Aufsätze

Die Rolle einer Verwahrstelle nach der AIFM-Richtlinie

Die Richtlinie für Manager alternativer Investmentfonds (Directive on Alternative Investment Fund Managers - AIFMD)1) wird erstmals europaweit einheitliche Regeln für die Verwahrung und Kontrolle von Vermögenswerten sogenannter alternativer Investmentfonds (AIF) vorschreiben. Mit den Vorschriften über Verwahrstellen (Depositaries) führt die AIFMD eine im Bereich der AIF neue Kontrollinstanz ein. Die Pflicht eine Verwahrstelle einzuschalten wird die betroffenen AIF vor Herausforderungen stellen und geeigneten Anbietern neue Geschäftsmodelle eröffnen.

Aktueller Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Das Europäische Parlament und der Ministerrat haben am 11. November 2010 eine Übereinkunft über den Text der AIFMD erzielt. Die konsolidierte Fassung soll Anfang 2011 in Kraft treten. Die Umsetzung in nationales Recht soll bis spätestens Anfang 2013 erfolgen.

Ziel der AIFMD ist die Schaffung harmonisierter Vorschriften für die Tätigkeit und Beaufsichtigung aller EU-AIFM und aller in der EU tätigen Drittstaaten-AIFM. Sie gliedert sich in einen Allgemeinen und einen Besonderen Teil, wobei Ersterer allgemeine Vorschriften über die Zulassung von AIFM und Letzterer besondere Vorschriften für Verwalter von AIF mit besonderen Anlagestrategien enthält.

Der Anwendungsbereich der AIFMD ist absichtlich weit gefasst und soll das gesamte Spektrum aller nicht bereits unter die OGAW-Richtlinie fallenden Fonds umfassen. Da die eigentlichen "Fonds" in rechtlich sehr unterschiedlicher Art ausgestaltet sein können und in vielen Fällen nicht rechtsfähig sind, richtet sich die AIFMD an die jeweilige Verwaltungsgesellschaft, den sogenannten "Alternative Investment Fund Manager" (AIFM). Sie gilt dabei für alle inner- und außereuropäischen AIFM, die einen oder mehrere AIF mit Sitz oder zumindest Vertrieb in der EU verwalten (Art. 1 AIFMD). Die rechtliche Struktur des AIF spielt dabei keine Rolle (Art. 1 Abs. 1a AIFDM).

Aufgrund ihres weiten Anwendungsbereichs enthält die AIFMD eine Reihe von Ausnahmetatbeständen. Beispielsweise sind Holdinggesellschaften, Einrichtungen der bvetrsioebrgliucnhge, n Alters 2) supranationale Institutionen, nationale Zentralbanken, staatliche Stellen und Gebietskörperschaften, Arbeitnehmerbeteiligungssysteme und Verbriefungszweckgesellschaften3) unter bestimmten Voraussetzungen vom Anwendungsbereich der AIFMD ausgenommen (Art. 2 (2) AIFMD). Gleiches gilt für AIFM, die mittels des AIF eigenes Vermögen oder das Vermögen von verbundenen Unternehmen verwalten (Art. 3 (1) AIFMD). Für AIFM, die AIF mit einem Vermögen von nicht mehr als 100 Millionen Euro verwalten sowie, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen, für AIFM, die ein Vermögen von nicht mehr als 500 Millionen Euro verwalten, gelten die Vorschriften der AIFMD nur eingeschränkt (Art. 3 (2) AIFMD).

Unter einem AIF versteht die AIFMD jeden "Organismus für gemeinsame Anlagen einschließlich seiner Anlagezweige, der (i) von einer Gruppe von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen der betreffenden Anleger zu investieren, und (ii) keiner Genehmigungspflicht nach der OGAW-Richtlinie unterliegt." (Art. 4 (1) (b) AIFMD). Ob das Fondsvermögen nach dem Gesichtspunkt der Risikomischung angelegt wird, ist dabei unerheblich. Die AIFMD erstreckt sich somit grundsätzlich auch auf Einzelobjektstrukturen (beispielsweise Schiffsbeteiligungen).

Vorschriften über die Verwahrstellen

Ein AIFM ist nach der Richtlinie jede juristische Person, deren reguläre Geschäftstätigkeit darin besteht, einen oder mehrere AIF zu verwalten (Art. 4 (1) (c) AIFMD). Da nur der AIFM, nicht jedoch der AIF Gegenstand der AIFMD ist, überlässt es dieAIFMD den nationalen Gesetzgebern zusätzliche Regelungen über Zusammensetzung und Beaufsichtigung von AIF zu erlassen. Derartige nationale Vorschriften dürfen allerdings den Vertrieb eines außerhalb des jeweiligen Mitgliedslandes errichteten AIF, dessen AIFM bereits in einem Mitgliedsland zugelassen ist, nicht beschränken (sogenannter Europäischer Pass für AIFM).

Die Vorschriften der AIFMD über Verwahrstellen finden sich in Art. 21 der AIFMD. Sie sind nicht abschließend. Vielmehr gibt die AIFMD nur einen Regelungsrahmen vor und ermächtigt die Europäische Kommission zum Erlass von präzisierenden Sekundärvorschriften, auch "delegierte Rechtsakte" oder "Level-2-Maßnahmen" genannt, welche in Form von Richtlinien oder Verordnungen ergehen sollen. Zwar liegt derzeit noch kein Entwurf dieser Level-2-Maßnahmen vor. Die Kommission hat jedoch am 2. Dezember 2010 den Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (Committee of European Securities Regulators - CESR)4) um entsprechenden Rat ersucht.5) Die Formulierungen dieser Anfrage lassen bereits Rückschlüsse auf die künftige Ausgestaltung der Level-2-Maßnahmen zu und wurden daher im Folgenden berücksichtigt.

Vertragliche Bestellung: Ein AIFM muss stets sicherstellen, dass für jeden von ihm verwalteten AIF eine einzige Verwahrstelle bestellt wird (Art. 21 (1) AIFMD). Die Bestellung muss auf Basis eines schriftlichen Vertrags erfolgen, welcher der Verwahrstelle insbesondere angemessene Informationspflichten einräumt (Art. 21 (2) AIFMD). Weitere Anforderungen an den Vertragsinhalt sind den Level-2-Maßnahmen vorbehalten. Ausweislich der Anfrage der Kommission ist zu erwarten, dass diese sich die entsprechenden Vorschriften der OGAW-Richtlinie zum Vorbild nehmen wird. Auch scheint die Kommission den Marktteilnehmern einen Mustervertrag zur Verfügung stellen zu wollen.

Geeignete Verwahrstellen: Als geeignete Verwahrstellen erkennt die AIFMD grundsätzlich nur Kreditinstitute und Wertpapierfirmen mit Sitz in der EU sowie solche anderen Einrichtungen an, die geeignete Verwahrstellen im Sinne der OGAW-Richtlinie sind (Art. 21 (3) AIFMD). Für bestimmte Arten von AIF können die Mitgliedstaaten daneben allerdings auch andere Marktteilnehmer als Verwahrstellen zulassen, sofern die Betreffenden einer Registrierungspflicht oder berufsständischen Regeln unterliegen und wirtschaftlich und fachlich als Verwahrstelle geeignet sind (Art. 21 (3) AIFMD). Dies könnte dazu führen, dass beispielsweise Private Equity Fonds neben Kreditinstituten auch Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Notare als Verwahrstellen benennen dürfen.

Funktionstrennung: Die AIFMD übernimmt den aus der OGAW-Richtlinie bekannten Grundsatz der Trennung von Vermögensverwaltung und Vermögensverwahrung. Dies soll der Vermeidung von Interessenkonflikten dienen und führt dazu, dass ein AIFM nicht gleichzeitig die Aufgabe einer Verwahrstelle wahrnehmen darf (Art. 21 (4) (a) AIFMD). Auch darf ein Prime Broker, der mit einem AIF in Geschäftsbeziehung steht, grundsätzlich nicht als dessen Verwahrstelle fungieren. Eine Ausnahme gilt nur, wenn eine funktionale und hierarchische Trennung der Tätigkeiten als Verwahrstelle von denen als Prime Broker gewährleistet ist. Zudem müssen die potenziellen Interessenkonflikte identifiziert, den Anlegern des AIFM mitgeteilt und ordentlich gesteuert werden (Art. 21 (4)(b) AIFMD).

Sitz der Verwahrstelle: Die AIFMD enthält sowohl Vorschriften für Verwahrstellen mit Sitz innerhalb als auch außerhalb der EU (sogenannte Drittstaat-Verwahrstellen). AIF mit Sitz innerhalb der EU müssen eine Verwahrstelle mit Sitz in ihrem Herkunftsstaat benennen (Art. 21 (5) (a) AIFMD). Drittstaa-ten-AIF müssen eine Verwahrstelle mit Sitz entweder im betreffenden Drittstaat, im Mitgliedstaat des zuständigen EU-AIFM oder, im Falle eines Drittstaaten-AIFM, im Referenzmitgliedstaat dieses Drittstaaten-AIFM benennen (Art. 21 (5)(b) AIFMD).

Qualitätsstandards

Um eine den EU-Verwahrstellen vergleichbare Qualität zu gewährleisten, müssen Drittstaaten-Verwahrstellen weitere Voraussetzungen erfüllen, insbesondere in ihrem Drittstaat einer den europäischen Standards entsprechen Regulierung und Beaufsichtigung unterliegen (Art. 21 (5)(b) (ii) AIFMD). Welche Anforderungen im Einzelnen an die Regulierung und Beaufsichtigung im Drittstaat zu stellen sind, werden die Level-2-Maßnahmen regeln.

Nach der Anfrage der Kommission dürfte dies zumindest Folgendes umfassen: Die Verwahrstellen sollten Mindestanforderungen an ihr Eigenkapital unterliegen und dergestalt finanziell und personell ausgestattet sein, dass sie jederzeit in der Lage sind, die ihnen nach der AIFMD obliegenden Pflichten zu erfüllen. Die Beaufsichtigung im Drittstaat sollte nicht nur sporadisch, sondern fortlaufend erfolgen, und die anwendbaren Vorschriften sollten nicht weniger streng, als die in Art.21 derAIFMD für EU-Verwahrstellen vorgegebenen Anforderungen sein. Zudem sollte die in dem Drittstaat zuständige Behörde dazu berechtigt sein, notwendige Informationen von der Verwahrstelle einzufordern und gegebenenfalls wirksame Sanktionen auszusprechen. Ferner darf der Drittstaat nicht zu den nicht-kooperierenden Ländern im Sinne der Financial Action Task Force (FATF) zählen. Auch soll der Drittstaat mit dem Herkunftsmitgliedstaat des AIFM sowie mit jedem anderen Mitgliedstaat, in dem Anteile des Drittstaaten-AIF vertrieben werden sollen, eine Art. 26 des OECD-Musterabkommens entsprechende Vereinbarung über Informationsaustausch in Steuerfragen unterzeichnen.

Im Übrigen muss sich die Drittstaaten-Verwahrstelle dem AIF und seinen Anlegern gegenüber einer den Vorschriften der AIFMD entsprechenden Haftung unterwerfen und zu einer Einhaltung der Auslagerungsvorschriften der AIFMD verpflichten (vergleiche Art. 21 (10) - (12))6).

Aufgaben der Verwahrstelle: Die Pflichten der Verwahrstelle erstrecken sich vornehmlich auf die Kontrolle des Zahlungsverkehrs sowie der Vermögenswerte, Fondsanteile, Veräußerungserlöse und Erträge des AIF. Im Falle von Finanzinstrumenten kommen einer Depotbank vergleichbare Verwahrfunktionen hinzu. Im Falle aller anderen Vermögenswerte tritt an die Stelle der Verwahrung die Pflicht zur Prüfung von Verfügungen und die Führung eines Vermögensverzeichnisses.

Kontrolle des Zahlungsverkehrs: Die Verwahrstelle hat die Zahlungsströme des AIF zu überwachen und insbesondere sicherzustellen, dass sämtliche Zahlungen, die von Anlegern bei der Zeichnung von Anteilen geleistet werden und das gesamte Barvermögen des AIF auf Konten bei einer Zentralbank, einem Kreditinstitut im Sinne der europäischen Bankenrichtlinie7) oder bei einem vergleichbaren Drittlands-Institut gebucht werden. Die Konten müssen auf den Namen des für den AIF handelnden AIFM oder auf den Namen der Verwahrstelle lauten (Art. 21 (6) AIFMD). Weitere Einzelheiten werden die Level-2-Maßnahmen regeln.

Verwahrung und Kontrolle von Vermögenswerten: Die AIFMD differenziert zwischen verwahrfähigen Finanzinstrumenten (Art. 21 (7) (a) AIFMD) und sonstigen Vermögenswerten (Art. 21 (7) (b) AIFMD). Verwahrfähige Finanzinstrumente8) müssen entweder auf einem bei der Verwahrstelle geführten Depotkonto gebucht oder in physische Verwahrung der Verwahrstelle gegeben werden. Die Depotkonten müssen dabei den Anforderungen von Art. 16 der Durchführungsrichtlinie9) zur MiFiD10) genügen und insbesondere eine hinreichende Vermögenstrennung gewährleisten (Art. 21 (7) (ii) AIFMD).

Kontroll- und Dokumentationsfunktion

In Bezug auf sonstige Vermögenswerte (beispielsweise GmbH-Anteile) beschränkt sich die Tätigkeit der Verwahrstelle auf eine Kontroll- und Dokumentationsfunktion (Art. 21 (7) (b) AIFMD). Insbesondere hat die Verwahrstelle die Eigentumsrechte des AIF (beziehungsweise des für den AIF handelnden AIFM) an den Vermögenswerten zu prüfen und ein fortlaufend aktualisiertes Vermögensverzeichnis zu führen. Bei der Prüfung der Eigentumsrechte darf sich die Verwahrstelle auf Informationen und Unterlagen des AIF oder AIFM und auf externe Nachweise stützen (Art. 21 (7) (b) (ii) AIFMD).

Auch die Verwahrvorschriften der AIFMD werden durch Level-2-Maßnahmen präzisiert. Dabei wird insbesondere zu regeln sein, welche Finanzinstrumente Vermögenswerte als sonstige Vermögenswerte im Sinne der AIFMD gelten und welche Anforderungen an die jeweiligen Buchungen, das Vermögensverzeichnis, die Vermögenstrennung und die von der Verwahrstelle vorzunehmende Eigentumsprüfung und Beschaffenheit der dabei verwendbaren Informationen zu stellen sind.

Zudem strebt die Kommission offensichtlich detaillierte Regelungen zu der Frage an, ob und unter welchen Voraussetzungen die Vermögenswerte eines AIF Gegenstand von Leih-, Repo- oder Sicherheitenverträgen sein dürfen. Letzteres dürfe insbesondere für Private Equity Fonds von Bedeutung sein. Angesichts der denkbaren Vielfalt der von AIF gehaltenen Vermögenswerte und des Wunsches der Kommission, dass die Level-2-Maßnahmen den unterschiedlichen Eigenarten von Vermögenswerten Rechnung tragen, dürften die Detailregelungen zu Art.21 (7) AIFMD umfangreich ausfallen.

Kontrolle des Umgangs mit den Fondsanteilen: Art.21 (8) AIFMD überträgt der Verwahrstelle bestimmte Aufgaben und Pflichten in Bezug auf die Fondsanteile des AIF. Insbesondere soll die Verwahrstelle sicherstellen, dass bei Ausgabe, Rücknahme oder Einzug von Fondsanteilen sowie bei deren Bewertung (vgl. Art. 19 AIFMD) die maßgeblichen Vorschriften und Fondsbedingungen eingehalten werden. Auch Art. 21 (8) AIFMD wird eine Ausgestaltung im Wege der Level-2-Maßnahmen erfahren.

Kontrolle des Umgangs mit Veräuße rungserlösen und Erträgen: Im Falle von Veräußerungen von Vermögenswerten des AIF hat die Verwahrstelle sicherzustellen, dass die Erlöse innerhalb einer angemessenen Frist gutgeschrieben werden (Art. 21 (8) (d) AIFMD). In Bezug auf Erträge des AIF hat sie deren ordnungsgemäße Verwendung oder Ausschüttung sicherzustellen (Art. 21 (8)(e) AIFMD).

Verhaltensregeln: Die Verwahrstelle unterliegt bei der Erfüllung ihrer Aufgaben bestimmten Verhaltensregeln. Insbesondere soll sie "ehrlich, fair, professionell, unabhängig und im Interesse des AIF und seiner Anleger" handeln (Art. 21 (9) AIFMD). Interessenkonflikte hat sie zu vermeiden oder aber zumindest auf eine ausreichende funktionale und hierarchische Trennung zu achten und darauf, dass die potenziellen Interessenkonflikte identifiziert, den Anlegern mitgeteilt und angemessen gesteuert werden (Art 21 (9) AIFMD). Diese Regelung dürfte künftig Einfluss auf die vertragsimmanenten Pflichten einer Verwahrstelle und entsprechende Auswirkung auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte haben. Insbesondere die Kumulation von Interessenwahrungspflichten sowohl gegenüber dem AIF (der Vertragspartner der Verwahrstelle ist) als auch gegenüber den Anlegern (mit denen die Verwahrstelle kein Vertragsverhältnis hat), könnte im Einzelfall problematisch sein.

Auslagerung von Tätigkeiten der Verwahrstelle auf Dritte: Die Verwahrstelle darf die ihr obliegenden Tätigkeiten grundsätzlich nicht auf Dritte auslagern (Art. 21 (10) AIFMD). Eine Ausnahme gilt unter bestimmten Voraussetzungen für die Verwahrfunktionen,11)insbesondere für die Einschaltung eines Drittverwahrers. Unter anderem muss die Verwahrstelle für die Auslagerung einen hinreichenden Grund haben und darlegen können, dass die Auslagerung nicht der Umgehung eigener Pflichten dient. Ferner muss sie sicherstellen, dass der Drittverwahrer während der gesamten Dauer der Auslagerung seinerseits die Pflichten einer Verwahrstelle nach Art. 21 (7) und (9) AIFMD beachtet und einer Reihe weiterer Anforderungen genügt. Beispielsweise muss er über eine entsprechende Organisationsstruktur und ausreichende Fachkenntnisse verfügen, einer wirksamen Regulierung und Aufsicht sowie Mindestanforderungen an das Eigenkapital unterliegen.

Regelmäßig stattfindende externe Prüfungen

Auch müssen die Vermögenswerte des AIF ordnungsgemäß von den Vermögenswerten des Drittverwahrers, seiner Kunden, der auslagernden Verwahrstelle und der Kunden der auslagernden Verwahrstelle getrennt werden. Zudem muss die Verwahrung durch den Drittverwahrer Gegenstand regelmäßig stattfindender externer Prüfungen sein. Verfügungen des Drittverwahrers in Bezug auf die ihm anvertrauten Vermögenswerte müssen unter dem Vorbehalt einer Einwilligung des AIF (beziehungsweise des für den AIF handelnden AIFM) und vorheriger Information der auslagernden Verwahrstelle stehen. Die Auslagerung setzt ferner voraus, dass die Verwahrstelle den Drittverwahrer sorgfältig ausgewählt hat und dessen Arbeit fortlaufend überwacht (Art. 21 (10) (c) AIFMD).12)

Auch die Auslagerungsvorschriften der AIFMD bedürfen einer Detaillierung durch Level-2-Maßnahmen. Dies gilt insbesondere für die Frage, welche Anforderungen an die Auswahl und Überwachung des Dritten zu stellen sind (die Level-2-Maßnahmen sollen den Marktteilnehmern nach Wunsch der Kommission eine umfassende Muster-Checkliste für die Auswahl und Prüfungsprozesse zur Verfügung stellen).

Haftung der Verwahrstelle: Die AIFMD unterwirft die Verwahrstellen einem strengen Haftungsregime (Art. 21 (11) AIFMD). Sie differenziert dabei zwischen einer Haftung für den "Verlust verwahrter Finanzinstrumente" im Sinne von Art. 21 (11) (a) AIFMD und der Haftung für "alle sonstigen Schäden", die der AIF oder seine Anleger aufgrund eines Fehlverhaltens der Verwahrstelle erleiden. Im letzteren Fall soll die Verwahrstelle für Vorsatz und jede Form der Fahrlässigkeit haften. Im ersteren Fall soll die Haftung sogar verschuldensunabhängig greifen, es sei denn, die Verwahrstelle kann nachweisen, dass der Schaden das Ergebnis eines außerhalb ihrer Hemisphäre und Einflussbereichs liegenden Ereignisses ist und trotz zumutbarer Gegenmaßnahmen nicht hätte vermieden werden können (zum Beispiel höhere Gewalt).

Überzogene Haftungsregeln

Diese Haftungsregeln erscheinen überzogen. Sie sind sogar strenger als die entsprechenden Vorschriften der OGAW-Richtlinie, obwohl Letztere im Gegensatz zur AIFMD auch Verbraucherschutzinteressen berücksichtigen müssen. Insbesondere die Verschuldensunabhängigkeit der Haftung für den Verlust von Finanzinstrumenten und die Beweislast für exkulpierende Ereignisse wie höhere Gewalt könnten viele potenzielle Anbieter von Verwahrstellendienstleistungen abschrecken.

Die Haftung der Verwahrstelle bleibt von einer etwaigen Auslagerung an Dritte grundsätzlich unberührt (Art. 21 (12) AIFMD). Allerdings kann die Verwahrstelle ihre Haftung für ein etwaiges Fehlverhalten von Drittverwahrern in ihrem Vertrag mit dem AIF (beziehungsweise dem für den AIF handelnden AIFM) begrenzen. Damit eine derartige Haftungsbegrenzung wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

Der vertragliche Haftungsausschluss muss unter der aufschiebenden Bedingung stehen, dass der AIF oder dessen Anleger einen direkten Haftungsanspruch gegen den Drittverwahrer erhalten. Dies könnte mittels einer entsprechenden Vertragsklausel im Auslagerungsvertrag in Form eines Vertrags zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) erreicht werden.

Die Wirksamkeit des Haftungsausschlusses setzt ferner voraus, dass die Verwahrstelle bei der Auslagerung die entsprechenden Vorschriften beachtet und den Drittverwahrer aufgrund sorgfältiger Prüfung ausgewählt hat.

Die Haftungsregeln werden durch Level-2-Maßnahmen eine Präzisierung erfahren. Dies betrifft beispielsweise die Frage, welche schädigenden Ereignisse als unvermeidbar gelten und dadurch eine für die Verwahrstelle exkulpierende Wirkung entfalten sollen. Dabei sollte geklärt werden, was unter "zumutbaren Gegenmaßnahmen" zu verstehen ist. Insbesondere stellt sich die Frage, ob diese Gegenmaßnahmen prophylaktisch für alle Eventualitäten zu Beginn der Verwahrdienstleistungen oder erst bei Absehbarkeit eines konkreten Risikos ergriffen werden müssen.

Zudem sollten die Level-2-Maßnahmen regeln, unter welchen Voraussetzungen die Verwahrstelle einen für einen Haftungsausschluss hinreichenden Grund im Sinne von Art. 21 (10) (b) AIFMD vorweisen kann und unter welchen Voraussetzungen Finanzinstrumente vor dem Hintergrund der verschiedenen (insbesondere insolvenzrechtlichen) Vorschriften der Mitgliedstaaten als im Sinne von Art. 21 (11) AIFMD vorübergehend oder endgültig verlustig gelten. Dies dürfte angesichts der Komplexität heutiger Girosammelverwahrketten und der in dieser Hinsicht sehr unterschiedlichen europäischen Rechtssysteme, insbesondere der Unterschiede zwischen den jeweiligen eigentums- und sachenrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten, keine einfache Aufgabe sein.

Herausforderungen und Chancen

Die Idee einer Verwahrstelle ist nicht neu, sondern beispielsweise bei Investmentfonds nach der OGAW-Richtlinie seit Längerem Realität. Neu ist allerdings, dass in Zukunft auch alle anderen Arten von Fonds eine solche Stelle einschalten müssen. Das wird für Geschlossene Immobilien- und Schiffsfonds gleichermaßen gelten, wie für Private Equity und andere Beteiligungsfonds. Die in diesem Zusammenhang zu beachtenden Informations-, Organisations- und Verwaltungspflichten sollten nicht unterschätzt werden. Der damit verbundene Aufwand und die Kosten werden vermutlich viele Fonds vor Herausforderungen stellen.

Für geeignete Anbieter von Verwahrstellendienstleistungen eröffnet die AIFMD hingegen neue Geschäftsfelder. Allerdings dürften die umfangreichen Pflichten und strengen Haftungsregeln in einigen Fällen auch abschreckend wirken. Das könnte zumindest anfangs zu einer Verknappung von geeigneten Dienstleistungen führen und den Fonds die Suche nach einer Verwahrstelle erschweren. Auch ist zu erwarten, dass sich die Verwahrstellen ihre Haftungsrisiken vergüten lassen werden. Das könnte sich zulasten der Fondsperformance auswirken. Schließlich ist zu bemerken, dass die strengen Anforderungen, die die AIFMD an Auswahl und Tätigkeit der Verwahrstellen stellt, insbesondere im Bereich der Drittstaaten-Verwahrstellen, zu effizienzgetriebenen Konzentrationen mit entsprechenden Risiken führen können.

Es wird interessant sein, zu beobachten, wie sich die einzelnen Branchen in Bezug auf die Verwahrstellen organisieren. Auch werden die zu erlassenden Level-2-Maßnahmen voraussichtlich noch für die eine oder andere Überraschung sorgen.

Eine Fassung dieses Beitrags mit einem umfangreicheren Fußnotenapparat findet sich auf der Internetseite der Haarmann Partnerschaftsgesellschaft (http://www.haarmann.de).

Fußnoten

1) Zurzeit der Drucklegung dieses Artikels waren mehrere Fassungen der AIFMD veröffentlicht: Der vom EU-Rat am 27. Oktober 2010 angenommene und an das EU-Parlament weiter geleitete Text (abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/ (Abruf: 16. Februar 2011)) und die vom EU-Parlament am 11. November 2010 geänderte und beschlossene Fassung (abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/ (Abruf: 16. Februar 2011)). Die Querverweise in diesem Artikel beziehen sich auf die Fassung vom 27. Oktober 2010. Änderungen in der Fassung vom 11. November 2010 wurden soweit erforderlich berücksichtigt.

2)i. S.d. Richtlinie 2003/41/EG vom 3. Juli 2003.

3) Hierbei handelt es sich nach Art. 4 (1) (z) (ao) AIFMD um eine Gesellschaft, deren einziger Zweck darin besteht, eine oder mehrere Verbriefungen i. S.v. Art. 1 (2) Verordnung (EG) Nr. 24/2009 der EZB vom 19. Dezember 2008 durchzuführen oder diesem Zweck dienende andere Geschäfte zu tätigen.

4) Das CESR ist per 1. Januar 2011 in der neuen Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority - ESMA) aufgegangen (vgl. www.esma.europa.eu).

5) Europäische Kommission, Provisional Request to CESR for technical advice on possible Level 2 measures concerning the future directive on alternative investment fund managers, 2. Dezember 2010, Ref. Ares (2010)892960 ("Anfrage"), abrufbar über ec.europa.eu/ (Abruf: 16. Februar 2011).

6) S. u. Ziffer 0 und III.8.

7) Richtlinie 2000/12/EG vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute.

8) Vgl. Art. 4 (1) (o) AIFMD - gemeint sind Finanzinstrumente i. S.v. Annex I C der MiFiD.

9) Richtlinie 2006/73/EG vom 10. August 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie.

10) Richtlinie 2004/39/EG vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG, 93/6/EWG, 2000/12/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG.

11) S. o. Ziffer 0.

12) Vergleichbare Vorschriften finden sich im deutschen Depotrecht (vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 DepotG).

Noch keine Bewertungen vorhanden


X