Schwachstellenanalyse

Quelle: Europäische Zentralbank

 

Die Europäische Zentralbank hat am 28. Juli 2020 die aggregierten Ergebnisse einer Schwachstellenanalyse zu Banken veröffentlicht, die vom einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) direkt beaufsichtigt werden. Dabei wurde demnach untersucht, wie sich der gesamtwirtschaftliche Schock, den der Ausbruch von Covid-19 ausgelöst hat, auf 86 Banken im Euroraum auswirken würde. Ziel der Analyse sei es gewesen, potenzielle Schwachstellen im Bankensektor über einen Zeithorizont von drei Jahren hinweg zu identifizieren. Insgesamt würden die Analyseergebnisse zeigen, dass der Bankensektor des Euroraums dem pandemiebedingten Stress standhalten kann.

Bestände des Eurosystems an Wertpapieren für geldpolitische Zwecke Quelle: EZB

Die Schwachstellen wurden mithilfe von zwei Szenarien festgestellt, die den von Experten der EZB erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen vom Juni 2020 entnommen wurden. Im Hauptszenario, das laut EZB-Experten die höchste Eintrittswahrscheinlichkeit aufweist, sinkt das BIP im Euroraum im laufenden Jahr um 8,7 Prozent, während es 2021 und 2022 um 5,2 Prozent beziehungsweise 3,3 Prozent ansteigt. Im Extremszenario, das eine ungünstigere, aber dennoch denkbare Fortentwicklung der Krise beinhaltet, wird für 2020 ein Rückgang des BIP um 12,6 Prozent und für die beiden Folgejahre ein BIP-Wachstum von 3,3 Prozent beziehungsweise 3,8 Prozent prognostiziert. Zudem hatte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) im Zusammenhang mit dem EU-weiten Stresstest für das Jahr 2020 ein Basisszenario veröffentlicht. Dessen Ergebnisse werden in der Analyse ebenfalls dargestellt.

Da dieses Basisszenario vor dem Ausbruch des Corona-Virus ausgearbeitet worden war, kann es zum Vergleich herangezogen werden, um die Auswirkungen der Pandemie auf den Bankensektor zu beurteilen. Das Haupt- und das Extremszenario berücksichtigen weitestgehend die Auswirkungen der Entlastungsmaßnahmen, die auf Ebene der Geldpolitik, Bankenaufsicht und Finanzpolitik als Reaktion auf die Corona-Krise ergriffen wurden. Hierzu zählen unter anderem nationale Kündigungsschutzregelungen, sonstige fiskalische Unterstützungsmaßnahmen, Kreditgarantien, von der EZB-Bankenaufsicht gewährte Kapitalerleichterungen und operative Entlastungen für Banken sowie die jüngsten europaweiten Maßnahmen, die den Kreditinstituten Flexibilität bei der Erfüllung bestimmter Vorschriften der Eigenkapitalverordnung (CRR) einräumen.

Im Hauptszenario, das bereits einen deutlichen Abschwung beinhaltet, sinkt die durchschnittliche harte Kernkapitalquote (CET1-Quote) der Banken, die ein wichtiger Indikator für deren Finanzkraft ist, um lediglich 1,9 Prozentpunkte von 14,5 Prozent auf 12,6 Prozent. Die Bankkreditvergabe an die Realwirtschaft wäre in diesem Szenario also weiterhin gesichert. Im Extremszenario ergibt sich hingegen ein Rückgang der CET1-Quote um 5,7 Prozentpunkte von 14,5 Prozent auf 8,8 Prozent. Mehrere Banken müssten dann Maßnahmen ergreifen, um die Mindestkapitalanforderungen weiterhin zu erfüllen. Dennoch würden sich die Anforderungsunterschreitungen insgesamt in Grenzen halten.

Die Hauptursachen für den Kapitalrückgang seien Wertberichtigungen von Kreditforderungen, Verluste aufgrund des Marktrisikos und eine geringere Rentabilität. Bei den ertragsstärksten Banken würden die CET1-Quoten erwartungsgemäß weniger stark sinken. Hier zeigt sich, dass Banken, die mithilfe effizienzsteigernder Maßnahmen ihre Ertragskraft verbessert haben, auch in Stressphasen von einer höheren Widerstandsfähigkeit profitieren können. In Anbetracht der außergewöhnlichen aktuellen Umstände und um eine zusätzliche operative Belastung der Banken zu vermeiden, verwendete die EZB für ihre Analyse bereits vorhandene Daten, unter anderem aus den regelmäßigen aufsichtlichen Meldungen. Die Schwachstellenanalyse ist ein Instrument, um die allgemeine Widerstandsfähigkeit des Bankensektors im Euroraum zu beurteilen. Die Einzelergebnisse wurden nicht mit den betreffenden Instituten besprochen. Für sie ist eine qualitative Verwendung im aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) vorgesehen. Insbesondere werden diese Ergebnisse den Aufsehern helfen, die Kapitalprojektionen der Institute zu hinterfragen, eine konsistentere Risikobeurteilung zu erreichen und aufsichtliche Maßnahmen zur Kreditvorsorge zu fördern.

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