Aufsätze

Neue Regulierungen, Bankenstrategie, Unternehmensfinanzierung und ABS

Drei neue Regulierungen sind dabei, sich zu treffen: Zum einen das neue Bankenrestrukturierungsrecht, in Deutschland ab 1. Januar 2011 bereits gültig, in Europa in verschärfter Form für 2013 erwartet. Zum anderen die Regulierung der Versicherungen im Rahmen der Solvency II und die Regulierung der Banken im Rahmen von Basel III.

Das neue Bankenrestrukturierungsrecht erlaubt der Bankenaufsicht den vorinsolvenzlichen Zugriff auf die ungesicherte Fremdfinanzierung, wird also die Gläubiger in ungedeckten Schuldverschreibungen und Einlagen, die nicht einer Einlagensicherung unterliegen, erheblich abschrecken, während die Finanzierungsinstrumente Pfandbrief und ABS, aber auch gedeckte Bankschuldverschreibungen (Structured Covered Bonds) davon nicht betroffen sind.

Solvency II, das ebenfalls 2013 kommt, begünstigt Investments der Versicherungen in Staatsanleihen sowie Covered Bonds/Pfandbriefe und erschwert langlaufende Investments in Bankrisiken sowie ABS-Investments. Basel III, das stufenweise ab 2013 eingeführt wird, wiederum begünstigt im Zusammenspiel von Liquiditäts- und Net Stable Funding Ratio langlaufende Refinanzierungen und Privat- aber auch Geschäftskundeneinlagen, darüber hinaus werden Investments in Staatspapiere sowie Covered Bonds/Pfandbriefe, aber auch Unternehmensanleihen incentiviert, während Investments in ABS-Papiere, Kredite sowie alle Arten der Interbankenfinanzierung benachteiligt werden.

Eine weitere öffentliche Bestimmung gilt es in diesem Zusammenhang ebenfalls im Auge zu behalten: Die EZB-Repobedingungen. Spätestens seit der Finanzkrise achtet jede Bank auf sie, denn sie sind entscheidend für die Bankenrefinanzierung über die Europäische Zentralbank. Die Repobedingungen wirken in die gleiche Richtung: Staatsanleihen und Covered Bonds/Pfandbriefe kommen sehr gut weg, für ABS wurden die Regularien in den letzten vier Jahren stetig angehoben.

Auswirkungen auf die Refinanzierung der Banken

Wie wird dies alles zusammengenommen auf die Geschäftsfelder von Banken und ihre Refinanzierung wirken? Mit einem regulierten Covered Bond/Pfandbrief werden im Wesentlichen Staats- und Immobilienfinanzierungen refinanziert. Zurzeit stehen auf deutschen Bankbilanzen etwa 1100 Milliarden Euro Immobilienkredite und etwa 750 Milliarden Euro Staatsfinanzierungen, demgegenüber steht ein Umlaufvolumen von Pfandbriefen von etwa 660 Milliarden Euro, etwa 440 Milliarden Euro davon mit Staatsfinanzierungen, 220 Milliarden Euro mit Immobilienfinanzierungen gedeckt.

Während damit das pfandbrieffähige Volumen an Staatsfinanzierungen ziemlich ausgeschöpft ist, scheitert die Nutzung des Pfandbriefs zur Refinanzierung von Baufinanzierungen eher daran, dass die meisten Baufinanzierungen bei kleinen Sparkassen und Volksbanken liegen, die zum einen keine Pfandbriefbanken sind und zum anderen in der Regel aufgrund ihrer Passivüberhänge auch dieses Finanzierungsinstrument nicht benötigen. Eher ist daher zu vermuten, dass die Pfandbriefbanken versuchen werden, in das private Baufinanzierungsgeschäft zukünftig verstärkt einzubrechen und sich dazu der Vertriebskooperation mit Strukturvertrieben, Internetplattformen et cetera zu bedienen. Insgesamt löst jedoch der Pfandbrief damit trotz seiner regulatorischen Bevorzugung nicht das Refinanzierungsthema der Banken unter den neuen Regulierungen.

Der sogenannte strukturierte Covered Bond, das heißt die nicht regulierte gedeckte Bankschuldverschreibung, ist von einer Bankenrestrukturierung ausgenommen; seine Spreads werden damit deutlich unter der ungedeckten Bankschuldverschreibung liegen und er könnte aufgrund der höheren Sicherheit, die er unter den neuen Bedingungen institutionellen Anlegern bietet, diese tendenziell sogar ersetzen. Bedauerlicherweise verlangen die Ratingagenturen jedoch eine hohe Überdeckung, damit sich das Rating eines Structured Covered Bond von dem der emittierenden Bank abheben kann. Somit wird der Trend zu Pfandbrief/Covered Bond und Structured Covered Bond immer mehr Bankenaktiva überproportional zu Refinanzierungszwecken belegen.

Von der Restrukturierung ausgenommen sind auch jene ungesicherten Gläubiger, deren Einlagen durch einen Einlagensicherungsfonds geschützt sind. Dies betrifft nicht nur Privatkunden, sondern - je nach Ausgestaltung der Sicherungssysteme auch institutionelle Anleger, sofern das betreffende Anlageinstrument keine Schuldverschreibung ist. Auch derartige Refinanzierungsinstrumente werden für Banken und professionelle Einleger daher attraktiver. Und Privatkundeneinlagen aber wenngleich in geringerem Rahmen auch Einlagen von institutionellen Anlegern außerhalb des Finanzsektors - werden unter Basel III zusätzlich begünstigt, denn im Rahmen der Net Stable Funding Ratio sowie Liquiditätsratio wird davon ausgegangen, dass sie eine sehr stabile Refinanzierung darstellen. Hierbei achte man auf das Zusammenspiel dieser Regelung mit dem neuen Restrukturierungsrecht.

Verschiebung zu Structured Covered Bond

Welche Auswirkungen könnte dies - zusammenfassend betrachtet - auf Refinanzierung der Banken haben, also auf deren Passivseite? Die Anlagen institutioneller Investoren jenseits von Banken werden sich verschieben, weg von der Bankschuldverschreibung (Senior Debt unsecured), zum Pfandbrief, Structured Covered Bond und den über Sicherungssysteme gesicherten Einlagen.

Banken werden entsprechend mehr diese Instrumente nutzen. Darüber hinaus werden die Institute den Wettbewerb um den Privatkunden intensivieren, selbst bislang in diesem Geschäft nicht aktive Banken werden in das Geschäftsfeld neu einsteigen. Da in Summe die Privatkundeneinlagen nicht beliebig vermehrbar sind, wird der intensivere Wettbewerb vor allem über die Kundenkonditionen geführt werden, die Margen der Banken in diesem Geschäftsfeld werden entsprechend schrumpfen. Der nicht regulierte Structured Covered Bond - bislang ein Nischenprodukt - hat zukünftig möglicherweise sogar das Potenzial die "alte" Bankschuldverschreibung zu ersetzen.

Doch auch die Aktivseite der Banken wird von den neuen Regulierungen getroffen. Auch auf sie wirken vor allem die neue Liquiditäts- und Net Stable Funding Ratios. Diese begünstigen - wie schon erwähnt vor allem die Investments in (europäische) Staatsanleihen (die unabhängig von ihrem Rating und der täglichen Nachrichtenlage als hochliquide definiert und damit mit 100 Prozent angerechnet werden) und den Pfandbrief beziehungsweise regulierten Covered Bond. Alle andere Aktiva, das heißt Forderungen an andere Banken, Kredite an Unternehmen, ABS-Investments werden stark benachteiligt. Hinzu kommt ein Weiteres: Auch der Gleichlauf von Basel III und Solvency II bezüglich der Investments in Staatsanleihen und Covered Bonds wird diese Assetklassen begünstigen gegenüber alternativer potenzieller Aktiva, wie zum Beispiel Unternehmenskrediten.

Staatsanleihen und Pfandbrief im Aufwind

Doch welche Staatsanleihen und Covered Bonds werden vor allem davon profitieren? Ein Blick auf die Spreads ist hilfreich. Der deutsche Pfandbrief erwirtschaftet einen Spread von knapp unter 20 Basispunkten, UK Covered Bonds liegen bei 100 bis 150 Basispunkten, spanische Covered Bonds schwankten im letzten Jahr zwischen 100 und 250 Basispunkten. Noch ausgeprägter sind die Spreaddifferenzen bei den Staatsanleihen. Es macht also schon auf den ersten Blick für deutsche Banken wenig Sinn, sich mit einem Pfandbrief zu refinanzieren um anschließend - um die LCR zu erfüllen - eine deutsche Staatsanleihe oder einen Pfandbrief einer anderen Bank zu kaufen. Viel Sinn macht es hingegen, unter dem Gesichtspunkt der Spreaddifferenzen entsprechende Anleihen Südeuropa, Großbritannien et cetera zu erwerben - wie auch bereits erste Analysen von Investment-Banken belegen. Die Intermedationsfunktion der Banken für die Wirtschaft wird folglich getroffen werden. Dies wird ceteris paribus stärkere Auswirkungen auf Volkswirtschaften mit einem hohen Anteil von Bankkreditfinanzierungen haben. Von daher werden Nordamerika, Asien, Großbritannien von diesen Regelungen weniger betroffen werden. In Europa werden vor allem die Volkswirtschaften Deutschlands und Italiens, in denen der kreditfinanzierte Anteil sehr hoch ist, auf lange Sicht betroffen sein.

Dr. Hartmut Bechtold , Global Writers Group GmbH
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