing beim Verkäufer?

Bedeutsam ist auch die zweite Differenzierung: Werden die Daten des Kreditnehmers überhaupt an den Verkäufer weitergegeben? Dies hängt maßgeblich mit der Frage zusammen, ob die Kredite einzeln oder als strukturiertes Portfolio verkauft werden. Denn häufig werden Informationen über den Kreditnehmer überhaupt nicht an den Erwerber weitergegeben schon die bestehende Rechtslage schiebt hier einen Riegel vor. In den volumen mäßig sehr bedeutenden Verbriefungstransaktionen - in Deutschland handelt es sich dabei vor allem um Kredite aus dem privaten Wohnungsbau, um Mittelstandskredite und Autofinanzierungen - erhält der Käufer nur anonymisierte Daten über das erworbene Portfolio.

Entsprechend verbleibt bei diesen Transaktionen auch das Servicing bei der verkaufenden Bank - die dritte Fallunterscheidung in der Grafik. Da die Geschäftsbeziehung zu seiner Bank unverändert ist, nimmt der Kunde also gar nicht wahr, dass seine Bank den Kredit weitergegeben hat. Der Investor erhält weder Zugriff auf einzelne Kredite, noch kann er Einfluss auf die Kreditverwaltung oder die Sicherheiten ausüben. Dies gilt auch für den Fall einer Leistungsstörung oder eines Kreditausfalls. Folgerichtig stellen sich, auch aus Sicht des Verbraucherschutzes, diese Transaktionen als unproblematisch dar. Anders dagegen sieht es aus, wenn die Daten eines Kreditnehmers, der seinen Kredit immer pünktlich bedient hat, weitergegeben werden. Insbesondere können hier diejenigen Fälle kritisch sein, bei denen es sich bei dem Erwerber um Investoren außerhalb des Bankensektors handelt.

Sicht der KfW als Förderbank zur aktuellen Diskussion

Aus Sicht der KfW ist der Kredithandel, insbesondere in Form der Verbriefung, grundsätzlich volkswirtschaftlich sinnvoll. So verschaffen sich Banken, die die Kredite ursprünglich vergeben haben, durch die Weitergabe ihrer Darlehen neuen Kreditvergabespielraum. Da bei der Kreditgewährung die Möglichkeit der Weiterveräußerung eine wichtige Rolle spielt, profitiert somit mittelbar auch der Kreditnehmer vom Kredithandel.

Zudem wird die Risikobewertung der Bank verbessert, wenn sie vom Markt Preissignale über ihre eigene Portfolioqualität erhält. Daneben ist - unabhängig von der aktuellen Krise auf den Märkten - Verbriefung ein intelligentes Werkzeug, um Risiken im Bankensystem besser zu streuen und die Risikotragfähigkeit des Finanzsystems insgesamt zu erhöhen.

In Deutschland hat sich über Jahrzehnte hinweg eine langfristige Finanzierungskultur entwickelt, in der Kredite von zentraler Bedeutung für die Investitionsfinanzierung sind. Dem Instrument der Kreditverbriefungen wird dabei auch zukünftig eine hohe Bedeutung beigemessen. Eine wichtige Voraussetzung für die Durchführung einer Verbriefung ist die Kalkulationssicherheit für die Beteiligten.

Deswegen muss die diskutierte Ausweitung eines Sonderkündigungsrechts der Kreditnehmer auf Forderungsabtretungen auch unter diesem Gesichtspunkt bewertet werden. Verbriefungstransaktionen wie auch Einzelkredite könnten dann unter Umständen nur noch mit hoher Unsicherheit kalkuliert werden.

Instrumente des Risikotransfers und der Refinanzierung erhalten Dies hätte wegen der gestiegenen Kosten der Kreditinstitute unmittelbare Folgen für die Preisgestaltung der ausgereichten Kredite und damit auch für die Kreditnehmer, also für die Konsumenten und für die Unternehmen. Berechnungen der TSI (True Sale International) zeigen, dass die Kreditkosten für den Mittelstand ohne Verbriefungsoption unter sonst gleichen Umständen um 0,5 bis 2,5 Prozent höher liegen würden.

Kritische Einzelfälle von Portfolioverkäufen in den letzten Jahren zeigen, dass ein marktkonformer, verbesserter Verbraucherschutz sinnvoll ist. Jedoch ist eine Abwägung von potenziellen Nachteilen und Vorteilen auch hier angebracht. Eine grundsätzliche Einschränkung des Kredithandels würde die Kreditkonditionen für die Kreditnehmer verschlechtern, weil Banken Instrumente des Risikotransfers und der Refinanzierung genommen würden.

Aus Sicht der KfW ist insbesondere die Möglichkeit des Verkaufs von nicht-leistungsgestörten Krediten an Zweckgesellschaften im Rahmen von Verbriefungstransaktionen auch künftig von erheblicher Bedeutung für ein günstiges und breites Angebot für die Kreditnehmer.

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