NEW GENERATION - Die 111 besten deutschen Jungwinzer präsentiert von STUART PIGOTT WEINGUT JÜRGEN LEINER

WEINGUT JÜRGEN LEINER

Wie passt das zusammen? Dieses Knallorange auf den Etiketten und auf dem T-Shirt, das Sven Leiner (Jahrgang 1980) trägt, und Biodynamie? Schaut man genauer hin, erkennt man lauter kleine Krabbeltiere. Das sind Insekten und diese kleinen Lebewesen, die im Weinberg so wichtig für das Bodenleben (und damit für seine Fruchtbarkeit) sind und Schädlinge auf natürliche Weise erledigen. Das ist schon ein wenig crazy, aber so passt es zusammen. Sven hat nicht nur als einer der ersten Pfälzer Jungwinzer das Familienweingut komplett auf biodynamischen Weinbau umgestellt, er hat auch gezeigt, dass er absolut nichts mit Esoterik zu tun hat.

Seine Marke Fusion steht für trockene Cuvées in Weiß, Rosé und Rot mit selbstbewusst poppigem Erscheinungsbild und immer eigener Note. Am anderen Ende der Skala finden sich seine kühnen trockenen Weißburgunder und Rieslinge aus der Lage Kalmit, die erst zwei Jahre nach der Ernte auf den Markt kommen.

Die Umstellung auf biologisch-dynamischen Weinbau begann im Jahr 2000, als Sven Leiner im väterlichen Weingut seinen ersten eigenen Jahrgang erzeugte. Aber nicht von heute auf morgen, sondern Schritt für Schritt, von einem Versuch, einer Erfahrung, einer Einsicht zur nächsten. Seit 2011 ist der Betrieb, der seinen Kompost selbst herstellt, Demeter-zertifiziert. Sven Leiner, der 2002 die Nachfolge seines Vaters Jürgen Leiner antrat und seither für die komplette Koordination in Weinberg und Keller zuständig ist, findet: "Wir können nur über Terroir sprechen, wenn die Rebe auch aus diesem ihre Kraft erlangt und nicht von zusätzlicher Nährstoffzufuhr abhängig ist."

Der gelernte Winzer und Wirtschafter - seine Ausbildung hat er in den Pfälzer Weingütern Rebholz, Siegrist und Müller-Catoir gemacht - hat viel bewegt: Die Rebflächen wurden von zehneinhalb auf knapp fünfzehn Hektar erweitert - in den Ilbesheimer Lagen Kalmit, Rittersberg und Sonnenberg sowie im Göcklinger Kaiserberg wachsen überwiegend Riesling, Weiß-, Grau- und Spätburgunder. Und in den Jahren 2011/2012 wurde die Hofstelle im Ilbesheimer Ortskern komplett umgebaut - einschließlich Keller, Kelterhaus, Flaschenlager und Wohnhaus.

Die Ilbesheimer Kalmit ist die jüngste deutsche Einzellage und die höchste Erhebung in der Rheinebene. Um den Einfluss dieses in der Südpfalz einzigartigen Terroirs zu schärfen, geht Sven Leiner beim An- und Ausbau des Weins einen kompromisslosen Weg. Minimale Erträge und naturnaher Weinbau sind die Basis für gesunde und physiologisch voll ausgereifte Trauben. Langer Maischekontakt, Vergärung mit Naturhefen und nicht zuletzt der dosierte Sauerstoffaustausch durch den traditionellen Holzfassausbau führen zum Ziel. Den trockenen 2010er Weißburgunder schätzt Sven Leiner besonders wegen seiner nervigen Mineralität und der packenden Würze im Duft, gepuffert von weicher Burgunderfrucht. Mindestens fünf bis acht Jahre Lagerfähigkeit sagt er seinem Lieblingswein voraus. Weintipp aus der Zeitschrift:

FINE Das Weinmagazin - Special No.2

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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