KWG CRR-VO - Kreditwesengesetz VO (EU)

Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG CRR-VO - Kreditwesengesetz VO (EU) Nr. 575/2013 in zwei Bänden, Verlag C. H. Beck, München, 5. Auflage 2016, Bd. 1 XLIII 2088 S.; Bd. 2 XXIV 1861 S.; ISBN 978-3-406-67863-9; 299,00 Euro.

Die 5. Auflage des Beck'schen KWG-Kommentars beinhaltet allerdings mehr als die Pflichtübung, neue Rechtsprechung und Vorschriften einzufügen. Das Autorenteam hat mit der Entzerrung des nationalen KWG-Rechts und der Schaffung eines eigenständigen Bandes mit den CRR-Vorschriften, die nunmehr unmittelbar nationales Recht geworden sind, eine Mammutaufgabe bewerkstelligt. Dazu: Einarbeitung der Ausführungsbestimmungen zum CRR-Regelungswerk in das KWG. In den KWG-Band haben Eingang gefunden: die Institutsvergütungsverordnung, die Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationenverordnung sowie die Kommentierung der neu gefassten Großkredit- und Millionenkreditverordnung und die Solvabilitätsverordnung. Der Rezensent beschränkt sich auf Anmerkungen zu wesentlichen Kommentarstellen der Neuauflage, die für die Mehrzahl der Primärbanken von Bedeutung sind.

Zunächst: § 6 KWG als Hauptnorm der Aufsicht ist nach wie vor keineswegs von untergeordneter Bedeutung, wie man aus der begrenzten Darstellung fälschlicherweise folgern könnte. Und das, obwohl Schäfer in seiner Einführung zu § 6 KWG und den Hinweisen zum Zweck der Vorschrift ausdrücklich auf die Bedeutung dieser Generalklausel für Eingriffsbefugnisse aller Art in den Geschäftsbetrieb des Kreditinstituts hinweist. Dennoch wird es der Nutzer des Werkes begrüßen, dass der Kommentator den Begriff des "Missstands" i. S. des § 6 Abs. 2 KWG (Rn. 32 ff.) definiert und anhand von Beispielen erläutert hat. Damit gibt er Anregungen für etwaige Diskussionen mit der Aufsicht. Wichtig ist seine zentrale Feststellung, dass ein Missstand nicht gegeben sein könne, "wenn ohne jeden Zweifel gegen geltendes Recht verstoßen wird und dadurch anvertrautes Vermögen gefährdet oder die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchtigt und damit eine Schadensersatzverpflichtung des Instituts begründet wird" (Rn. 40 mit Hinweis auf Artopoeus, ZgKW 1994, 1085).

Allerdings bleiben die Ausführungen zur zentralen Vorschrift des § 6 KWG, nämlich der Anordnungsbefugnis des Abs. 3, rudimentär: Die auf wenige Zeilen oder Randnummern beschränkte Darlegung von Verstößen gegen Aufsichtsrecht (D. Ziff. II zu § 6 III KWG, Rn. 57 ff.) und Maßnahmen bei Missständen (D. III zu § 6 III KWG, Rn. 63 ff.) sind der Bedeutung der Vorschrift nicht angemessen. Auch die Ausführungen zu den Rechtsbehelfen beschränken sich auf vier knappe Randziffern (Rn. 24ff.): Die Ausführungen, es seien keine Rechtsbehelfe gegeben, wenn die Anstalt mit in formellen Maßnahmen Einfluss auf die Geschäftsführung nehme oder Druck auf diese ausübe, sind unbefriedigend.

Abzuwarten, ob die BaFin die Zuverlässigkeit eines Geschäftsleiters prüft oder seine Abberufung verlangt, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Bezüglich § 6a KWG beschränkt sich Achtelik auf einige grundsätzliche Erläuterungen; ob sich damit zu begnügen war, sei dahingestellt. § 6 b KWG ist allerdings von erheblicher Tragweite für jedes Kreditinstitut. Auf Basis dieser Regelung sind der Aufsichtsbehörde nahezu uneingeschränkte Eingriffe in den Geschäftsbetrieb möglich.

Obwohl Adressaten des durch CRD IV-UmsG v. 28.8. 2013 eingeführten § 6b KWG die EZB und die BaFin sind, nicht die zu beaufsichtigenden Institute, sind die Primärbanken erheblich betroffen. Denn durch die Weisung des Gesetzgebers zur Risikobeurteilung der Institute in § 6 b I S. 1 besteht ein ganz erhebliches "Mehr" an Aufsicht gegenüber den Banken. Die Kommentierung von Braun (Rn. 1 ff.), die sich auf zweieinhalb Druckseiten erschöpft, verkennt den ganz erheblichen Regelungsgehalt für die Praxis. Denn: § 6 b KWG ist als aufsichtliche Säule "so wichtig, dass sie im Mittelpunkt der für die Zusammenarbeit der Bundesbank und der BaFin nach § 7 erlassenen Aufsichtsrichtlinie des BMF steht" (Lindemann, siehe unten). Allerdings wäre es dann auch hilfreich gewesen, wenn Lindemann sich in diesem Zusammenhang mit § 7 KWG entsprechend intensiv befasst hätte. Denn die "Generalklausel zur Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank", mit der die "laufende Überwachung und laufende Aufsicht" der Kreditinstitute geregelt wird, führt in der Praxis zu erheblicher Verunsicherung und mitunter harten Auseinandersetzungen. Man denke nur an die von der DBB angesetzten "Aufsichtsgespräche", die zum Teil als unstrukturiert, unangemessen und willkürlich empfunden werden. Im Rahmen einer Kommentierung von § 7 KWG wäre Gelegenheit gewesen, sich umfassend mit der "laufenden Überwachung" der Kreditinstitute, Wirkmechanismen, Regelerfordernis, Verifizierbarkeit, Nutzen und Rechtsschutzmöglichkeiten auseinanderzusetzen und den Geschäftsleitern und Aufsichtsorganen der Institute sinnvolle Handlungsanleitungen zur Seite zu stellen.

Ein Kernstück des Kommentars ist selbstverständlich das "Kreditgeschäft", wobei die Ausführungen von Sprengard/Waßmann zu § 13 KWG, beispielsweise zu den "Beschlussfassungspflichten" der Geschäftsleiter ausgesprochen hilfreich sind. Die Anmerkungen zur "Unverzüglichkeit" in Bezug auf das Nachholen von Kreditbeschlüssen sind unbefriedigend, wenn es bei der Feststellung bleibt, "in Organisationsmängeln begründete Verzögerungen werden stets als abwendbar qualifiziert" (Rn. 20). Da wünschte man sich schon eine kritische Betrachtung der aufsichtlichen Bewertung von Umständen.

In Bezug auf den "ewigen Zankapfel" § 18 KWG ist es H. Bock gelungen, sowohl mit klaren Definitionen und Begriffsabgrenzungen als auch detaillierten Ausführungen Bearbeitungshinweise für die Praxis zu geben. Bedenklich ist die lapidare Erwähnung in Rn. 3, externe Quellen seien zur Bonitätsprüfung heranzuziehen. Ein kritischer Hinweis zum Umgang mit Datengewinnung und -heranziehung im Zeitalter von Big Data (siehe: Konfuzius, Scoring und das "Big Data"-Spiel, ZfgK 4/2017, 188), in der nächsten Auflage könnte sinnvoll sein. Die Erläuterung des Offenlegungsverfahrens an sich und die "Prüfungspflichten bei Kreditgebermehrheiten", so etwa bei Konsortial-, Treuhand- oder Förderkrediten, sind eine wohltuende Abrundung der Thematik. Wichtig ist, dass sich der Verfasser auch den Konsequenzen bei Nichtvorlage der § 18-Unterlagen gewidmet hat. Das entspricht der Bedeutung gerade dieser Vorschrift als eine der Hauptursachen der Kreditverweigerung und Liquiditätsverengung der kleinen und mittleren Betriebe. In Rn. 44 stellt er stichwortartig Möglichkeiten des Kreditinstitutes vor, die dem "Kündigungsautomatismus" bei Nichtvorlage der Unterlagen entgegenwirken können: Gestaltungsmöglichkeiten der Bank.

Die Abhandlung von C. Bock zu § 19 KWG bringt erheblichen Lesernutzen. Der Verfasser setzt sich dankenswerterweise neben der Definition der "Kreditnehmereinheit (Rn. 121 ff.) mit den Zuordnungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten des Gemeinschaftsunternehmens auseinander (Rn. 166 ff.) und gibt Hilfestellung anhand von Checklisten, wobei er die maßgebliche Rechtsprechung und Literatur einbezieht und sich kritisch mit Auffassungen der BaFin auseinandersetzt. Ebenso nützlich sind die Ausführungen zum "Ehegattenkonzern" (Rn. 172 ff.) und Anmerkungen zu "Strohmannkrediten" (Rn. 175 ff.). Gerade § 19 KWG führt in der Praxis immer wieder zu Auseinandersetzungen. Mit dieser Kommentierung ist es gelungen, den Zweck der Vorschrift und ihre Auslegungsfähigkeit auf ein sachliches Fundament zu stellen und für ein Stück Sicherheit bei der Anwendung zu sorgen. Zum Verständnis der schwierigen Zusammenfassungstatbestände hat beigetragen, dass C. Bock sie anhand von Grafiken transparent gemacht hat (Rn. 186 ff.).

Die Kommentierung von § 24 KWG durch Braun hat hohen Anwendernutzen: Seine systematischen Ausführungen mit Darlegung der Grundlagen zu den Anzeigepflichten (Rn. 40 ff.) und der detaillierten Darstellung der einzelnen Obliegenheiten (Rn. 53 ff.) sind für den Praktiker ein Gewinn. Übersichtstabellen und Beispiele erleichtern die Anwendung in der Praxis. Weiten Raum im Werk nimmt Brauns Kommentierung des § 25a KWG ein: Neben den grundsätzlichen Ausführungen zu den aufsichtsrechtlichen- und betriebswirtschaftlichen Organisationsanforderungen des Geschäftsbetriebs widmet sich Braun der Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter im Verhältnis zur qualitativen Aufsicht und den Präzisierungen durch die MaRisk (Rn. 70 ff.). Besonderes Gewicht misst er unter anderem dem Proportionaliätsprinzip (Rn. 88 ff.) bei und der Betrachtung des internen Kontrollsystems, dem sich der Verfasser dieses Kapitels ebenso wie der Risikosteuerung und dem Risikcontrolling intensiv und verständlich zuwendet.

Der Einrichtung einer Compliance-Funktion widmet sich der Verfasser mit konstruktiven, auch kritischen Hinweisen (Rn. 432 ff.). In 736 Randziffern untergliedert bereitet der Autor unter "B" die aufsichtsrechtlichen Organisationsanforderungen (Rn. 15 - 92) auf unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen, so etwa zur Möglichkeit des Whistleblowing unter Wahrung der Vertraulichkeit (Rn. 24, Rn. 687 ff). Den Praktikern kommt der Verfasser sehr entgegen mit dem Schwerpunkt "C. Anforderungen an das Risikomanagement" (Rn. 93 - 649), den er in einzelne Kapitel, so etwa zum Risikomanagment i. S. des KWG, Risikosteuerung und Risikocontrolling, Interne Revision und Notfallkonzepte untergliedert. Jeweils mit klaren Definitionen, Erläuterungen der Normen und BaFin-Dokumenten.

Wie bereits in den Vorauflagen thematisiert das Werk den § 25 c KWG. Zwar hat Braun die Stichpunkte "Fachliche Eignung" und "Zuverlässigkeit" berücksichtigt, eine Hinterfragung, ob und wann Feststellungen der BaFin gerechtfertigt sind, findet allerdings nicht statt; ebensowenig wie die Auseinandersetzung mit der Erkenntnisgewinnung durch die Aufsichtsbehörde. Im Wesentlichen wird der Inhalt der BaFin-Merkblätter wiedergegeben. Wichtig: Hinweise zur Eigenverantwortlichkeit der Geschäftsleiter für die allgemeine Geschäftsorganisation (Rn. 52 ff.). Dass Braun das zwingende Erfordernis schriftlich fixierter Grundsätze nennt, hätte Gelegenheit gegeben, auf Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan hinzuweisen, wie sie ohnehin in jeder Genossenschaftsbank oder Sparkasse anzutreffen sind und gegebenenfalls Verbesserungen oder Ergänzungen im Hinblick auf § 25c III Nr. 1 zu empfehlen. Die in Rn. 56 apostrophierte Aufgabendefinition der Geschäftsleiter hätte Anlass sein können, sich konstruktiv mit dem Thema "Stellenausschreibungen" auseinanderzusetzen. Unentbehrlich ist die Einbindung der Kontrolle durch den Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrat in die Gesamtproblematik.

Die Randziffern 70 ff. zur "Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter für das Risikomanagement" (Rn. 70 ff.), mit dem Hinweis auf die Schaffung einer gesetzlichen Basis für die strafrechtliche Verfolgung von Geschäftsleitern, deren Institut in eine "Schieflage" geraten ist (§ 25 IV a, b, c KWG), sind knapp gefasst. Insgesamt hätte die enorme Ausweitung des § 25 c KWG, der wie kaum eine andere Bestimmung Handhaben gegen Geschäftsleiter bietet und ihnen unüberschaubare Verantwortung aufbürdet, eine deutlich vertiefte Darstellung verdient, was sich in der Neuauflage des Werkes nachholen lässt.

Angemessen kommentiert hat Wolfgarten "§ 25 d KWG Verwaltungs- und Aufsichtsorgan". Seine Ausführungen belegen einerseits die überbordende Fantasie der Schöpfer dieser Vorschrift, um der Berufung engagierter Bürger in den Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrat ihrer Genossenschaftsbank oder Sparkasse möglichst viele bürokratische Hemmnisse in den Weg zu stellen. Andererseits zeigt der Verfasser durch die detaillierten Anforderungen des § 25d KWG auch die Möglichkeiten auf, die den Betroffenen zur Verfügung stehen (Rn. 76). Praktiker werden die Hinweise zu den möglichen Ausschüssen des Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrates zu schätzen wissen.

Achtelik gebührt das Verdienst, sich intensiv mit § 25 h KWG "Interne Sicherungsmaßnahmen" befasst zu haben. Seine Kommentierung bezieht Erkenntnisse aus seinen bisherigen Schriften zu Gefährdungsanalysen und Kriminalitätsprophy laxe ein. Der Verfasser gibt unter Abwägen von Vor- und Nachteilen Handlungsanleitungen, auch zur Auslagerung interner Sicherungsmaßnahmen und erläutert die Bedeutung des Geldwäsche beauftragten in neuem, aktuellem Licht. Die Ausführungen zur Einrichtung einer "zentralen Stelle" im Institut (Rn. 36 ff.) verschafft dem Leser die bei Durchsicht anderer Schriften vermisste Transparenz.

Von den Abrundungen des Kommentarbandes ist die Institutsvergütungsverordnung interessant, wenngleich letztlich nicht bedeutend: Die Vielzahl der Geschäftsleiter kleiner und mittlerer Kreditinstitute rangiert weit unterhalb des Anwendungserfordernisses dieser Regelungen.

Trotz der Kritik, die ein Rezensent nun auch zu üben hat, liegt mit der 5. Auflage des bewährten Beck'schen KWG-Kommentars eine geballte Ladung Fachkompetenz auf dem Tisch. Insbesondere die Kommentierung der §§ 24 bis 25 h KWG sind klare Aufarbeitung und Erläuterung des aufsichtlichen Normengeflechts. Ohne den vorliegenden Band kann ein Kreditinstitut weder risikovermeidend noch erfolgreich noch aufsichtskonform noch irgendwie unternehmerisch zielgerichtet geführt werden. Das gilt für Geschäftsleiter wie Aufsichts- und Verwaltungsräte gleichermaßen. Teil 2 des als Kompendium des KWG-Rechts konzipierten Werkes, der "CRR-Band", ergänzt den Kommentar und hat insbesondere für die systemrelevanten Kreditinstitute Bedeutung. Das Werk findet seine Ergänzung in der Beck'schen Textsammlung zum KWG: Bank-, Bankaufsichts- und Kapitalmarktrecht mit amtlichen Verlautbarungen (siehe: ZfgK 12/2016, 796). Die Basis notwendiger Rechtsschutzmaßnahmen und der Interessenvertretung von Banken liefert in vortrefflicher Weise das "Handbuch des Fachanwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht," das auch für jeden Banker von hohem Anwendungsnutzen ist. Mit den in dieser Ausgabe von "Kreditwesen" vor gestellten Werken sind Bankvorstände und Mitglieder von Aufsichtsorganen für ihre Tätigkeit bestens gerüstet.

Hartmut Glenk, Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin

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